»Eine unentbehrliche Lektüre.« Christopher ClarkVictor Klemperers Schilderung des Chaos nach dem Ersten Weltkrieg und des Scheiterns der Münchner Räterepublik. Solch genaue, anschauliche Momentaufnahmen aus der belagerten Stadt findet man nirgendwo sonst. Ein bewegendes, mit Spannung zu lesendes Gesamtbild von diesem entscheidenden Wendepunkt der deutschen Geschichte - aus der Revolution von 1918/19 ging nicht nur die erste deutsche Demokratie hervor, zugleich kündigte sich in ihr das kommende Unheil an.»Ein sensationelles Zeugnis. Hier entdeckt man einen ganz neuen Victor Klemperer.«Alexander Cammann, DIE ZEIT»Eine Sensation.« Marc Reichwein, Die Literarische Welt»Man ist sofort eingenommen von Klemperers Ton.« Daniel Kehlmann
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.07.2015Die Kränkung machte ihn hellsichtig
Victor Klemperers Fragment gebliebenes Revolutionstagebuch über die chaotische Zeit nach dem Ersten Weltkrieg liegt erstmals gedruckt vor. Die Sensation des Bandes aber ist eine andere.
Mitte Dezember 1918 begegnet Victor Klemperer, Privatdozent und künftiger außerordentlicher Professor für Romanistik an der Universität München, auf einer Wahlversammlung dem ersten Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern, Kurt Eisner. Eisner kommt dicht an Klemperer vorüber, "sein Ärmel streift mich. Nachher kann ich ihn lange Zeit auf drei Schritt Entfernung betrachten. Ein zartes, winziges, gebrechliches, gebeugtes Männchen. Dem kahlen Schädel fehlen imposante Maße, das Haar hängt schmutziggrau in den Nacken, der rötliche Vollbart wechselt ins Schmutziggraue hinüber, die schweren Augen sehen trübgrau durch Brillengläser. Nichts Geniales, nichts Ehrwürdiges, nichts Heroisches ist an der ganzen Gestalt zu entdecken, ein mittelmäßiger verbrauchter Mensch, dem ich mindestens 65 Jahre gebe, obwohl er noch ganz im Anfang der Fünfzig steht."
Interessant an dieser Beschreibung ist nicht die Frage, ob sie dem "Männchen", dem sie gilt, gerecht wird, sondern der Zeitpunkt ihrer Entstehung: Januar 1942. Zu dieser Zeit lebte Klemperer seit anderthalb Jahren mit seiner Frau Eva in einem "Judenhaus" in der Dresdner Caspar-David-Friedrich-Straße, in das die beiden aus ihrer Villa in Dresden-Dölzschen vertrieben worden waren. Die Umstände, unter denen sie dort hausen mussten, den Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten, Zeitungen und die ständige Todesangst, die mit dem Tragen des gelben Sterns verbunden war, hat Klemperer in seinen Tagebüchern aus dem "Dritten Reich" mit akribischer Gründlichkeit geschildert. Jedes alltägliche Bedürfnis stieß an Verbote, jeder Gang auf die Straße war ein Wagnis, jede Freude im Keim erstickt. Aber das Gedächtnis funktionierte perfekt.
In jenem Winter 1942, in dem die deutsche Wehrmacht in Russland ihre ersten großen Niederlagen erlitt, sammelte Klemperer in der Isolation seiner Zwangsunterkunft Material für eine Fortsetzung seiner Lebenserinnerungen, die zu diesem Zeitpunkt bis ins Jahr 1918 reichten. Die Notizen zum "Revolutions-Tagebuch", das daran anschließen sollte, blieben Fragment, die dichtbeschriebenen Seiten des Manuskripts wurden hastig vor der Gestapo versteckt und später nicht mehr ergänzt. Jetzt bilden sie das Rückgrat des Bandes "Man möchte immer weinen und lachen in einem", mit dem der Aufbau Verlag seine Publikation von Klemperers Aufzeichnungen aus dem Nachlass fortsetzt.
Die Sensation dieses Buches aber ist eine andere. Sie liegt in den fünfzehn Reportagen, die Klemperer zwischen Februar 1919 und Januar 1920 für die "Leipziger Neuesten Nachrichten", eine konservative Tageszeitung, verfasst hat und die hier zum ersten Mal gemeinsam veröffentlicht sind. Zwar distanziert sich Klemperer, als wollte er das Urteil der Nachwelt vorwegnehmen, in seinen Aufzeichnungen aus der Nazizeit pflichtschuldig von diesen Texten: Der "Kampf zwischen dem Hochschullehrer und dem Journalisten" in ihm sei entschieden gewesen, bevor er die erste Zeile geschrieben habe. Doch Anfang 1919, als Klemperer mit dem leitenden Redakteur der "LNN" über eine mögliche Mitarbeit redete, stand die Entscheidung durchaus noch nicht fest. Sogar auf "einen Pariser Posten" scheint er bei seiner neuen Tätigkeit spekuliert zu haben.
Dazu kam es nicht, Klemperer blieb Philologe. Aber es macht den Reiz dieser Reportagen aus, dass in ihnen der Professor noch nicht endgültig über den Journalisten gesiegt hat, dass der Zeitzeuge K. sich noch nicht auf den Hochsitz des Privaten zurückgezogen hat, von dem aus er sein Tagebuch aus den zwanziger Jahren schreibt. Im Frühjahr 1919 wird in München Geschichte gemacht, und der Extraordinarius Klemperer macht mit. Eisners Ärmel streift seine Jacke, ein Student, der ihn im Seminar anspricht, erweist sich als Frontmann der Räteregierung, und als er sich im Mai aus dem Fenster lehnt, sieht er, wie zwei Bürger einen "Roten" anhalten und in die Flucht schlagen. "Kein Kino vermag größere Sensationen zu schaffen", meldet er nach Leipzig, nachdem er den zerschossenen Stachus besichtigt hat, das ausgebrannte Ladenhäuschen, die zerstörten Dachstühle, die Kugelspuren an den Häusern. Und wie immer, wenn das Kino als Metapher bemüht wird, schwingt darin die Spannung zwischen Auge und Unterleib, der voyeuristische Reiz des Schauens und der Nervenkitzel der Gefahr.
Von beidem gab es in jenem Frühling mehr als genug. Schon im Herbst 1918 waren die Bayern ihren Berliner Vettern eine Nasenlänge voraus. Am 8. November, einen Tag vor Liebknecht und Scheidemann, proklamierte Kurt Eisner in München die Republik. Dann folgte ein wahres Karussell von Herrschaftsformen: Revolutionsregierung, Wahldemokratie, Räterepublik, zuletzt eine linke Militärdiktatur. Als ein Bündnis aus Freikorps und Reichswehrtruppen Anfang Mai die Hauptstadt in zweitägigen Kämpfen zurückeroberte, war der Keim für den Untergang der Weimarer Republik in Bayern gelegt.
Von diesen Kämpfen und den Saal-, Salon- und Hinterzimmerschlachten, die ihnen vorangingen, erzählt Klemperer in seinen Artikeln, von denen wegen der Postsperre nur ein Drittel ihren Empfänger erreichte, im Ton eines überdrehten Kriegsfeuilletonisten. Am Landtag fliegen Handgranaten, im Englischen Garten sterben die Fasane, doch der spätere Autor der "Einführung in das Mittelfranzösische" betrachtet mit Kennerblick die "kreisrunden Menschennester" auf den Straßen, in denen sich das Potential der Revolte ballt, und genießt den Anblick der Jagdflugzeuge am Himmel, aus denen die Flugblätter der Bamberger Exilregierung auf die Passanten herunterregnen.
Unverstellter als in den Aufzeichnungen von 1942, in denen die Beobachtung meist schon durch Reflexion gebändigt ist, spricht aus den Reportagen das Volksfest- und Spektakelhafte, die makabre Gaudi, welche die sogenannte Revolution für all jene, die nicht unmittelbar an ihr teilhatten, eben auch war, zumal für die Münchner, die, wie Klemperer kopfschüttelnd beobachtet, bei jedem Wetter "im Fenster liegen", um zu sehen, was draußen los ist. Zu ihnen will unser Autor keinesfalls gehören, weshalb er seine Berichte mit "A. B.", für "Antibavaricus", zeichnet - aber dann geht er doch wieder ans Fenster und schreibt auf, was auf der Straße passiert.
Schließlich wäre Klemperer nicht Klemperer, wenn sein Lebensthema nicht auch in diesen frühen Zeilen zur Sprache käme. Schon beim Militär hat er unter der Judenfeindlichkeit von Vorgesetzten und Kameraden zu leiden gehabt; jetzt registriert er, wie "Preuß'" und "Jude" plötzlich zu Synonymen werden, wie englische Damen im Salon von der jüdischen Weltverschwörung zu faseln anfangen und wie der Affekt der bayerischen Spießer gegen die Revolutionäre mit dem alten Hass auf die "Saujuden" verschmilzt. Klemperer, zweifach protestantisch getaufter Sohn eines Rabbiners, wollte vergessen, dass er Jude war, aber seine Mitwelt ließ es nicht zu. Diese Kränkung machte ihn hellsichtig. Sie ließ ihn genauer hinsehen als alle anderen, die im zwanzigsten Jahrhundert in Deutschland Tagebuch schrieben. So sind auch diese Berichte und Notizen nicht bloß Gelegenheitsarbeiten eines Bildungsbürgers, sondern ein wahrhaftiger Spiegel ihrer Zeit.
ANDREAS KILB
Victor Klemperer: "Man möchte immer weinen und lachen in einem". Revolutionstagebuch 1919.
Aufbau Verlag, Berlin 2015. 263 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Victor Klemperers Fragment gebliebenes Revolutionstagebuch über die chaotische Zeit nach dem Ersten Weltkrieg liegt erstmals gedruckt vor. Die Sensation des Bandes aber ist eine andere.
Mitte Dezember 1918 begegnet Victor Klemperer, Privatdozent und künftiger außerordentlicher Professor für Romanistik an der Universität München, auf einer Wahlversammlung dem ersten Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern, Kurt Eisner. Eisner kommt dicht an Klemperer vorüber, "sein Ärmel streift mich. Nachher kann ich ihn lange Zeit auf drei Schritt Entfernung betrachten. Ein zartes, winziges, gebrechliches, gebeugtes Männchen. Dem kahlen Schädel fehlen imposante Maße, das Haar hängt schmutziggrau in den Nacken, der rötliche Vollbart wechselt ins Schmutziggraue hinüber, die schweren Augen sehen trübgrau durch Brillengläser. Nichts Geniales, nichts Ehrwürdiges, nichts Heroisches ist an der ganzen Gestalt zu entdecken, ein mittelmäßiger verbrauchter Mensch, dem ich mindestens 65 Jahre gebe, obwohl er noch ganz im Anfang der Fünfzig steht."
Interessant an dieser Beschreibung ist nicht die Frage, ob sie dem "Männchen", dem sie gilt, gerecht wird, sondern der Zeitpunkt ihrer Entstehung: Januar 1942. Zu dieser Zeit lebte Klemperer seit anderthalb Jahren mit seiner Frau Eva in einem "Judenhaus" in der Dresdner Caspar-David-Friedrich-Straße, in das die beiden aus ihrer Villa in Dresden-Dölzschen vertrieben worden waren. Die Umstände, unter denen sie dort hausen mussten, den Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten, Zeitungen und die ständige Todesangst, die mit dem Tragen des gelben Sterns verbunden war, hat Klemperer in seinen Tagebüchern aus dem "Dritten Reich" mit akribischer Gründlichkeit geschildert. Jedes alltägliche Bedürfnis stieß an Verbote, jeder Gang auf die Straße war ein Wagnis, jede Freude im Keim erstickt. Aber das Gedächtnis funktionierte perfekt.
In jenem Winter 1942, in dem die deutsche Wehrmacht in Russland ihre ersten großen Niederlagen erlitt, sammelte Klemperer in der Isolation seiner Zwangsunterkunft Material für eine Fortsetzung seiner Lebenserinnerungen, die zu diesem Zeitpunkt bis ins Jahr 1918 reichten. Die Notizen zum "Revolutions-Tagebuch", das daran anschließen sollte, blieben Fragment, die dichtbeschriebenen Seiten des Manuskripts wurden hastig vor der Gestapo versteckt und später nicht mehr ergänzt. Jetzt bilden sie das Rückgrat des Bandes "Man möchte immer weinen und lachen in einem", mit dem der Aufbau Verlag seine Publikation von Klemperers Aufzeichnungen aus dem Nachlass fortsetzt.
Die Sensation dieses Buches aber ist eine andere. Sie liegt in den fünfzehn Reportagen, die Klemperer zwischen Februar 1919 und Januar 1920 für die "Leipziger Neuesten Nachrichten", eine konservative Tageszeitung, verfasst hat und die hier zum ersten Mal gemeinsam veröffentlicht sind. Zwar distanziert sich Klemperer, als wollte er das Urteil der Nachwelt vorwegnehmen, in seinen Aufzeichnungen aus der Nazizeit pflichtschuldig von diesen Texten: Der "Kampf zwischen dem Hochschullehrer und dem Journalisten" in ihm sei entschieden gewesen, bevor er die erste Zeile geschrieben habe. Doch Anfang 1919, als Klemperer mit dem leitenden Redakteur der "LNN" über eine mögliche Mitarbeit redete, stand die Entscheidung durchaus noch nicht fest. Sogar auf "einen Pariser Posten" scheint er bei seiner neuen Tätigkeit spekuliert zu haben.
Dazu kam es nicht, Klemperer blieb Philologe. Aber es macht den Reiz dieser Reportagen aus, dass in ihnen der Professor noch nicht endgültig über den Journalisten gesiegt hat, dass der Zeitzeuge K. sich noch nicht auf den Hochsitz des Privaten zurückgezogen hat, von dem aus er sein Tagebuch aus den zwanziger Jahren schreibt. Im Frühjahr 1919 wird in München Geschichte gemacht, und der Extraordinarius Klemperer macht mit. Eisners Ärmel streift seine Jacke, ein Student, der ihn im Seminar anspricht, erweist sich als Frontmann der Räteregierung, und als er sich im Mai aus dem Fenster lehnt, sieht er, wie zwei Bürger einen "Roten" anhalten und in die Flucht schlagen. "Kein Kino vermag größere Sensationen zu schaffen", meldet er nach Leipzig, nachdem er den zerschossenen Stachus besichtigt hat, das ausgebrannte Ladenhäuschen, die zerstörten Dachstühle, die Kugelspuren an den Häusern. Und wie immer, wenn das Kino als Metapher bemüht wird, schwingt darin die Spannung zwischen Auge und Unterleib, der voyeuristische Reiz des Schauens und der Nervenkitzel der Gefahr.
Von beidem gab es in jenem Frühling mehr als genug. Schon im Herbst 1918 waren die Bayern ihren Berliner Vettern eine Nasenlänge voraus. Am 8. November, einen Tag vor Liebknecht und Scheidemann, proklamierte Kurt Eisner in München die Republik. Dann folgte ein wahres Karussell von Herrschaftsformen: Revolutionsregierung, Wahldemokratie, Räterepublik, zuletzt eine linke Militärdiktatur. Als ein Bündnis aus Freikorps und Reichswehrtruppen Anfang Mai die Hauptstadt in zweitägigen Kämpfen zurückeroberte, war der Keim für den Untergang der Weimarer Republik in Bayern gelegt.
Von diesen Kämpfen und den Saal-, Salon- und Hinterzimmerschlachten, die ihnen vorangingen, erzählt Klemperer in seinen Artikeln, von denen wegen der Postsperre nur ein Drittel ihren Empfänger erreichte, im Ton eines überdrehten Kriegsfeuilletonisten. Am Landtag fliegen Handgranaten, im Englischen Garten sterben die Fasane, doch der spätere Autor der "Einführung in das Mittelfranzösische" betrachtet mit Kennerblick die "kreisrunden Menschennester" auf den Straßen, in denen sich das Potential der Revolte ballt, und genießt den Anblick der Jagdflugzeuge am Himmel, aus denen die Flugblätter der Bamberger Exilregierung auf die Passanten herunterregnen.
Unverstellter als in den Aufzeichnungen von 1942, in denen die Beobachtung meist schon durch Reflexion gebändigt ist, spricht aus den Reportagen das Volksfest- und Spektakelhafte, die makabre Gaudi, welche die sogenannte Revolution für all jene, die nicht unmittelbar an ihr teilhatten, eben auch war, zumal für die Münchner, die, wie Klemperer kopfschüttelnd beobachtet, bei jedem Wetter "im Fenster liegen", um zu sehen, was draußen los ist. Zu ihnen will unser Autor keinesfalls gehören, weshalb er seine Berichte mit "A. B.", für "Antibavaricus", zeichnet - aber dann geht er doch wieder ans Fenster und schreibt auf, was auf der Straße passiert.
Schließlich wäre Klemperer nicht Klemperer, wenn sein Lebensthema nicht auch in diesen frühen Zeilen zur Sprache käme. Schon beim Militär hat er unter der Judenfeindlichkeit von Vorgesetzten und Kameraden zu leiden gehabt; jetzt registriert er, wie "Preuß'" und "Jude" plötzlich zu Synonymen werden, wie englische Damen im Salon von der jüdischen Weltverschwörung zu faseln anfangen und wie der Affekt der bayerischen Spießer gegen die Revolutionäre mit dem alten Hass auf die "Saujuden" verschmilzt. Klemperer, zweifach protestantisch getaufter Sohn eines Rabbiners, wollte vergessen, dass er Jude war, aber seine Mitwelt ließ es nicht zu. Diese Kränkung machte ihn hellsichtig. Sie ließ ihn genauer hinsehen als alle anderen, die im zwanzigsten Jahrhundert in Deutschland Tagebuch schrieben. So sind auch diese Berichte und Notizen nicht bloß Gelegenheitsarbeiten eines Bildungsbürgers, sondern ein wahrhaftiger Spiegel ihrer Zeit.
ANDREAS KILB
Victor Klemperer: "Man möchte immer weinen und lachen in einem". Revolutionstagebuch 1919.
Aufbau Verlag, Berlin 2015. 263 S., geb., 19,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Cornelia Geissler entgehen nicht die der Doppeledition von Revolutionstagebuch und Zeitungsbeiträgen Victor Klemperers geschuldeten Doppelungen bei der Lektüre. Macht aber nicht allzu viel, erklärt sie, denn Klemperer erweist sich erneut als Chronist des 20. Jahrhunderts, diesmal der Zeit der Münchener Räterepublik 1919. Mit Klemperer wohnt Geissler den hitzigen Diskussionen und dem Pfeifen der Gewehrkugeln hautnah bei und kann sogar Parallelen zum Heute ziehen. Wenn der Autor Wachleute befragt, Zeitungen und Anschläge interpretiert, technische Entwicklungen dokumentiert und Kurt Eisner porträtiert, spürt Geissler den Humor und die Sympathie des Autors für das Geschehen. Anders als in den bisher veröffentlichten Texten Klemperers dominiert hier der Reporterblick, meint Geissler.
© Perlentaucher Medien GmbH
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