»Ein Buch von Frank Schulz ist immer ein Ereignis. Kaum angekündigt, beginne ich mich schon zu freuen!« Roger Willemsen
Was passiert, wenn einer wie Onno Viets zum ersten Mal in seinem Leben eine richtig gute Idee hat? Onno, Mitte 50, Hartz IV-Empfänger, Noppensockenträger und ungeschlagener König einer Hamburg-Eppendorfschen Pingpong-Runde, bekennender Nicht-Schwitzer, leicht phobisch, hat das Finanzamt im Nacken, den Geburtstag seiner Frau Edda vor Augen und eine Eingebung aus dem Fernsehen: Er wird Privatdetektiv!
Live-Mitschnitt aus dem Uebel & Gefährlich, Hamburg
Was passiert, wenn einer wie Onno Viets zum ersten Mal in seinem Leben eine richtig gute Idee hat? Onno, Mitte 50, Hartz IV-Empfänger, Noppensockenträger und ungeschlagener König einer Hamburg-Eppendorfschen Pingpong-Runde, bekennender Nicht-Schwitzer, leicht phobisch, hat das Finanzamt im Nacken, den Geburtstag seiner Frau Edda vor Augen und eine Eingebung aus dem Fernsehen: Er wird Privatdetektiv!
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1 | Onno Viets und der Irre vom Kiez/Track 1 | 00:05:54 | |
2 | Onno Viets und der Irre vom Kiez/Track 2 | 00:18:10 | |
3 | Onno Viets und der Irre vom Kiez/Track 3 | 00:08:10 | |
4 | Onno Viets und der Irre vom Kiez/Track 4 | 00:09:25 | |
5 | Onno Viets und der Irre vom Kiez/Track 5 | 00:14:03 | |
6 | Onno Viets und der Irre vom Kiez/Track 6 | 00:12:12 | |
7 | Onno Viets und der Irre vom Kiez/Track 7 | 00:15:32 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2012Beeckdörp hat das letzte Wort
Frank Schulz erhält den Kranichsteiner Literaturpreis
Die DDR ist noch lange nicht Vergangenheit. Die Erinnerungen an sie reichen bis in die Gegenwart, in den Alltag hinein, beeinflussen Denken und Handeln ihrer ehemaligen Bürger. Aufgewachsen in einem Land, das es heute nicht mehr gibt, verarbeiten viele deutsche Nachwuchsschriftsteller ihre Kindheitserinnerungen in Büchern, in denen die ostdeutsche Diktatur als schwierige Heimat mit mehr oder weniger kritischem Unterton, aber nie ohne eine gewisse Nostalgie wiederauflebt.
Der Blick auf die DDR verbindet auch die diesjährigen Stipendiaten des Deutschen Literaturfonds, deren Namen bei der Überreichung des Kranichsteiner Literaturpreises an Frank Schulz in Darmstadt bekanntgegeben wurden. Inka Parei, ausgezeichnet mit dem New-York-Stipendium, erzählt in ihrem Roman "Die Kältezentrale" vom Versuch eines geschiedenen Ehepaars, eine schicksalhafte Entscheidung zu rechtfertigen. Gregor Sander, der das London-Stipendium erhält, betrachtet in seinem Erzählband "Winterfisch" das Leben im ehemals zur DDR gehörenden Norden Deutschlands.
Auch Schulz' Werke sind mal düstere, mal heitere Heimat-Retrospektive. In seiner "Hagener Trilogie", die zwischen 1991 und 2006 erschien, geht es um den Versuch des Helden Bodo Morten, vor der eigenen Vergangenheit im für Schulz' Heimat Hagen stehenden Dörfchen Beeckdörp zu fliehen - im geographischen wie im Freudschen Sinne. Für sein Gesamtwerk und den jüngst erschienenen Roman "Onno Viets und der Irre vom Kiez" erhielt Schulz nun den mit 20 000 Euro dotierten Kranichsteiner Literaturpreis, den der Literaturfonds seit 1983 vergibt. Edo Reents, Redakteur im Feuilleton dieser Zeitung, beschrieb in seiner Laudatio den "Grundkonflikt zwischen Intellektuellem und Proletarier", den Morten auszutragen habe. Doch eigentlich sei von vornherein klar: Beeckdörp habe das letzte Wort.
Der mit 5000 Euro dotierte Literaturförderpreis ging an Benjamin Maack, der sich am Vormittag beim Wettlesen auch bei der Schüler-Jury des Darmstädter Ludwig-Georgs-Gymnasiums hatte durchsetzen können.
JULIA KERN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Frank Schulz erhält den Kranichsteiner Literaturpreis
Die DDR ist noch lange nicht Vergangenheit. Die Erinnerungen an sie reichen bis in die Gegenwart, in den Alltag hinein, beeinflussen Denken und Handeln ihrer ehemaligen Bürger. Aufgewachsen in einem Land, das es heute nicht mehr gibt, verarbeiten viele deutsche Nachwuchsschriftsteller ihre Kindheitserinnerungen in Büchern, in denen die ostdeutsche Diktatur als schwierige Heimat mit mehr oder weniger kritischem Unterton, aber nie ohne eine gewisse Nostalgie wiederauflebt.
Der Blick auf die DDR verbindet auch die diesjährigen Stipendiaten des Deutschen Literaturfonds, deren Namen bei der Überreichung des Kranichsteiner Literaturpreises an Frank Schulz in Darmstadt bekanntgegeben wurden. Inka Parei, ausgezeichnet mit dem New-York-Stipendium, erzählt in ihrem Roman "Die Kältezentrale" vom Versuch eines geschiedenen Ehepaars, eine schicksalhafte Entscheidung zu rechtfertigen. Gregor Sander, der das London-Stipendium erhält, betrachtet in seinem Erzählband "Winterfisch" das Leben im ehemals zur DDR gehörenden Norden Deutschlands.
Auch Schulz' Werke sind mal düstere, mal heitere Heimat-Retrospektive. In seiner "Hagener Trilogie", die zwischen 1991 und 2006 erschien, geht es um den Versuch des Helden Bodo Morten, vor der eigenen Vergangenheit im für Schulz' Heimat Hagen stehenden Dörfchen Beeckdörp zu fliehen - im geographischen wie im Freudschen Sinne. Für sein Gesamtwerk und den jüngst erschienenen Roman "Onno Viets und der Irre vom Kiez" erhielt Schulz nun den mit 20 000 Euro dotierten Kranichsteiner Literaturpreis, den der Literaturfonds seit 1983 vergibt. Edo Reents, Redakteur im Feuilleton dieser Zeitung, beschrieb in seiner Laudatio den "Grundkonflikt zwischen Intellektuellem und Proletarier", den Morten auszutragen habe. Doch eigentlich sei von vornherein klar: Beeckdörp habe das letzte Wort.
Der mit 5000 Euro dotierte Literaturförderpreis ging an Benjamin Maack, der sich am Vormittag beim Wettlesen auch bei der Schüler-Jury des Darmstädter Ludwig-Georgs-Gymnasiums hatte durchsetzen können.
JULIA KERN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.03.2012Verchromte Laberleiste
Frank Schulz’ zwangsorigineller Kiez-Krimi „Onno Viets“
Die Boulevardmedien bezeichnen ihn wahlweise als „Hünen“, „Teufel“, „Horrorkreatur“ oder „Alstermonster“. Seine Freunde nennen ihn „Händchen“, für alle anderen ist er der „Irre vom Kiez“. Und er sieht wahrhaft schrecklich aus: ein ganzkörpertätowierter Muskelberg von einem Mann, mit zahnlosem Maul und abgeschnittenen Ohren, mit Teufelsgehörn aus Teflon auf dem nackten Schädel, dessen Haut mit dem Muster eines Gehirns gezeichnet ist, als liege es bloß. Was in diesem Kopf vorgeht, ist allerdings nicht so leicht zu ergründen. Denn zu sehen ist der Hüne zunächst lediglich auf einem Videoclip, der im Internet für gigantische Klickzahlen sorgt. Zwei hessische Hamburg-Touristinnen auf der „Saselbek“ haben die Szene gefilmt, wie der Hüne, nackt auf einem Motorrad, über den Bootssteg brettert, mit weitem Sprung in der Außenalster landet, durchs Wasser krault, das Schiff kapert und die dort versammelten Touristen als Geiseln nimmt.
Bei Frank Schulz ist man es gewohnt, dass es wild zugeht. Er ist ja eine Art Hamburger Heimatdichter, St. Pauli inklusive, und getrunken wird in seinen Büchern und bei seinen Lesungen reichlich. Mit „Onno Viets und der Irre vom Kiez“ hat er nun zum ersten Mal einen, nun ja, Krimi, geschrieben. Aber zunächst erzählt er nur das, was auf dem Clip der Hessinnen zu sehen und zu hören ist: der Einbruch elementarer Urgewalt in die Sommeridylle. Dieser Kniff, nichts als die Clip-Oberfläche abzubilden, ist der eigentliche ästhetische Reiz des Romans. Im weiteren Verlauf folgen drei Fortsetzungen bis zum dramatischen, blutigen Showdown im Innenraum des Schiffs. Die Filmausschnitte strukturieren das Geschehen und geben dem Autor Gelegenheit, seine Qualitäten als Beschreibungskünstler und Wortakrobat vorzuführen. Seine Freude daran, verschiedene Milieus zu zeichnen, ist ebenso unverkennbar, wie die Lust an Dialogen und Dialekten. Hessisch und Hamburgerisch buchstabiert er so liebevoll nach, dass er für die aus dem Off gesprochenen Kommentare gelegentlich sogar Lautschrift verwendet. „Foschba“ sah er aus, der Hüne, oder auch „fuch’chtba“. Der unbekannte Webmaster hat solche Stellen dankenswerterweise untertitelt.
Von dieser spektakulären, temporeichen Szene aus entwickelt sich dann das Romangeschehen in langen, langsamen, nahezu behäbigen Rückblenden. Erzählt wird die Geschichte von Onno Viets, einem durchaus liebenswerten, sanftmütigen Hartz-IV-Empfänger jenseits der fünfzig, der seine besondere Qualität einer zähen Unerschütterlichkeit vor allem beim Tischtennis entfaltet. Dieses Spiel und das Treffen mit den Freunden ist der Höhepunkt seiner Woche, das obligate Kneipengerede der Herrenrunde bietet Schulz ebenfalls recht ausführlich dar.
Die Freunde halten dann auch nicht viel davon, dass Onno aus seiner notorischen Geldnot heraus beschließt, Privatdetektiv zu werden. Und doch beschafft ihm einer von ihnen, ein Rechtsanwalt, der auch als Erzähler der ganzen Geschichte fungiert, den ersten Auftrag. Für einen an Dieter Bohlen erinnernden Pop-Star soll er die Freundin observieren und Beweise ihrer Untreue liefern. Mit Onno betritt erstmals ein Detektiv das Universum der Kriminalistik, der seine Berufskenntnisse und Handlungsanleitungen einem Ratgeber aus dem Internet entnimmt. Und bald trifft er neben dem Porno-Sternchen auf den Hünen, „Händchen“, und aus der Beschattung wird eine ziemlich brisante Freundschaft – jedenfalls sieht der Hüne das so. Denn auch in einem furchteinflößenden Körper wohnen sentimentale Sehnsüchte.
Die Detektiv-Thriller-Soziopathen-Komödie führt dann noch nach Mallorca und wieder zurück und zieht sich ziemlich in die Länge. Onno ist eher maulfaul, sagt meistens nur „öff, öff“ oder „njorp“, während im Sprachgebrauch der zu Observierenden Floskeln wie „Hallo? Geht’s noch?“, „Wie geil ist das denn?“ und „Geht gar nicht“ dominieren. Dazwischen wuchern die Arabesken des Erzählers, die einem in ihrem andauernden Bemühen um Originalität auch auf die Nerven gehen können. Eine schlichte Allee erscheint dann so: „Voluminöse Bäume standen der Straße gespreiztes Spalier“. Zu Hochform läuft Schulz auf, wenn er Szenerien in St. Pauli oder Pornos auf Youporn beschreibt. „Fummeln an den Ventilen ihrer Meiereien“ – das trifft es in aller Kürze exakt. Und die Wendung „hart wie Riefenstahl“ könnte durchaus Bestand haben. Ihn deshalb aber schon in die Arno-Schmidt-Nachfolge zu rücken, wie es seine Anhänger gerne tun, wäre jedoch übertrieben. Die Sprachlust, Wortschöpfungskunst und Lautmalerei wirken leider, als müsste die eher dünne Geschichte künstlich aufgepeppt werden. Die Sätze hängen wie klappernde Chromleisten am Handlungsgerüst. Wenig überzeugend auch der allzu schlichte Einfall, den Hünen mit einer schweren Kindheit auszustatten, wo er von den Eltern verlassen und von der Tante missbraucht wurde. So argumentieren allenfalls Sozialarbeiter und der „Tatort“ der ARD. „Onno Viets und der Irre vom Kiez“ wäre aber wohl eher ein Stoff für die Freitagabend-Klamauk-Schiene.
JÖRG MAGENAU
FRANK SCHULZ: Onno Viets und der Irre vom Kiez. Roman. Galiani Verlag, Berlin 2012. 368 Seiten, 19,99 Euro.
Die Dialektkarte wird so
authentisch gespielt, dass der Autor
sogar Lautschrift verwendet
„Hart wie Riefenstahl“,
dieser Kalauer könnte durchaus
Bestand haben
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Frank Schulz’ zwangsorigineller Kiez-Krimi „Onno Viets“
Die Boulevardmedien bezeichnen ihn wahlweise als „Hünen“, „Teufel“, „Horrorkreatur“ oder „Alstermonster“. Seine Freunde nennen ihn „Händchen“, für alle anderen ist er der „Irre vom Kiez“. Und er sieht wahrhaft schrecklich aus: ein ganzkörpertätowierter Muskelberg von einem Mann, mit zahnlosem Maul und abgeschnittenen Ohren, mit Teufelsgehörn aus Teflon auf dem nackten Schädel, dessen Haut mit dem Muster eines Gehirns gezeichnet ist, als liege es bloß. Was in diesem Kopf vorgeht, ist allerdings nicht so leicht zu ergründen. Denn zu sehen ist der Hüne zunächst lediglich auf einem Videoclip, der im Internet für gigantische Klickzahlen sorgt. Zwei hessische Hamburg-Touristinnen auf der „Saselbek“ haben die Szene gefilmt, wie der Hüne, nackt auf einem Motorrad, über den Bootssteg brettert, mit weitem Sprung in der Außenalster landet, durchs Wasser krault, das Schiff kapert und die dort versammelten Touristen als Geiseln nimmt.
Bei Frank Schulz ist man es gewohnt, dass es wild zugeht. Er ist ja eine Art Hamburger Heimatdichter, St. Pauli inklusive, und getrunken wird in seinen Büchern und bei seinen Lesungen reichlich. Mit „Onno Viets und der Irre vom Kiez“ hat er nun zum ersten Mal einen, nun ja, Krimi, geschrieben. Aber zunächst erzählt er nur das, was auf dem Clip der Hessinnen zu sehen und zu hören ist: der Einbruch elementarer Urgewalt in die Sommeridylle. Dieser Kniff, nichts als die Clip-Oberfläche abzubilden, ist der eigentliche ästhetische Reiz des Romans. Im weiteren Verlauf folgen drei Fortsetzungen bis zum dramatischen, blutigen Showdown im Innenraum des Schiffs. Die Filmausschnitte strukturieren das Geschehen und geben dem Autor Gelegenheit, seine Qualitäten als Beschreibungskünstler und Wortakrobat vorzuführen. Seine Freude daran, verschiedene Milieus zu zeichnen, ist ebenso unverkennbar, wie die Lust an Dialogen und Dialekten. Hessisch und Hamburgerisch buchstabiert er so liebevoll nach, dass er für die aus dem Off gesprochenen Kommentare gelegentlich sogar Lautschrift verwendet. „Foschba“ sah er aus, der Hüne, oder auch „fuch’chtba“. Der unbekannte Webmaster hat solche Stellen dankenswerterweise untertitelt.
Von dieser spektakulären, temporeichen Szene aus entwickelt sich dann das Romangeschehen in langen, langsamen, nahezu behäbigen Rückblenden. Erzählt wird die Geschichte von Onno Viets, einem durchaus liebenswerten, sanftmütigen Hartz-IV-Empfänger jenseits der fünfzig, der seine besondere Qualität einer zähen Unerschütterlichkeit vor allem beim Tischtennis entfaltet. Dieses Spiel und das Treffen mit den Freunden ist der Höhepunkt seiner Woche, das obligate Kneipengerede der Herrenrunde bietet Schulz ebenfalls recht ausführlich dar.
Die Freunde halten dann auch nicht viel davon, dass Onno aus seiner notorischen Geldnot heraus beschließt, Privatdetektiv zu werden. Und doch beschafft ihm einer von ihnen, ein Rechtsanwalt, der auch als Erzähler der ganzen Geschichte fungiert, den ersten Auftrag. Für einen an Dieter Bohlen erinnernden Pop-Star soll er die Freundin observieren und Beweise ihrer Untreue liefern. Mit Onno betritt erstmals ein Detektiv das Universum der Kriminalistik, der seine Berufskenntnisse und Handlungsanleitungen einem Ratgeber aus dem Internet entnimmt. Und bald trifft er neben dem Porno-Sternchen auf den Hünen, „Händchen“, und aus der Beschattung wird eine ziemlich brisante Freundschaft – jedenfalls sieht der Hüne das so. Denn auch in einem furchteinflößenden Körper wohnen sentimentale Sehnsüchte.
Die Detektiv-Thriller-Soziopathen-Komödie führt dann noch nach Mallorca und wieder zurück und zieht sich ziemlich in die Länge. Onno ist eher maulfaul, sagt meistens nur „öff, öff“ oder „njorp“, während im Sprachgebrauch der zu Observierenden Floskeln wie „Hallo? Geht’s noch?“, „Wie geil ist das denn?“ und „Geht gar nicht“ dominieren. Dazwischen wuchern die Arabesken des Erzählers, die einem in ihrem andauernden Bemühen um Originalität auch auf die Nerven gehen können. Eine schlichte Allee erscheint dann so: „Voluminöse Bäume standen der Straße gespreiztes Spalier“. Zu Hochform läuft Schulz auf, wenn er Szenerien in St. Pauli oder Pornos auf Youporn beschreibt. „Fummeln an den Ventilen ihrer Meiereien“ – das trifft es in aller Kürze exakt. Und die Wendung „hart wie Riefenstahl“ könnte durchaus Bestand haben. Ihn deshalb aber schon in die Arno-Schmidt-Nachfolge zu rücken, wie es seine Anhänger gerne tun, wäre jedoch übertrieben. Die Sprachlust, Wortschöpfungskunst und Lautmalerei wirken leider, als müsste die eher dünne Geschichte künstlich aufgepeppt werden. Die Sätze hängen wie klappernde Chromleisten am Handlungsgerüst. Wenig überzeugend auch der allzu schlichte Einfall, den Hünen mit einer schweren Kindheit auszustatten, wo er von den Eltern verlassen und von der Tante missbraucht wurde. So argumentieren allenfalls Sozialarbeiter und der „Tatort“ der ARD. „Onno Viets und der Irre vom Kiez“ wäre aber wohl eher ein Stoff für die Freitagabend-Klamauk-Schiene.
JÖRG MAGENAU
FRANK SCHULZ: Onno Viets und der Irre vom Kiez. Roman. Galiani Verlag, Berlin 2012. 368 Seiten, 19,99 Euro.
Die Dialektkarte wird so
authentisch gespielt, dass der Autor
sogar Lautschrift verwendet
„Hart wie Riefenstahl“,
dieser Kalauer könnte durchaus
Bestand haben
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Harry Rowohlts erste Reaktion:
"Ich kann über Frank Schulz' neuen Thriller nichts sagen ...
Ich lese ihn wie gebannt und möchte nicht gestört werden ..."
... zwei Wochen später:
"Jetzt kann sich die deutsche Gegenwartsliteratur endgültig warm anziehen!"
"Spitzenbuch!" -- Wolfgang Herrndorf
"Wenn der überaus sprachmächtige Frank Schulz einen Krimi vom Stapel lässt, erwartet man natürlich gleich den Krimi aller Krimis - ein saftstrotzendes Wunderding von einem Buch. Das trifft es exakt." -- Karen Duve
"Ein Buch von Frank Schulz ist immer ein Ereignis. Kaum angekündigt, beginne ich mich schon zu freuen!" -- Roger Willemsen
"Ich kann über Frank Schulz' neuen Thriller nichts sagen ...
Ich lese ihn wie gebannt und möchte nicht gestört werden ..."
... zwei Wochen später:
"Jetzt kann sich die deutsche Gegenwartsliteratur endgültig warm anziehen!"
"Spitzenbuch!" -- Wolfgang Herrndorf
"Wenn der überaus sprachmächtige Frank Schulz einen Krimi vom Stapel lässt, erwartet man natürlich gleich den Krimi aller Krimis - ein saftstrotzendes Wunderding von einem Buch. Das trifft es exakt." -- Karen Duve
"Ein Buch von Frank Schulz ist immer ein Ereignis. Kaum angekündigt, beginne ich mich schon zu freuen!" -- Roger Willemsen
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Jörg Magenau möchte auch nach der Lektüre von "Onno Viets und der Irre vom Kiez" Frank Schulz nicht als Nachfolger von Arno Schmidt bezeichnen, trotz einiger gelungener Wortspiele. Den Anfang des Romans findet er noch originell: der Autor beschreibt einen Videoclip von einem nackten Riesen, der, bestückt mit Metallhörnern und kruden Tätowierungen, auf der Außenalster ein Schiff kapert. Der Privatdetektiv, den Schulz neben ihm ins Rennen schickt, ist ein Quereinsteiger, der sich für seine Ermittlungen an einem Ratgeber aus dem Internet orientiert. Die daraus entwickelte Geschichte findet Magenau dann aber dürftig, und weder durch die Sprachschöpfungen und -spielereien des Autors will der Rezensent sich darüber hinwegtäuschen lassen noch durch die "liebevoll" nachbuchstabierten Dialekte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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