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Was die Liebe, was der Glaube, was die Sprache vermag.Wovon handelt dieses Hörbuch? Es ist leichter zu sagen, wovon es nicht handelt. Es handelt also von allem, vor allem von Anton Percy Schlugen, von ihm und mit ihm und durch ihn. Seine Mutter tauft ihn Anton, nennt ihn Percy, selber heißt sie Josefine Schlugen, wird Fini genannt. Sie ist Schneiderin, lebt, auch als sie mit einem Mann zusammenlebt, allein. Jahrelang schreibt sie Briefe an Ewald Kainz, der auf den Stufen des Neuen Schlosses in Stuttgart eine politische Rede hielt. Die Briefe schickt sie nicht ab, sie liest sie ihrem Sohn vor…mehr

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Produktbeschreibung
Was die Liebe, was der Glaube, was die Sprache vermag.Wovon handelt dieses Hörbuch? Es ist leichter zu sagen, wovon es nicht handelt. Es handelt also von allem, vor allem von Anton Percy Schlugen, von ihm und mit ihm und durch ihn. Seine Mutter tauft ihn Anton, nennt ihn Percy, selber heißt sie Josefine Schlugen, wird Fini genannt. Sie ist Schneiderin, lebt, auch als sie mit einem Mann zusammenlebt, allein. Jahrelang schreibt sie Briefe an Ewald Kainz, der auf den Stufen des Neuen Schlosses in Stuttgart eine politische Rede hielt. Die Briefe schickt sie nicht ab, sie liest sie ihrem Sohn vor und vermittelt ihm so, dass zu seiner Zeugung kein Mann nötig gewesen sei. Mit diesem Glauben lebt Percy. Ein Hörbuch darüber, was die Liebe vermag, was der Glaube vermag, was die Sprache vermag - und über die Kunst, Motorrad zu fahren.
Autorenporträt
Walser, Martin
Martin Walser, geboren 1927 in Wasserburg, lebt in Überlingen am Bodensee. Für sein literarisches Werk erhielt er zahlreiche Preise, darunter 1981 den Georg-Büchner-Preis und 1998 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Außerdem wurde er mit dem Orden »Pour le Mérite« ausgezeichnet und zum »Officier de l'Ordre des Arts et des Lettres« ernannt.
Trackliste
CD 1
1Ewald, ich heiße Percy00:06:34
2Am frühen Abend eines 24. December...00:03:40
3Jedes Mal wenn Percy aus dem Klinik-Wald...00:05:24
4Und sagte noch: Glaubwürdig sein...00:05:57
5Anklopfen musste Percy nicht.00:08:48
6Das Scherblinger Schweigen...00:07:03
7Ja, ja, ja, ja, sagte der Professor...00:07:13
8Am nächsten Tag klopfte Percy wieder...00:04:52
9Am siebten Tag der Percy-Besuche...00:07:04
10Dass Männer, auch viel jüngere...00:06:43
11Und in Stuttgart, gleich am ersten Abend...00:07:50
CD 2
1Auch wenn sie eine dumme Gans war...00:06:26
2Ja, sagte er, so ein Bahnsteig...00:06:58
3Sie nickte tapferer als sie sich fühlte.00:08:07
4Wenn Jungs duschen schau ich zu...00:07:02
5Neurologisch-psychiatrische Untersuchung00:06:03
6Nur dass du Bescheid weißt, sagte er...00:07:08
7Ewald reagierte nicht.00:06:58
8Wenn sie nicht mehr konnte...00:07:40
9Sag mit jetzt, wie es dem Hauptwerk...00:06:40
10Horch!00:05:22
CD 3
1Percy, dass du gerade heute...00:05:16
2Nichts verriet, dass sie ihn gehört...00:08:00
3Er zog seine Schuhe aus00:11:09
4Weil sie zum Schluss doch eher gerannt...00:07:53
5Frau Doktor Gern gab mir Tabletten00:07:58
6Nur dass Sie's wissen. Sehnsucht...00:08:12
7Jetzt lege ich los...00:07:07
8Mit diesen Blättern, die eine andere...00:07:49
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.07.2011

Produziert ihr Kälte, ich produzier' Wärme

Das Evangelium des Martin Walser: In seinem neuen Roman bündelt der Schriftsteller die Themen seines Lebens. "Muttersohn" trägt diese große Bürde ohne falsche Gelassenheit.

Von Felicitas von Lovenberg

Es ist nie alles gesagt. Doch ab und zu erscheint ein Buch, das es zumindest versucht, das die Wesenssumme seines Autors zieht - im vollen Bewusstsein, dass sich dieser, seit er das Werk vollendet hat, schon wieder weiterbewegt, sich abermals verändert und weiter mit Leben, mit Stimmungen, Gedanken, Wissen angereichert haben wird. So ein Buch ist "Muttersohn", der in der kommenden Woche erscheinende neue Roman von Martin Walser: der Abguss einer quicklebendigen Skulptur.

Wohl kein anderer deutscher Autor der Gegenwart hat sich so oft selbst das Fell über die Ohren gezogen und ist dabei so unverwechselbar er selbst geblieben: eins und doppelt, Umriss und Schatten. In "Muttersohn" bündelt Walser nun all seine großen Themen, und das mit einem Intensitäts- und Identifikationsfuror sowie einer Sprachenergie, die alles tut, um die ihn schreckende Kategorie Alterswerk zu sprengen.

Es ist ein Hauptwerk voller Hauptfiguren. Wie bei Walser gewohnt sind schon deren Namen Schlüssel. Der "Muttersohn", dessen Evangelium hier erzählt wird, ist Anton Parcival Schlugen, genannt Percy, einziger Sohn von Josefine, genannt Fini. Ein Mann war für seine Geburt im Jahr 1977 nicht nötig: So hat Fini es Percy gesagt, und der Sohn hat den Glauben der Mutter zu seinem eigenen gemacht. Zum Glauben begabt wie andere zur Musik, sind ihm Zweifel fremd: "Ich bin ein Echo und weiß nicht, von was."

Von der Liebe Finis in Einzigartigkeit gebadet und von wundersamen Ereignissen bestätigt, ist Percy beseelt von einem "Zu-viel-Gefühl", das er teilen und mitteilen will. Der "Engel ohne Flügel", als der er sich begreift, ist gelernter Krankenpfleger, seine Heilmethode eine das Gegenüber umfassend bestätigende Anwesenheit. Der Bejahte gibt die Zustimmung, die ihn einhüllt, an andere weiter. Die Wirkung ist enorm: "Du bist die Erleichterung", wie es einer ausdrückt. Percy hingegen nennt es messianisch: "Ich sage nicht, was ich weiß. Ich sage, was ich bin."

Der Roman setzt ein mit Percys Rückkehr ans Psychiatrische Landeskrankenhaus Scherblingen, das der gleichnamigen Abtei angegliedert ist. Patres, Patienten und Angestellte sind dort nicht unbedingt voneinander zu scheiden; schließlich neigt die Medizin ebenso zum Wahn wie der Glaube. Hier in der schönen Bodenseeregion wurde Percy einst ausgebildet von Professor Augustin Feinlein, hier ist er aufgrund seiner unkonventionellen Heilungserfolge ein Star. Nun hat Feinlein ihn bei einem besonders schweren Fall zu Hilfe geholt: ein Selbstmordkandidat, an den kein Herankommen ist. Sein Name ist Ewald Kainz, und wie sich herausstellt, hat Percy seit Jahren darauf gewartet, genau diesem Mann seine Geschichte zu erzählen, die in erster Linie die der Herkunft und der Josefs-Ehe seiner Mutter Fini ist, der souveränsten Figur dieses Romans.

Trotzdem bildet Percy in seiner heiteren Güte das helle Zentrum dieses Buchs. Ihn umkreisen zahlreiche weitere ausladende Charaktere. Ewald Kainz steht Percy als der Verneinte gegenüber. Kaum geboren, wollte die Mutter ihn ersticken; als Kind wurde er im Erziehungsheim vom Pfarrer verprügelt, als Lehrer unter Ideologieverdacht entlassen. Zwei Selbstmordversuche sind fehlgeschlagen, der dritte hat ihn nach Scherblingen gebracht. Kainz, einst ein eloquenter Redner, dem eine hingerissene Fini an einem Wintertag des Jahres 1973 einmal während einer Demonstration das Mikrofon gehalten und danach zahllose, niemals abgeschickte Briefe geschrieben hat, wurde zum Stotterer. Erst durch die Liebe der Chorleiterin und Logopädin Elsa fand er seine Stimme wieder. Ihre Ehe ähnelte einer einvernehmlichen Umklammerung, bis der Motorradlehrer Ewald die Psychotherapeutin Silvia kennenlernt und damit in einen tödlichen Zwiespalt gerät: "Silvi immer wieder. Elsa immer."

Percys Mentor Prof. Dr. Dr. Augustin Feinlein kennen Walser-Leser aus "Mein Jenseits", jener Novelle, die im Frühjahr vergangenen Jahres bereits einen Vorgeschmack auf diesen Roman bot und uns darin nun unverändert wiederbegegnet. Obwohl kompositorisch das ausgereifteste Kapitel, ist Feinleins Passion für "Muttersohn" nicht so wesentlich wie seinerzeit vermutet. "Mein Jenseits" erscheint eher als Variation des Leitmotivs in einer anderen Tonart. Denn auch Feinlein ist ein Verlassener: Die Frau, die er liebt, hat seinen Rivalen geheiratet, der ihm dann auch noch das Amt des Klinikdirektors raubt. Doch Feinlein hat einige für das Verständnis des Romans hilfreiche Sätze zu sagen: "Glauben heißt, die Welt so schön machen, wie sie nicht ist."

Es ist, als wollten Walsers Helden sämtlich testen, wie weit die Liebe trägt. "Muttersohn" erzählt vom Glauben als der Sehnsucht nach absolutem Angenommensein auf Erden. So lässt sich das Buch auf vielen Ebenen lesen: messianisch als Roman über vaterunabhängige Söhne und ihre Mütter. Als Geschichte über die ewige Mangelhaftigkeit der Liebe zwischen Männern und Frauen. Als Klage des Autors über sein Waisentum angesichts einer bestenfalls stiefmütterlichen Kritik. Und als Erneuerung von Walsers lebenslangem Glaubensbekenntnis: "Sprache ist nie bloß Mittel, sie ist immer auch Zweck." Dass sogar er den Zweck nicht immer beherrscht: das ist Walsersche Demut.

Zum Streben nach Geborgenheit gehört unausweichlich die - im Falle dieses Autors höchst produktive - Angst vor Abhängigkeit. Erst der Tod als "größtmögliche Distanz zu allem" erscheint Walsers "Nichtbeisichbleibenkönnern" als mögliche Erlösung aus dem ewigen Kreislauf des Angezogenseins und Sich-weggestoßen-Wähnens. "Muttersohn" strotzt nur so vor Existentialismen, Sätzen, die zu gut, zu wahrhaftig, zu markant sind, um nicht aufgeschrieben zu werden, auch von Formulierungen, bei denen einem mulmig werden kann. Als Martin Walser vor wenigen Tagen im "Stern" ankündigte, sich, wenn es so weit sei, in der Schweiz einen "anständigen Tod servieren" lassen zu wollen, spiegelten sich darin die Sterbephantasien von Ewald Kainz, nach dessen schließlich doch gelungenem Selbstmord Percy schreibt: "Es gibt Handlungen, die überhaupt nicht verantwortet werden müssen. Das darf sein: eine Handlung, die geschehen ist, ohne dass es dafür einen Schuldigen geben kann." Wobei es am Ende von "Muttersohn", dessen disparate Erzählstränge zum Ende hin radikal, ja geradezu brachial in einer Art Massensterben zusammengeführt werden, Schuldige zuhauf gibt - aber für deren Seelenheil ist der Roman dann konsequenterweise nicht mehr zuständig.

Zum Glück für den Leser ist die höhere Heiterkeit des "Wärmeproduzenten" Percy über die weiteste Strecke aber auch die seines Schöpfers, dem über dem Sinn für Wunder der für Witz nie abhandenkommt, von zärtlich bis ätzend. In "Muttersohn" bekommen die Spitzen vor allem die "Heruntermacher", stellvertretend für seine bisherigen und künftigen Kritiker, zu spüren, denen Percy unter anderem bei einem denkwürdigen Auftritt in einer Talkshow Saures gibt.

Außerdem wohnt unterm Dach der Anstalt Innozenz, Betreiber der Ofenküche und Erfinder der "Scherblinger Anthologie" sowie eines Schredders namens Oblomov. Innozenz hat eine Mission: "Die Scherblinger Anthologie ist die einzige Anthologie der Welt, in der keine Zeile veröffentlicht wird, die schon sonst wo zu lesen war! Gut, gell?" Sein Oblomov ist programmiert, "keine einzige Zeile ungelesen" zu vernichten. Denn: "Percy, es ist alles EIN TEXT. Keiner und keine darf ausgeschlossen sein." Jetzt muss nur noch ein Preis "für das beste Stück der Schredder-Literatur" her. Innozenz schwebt vor, dass eine prominente Jury den Text laudiert und dem Autor 50 000 Euro überreicht, "dann wird der Text vom Laudator Oblomov übergeben. Die Jurymitglieder sind verpflichtet, über den preisgekrönten und oblomovisierten Text keinerlei Mitteilung zu machen. So wird ein exemplarisches Textschicksal aufgeführt."

Innozenz, der den "Irrgarten der Wörter wieder zum Paradies" machen will, hat Walsers ganze Sympathie. Denn als Glaubensbuch ist dieser Roman natürlich auch ein großes Brausen der literarischen Götter des Autors. Fini, die Ergriffene und Ergreifende, spricht als Iphigenie, ihr Mann, der aller Welt misstrauende Hugo, als Arno Schmidt. Elsa singt den Simon aus Händels Oratorium "Judas Maccabaeus", und Percy ist als Zungenredner mit Mystikern wie Augustinus, Heinrich Seuse, Jakob Böhme und Emanuel Swedenborg im Bunde. Und mittendrin steht Martin Walser als inbrünstiger Beglaubiger Hölderlins und Kleists, hingerissen vom Dasein als "einer unendlichen Folge von Augenblicken, Stimmungen, die sich eben nicht in ja oder nein spalten lassen", wie er es früher einmal ausgedrückt hat.

Am Ende stellt der Roman natürlich auch dem Leser die Glaubensfrage. Nicht nur die Welt ist schöner, wenn man ihr zustimmend begegnet, auch Literatur erlebt sich anders, wenn man dem Autor vertraut. Gewiss: Nach einem so geschlossenen Roman wie "Ein liebender Mann" wirkt "Muttersohn" streckenweise wie ein ungefüger Brocken. Nein, Walser ist nie eindeutig. Und legt sich doch dauernd fest, jede Aussage ist so wahr wie kurz darauf ihr Gegenteil. Aber wie die besten Alterswerke lebt auch dieses von der Kompromisslosigkeit, vom Wissen um die Endlichkeit, der unverstellten Dringlichkeit seiner Aussagen. Als Evangelium stellt dieses Werk keine Frage - es ist.

"Bekenntnisse kennen keine Vergangenheit und keine Zukunft, sondern nur den Augenblick, in dem sie ausgedrückt werden", sagt Percy. Im Fall von "Muttersohn" währt der Augenblick, solange dieser Roman gelesen wird - also für sehr lange Zeit.

Martin Walser: "Muttersohn". Roman.

Rowohlt Verlag, Reinbek 2011. 505 S., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Bei bester Laune hat Rezensent Adam Soboczynski Martin Walser in diesem Roman erlebt, denn wenn auch andere Autoren im Alter zu formaler Strenge neigen, pflege Walser eher die menschenfreundliche Heiterkeit. Sehr verspielt geht es also bei "Mutttersohn" zu, biografisch und sehr anspielungsreich. Der Roman erzählt vom "anmutigen und würdevollen" Percy Anton, der angeblich ohne Vater gezeugt wurde und in seiner edlen Einfalt sowohl einem Talkshow-Publikum wie auch den Patienten in der Nervenklinik, in der er als Pfleger arbeitet, Trost und Glauben spendet. Um diesen Percy Anton herum baut Walser etliche Ärzte und Patienten, deren psychische Probleme Walser freudig entfaltet, wie sich Rezensent Soboczynski freut, denen er aber auch das "Glück gnädiger Vernebelung" zuteil werden lässt.

© Perlentaucher Medien GmbH
Ein großer Wurf. Welt am Sonntag