Aus New York verschlägt es die namenlos bleibende Ich-Erzählerin nach Den Haag. Hier hat sie eine Stelle als Dolmetscherin am Internationalen Gerichtshof ergattert und am Anfang sieht alles so aus, als könnte sie in den Niederlanden eine Heimat finden. Im Beruf läuft es gut, sie erhält Anerkennung
für ihre Arbeit und kriegt schon bald verantwortungsvollere Aufträge übertragen. Außerdem lernt sie…mehrAus New York verschlägt es die namenlos bleibende Ich-Erzählerin nach Den Haag. Hier hat sie eine Stelle als Dolmetscherin am Internationalen Gerichtshof ergattert und am Anfang sieht alles so aus, als könnte sie in den Niederlanden eine Heimat finden. Im Beruf läuft es gut, sie erhält Anerkennung für ihre Arbeit und kriegt schon bald verantwortungsvollere Aufträge übertragen. Außerdem lernt sie Adriaan kennen, der, verheiratet, aber bereits getrennt lebend, schnell zu jemandem wird, mit dem sie sich eine Zukunft vorstellen könnte.
Doch dann bekommt sie am Gerichtshof den Fall eines angeklagten „ehemaligen Präsidenten“ und westafrikanischen Kriegsverbrechers zugeteilt, der sie tief erschüttert. Und Adriaan reist zu seiner Frau, um Scheidungsangelegenheiten zu klären, angeblich für eine Woche. Eine Woche, aus der ein Monat ohne Lebenszeichen wird. Umstände, die die Protagonistin überdenken lassen, ob sie für ihre Arbeit geeignet ist, ob Adriaan oder Den Haag ohne Adriaan ihr eine Zukunft bieten können.
„Intimitäten“ von Katie Kitamura gehört für mich zu den Romanen, die mich während des Lesens bzw. Hörens durchaus angesprochen haben, mich aber am Ende etwas unbefriedigt zurücklassen. Zum einen liegt das an der Gewichtung der Themen. Laut Text auf dem Cover soll das Buch existentiellen Fragen über Wahrheit, Lügen, Gerechtigkeit, das Recht zu richten und die Weltordnung am Beispiel des „ehemaligen Präsidenten“ behandeln. Davon habe ich leider nicht viel gefunden. Das Privatleben der Dolmetscherin hat meinem Gefühl nach einiges mehr an Platz eingenommen. Was vielen gefallen mag, mich hat es weniger interessiert.
Denn gerade dieses Privatleben war nicht wirklich erzählenswert. Spannender versprach da eine Nebengeschichte zu werden, in der unsere Hauptfigur von einem Überfall vor dem Haus ihrer Freundin hört, aus unerfindlichen Gründen so fasziniert davon ist, dass sie die Buchhandlung des Opfers aufsucht, es dort aber nicht antrifft, dafür aber zufällig auf einer Vernissage dessen Zwillingsschwester kennenlernt, was naheliegend ist in einer Stadt von über einer halben Million Einwohnern… Diese Ungereimtheiten hätte ich der Geschichte ohne mit der Wimper zu zucken verzeihen können, denn sie schien verheißungsvoll auf etwas Aufregendes hinauszulaufen… Bis sie komplett von der Bildfläche verschwand. Und sich mir der Verdacht aufdrängte, dass die Autorin einfach noch ein paar Seiten füllen musste.
Warum meine Einschätzung letzten Endes doch ziemlich wohlwollend ausfällt ist, weil die Stunden, die ich mit diesem Hörbuch verbracht habe, trotz aller Kritik, unterhaltsam waren. Besonders die Einblicke in die Arbeit von Dolmetschern fand ich ausgesprochen interessant und auch die Interpretation von Katja Danowski als Sprecherin hat mich überzeugt.
„Intimitäten“ hat viel Zustimmung bekommen, auch von Rezensenten, auf deren Meinung ich viel Wert lege. Deswegen möchte ich, obwohl es sich eigentlich von selbst versteht, jedem potenziellen Hörer und/oder Leser explizit ans Herz legen, sich selbst ein Bild zu machen. Auch wenn meine Leseempfehlung eingeschränkt bleiben muss.