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Wie Bernd, genannt Primel, das Ende des Krieges erlebt, eine Draisine entdeckt und das Rätsel der gefüllten Schuhe erfährt. Nichts ist in dieser Zeit normal, aber für Primel ist alles wie ein großes, aufregendes Abenteuer. Peter Härtlings neuer Roman für Kinder und Erwachsene.

Produktbeschreibung
Wie Bernd, genannt Primel, das Ende des Krieges erlebt, eine Draisine entdeckt und das Rätsel der gefüllten Schuhe erfährt. Nichts ist in dieser Zeit normal, aber für Primel ist alles wie ein großes, aufregendes Abenteuer. Peter Härtlings neuer Roman für Kinder und Erwachsene.
Autorenporträt
Peter Härtling, geboren am 13. November 1933 in Chemnitz, Gymnasium in Nürtingen bis 1952. Danach journalistische Tätigkeit; von 1955 - 62 Redakteur bei der 'Deutschen Zeitung', von 1962 - 70 Mitherausgeber der Zeitschrift 'Der Monat', von 1967 - 68 Cheflektor und danach bis Ende 1973 Geschäftsführer des S. Fischer Verlages. Seit Anfang 1974 lebt er als freier Schriftsteller in der Nähe von Frankfurt. 1992 wurde der Autor mit dem "Lion-Feuchtwanger-Preis" ausgezeichnet. 1995 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz, 2001 den "Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises" und 2006 den "Gerty-Spieß-Literaturpreis". 2007 wurde Peter Härtling für sein Lebenswerk mit dem Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten geehrt, 2011 erhielt er den "Großen Preis" der Deutschen Akademie für Kinder-und Jugendliteratur, 2012 wurde ihm der "Jacob-Grimm-Preis" verliehen und 2014 der Hessischen Kulturpreis. Peter Härtling verstarb im Juli 2017.
Trackliste
CD 1
1Ankommen, um abzureisen00:13:25
2Verfolgungsjagd00:07:19
3Der fabelhafte Herr Maier00:07:53
4Gold kann man nicht essen00:08:14
5Die Draisine00:13:36
6Der falsche Fuß00:11:06
7Sitzen geblieben00:10:06
CD 2
1Gefährliche Reise00:12:49
2Geld im Schuh00:06:56
3Ein gefährlicher Auftrag00:16:36
4Nichts passiert00:05:52
5Abreise - einmal anders00:20:42
6Und weiter?00:00:51
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.12.2000

Vergiss, was du gesehen hast
Die Flucht eines Jungen am Ende des 2. Weltkriegs
Der Krieg war aus, aber es dauerte noch Jahre, bis alle Flüchtlinge, alle Ausgebombten, alle Vertriebenen, alle befreiten Gefangenen wieder ein Dach über dem Kopf hatten. Ein Millionentreck zog durch Europa, durch die Trümmer der zerschossenen Städte, durch Landschaften, deren Stille und Schönheit wie Hohn wirkte.
Zwei dieser Heimatlosen hat Peter Härtling ins Auge gefasst: Primel, den Zwölfjährigen, der beide Eltern verlor, und seine Tante Karla, die ihr Hab und Gut in Böhmen verloren hatte. Sie gehört zu den deutschen Ausgewiesenen, und Kind und Frau schleppen nun in dem so strahlenden Sommer 45 ihre letzten Koffer über die Grenze in den nächsten Ort, das österreichische Laa an der Thaya. Dort müssen sie mit anderen warten, bis irgendwann wieder Züge fahren werden.
Sommer also auf dem Lande. Die Tante richtet sich in der Notunterkunft ein, steht Schlange, tauscht, schließt Bekanntschaften. Auch Primel spielt mit den Dorfkindern. Seltsame Gestalten tauchen auf, denn die Grenze ist nah, noch weiß keiner, wie sich die Welt wieder ordnen und auf welcher Seite es besser sein wird. Leute wie der geheimnisvolle Herr Maier stehen auf keiner Seite und handeln nur für den eigenen Profit. Primels und seine Wege kreuzen sich immer wieder. Der Junge ist fasziniert von der schillernden Unangreifbarkeit, von der scheinbar heiteren Lässigkeit, mit der der Mann seine eigene Moral entwirft, die Horst Bastian in seinem klassischen Roman aus den Sechzigerjahren die Moral der Banditen genannt hatte.
Maier ist es auch, der Primel und seine Freunde auf einem Abstellgleis im Walde eine Draisine entdecken lässt, und die Kinder genießen es, in der trostlosen Warterei etwas Außergewöhnliches zu erleben und einen Helden zum Freund zu haben, dem selbst die russischen Besatzungssoldaten zu Willen sind.
Doch der Held ist nicht so allmächtig, wie die Kinder glauben. Er gerät in die Klemme und missbraucht Primel in einem lebensgefährlichen Auftrag als Boten. Das geht fast schief, aber ehe Primel begreift, was geschah, kommt der erste Zug, zumindest seine Lokomotive, die nur die Frauen mit Kindern mitnimmt, und der Abschied ist da. Auch vom seltsamen Herrn Maier, den Primel auf seinem letzten Streifzug durch den Wald tot auf einer Lichtung findet, hinterrücks erschossen wie die Wlassow-Russen, die auf deutscher Seite gekämpft hatten und von den Landsleuten in der siegreichen Roten Armee nicht weit von dieser Lichtung so flüchtig verscharrt worden waren, dass sie Primel zu seinem Entsetzen entdeckt hatte. Vergiss, was du gesehen hast, sagte damals die Tante und dies sei der Tag, an dem der Krieg für Primel „wirklich endete”.
Härtling erzählt seine Geschichte so leise und unaufdringlich wie seinen Hirbel: Kinder in einer Welt, in der sie nicht immer auf ein gutes Ende hoffen dürfen. Gewiss, dieser Junge, dieser Primel kommt endlich heil und gesund irgendwo an, aber wie es im 13. , im Schlusskapitel heißt: Primel träumt sein Leben lang von dem Mann, in dessen Zwiespältigkeit sich die Schrecken, die Unsicherheit, die Gewalt des Krieges spiegeln, aber auch das Abenteuerliche, der Reiz des Bösen. Der Krieg ist aus, aber alle sind von ihm gezeichnet, auch die Geretteten und die Unschuldigen. Das ist für ein Kinderbuch eine ungewöhnliche Aussage. Da sie von Peter Härtling stammt, kann man hoffen, dass sie wahrgenommen wird. (ab 12 Jahre)
SYBIL GRÄFIN SCHÖNFELDT
PETER HÄRTLING: Reise gegen den Wind. Verlag Beltz & Gelberg 2000. 146 Seiten, 24,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2000

Als der Frieden noch jung war
"Reise gegen den Wind": Peter Härtling erzählt von einem lebenshungrigen Flüchtlingskind

Kriegsende in Laa an der Thaya, nicht weit von der Grenze zwischen der Tschechoslowakei und Österreich: Für die deutschen Flüchtlinge aus Böhmen und Mähren ist das Kaff eine Sackgasse, aus der sie nicht herauskommen. Es fährt kein Zug mehr; die letzten Soldaten der Wehrmacht sind zu Fuß oder mit ihren Fahrzeugen vor den russischen Truppen geflohen. Der Bahnhof bleibt trotzdem die Hoffnungsstation, und der Bahnhofsvorsteher Huber - eine liebenswert komische Figur - ist der einzige in diesem Nest, der einen Rest von Ordnung hochhält, Ratschläge gibt und sogar höflich und ein wenig mitfühlend bleibt. Bernds resolute Tante redet er mit gnädige Frau an.

Der Zwölfjährige, den seine Ersatzmutter Karla zärtlich Primel nennt, ist mit ihr bereits seit Tagen unterwegs, erschöpft, hungrig und ständig auf der Suche nach einem Dach über dem Kopf. In Laa heißt es zunächst warten, die letzten Habseligkeiten gegen Lebensmittel eintauschen und sich, so gut es geht, vor Übergriffen der Russen schützen.

Der elternlose Junge streunt herum, schließt Bekanntschaft mit einem geheimnisvollen Mann im tadellosen schwarzen Anzug - ein Schieber, Schwindler, vielleicht auch Naziverbrecher -, der gesucht wird. Er beobachtet die Russen, die so ganz anders sind als die Männer, die er kennt, befreundet sich mit zwei einheimischen Kindern, erschrickt vor Toten - ermordeten Wlassow-Soldaten - im Wald und entkommt mit knapper Not einer Schießerei. Ein herrenloser kleiner Hund wird sein Trost und ständiger Begleiter. Eines Tages entdeckt er eine Draisine. Die heimlichen Fahrten auf einem Nebengleis sind für ihn Abenteuer und die Illusion von Freiheit.

Das kleine Dörfchen Laa ist auch in "Zwettl", Peter Härtlings autobiographischer "Nachprüfung einer Erinnerung", eine wichtige Station im Elend der Nachkriegszeit. Wie Bernd hat Peter Härtling vieles erlebt, was heute auch Kindern in Bosnien, in Afrika oder Tschetschenien und vielen anderen Ländern widerfährt, wo Krieg und Terror herrschen: Er litt Hunger, verlor seine Eltern und wurde aus seiner Heimat vertrieben. Es sind traumatische Bilder, die in einigen seiner Bücher immer wieder auftauchen.

In "Krücke", seinem preisgekrönten Kinderbuch, schlägt sich auch ein elternloser Junge durch das Chaos bei Kriegsende und die Zeit danach hindurch. Dieser Thomas, der in dem einbeinigen Invaliden Krücke einen Freund findet, hat viel Ähnlichkeit mit Primel, auch er ist ein Herumtreiber, ein neugieriger Beobachter, der sich vor waghalsigen Abenteuern nicht fürchtet. "Wenn ich heute vom Krieg und aus meiner Kindheit erzähle, versuche ich Menschen so zu schildern, daß meine Kinder dabeisein und deren Angst und Hoffnung teilen können", hat Peter Härtling einmal gesagt. In seinem neuen Roman "Reise gegen den Wind" ist ihm das wieder eindrucksvoll gelungen. Es ist ein realistisches Bild dieser Zeit, unsentimental und so genau, daß der Satz aus dem Brief eines jungen Lesers, auf "Krücke" bezogen, auch hier treffen könnte: "Ihr Buch ist mir zu echt."

Dieses Erinnerungsstück aus dem Leben des zwölf Jahre alten Peter Härtling vermittelt tatsächlich aus der kindlichen Perspektive ein Stück Zeitgeschichte: Die österreichischen Freunde fühlen sich plötzlich als Sieger, und Einheimische nutzen die Stunde, um an Flüchtlingen zu verdienen. Primel und seine Tante Karla erfahren aber auch spontane Hilfsbereitschaft. Absolut gut oder böse ist niemand, und nicht selten darf noch in arger Not grimmig oder befreiend gelacht werden. Fast hätte sich Bernd an das provisorische aufregende Leben in Laa gewöhnen können. Doch die Lokomotive, auf deren Tender die Flüchtlinge - zwar vom Kohlenstaub geschwärzt - endlich weiter in Richtung Wien gelangen, weckt die Hoffnung wieder, daß alles besser wird.

MARIA FRISÉ

Peter Härtling: "Reise gegen den Wind - Wie Primel das Ende des Krieges erlebt". Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 2000. 146 S., geb., 24,80 DM. Ab 11 J.

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