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Ein deutscher Schriftsteller trifft in Chelsea, Manhattan, auf den Antiquar Jack, der ihm 4000 alte deutsche Bücher zum Kauf anbietet. Der Mann ist hin- und hergerissen. Was soll er mit dieser Emigrantenbibliothek? Da beginnen die Bücher zu erzählen. Mit Tempo und Witz liest Steffen Mensching seinen furiosen Roman. "Jacobs Leiter", dieses Kaleidoskop menschlicher Schicksale im 20. Jahrhundert, ist eine Melange aus Dokument und Fiktion und eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher.

Produktbeschreibung
Ein deutscher Schriftsteller trifft in Chelsea, Manhattan, auf den Antiquar Jack, der ihm 4000 alte deutsche Bücher zum Kauf anbietet. Der Mann ist hin- und hergerissen. Was soll er mit dieser Emigrantenbibliothek? Da beginnen die Bücher zu erzählen.
Mit Tempo und Witz liest Steffen Mensching seinen furiosen Roman. "Jacobs Leiter", dieses Kaleidoskop menschlicher Schicksale im 20. Jahrhundert, ist eine Melange aus Dokument und Fiktion und eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher.
Autorenporträt
Steffen Mensching, 1958 in Berlin geboren, 1979 redaktioneller Mitarbeiter der Zeitschrift "Temperamente", Studium der Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin. Seit 1983 freiberuflich als Autor, Schauspieler, Regisseur. Er lebt in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.09.2003

Beim willigen Jacob
Wechselbalg: Steffen Menschings Buch will alles, nur kein Film sein

Seit John Dos Passos, Alfred Döblin und Wolfgang Koeppen sind die Metropolen der Gegenwart in der Literatur präsent. An ihrer rauhen, schnellen Wirklichkeit haben sich mehrere Generationen der literarischen Avantgarde abgearbeitet. Dabei wurden derartig viele erzählerische Feuerwerke gezündet, daß ein Teil der Nachgeborenen mittlerweile zu den Lagerfeuern der Dorfgeschichte zurückgekehrt ist. Noch einmal New York erzählen zu wollen erscheint selbst denjenigen zu riskant, die dort für ein paar Monate als writer-in-residence arbeiten.

Steffen Menschings Roman, der auf einen solchen New-York-Aufenthalt im Jahr 1998 zurückgeht, weicht dieser Möglichkeit denn auch nach kurzem Zögern aus. Das Buch beginnt mit der Ankunft des Ich-Erzählers in New York City und verzeichnet zunächst die obligaten Großstadteindrücke: Anonymität, Armut und Reichtum, Einsamkeit und Gewühl und alles schnell, flimmernd, im Sekundentakt, wie es schon in Dos Passos' "Manhattan Transfer" erscheint. Aber der Ich-Erzähler, wie Steffen Mensching Schriftsteller und New-York-Stipendiat auf der Suche nach einer Geschichte, interessiert sich von Anfang an weniger für die Stadt als für deren Buchläden und Antiquariate.

Nach wenigen Wochen stößt er auf eine deutsch-jüdische Emigranten-Bibliothek von viertausend Büchern, die komplett zum Verkauf steht. Der deutsche Büchernarr schlägt ein, weil er hier, auf der Stehleiter des Bibliothekars (der Jacob heißt), den Stoff für seine Geschichte findet. Dabei interessieren ihn weniger die Bücher selbst als deren frühere Besitzer, die hier oder dort Lebensspuren in den Büchern hinterließen: Ihre Namen und Kommentare, eingelegte Fotos und Briefe stehen am Beginn einer Recherche, die gleich mehrere deutsch-jüdisch-amerikanische Biographien zutage fördert.

Da ist Dr. Abraham Jacobi, ein Bekannter von Marx und Lenin, der Mitte des 19. Jahrhunderts sein Glück in Nordamerika sucht und seine Bücher dem Communisten Club New York vermacht. Oder Max Martin Nathan, der siebzig Jahre später Deutschland verläßt, Bielschowskys Goethe-Biographie im Gepäck. Was immer sich an Lebensspuren dieser beiden in Archiven, öffentlichen Bibliotheken und Nachlässen auffinden läßt, trägt der Ich-Erzähler zusammen. Hinzu kommen Episoden der eigenen Familiengeschichte und die Erinnerungen einer jüdischen Emigrantin, die er in New York kennenlernt: Nach mehrfacher Inhaftierung arbeitete sie als Sekretärin von Oskar Schindler, tippte im Mai 1945 dessen Liste in die Schreibmaschine und setzte ihren eigenen Namen hinzu.

Diese vier Geschichten aus zwei Jahrhunderten wechseln sich fortwährend ab - und werden immer wieder unterbrochen von Berichten über den Fortgang der Recherchen, von Titellisten, eingestreuten New-York-Gedichten und langen Gesprächen mit Jacob, dem Bibliothekar, der beim Einpacken der Bücher hilft. Und dies ist das Problem des Romans. Denn was Steffen Mensching an spannenden Lebensgeschichten zusammenträgt, wird auf diese Weise auseinandergerissen und von faden Reflexionen über New York und das eigene Schreiben verstellt. Beim Einpacken der Bücher etwa räsoniert der Ich-Erzähler über die (aller Voraussicht nach) trüben Erfolgschancen des Romans. Natürlich ließe er sich ohne große Umstände in ein Spielberg-Drehbuch umschreiben: mit einer Liebesgeschichte, Sozialromantik, Drogenmafia und einer Explosion zuletzt. Aber diese Option bringt der Ich-Erzähler nur ins Spiel, um sie sogleich zu verwerfen: "Das Buch wird eine Stopfgans, eine Enzyklopädie, eine Wundertüte, aber ein Film wird es nicht", lautet seine Maxime.

Steffen Mensching greift auf das schon ein wenig angestaubte Reservoir der Postmoderne zurück, um den Abstand seines Buches zu den "großen Erzählungen" zu markieren, die sich reibungslos von der Filmindustrie Hollywoods absorbieren lassen. Aber die selbstgefälligen Literaturreflexionen auf der Stehleiter des Antiquariats, die endlosen Abschweifungen und die Sprünge zwischen all diesen Ebenen bringen die kleinen Erzählungen, die das Buch bereithält, beinahe zum Verschwinden. Steffen Mensching hat ein literarisches Plädoyer für das Medium Buch geschrieben und dabei leider seine eigene Lesbarkeit untergraben.

FRIEDHELM MARX

Steffen Mensching: "Jacobs Leiter". Roman. Aufbau Verlag, Berlin 2003. 426 S., geb., 22,- [Euro].

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"Voller Eleganz. Ein Genuss." (NZZ)
"Klassisch, tragisch, witzig, eine Enzyklopädie, eine Wundertüte." (Freitag)