Der Mann, das unbekannte Wesen?
Während in den vergangenen Jahren zahllose Bücher sich dem Thema "Frau" in allen Facetten genähert haben, bleibt die männliche Identität anderen und sich selbst ein Rätsel. Was also ist der Mann? Des Autors ebenso intelligente wie provokante Selbstbefragung gibt die fulminante Antwort. Diskutieren erwünscht!
Wie Männer ticken
Männer sind ihren Frauen fremdgeblieben, nach Jahren noch. Frauen begreifen nicht, dass ihre Männer Masken tragen, vielleicht ein Leben lang, um enttäuschte Hoffnungen zu verbergen. Die Maske macht sie sprachlos. Und weil noch nach Jahren voller Theoretiker und Therapeuten Männer und Frauen einander kaum verstehen, dient dieses Buch als Reiseführer in das Land Maskulina. Dietrich Schwanitz erzählt "die ruhmreiche Geschichte dieses einst machtvollen Reiches" und geht auf die Gründe für den heutigen Niedergang ein. Denn desolat präsentiert sich dieses Reich der Männer in der Tat, voll abstrusem Verhalten, befremdlicher Bräuche und einem rigorosen Strafrecht: "Mit dem Tode oder Pranger muss rechnen, wer in der Öffentlichkeit seine Gefühle entblößt."
Ruhe an der Geschlechterfront ist nicht eingekehrt, seit vor zwanzig Jahren die neuen Männer gesucht wurden, die das Land angeblich brauche. Schwanitz` Buch ist auch eine provokative Polemik und die längst fällige Abrechnung mit falschverstandenen weiblichen Forderungen, die nur eine Vielzahl neuer Gräben zwischen den Geschlechtern aufgerissen haben. Männer können es Frauen ja nicht recht machen, sind mal doofe, schlaffe Softis und mal fiese, protzende Chauvis. Aber vielleicht senden Männer einfach nur fremde Signale aus, so wie der Hund, der mit der Katze spielen möchte und dabei als Zeichen seiner Freude mit dem Schwanz wedelt. Die Katze aber, die durch Zucken mit der Schwanzspitze Missfallen äussert, wird sich angegriffen fühlen und beginnt zu fauchen.
Im unendlichen Reich der Frauenbücher ist der Mann ein unbekanntes Wesen geblieben - nicht nur für die Frauen, auch sich selbst. Was also ist der Mann? Dietrich Schwanitz liefert eine aufregende Analyse und ein spannend inszeniertes Werk der Aufklärung. Seine Besichtigung einer Spezies, die auch eine intelligente und mutige Selbstbefragung ist, wird mit Sicherheit zu jenen Büchern gehören, über das man sprechen wird, ist es doch nicht nur eine Standortbestimmung, sondern auch eine Provokation.
Gelesen von Matthias Ponnier.
Während in den vergangenen Jahren zahllose Bücher sich dem Thema "Frau" in allen Facetten genähert haben, bleibt die männliche Identität anderen und sich selbst ein Rätsel. Was also ist der Mann? Des Autors ebenso intelligente wie provokante Selbstbefragung gibt die fulminante Antwort. Diskutieren erwünscht!
Wie Männer ticken
Männer sind ihren Frauen fremdgeblieben, nach Jahren noch. Frauen begreifen nicht, dass ihre Männer Masken tragen, vielleicht ein Leben lang, um enttäuschte Hoffnungen zu verbergen. Die Maske macht sie sprachlos. Und weil noch nach Jahren voller Theoretiker und Therapeuten Männer und Frauen einander kaum verstehen, dient dieses Buch als Reiseführer in das Land Maskulina. Dietrich Schwanitz erzählt "die ruhmreiche Geschichte dieses einst machtvollen Reiches" und geht auf die Gründe für den heutigen Niedergang ein. Denn desolat präsentiert sich dieses Reich der Männer in der Tat, voll abstrusem Verhalten, befremdlicher Bräuche und einem rigorosen Strafrecht: "Mit dem Tode oder Pranger muss rechnen, wer in der Öffentlichkeit seine Gefühle entblößt."
Ruhe an der Geschlechterfront ist nicht eingekehrt, seit vor zwanzig Jahren die neuen Männer gesucht wurden, die das Land angeblich brauche. Schwanitz` Buch ist auch eine provokative Polemik und die längst fällige Abrechnung mit falschverstandenen weiblichen Forderungen, die nur eine Vielzahl neuer Gräben zwischen den Geschlechtern aufgerissen haben. Männer können es Frauen ja nicht recht machen, sind mal doofe, schlaffe Softis und mal fiese, protzende Chauvis. Aber vielleicht senden Männer einfach nur fremde Signale aus, so wie der Hund, der mit der Katze spielen möchte und dabei als Zeichen seiner Freude mit dem Schwanz wedelt. Die Katze aber, die durch Zucken mit der Schwanzspitze Missfallen äussert, wird sich angegriffen fühlen und beginnt zu fauchen.
Im unendlichen Reich der Frauenbücher ist der Mann ein unbekanntes Wesen geblieben - nicht nur für die Frauen, auch sich selbst. Was also ist der Mann? Dietrich Schwanitz liefert eine aufregende Analyse und ein spannend inszeniertes Werk der Aufklärung. Seine Besichtigung einer Spezies, die auch eine intelligente und mutige Selbstbefragung ist, wird mit Sicherheit zu jenen Büchern gehören, über das man sprechen wird, ist es doch nicht nur eine Standortbestimmung, sondern auch eine Provokation.
Gelesen von Matthias Ponnier.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.08.2001Ich Schwanitz, du Jane
Nichts Männliches ist ihm fremd
"Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen!" Dieser Stoßseufzer aus einem Loriot-Sketch könnte als Motto über Dietrich Schwanitz' "Männer"-Buch stehen. Doch wofür der Komiker nur einen Satz braucht, das walzt der frühpensionierte Professor auf nicht weniger als 325 Seiten aus. Sagt er darin mehr als Loriot? Schwanitz hatte bereits in seinem Bestseller "Bildung" ein völlig überflüssiges Kapitel der "Geschlechterdebatte" gewidmet, ein Raum, der besser für eine erweiterte Fassung des miserablen Musik-Kapitels genutzt worden wäre. In "Männer" läßt er sich nun in breiter, allzu breiter Form über das Verhältnis von Mann und Frau aus, denn daß das Werk von Frauen ebenso handelt wie von Männern, liegt auf der Hand.
Der Autor zieht sein großes Thema zunächst sprachwissenschaftlich auf. Seine Grundthese ist: Männer haben einen ganz anderen Kommunikationsstil als Frauen, sie sprechen verschiedene "Genderlects". Männer "bedienen sich einer Feststellungssprache im Dienste des Imponierstils", Frauen dagegen versuchen, "durch Sprechen Nähe zum Gesprächspartner zu schaffen". Dadurch, so Schwanitz, komme es zu ständigen Mißverständnissen, in denen beide Geschlechter sich zu Unrecht angegriffen und diskriminiert fühlen. Die Folge ist die schleichende Verwandlung der Liebe in Konflikte. Die einzige Lösung dieses Dilemmas läge darin, "daß man sich von aller Empörung freimacht und jeden Gedanken an eigenes Recht und eigene Ansprüche verabschiedet". Wie das dauerhaft gehen soll, wird allerdings nicht klar.
Spätestens an dieser Stelle fragt sich der Leser: Woher weiß der Herr Professor das alles eigentlich? Woher nimmt er die Erfahrung, freimütig etwa über "den weiblichen Blick", über "das Reich der Frauen" oder gar über "das Körpergefühl der Frau" zu referieren? Seine geradezu hymnischen Elogen auf die weiblichen Genitalien, gepaart mit einer geharnischten Ablehnung des "monströsen Geschlechtsteils" des Mannes, scheint geradezu einen Selbsthaß zu offenbaren. Auch mit kategorischen Verurteilungen wie "Die Pygmalions dieser Welt sind allesamt verfehlte Töchterväter mit inzestuösen Neigungen" hält er nicht hinterm Berg. Das ist genau jener linkslastige Entlarvungsjargon, den er in "Bildung" noch genüßlich gegeißelt hatte. Da er nahezu keine Quellenangaben bietet (nur Luhmann darf natürlich nicht fehlen) und auch nicht die von ihm benutzte Literatur in einer Bibliographie auflistet, entsteht bisweilen der unangenehme Eindruck, einen Eintopf aus radikal-feministischen Pamphleten à la Pusch oder Trömel-Plötz vorgesetzt zu bekommen, der mit dem aufdringlich souveränen Stil des männlichen Verfassers gewürzt ist, einschließlich der (ironischen?) Verwendung des Pronomens frau statt man.
Hatte Schwanitz in seinem Roman "Der Campus" sich noch unverhohlen über das Unwesen der Frauenbeauftragten lustig gemacht, geht er in "Männer" mit geradezu leisetreterischer Attitüde über die groteske Gleichmacherei in Einrichtungen des öffentlichen Dienstes hinweg. Dabei sollte gerade er es besser wissen. Daß er es tatsächlich besser weiß, zeigt er zum Beispiel in der szenenweise in den Text integrierten "Komödie der Frauen", einer modernen Adaption des Amphitryon-Mythos. Hier läßt er die altehrwürdigen Frauengestalten des antiken Dramas unverblümt "eine Frauenbeauftragte im Olymp" und eine "Quotenregelung für Frauen in Athen" fordern. Die Damen laufen damit allerdings voll auf, denn Jupiter teilt ihnen lapidar mit: "Wollt ihr sie (die Gleichberechtigung) haben, müßt ihr auf die Vorteile der alten Position verzichten." So etwas darf man heutzutage wohl nur noch in der Camouflage der alten Mythologie sagen!
Schwanitz schreibt gewohnt brillant, zuweilen geradezu in rhythmischer Prosa, gelegentlich allerdings ein wenig manieriert. Auch Kalauer verschmäht er nicht: "Lieber ein berühmter Säufer als ein anonymer Alkoholiker." Wirklich gelungen ist ihm aber die "Porträtgalerie der Männertypen", in der er - ebenfalls über den Haupttext verteilt - in der Manier des Theophrast Gestalten beschreibt, die wir alle kennen: den Stammtischbruder wie den Guru, den Latin Lover wie den Jammerlappen. Dennoch bleibt insgesamt ein fader Nachgeschmack: Männer und Frauen sind Individuen, und sie nur aufgrund ihres Geschlechtes in zwei unversöhnliche Lager einzuteilen, ist schlicht und einfach falsch. Gibt es etwa keine Männer, die aggressionsfrei kommunizieren können? Und vor allem: Gibt es etwa keinen knallharten Konkurrenzkampf unter Frauen? Und was ist mit den Schwulen, denen der offensichtlich heterosexuelle Autor gerade mal einen spöttischen Nebensatz widmet? Auch daß "die Heuchelei eine Verbeugung vor der Tugend" sei oder "Männer alles Schwabbelige lieben", will in dieser apodiktischen Form nicht recht einleuchten. Und geradezu empörend ist es, wenn Schwanitz behauptet, in deutschen Schulen werde "die Lehre des Machismo den Kleinen als Staatsreligion eingetrichtert". Nein, der Blick des Ethnologen, mit dem die "Spezies" Mann besichtigt werden soll, verfehlt die Wirklichkeit.Der Konjunktur der Männer-Diskurse wird dies dennoch keinen Abbruch tun.
THOMAS FISCHER
Dietrich Schwanitz: "Männer". Eine Spezies wird besichtigt. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2001. 328 S., geb., 44,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nichts Männliches ist ihm fremd
"Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen!" Dieser Stoßseufzer aus einem Loriot-Sketch könnte als Motto über Dietrich Schwanitz' "Männer"-Buch stehen. Doch wofür der Komiker nur einen Satz braucht, das walzt der frühpensionierte Professor auf nicht weniger als 325 Seiten aus. Sagt er darin mehr als Loriot? Schwanitz hatte bereits in seinem Bestseller "Bildung" ein völlig überflüssiges Kapitel der "Geschlechterdebatte" gewidmet, ein Raum, der besser für eine erweiterte Fassung des miserablen Musik-Kapitels genutzt worden wäre. In "Männer" läßt er sich nun in breiter, allzu breiter Form über das Verhältnis von Mann und Frau aus, denn daß das Werk von Frauen ebenso handelt wie von Männern, liegt auf der Hand.
Der Autor zieht sein großes Thema zunächst sprachwissenschaftlich auf. Seine Grundthese ist: Männer haben einen ganz anderen Kommunikationsstil als Frauen, sie sprechen verschiedene "Genderlects". Männer "bedienen sich einer Feststellungssprache im Dienste des Imponierstils", Frauen dagegen versuchen, "durch Sprechen Nähe zum Gesprächspartner zu schaffen". Dadurch, so Schwanitz, komme es zu ständigen Mißverständnissen, in denen beide Geschlechter sich zu Unrecht angegriffen und diskriminiert fühlen. Die Folge ist die schleichende Verwandlung der Liebe in Konflikte. Die einzige Lösung dieses Dilemmas läge darin, "daß man sich von aller Empörung freimacht und jeden Gedanken an eigenes Recht und eigene Ansprüche verabschiedet". Wie das dauerhaft gehen soll, wird allerdings nicht klar.
Spätestens an dieser Stelle fragt sich der Leser: Woher weiß der Herr Professor das alles eigentlich? Woher nimmt er die Erfahrung, freimütig etwa über "den weiblichen Blick", über "das Reich der Frauen" oder gar über "das Körpergefühl der Frau" zu referieren? Seine geradezu hymnischen Elogen auf die weiblichen Genitalien, gepaart mit einer geharnischten Ablehnung des "monströsen Geschlechtsteils" des Mannes, scheint geradezu einen Selbsthaß zu offenbaren. Auch mit kategorischen Verurteilungen wie "Die Pygmalions dieser Welt sind allesamt verfehlte Töchterväter mit inzestuösen Neigungen" hält er nicht hinterm Berg. Das ist genau jener linkslastige Entlarvungsjargon, den er in "Bildung" noch genüßlich gegeißelt hatte. Da er nahezu keine Quellenangaben bietet (nur Luhmann darf natürlich nicht fehlen) und auch nicht die von ihm benutzte Literatur in einer Bibliographie auflistet, entsteht bisweilen der unangenehme Eindruck, einen Eintopf aus radikal-feministischen Pamphleten à la Pusch oder Trömel-Plötz vorgesetzt zu bekommen, der mit dem aufdringlich souveränen Stil des männlichen Verfassers gewürzt ist, einschließlich der (ironischen?) Verwendung des Pronomens frau statt man.
Hatte Schwanitz in seinem Roman "Der Campus" sich noch unverhohlen über das Unwesen der Frauenbeauftragten lustig gemacht, geht er in "Männer" mit geradezu leisetreterischer Attitüde über die groteske Gleichmacherei in Einrichtungen des öffentlichen Dienstes hinweg. Dabei sollte gerade er es besser wissen. Daß er es tatsächlich besser weiß, zeigt er zum Beispiel in der szenenweise in den Text integrierten "Komödie der Frauen", einer modernen Adaption des Amphitryon-Mythos. Hier läßt er die altehrwürdigen Frauengestalten des antiken Dramas unverblümt "eine Frauenbeauftragte im Olymp" und eine "Quotenregelung für Frauen in Athen" fordern. Die Damen laufen damit allerdings voll auf, denn Jupiter teilt ihnen lapidar mit: "Wollt ihr sie (die Gleichberechtigung) haben, müßt ihr auf die Vorteile der alten Position verzichten." So etwas darf man heutzutage wohl nur noch in der Camouflage der alten Mythologie sagen!
Schwanitz schreibt gewohnt brillant, zuweilen geradezu in rhythmischer Prosa, gelegentlich allerdings ein wenig manieriert. Auch Kalauer verschmäht er nicht: "Lieber ein berühmter Säufer als ein anonymer Alkoholiker." Wirklich gelungen ist ihm aber die "Porträtgalerie der Männertypen", in der er - ebenfalls über den Haupttext verteilt - in der Manier des Theophrast Gestalten beschreibt, die wir alle kennen: den Stammtischbruder wie den Guru, den Latin Lover wie den Jammerlappen. Dennoch bleibt insgesamt ein fader Nachgeschmack: Männer und Frauen sind Individuen, und sie nur aufgrund ihres Geschlechtes in zwei unversöhnliche Lager einzuteilen, ist schlicht und einfach falsch. Gibt es etwa keine Männer, die aggressionsfrei kommunizieren können? Und vor allem: Gibt es etwa keinen knallharten Konkurrenzkampf unter Frauen? Und was ist mit den Schwulen, denen der offensichtlich heterosexuelle Autor gerade mal einen spöttischen Nebensatz widmet? Auch daß "die Heuchelei eine Verbeugung vor der Tugend" sei oder "Männer alles Schwabbelige lieben", will in dieser apodiktischen Form nicht recht einleuchten. Und geradezu empörend ist es, wenn Schwanitz behauptet, in deutschen Schulen werde "die Lehre des Machismo den Kleinen als Staatsreligion eingetrichtert". Nein, der Blick des Ethnologen, mit dem die "Spezies" Mann besichtigt werden soll, verfehlt die Wirklichkeit.Der Konjunktur der Männer-Diskurse wird dies dennoch keinen Abbruch tun.
THOMAS FISCHER
Dietrich Schwanitz: "Männer". Eine Spezies wird besichtigt. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2001. 328 S., geb., 44,- DM.
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