Produktbeschreibung
Frank Schätzings Bestseller als spannende Lesung mit Heikko Deutschmann.
Autorenporträt
Frank Schätzing, geboren 1957 in Köln, veröffentlichte 1995 den historischen Roman 'Tod und Teufel', der zunächst regional, später bundesweit zum Bestseller avancierte. Nach zwei weiteren Romanen, einem Band mit Erzählungen sowie dem Thriller 'Lautlos' erschien im Frühjahr 2004 'Der Schwarm', der seit Erscheinen eine Gesamtauflage von 4,5 Millionen Exemplaren erreicht hat und weltweit in 27 Sprachen übersetzt wurde. Es folgten die Bestseller 'Limit' (2009), 'Breaking News' (2014) und 'Die Tyrannei des Schmetterlings' (2018). Auch als Sachbuchautor hat sich Schätzing einen Namen gemacht. 2006 zeichnete Bild der Wissenschaft seine Evolutionsgeschichte 'Nachrichten aus einem unbekannten Universum' als bestes Wissenschaftsbuch aus. 2021 gelang ihm mit 'Was, wenn wir einfach die Welt retten?' erneut der Sprung in die Sachbuch-Bestsellerliste. 2024 erscheint sein neuer Roman 'Helden', mit dem er den Weltbestseller  'Tod und Teufel' kongenial fortsetzt. Frank Schätzing lebt und arbeitet in Köln. Auszeichnungen 2002 KölnLiteraturPreis 2004 Corine in der Sparte Belletristik 2005 Kurd-Laßwitz-Preis für Der Schwarm als bester Science-Fiction-Roman des Jahres Deutscher Science Fiction Preis für Der Schwarm Goldene Feder für Der Schwarm Deutscher Krimi Preis für Der Schwarm 2006 Dr. Kurt Neven DuMont Medaille der Westdeutschen Akademie für Kommunikation 2007 'Stein im Brett' Preis des Berufsverbandes Deutscher Geowissenschaftler e.V. (BDG) Premio Bancarella 2009 Elisabeth-Mann-Borgese-Meerespreis 2011 Deutscher Meerespreis 2021 Bayerischer Buchpreis: Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten
Trackliste
CD 1
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Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.10.2009

All inklusive
Frank Schätzings neues Buch „Limit” erforscht den Mond und die Grenzen des Thrillers
Es ist eine Unart, vielleicht aber auch nur eine Torheit, spannungsvoll gemeinte Bücher in die Hand zu nehmen, hinten aufzublättern, um das Ende noch vor dem Anfang zu lesen. Man will wissen, wie es ausgeht – und weiß die Neugier nicht zu zügeln. Einen gibt es allerdings im deutschsprachigen Raum, bei dem dieses Vorgehen gerechtfertigt ist: Frank Schätzing.
An diesem Montag kommt Schätzings neues Buch „Limit” in den Handel (Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009, 1328 S., 26 Euro). Man war darauf gespannt nach dem Millionenerfolg „Der Schwarm” von 2004, der weltweit gelesen wurde, gerade vor den ersten Dreharbeiten in Hollywood steht und den 52-jährigen Kölner Thriller-Autor endgültig in die Crichton-Forsyth-Brown-Liga bugsiert hat. Wie bei diesen Autoren lohnt es sich auch bei Schätzing, die Bücher von hinten nach vorne zu lesen. Nicht deshalb, weil man auf diese Weise erfährt, ob die Erde gerade noch rechtzeitig gerettet und die Verschwörung aufgedeckt wird. Nicht, weil man beruhigenderweise ahnt, dass der angezettelte Dritte Weltkrieg wie ein Schweizer Kracher in der Pfütze endet: mit leisem Ffftttttt. Sondern weil bei Schätzing die Lektüre der Danksagungen von Interesse ist. Wie bei Forsyth oder Crichton erfährt man hier oder im Register, wie ernst der Autor seinen Gegenstand nimmt. Wie genau und umfassend er ihm nachspürt, um daraus eine überzeugende Geschichte zu destillieren. Die Destillation, die Lehre vom Niederschlag löslicher Stoffe, beschreibt die Tätigkeit guter Thriller-Autoren womöglich am besten. Es ist die Kunst des Abgewinnens und durchaus keine leichte Sache.
Im „Limit”-Fall bedankt sich der Autor bei ISS- und Mir-Astronauten, bei Physikern, Planetenforschern, Energiespezialisten, Weltraumrechtsanwälten oder Holographie-Entwicklern, bei Instituten für Intelligente Informationstechnologie, Stadtplanern, Sinologen oder Slumforschern. Genau das ist es, was Schätzing-Bücher lesenswert macht. Sie gründen nicht allein auf Phantasie und Spekulation, sondern auf jahrelanger Recherche. Sie nehmen das Wissen in Anspruch. Schätzing et al.: Das ist eigentlich ein Autoren-Kollektiv, und Schätzing selbst immer dann am besten, wenn er mit Hilfe der Experten, Bücher, Aufsätze und des Internets die Phänomene erzählen lässt – und sich auf den Suspense verlässt, der den Dingen zwischen Himmel und Erde naturgemäß innewohnt. Das ist das eine, was Schätzing auszeichnet. Das andere ist eine verblüffende Erzählweise: Schätzing erzählt wie ein Filmemacher. Im Grunde schreibt er überbordende Drehbücher ohne Drehbuchkalkül. Breitestwand ist sein Format.
Mit „Limit” gelingt ihm beides erneut, obwohl er sich diesmal im – allerdings recht nahe liegenden – Gegensatz zum Schwarm-Kino von der Erde und der Tiefsee abwendet, um den Himmel zu erforschen: „Limit” ist ein Versuch über die Grenzenlosigkeit (der menschlichen Gier wie der menschlichen Neugier) und der Grenzen (der natürlichen Ressourcen wie jener, sich global zu verständigen und den Ausgleich zu suchen). So nebenher testet Schätzing allerdings auch die Grenzen des Thriller-Genres aus: 1320 Seiten umfasst „Limit”. Bei einem solchen Volumen ist es für einen Thriller, dessen Gesetze Tempo beziehungsweise Page & Turn heißen, nicht selbstverständlich, am Ende mehr zu sein als ein Backstein der Recherche. Das Buch ist daher gelungen – auch wenn es womöglich etwas weniger Sog entwickelt als der „Schwarm”, in dem sich die Meere gegen den Menschen erheben. Die nur ein paar Kilometer tief hinabreichenden Ozeane scheinen erstaunlicherweise mehr Tiefe und Geheimnis zu besitzen als das All in all seiner Unergründlichkeit.
Zwei Handlungsstränge sind es, die Schätzing über einige hundert Seiten mit viel Behutsamkeit entwickelt. Angesichts des zahlreichen, nicht in jedem einzelnen Fall auch interessanten Personals in „Limit” erscheint solche Genauigkeit und Autorenfürsorge jedoch nicht immer angebracht – ein schlankeres Buch wäre also denkbar gewesen. Im ersten Handlungsstrang geht es um einen illustren Kreis, der sich – im klugerweise antifuturistisch, erkennbar gezeichneten Jahr 2025 – auf den Weg zu einem Mond-Hotel macht. Der Mond ist inzwischen beinahe so gut zu erreichen wie die Malediven. In diesem Kreis sind versammelt: ein gutaussehender Ex-Perry-Rhodan-Darsteller mit dunkler Neigung, ein russischer Stahlimperialist mit Hang zum Fußball, ein indischer Tomaten-Baron mit Hang zur Untertreibung, eine TV-Klatschkönigin mit Hang zu Männern wie Frauen, eine Milliardärsgattin mit Hang zur Flasche und einige mehr. Angeleitet werden sie von der mal eher manisch (Julian), mal eher depressiv (Lynn) wirkenden Familie Orley, die märchenhaft reich ist.
Julian Orley hat einen (tatsächlich schon zum Ende des 19. Jahrhunderts erstmals diskutierten) Mond-Fahrstuhl erbaut. Durch diesen wird nicht nur der Weltraumtourismus angekurbelt, sondern auch das Energieproblem der Erde gelöst: das Element Helium-3 gibt es dort (tatsächlich) in ungeheuren Mengen. Durch den Transport zur Erde könnte (tatsächlich) das Öl-und-Gas-Zeitalter abgelöst werden. Wie es im Buch heißt: „Die Steinzeit ist nicht am Mangel an Steinen zu Ende gegangen.” Das ist der vielleicht interessanteste Dreh in „Limit”: Nicht die Begrenzung der Energiereserven, sondern erst die Grenzenlosigkeit der Energiequellen und Fördermöglichkeiten bringt die Erde an den Rand der Katastrophe.
Denn der wiederaufgenommene Wettlauf zum Mond ist keiner allein der Ökonomen, sondern auch einer der Volkswirtschaften und der nationalen Ideale. An dieser Stelle koppelt Schätzing einen zweiten Handlungsstrang an die Mondfahrt-Party einiger kurioser Geld-Biographien: Der Cyber-Detektiv Owen Jericho und die naturgemäß sehr schöne Dissidentin Yuyun „Yoyo” Chen sind einem Komplott auf der Spur, das sich von Shanghai über Berlin bis nach Äquatorialguinea erstreckt – und dem Anspruch aller Bond-Filme nach herausragenden Settings gerecht wird. Die Erde tut vielleicht gar zu viel, um der Exotik des Mondes und seiner Kraterlandschaften etwas entgegenzusetzen.
Überzeugend: Schätzings konstruktives Talent. Unter den Autoren ist er der Ingenieur, ein Generalplaner, der genau weiß, wie komplexe, suggestiv aufgeladene Räume aus dem Grundriss von Figuren und Handlungen entwickelt werden; der weiß, wo ein Gang, wo Türen und Fenster sein müssen. Schätzing hat ein spektakuläres Haus entworfen, das standfest ist. Schlicht ist es jedoch nicht – und mancher Gang gerät zu lang.
Wie immer ist Schätzing witzig in der Sprache – wenn auch mit dem schon bekannten Hang zum Räkelhaften einerseits (sie „räkelt ihren Latina-Körper”) und zu verbaler Überanstrengung andererseits („Stimmt, da ziehen sich Parallelen”). Oder: „Norrington, dessen Ängste, seit er sich erinnern konnte, in rege Korrespondenz mit Magen und Darm zu treten pflegten . . .”.
Was Schätzing besonders gut gelingt, ist jedoch das Erzähl-Erklären. Ob die Gesetze der Energieförderung, die außenpolitischen Querelen zwischen USA und China oder Orbitmechanik: Selten schleicht sich das Gefühl des Volkshochschulkurses sein. Stattdessen gibt es Wissen, verpackt in meist passgenaue, glaubhafte Dialoge, von denen etwa Dan Brown ruhig lernen könnte. Im Übrigen bleibt sich Schätzing treu und schreibt auch immer über Schätzing. Etwa über den Weinkenner: In „Lautlos” taucht ein „magischer ’88er Pio Cesare” auf Seite 24 auf, im „Schwarm” begegnet man dem ersten Gewürztraminer („bevorzugter Jahrgang 1985”) auf Seite 30 – in „Limit” muss man sich bis zu Seite 85 gedulden: Dann aber tritt der „wunderbare Tignanello” auf. Sogar im All kommt Schätzing nicht ohne seine Genießer und Trunkenbolde aus. Meist rauschhaft liest sich jedoch das ganze Buch – am Ende ergeht es dem Leser wie dem zitierten Dean Martin: Ein Mann ist so lange nicht betrunken, wie er sich am Boden an etwas festhalten kann. Zum Beispiel an anregend gut recherchierten Fakten. Darauf versteht sich Schätzing wie nur wenige andere Autoren. GERHARD MATZIG
Überraschung: Die Welt leidet nicht am Ende der Ressourcen, sondern am Überfluss daran
Die Reise von der Erde – hier im Hintergrund zu sehen – zum Mond ist im Jahr 2025 per Fahrstuhl möglich. Foto: Nasa
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2009

Auch auf dem Mond gibt's frisches Sushi

Quarks & Co: Warum Frank Schätzings neuer Bestseller "Limit" keine Literatur ist - und warum man das Buch trotzdem mögen muss

Von Andreas Rosenfelder

Eigentlich ist das ja eine Unverschämtheit - so einen Klotz von 1328 Seiten abzuliefern, wenn man nicht gerade den "Zauberberg" geschrieben hat, und selbst der kam mit 1008 Seiten aus. Jenseits der Tausend-Seiten-Grenze beginnt das Hochgebirge der Literatur, das überlässt man den Thomas Manns, Heimito von Doderers und ausnahmsweise vielleicht einmal einem David Foster Wallace.

Mit alldem hat Frank Schätzings neuer Roman "Limit" nichts zu tun. Er ist länger als der "Ulysses", aber er besteht komplett aus Sätzen wie: "Chen blinzelte misstrauisch." Oder: "Theoretisch landen wir bei 0° auf der Kelvin-Skala, was -273° Celsius entspricht, dem absoluten Nullpunkt." Aus solchen Sätzen macht man Megaseller, aber keine Literatur. Und trotzdem ist "Limit" ein großer Spaß, wenn auch naturgemäß kein unendlicher.

Man darf eben nicht den Fehler machen, Schätzing als Literaten zu betrachten. Er trägt prollige Lederjacken, er macht Werbung für Unterhosen, er tut überhaupt alles dafür, nicht mit einem Intellektuellen verwechselt zu werden. Wie aus der Danksagung zu erfahren ist, entstand "Limit" überwiegend in der Bar "Fonda" in der Kölner Südstadt: Man kann sich den Autor vorstellen, wie er bei Tapas und Rotwein vor seinem Laptop saß, ab und zu eine Zahl ergoogelte und ansonsten schrieb, als gäbe es im Literaturbetrieb kein Tempolimit. In einer Hollywood-Komödie wäre er der etwas geckenhafte, aber trotzdem sympathische Starautor, der all den trübsinnigen Tresenphilosophen freie Drinks spendiert.

Genie der Selbstvermarktung und einsamer Rechercheur.

Wenn jedes Buch, egal wo und wann es spielt, ein verstecktes Selbstporträt des Autors enthält - dann gibt es in "Limit", im Jahr 2025 auf der Erde und dem Mond angesiedelt, gleich zwei Frank-Schätzing-Doppelgänger: zum einen den Milliardär Julian Orley, der sämtliche Energieprobleme der Menschheit gelöst hat, indem er auf dem Mond mit dem Helium-3-Abbau begann und das Edelgas mit einem Fahrstuhl aus Kohlenstoffnanoröhren zur Erde beförderte. "Er trug T-Shirt und Sakko, Jeans und Cowboystiefel. Ringe steckten an seinen Fingern." Exakt so tritt Schätzing in Talkshows auf. In dem amerikanischen Tycoon setzt sich der Autor, der spätestens seit dem Welterfolg von "Der Schwarm" als Genie der Selbstvermarktung gelten muss, ein Denkmal als Showstar: "Julian Orley geht auf keine Bühne, die Bühne folgt ihm, wo immer er ist."

Und dann gibt es, als zweites Alter Ego, den Privatdetektiv Owen Jericho: einen hartgekochten Philip-Marlowe-Klon, der von Schanghai aus Datendelikte aufklärt und nebenbei einer geopolitischen Riesenverschwörung auf die Spur kommt, die quer durch fünf Kontinente führt. In Jericho verewigt sich Schätzing als der einsame Rechercheur, der Leute ausfragt und sein halbes Leben im Internet verbringt: "Er ging online und schickte den Computer auf die Suche nach den City Demons. Er präsentierte ihm einen australischen Football Club in New South Wales, einen weiteren in Neuseeland, einen Basketballverein aus Dodge City, Kansas, sowie eine vietnamesische Gothic Band."

Immerhin funktioniert die Google-Suche im Jahr 2025 offenbar noch genauso primitiv wie anno 2009 - was auch für den Rest des Internets gilt, das immer noch "World Wide Web" heißt. Auch Festplatten, E-Mail-Anhänge, Trojaner und Phishing sind noch nicht ausgestorben, ganz zu schweigen von "Second Life", wo sich die Leute nach wie vor "eine virtuelle Identität zulegen" und "Cybersex" machen. Es würde einen nicht wundern, wenn Jericho zwischen zwei Aufträgen noch schnell ein paar Moorhühner am PC jagen würde.

Ansonsten aber ist das Science-Fiction-Szenario, das Schätzing vor allem in Nebenbemerkungen entwirft, großartig - was genau daran liegt, dass er keinen Futurismus liefert, sondern unsere Gegenwart konsequent ins Übermorgen ausstülpt. Fast alles in "Limit" bezieht sich auf die Erfahrungen und Ängste der nuller Jahre - von den russischen Oligarchen, die inzwischen Daimler und Bayern München gekauft haben, über das Broadway-Musical "Nine Eleven" bis hin zum Kaffee mit Muskat, der Starbucks vor dem zwischenzeitlich drohenden Bankrott gerettet hat. Die androgynen Mando-Prog-Bands in Japan wirken wie Tokio-Hotel-Mutationen, die chinesische Popautorin Mian Mian ist zur Staatspoetin avanciert, und beim Landeanflug auf den Mond wird über Kreationismus und Darwinismus gestritten wie im guten alten Feuilletonjahr 2009.

Wie eine Pressereise mit vollem Unterhaltungsprogramm.

Sogar den Mond selbst nimmt Schätzing auf völlig selbstverständliche Weise für den Tourismus in Beschlag: Eine Reisegruppe aus Partynudeln, Medienleuten und Großinvestoren besucht auf Orleys Einladung seine Raumstation und sein Mondhotel. Es gibt Panoramafenster im All, hautenge Biosuits statt der aufgepumpten Raumanzüge der Apollo-Astronauten, und in riesigen Salzwassertanks im Boden des Mondes werden Fische fürs Hotelrestaurant gezüchtet. Im Kosmetikbeutel des bösen Verschwörers, der sich in die Reisegruppe eingeschleust hat, befinden sich neben dem obligatorischen Geheimsender auch Aftershave, Duschgel, Shampoo, Rasierschaum, Zahnbürste, Wattestäbchen und Ohrstöpsel: "Limit" bleibt in den Details auf so unspektakuläre Weise realistisch, dass man sich fragt, warum das Nachmittagsfernsehen noch keine Reportagen über dieses lunare Luxushotel gesendet hat.

Überhaupt hat die Weltraumtour, von Schätzing mit der actionreichen Detektivgeschichte auf der Erdoberfläche parallelgeführt, den Charme einer von A bis Z durchgeplanten Pressereise. Aber gerade in der Ausgestaltung kommunikativer Standardsituationen ist der ehemalige Kreativdirektor einer Kölner Werbeagentur unschlagbar. Die müden Witze beim Kennenlernen, das Rumstehen, die Grüppchenbildung, die soziale Chemie von Dinnergesprächen - diese Materie beherrscht Schätzing besser als jeder Soziologe. Er weiß, wie man ein Gespräch über Steaksaucen aufzieht, und er weiß, wann ein "Lächeln der Kategorie B" zum Einsatz kommt, "herzlich, aber unverbindlich".

So fügt man sich als Leser, wie die mitreisenden Romanfiguren, fast willenlos ins ausgetüftelte Unterhaltungsprogramm. Manchmal hört man hochinteressiert zu, manchmal dämmert man weg. Permanent ruft irgendwer: "Hey, seht euch das an!" Oder: "Erklär's einfach, Peter!" Und dann gibt es wieder einen ellenlangen Exkurs über Sonnenkollektoren an den Mondpolen, über Explosionen im luftleeren Raum oder sogar über Mies van der Rohe: "Sein Ziel war es, den chaotisch überbordenden Output der technischen Zivilisation in geordnete Strukturen zu überführen, wobei sein Ordnungsverständnis nicht auf Eingrenzung, sondern die Schaffung größtmöglicher Freiräume abzielte." Das ganze Buch ist eine Art begehbare 3D-Wikipedia.

Man könnte diese fachkundigen Ausführungen überblättern, aber das Verrückte an "Limit" ist, dass man sich gerade in den völlig unwichtigen Passagen immer wieder festliest. Man will unbedingt alles wissen über den Niedergang der Ölwirtschaft und über Fusionsreaktoren - und gähnt eher einmal, wenn der psychopathische Killer, den Owen Jericho auf der Erde jagt, zum soundsovielten Mal "buchhalterisch" seine Gedanken ordnet.

Spätestens im letzten Drittel von "Limit" kommt dann, wie bei einem überlangen Thriller im Nachtprogramm, doch eine gewisse Müdigkeit ins Spiel - obwohl Schätzing, der seine Romane wie Drehbücher anlegt, die Spannungskurve durch zwei gut plazierte Mini-Nuke-Atombomben noch einmal nach oben biegt. Man verliert den Überblick, verwechselt Namen und muss ab und zu im Personenregister nachblättern, wo dann steht: "Hoff, Edda: Projektbeauftragte, Abteilung Zentrale Sicherheit, Orley Enterprises. Blass, ausdruckslos und äußerst zuverlässig." Aber wie beim Spätfilm tröstet es, dass immerhin die Handlungsfiguren auch im größten Chaos noch logische Schlussfolgerungen ziehen können: "Wenn das Feuer auf den Lüftungsschacht übergegriffen hat, könnte der Druckabfall die Ausgänge blockieren."

Frank Schätzing ist nicht so gelehrt wie Umberto Eco, nicht so verschroben wie Stephen King und nicht so besessen wie Dan Brown. In Deutschland gibt es trotzdem keinen Zweiten wie ihn, der einfach mal einen Riesen-Science-Fiction zusammenhämmert und in den Orbit schickt. Er ähnelt diesen verrückten Milliardären, die auf eigene Rechnung Raumflugzeuge basteln. Schätzing ist kein Schriftsteller - er ist ein Erfinder.

Frank Schätzing: "Limit". Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009. 1328 S., geb., 26,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Ein flaues Gefühl und die Frage, warum es diesmal nicht so fesselnd wie beim letzten Mal war, hinterlässt der neue Science-Fiction-Roman von Frank Schätzing bei Rezensent Mathias Greffrath. Gut, das Buch sei solide und mit suspense-steigernden Schnitten gebaut, es gebe hyperpräzise Bedienungsanleitungen für innovative Geräte und physikalisch korrekte Schwerelosigkeitsspäße. Sogar den 85-jährigen David Bowie treffe man auf dem halben Weg zum Mond, wo man im Jahr 2025 um die Energie der Zukunft kämpfe. Kann sein, versucht Greffrath sich an einer Analyse seines flauen Post-Schätzing-Gefühls, dass der Autor auch in diesem Buch mit seinem Fortschrittsoptimismis der neuesten Stimmung knapp voraus sei. Doch gerade vor diesem Hintergrund liest sich "Limit", wenn wir den Rezensenten richtig verstehen, dann doch eher wie "die ins Technoinfernale gesteigerte Aufklärung eines Falls von lunarer Werksabotage", während auf Erden alles beim Alten bleibe. Für einen Roman dieses Genres offensichtlich nicht genug.

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»[...] ein unterhaltsames und verfilmungsträchtiges Buch, in dessen Subtext eine Parabel der Unterhaltungsindustrie aufscheint.« Hendrik Werner Die Welt