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Wenn Maarten t Hart die Musik von nur drei Komponisten auf eine einsame Insel mitnehmen dürfte, Mozart wäre mit Sicherheit dabei. In Mozart und ich schildert der niederländische Schriftsteller den Einfluß Mozarts auf sein eigenes Leben. Durch diese Verknüpfung zweier Künstlerbiographien wird ein ganz besonders interessantes Licht auf beide geworfen. Maarten t Hart hat extra für diesen Text eine Auswahl seiner Lieblingsstücke zusammengestellt, die auf einer Musik-CD der Lesung beigefügt sind. Sie zeigt, daß Mozart in allen Gattungen von Oper und Lied über geistliche Kompositionen bis hin zu den instrumentalen Werken ein Meister war.…mehr

Produktbeschreibung
Wenn Maarten t Hart die Musik von nur drei Komponisten auf eine einsame Insel mitnehmen dürfte, Mozart wäre mit Sicherheit dabei. In Mozart und ich schildert der niederländische Schriftsteller den Einfluß Mozarts auf sein eigenes Leben. Durch diese Verknüpfung zweier Künstlerbiographien wird ein ganz besonders interessantes Licht auf beide geworfen. Maarten t Hart hat extra für diesen Text eine Auswahl seiner Lieblingsstücke zusammengestellt, die auf einer Musik-CD der Lesung beigefügt sind. Sie zeigt, daß Mozart in allen Gattungen von Oper und Lied über geistliche Kompositionen bis hin zu den instrumentalen Werken ein Meister war.
Autorenporträt
Maarten 't Hart, geboren 1944 in Maassluis bei Rotterdam als Sohn eines Totengräbers, wuchs in streng protestantischem Milieu auf. Seit 1987 lebt er als freier Schriftsteller in Warmond bei Leiden. Seine zahlreichen Romane und Erzählungen machen Maarten 't Hart zu einem der meistgelesenen europäischen Gegenwartsautoren.
Trackliste
CD 1
1Mozart und ich00:09:23
2Mozart und ich00:07:47
3Mozart und ich00:09:43
4Mozart und ich00:08:26
5Mozart und ich00:10:26
6Mozart und ich00:11:10
7Mozart und ich00:12:59
8Mozart und ich00:08:48
CD 2
1Mozart und ich00:00:56
2Mozart und ich00:04:30
3Mozart und ich00:08:16
4Mozart und ich00:11:53
5Mozart und ich00:11:20
6Mozart und ich00:13:45
7Mozart und ich00:16:50
8Mozart und ich00:11:05
CD 3
1Kyrie d-Moll00:06:44
2Non temer, amato bene (Arie aus der Oper Idomeneo)00:05:06
3Ruhe sanft, mein holdes Leben (Arie aus der Oper Zaide)00:05:27
4Nr. 20 Hoffmeister-Quartett (Streichquartett)00:03:20
5Abendempfindung (Lied)00:04:27
6Fantasie f-moll für Orgel00:09:33
7Rondo a-moll00:09:57
8Soave sia il vento (Terzett aus der Oper Così fan tutte)00:03:09
9Andante mit 5 Variationen G-Dur00:07:41
10Serenade B-Dur Nr. 10 Gran Partita00:05:59
11Klavierkonzert Es-Dur Nr. 1400:06:39
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.06.2006

Das blöde Geblöke
In Mozarts Namen: Maarten 't Hart bläst der Unkultur den Marsch

Wer auf sich hält, tut gut daran, eine Beziehung zur Musik, welcher auch immer, zu bekunden. Denn eine veredelnde Wirkung soll von ihr ausgehen - auch wenn es genügend Unmenschen gegeben hat, die sich ausgerechnet von Beethoven affiziert fühlten. Die Affinität zwischen Musik und Literatur mag auf gemeinsame, quasi mythische Wurzeln verweisen: Orpheus als Urbild des Sängers, dessen Tonsprache selbst die krude Natur zu bewegen vermag und der als Dichter-Musiker Vorbild vieler oraler Traditionen ist.

Daß Musik eine Art anderer Sprache sei, gehört zu ihrem Pathos. Wenn Beethoven die D-Dur-Bagatelle op. 33,7 mit "Con una certa espressione parlante" (Mit einem gewissen sprechenden Ausdruck) überschrieb, dann findet dies seine Fortsetzung in Schumanns "Kinderszenen", in deren Schlußstück "der Dichter spricht". Musiksprache - Sprachmusik: das Quidproquo der Sphären hat beide bereichert, zumal in der Moderne. Literatur wie Musik werden geschrieben, als zweidimensionales Notat vermittelt, mal als semantischer Zusammenhang, mal als Zeichen-, Abbreviaturensystem. Editions-, Urtext- und Authentizitäts-Kalamitäten, das Ineins von Papier und Magie haben beide Gattungen gemeinsam. Vor allem aber sind Komponisten zu Projektionsidolen der Romanciers geworden, zu fiktiven Identifikationsgestalten.

Auch historisch konkrete Komponisten wurden zu Objekten anempfindender literarischer Begierden. Puschkins "Mozart und Salieri", Nukleus für "Amadeus" von Milos Forman, und Mörikes "Mozart auf der Reise nach Prag" bleiben Inbegriff romantisch verklärender Hommage, Franz Werfel und Klaus Mann haben Verdi und Tschaikowsky quasi zu Romanhelden gemacht. Und es ist keine geringe Qualität des Mozart-Buchs von Wolfgang Hildesheimer, daß es den Wonnen wie Rätseln Mozarts auf außerordentlichem sprachlichem Niveau nachspürt.

Unter den lebenden Schriftstellern freilich hat es besonders dem Niederländer Maarten 't Hart die Musik angetan. Ob man am Ende tatsächlich Sohn eines Totengäbers sein muß, um hinter allen auch schrecklichen Erscheinungen dieser tristen Welt die geheime "innere Stimme" (wie es bei Schumann heißt) zu vernehmen? Wie eine zweite Schicht, Botschaft aus einer anderen Welt, sind Verweise auf Werke besonders Bachs, aber auch anderer großer Komponisten schon dem autobiographisch getönten Roman "Das Wüten der ganzen Welt" unterlegt, ja dem Text ist eine Liste der angesprochenen Stücke als Brevier nach-, das Notenbeispiel einer Bachschen Choralpartita vorangestellt. Bach als nicht nur musikalischem Gravitationszentrum des Autors war denn auch eine bewegende Hommage gewidmet: "Bach und ich". Es gibt wenige Musik-Bücher, die dem auserwählten Idol mit solch animierender Mischung aus hochsubjektiver Begeisterung, ja Ergriffenheit und durchaus objektivierbarer kompositorischer Einschätzung begegnen. In der Einleitung, "Der große Unbekannte", macht t' Hart kein Hehl daraus, daß Bach und Mozart für ihn die überragenden Komponisten sind. So verwundert es nicht, daß nun "Mozart und ich" folgt. Wieder ist dem Band eine CD beigefügt, die in Tönen sprechend belegt, bei welchen Stücken sein Herz schneller schlägt. Doch der holländische Romancier und Musikschriftsteller fühlt sich zwischen seinen Göttern Bach und Mozart hin- und hergerissen, muß denn auch zu manchen Verrenkungen Zuflucht nehmen. So kommt er nicht umhin, seine Bach-Emphase zu relativieren: "Bach bewundere ich, Mozart liebe ich." Nun hatte das Bach-Buch den Vorteil, abseits des Jubiläumsrummels zu erscheinen, als fast singulär persönliche Zuwendung zu dem Komponisten. Der Mozart-Band indes gehört zur Flut einschlägiger Veröffentlichungen, denen es insgesamt an Emphase wahrlich nicht mangelt. 't Harts Bekenntnisse, Herzensergießungen fügen sich also eher in den hagiographischen Mainstream, und die Beteuerungen, wie beglückend Mozarts Musik, zahlreiche Werke zumal, auf ihn wirken, verlieren an subjektiver Dringlichkeit. Konnte man bei dem Bach-Buch immer wieder den schwärmerischen Bekundungen zu manchen Stücken nur zustimmen, so stellt sich nun der Eindruck des leicht Repetitiven ein, zumal innerhalb des gewaltig rotierenden Betriebs Mozarts OEuvre präsenter scheint als das Bachs. Natürlich nimmt diese Konfession in ihrer Ungeschütztheit gefangen. Und manche Thesen, Vorlieben und Abneigungen sind bedenkenswert. Mozarts Hang zu Marschmodellen muß man nicht immer goutieren, die Vorstellung, daß selbst Mozart letztlich nicht mehr als neun wirklich überwältigende Sinfonien geschrieben habe, wird jeden Mozartianer immerhin umtreiben. Warum Mozart so selten Tonarten mit vier oder gar mehr Vorzeichen verwendete, bleibt ein Rätsel.

Da, wo sehr subjektiv Fragen gestellt werden, Ergriffenheit durchbricht, da wirken diese Ausführungen sehr viel zwingender als manch leicht autoritätsgläubige Eloge. Denn auch Maarten 't Hart tut sich schwer damit, die Größe des Mozartschen Komponierens zu begründen. Liebe ist auch in der Kunst eine wahre Triebkraft, erkenntnisfördernd ist sie nicht immer. Und ohne Wenn und Aber glaubt er an die tiefe Symbiose von Vater und Sohn Mozart, der denn auch bald nach des Vaters Tod starb. Erfrischend wirken manche Formulierungen; so wenn er die Finalvarationen der Klavier-Violin-Sonate KV 481 mit "einer gewagten Kreation für den Catwalk einer Modenschau" vergleicht.

Natürlich ist von solch einem Buch keine objektive Sicht der Musikgeschichte zu erwarten. Daß ihm die Moderne wenig bedeutet, ist traurig, daß er manche Kleinmeister schätzt, skurril. Prekär indes ist mancher Abendländler-Ton: "das blöde Geblöke der Beatles, das pubertäre Geplärre von Elvis Presley und das rohe Geröchel der Rolling Stones, als stünden wir ganz am Anfang der Entwicklung und trommelten in der afrikanischen Savanne noch mit Knüppeln auf Baumstämme". Das gibt denn doch der Bach- wie Mozart-Euphorie einen fatalen Beigeschmack. Immerhin gehörte es zur Achtundsechziger-Utopie, die Grenzen zwischen "hoher" und "niederer" Kunst als keineswegs gottgegeben zu sehen. Die Mahler-, Ives-, Eisler-, Henze- und Berio-Rezeption lebte aus diesem Impuls. Die Rockmusik hat die Avantgarde angeregt, "Can" lernte von Stockhausen. Mozart als Keule wider die "Unkultur" kann auch zum Bumerang werden.

GERHARD R. KOCH

Maarten 't Hart: "Mozart und ich". Aus dem Niederländischen übersetzt von Gregor Seferens. Piper Verlag, München 2006. 192 S., geb., 19,90 [Euro].

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