Ein kleines Juwel!
Spätestens nach der Lektüre von "Le coeur en dehors", so lautet der Originaltitel des Romans von Samuel Benchetrit, hat es die Hauptperson Charly unweigerlich geschafft, das Herz des Lesers zu erobern.
Der zehnjährige Charly wohnt mit seiner aus Mali stammenden Mutter und seinem
drogensüchtigen Bruder in der Pariser Vorstadt. Er gibt dem Leser einen Einblick in einen einzigen,…mehrEin kleines Juwel!
Spätestens nach der Lektüre von "Le coeur en dehors", so lautet der Originaltitel des Romans von Samuel Benchetrit, hat es die Hauptperson Charly unweigerlich geschafft, das Herz des Lesers zu erobern.
Der zehnjährige Charly wohnt mit seiner aus Mali stammenden Mutter und seinem drogensüchtigen Bruder in der Pariser Vorstadt. Er gibt dem Leser einen Einblick in einen einzigen, jedoch bedeutenden Tag seines Leben, der mit der zunächst unerklärlichen Verhaftung seiner Mutter beginnt und sich in der Suche nach Gründen dafür und schließlich nach dem Verbleib der Mutter selbst fortsetzt.
Die Geschichte liest sich wie ein spannender Tagebucheintrag, verfasst von einem äußerst sympathischen Jungen, den man nach und nach immer mehr kennen und mögen lernt. Charly trumpft durch seine pfiffige, witzige und kluge, manchmal altkluge Art, ist mutig und ängstlich zugleich und macht sich Gedanken über Dinge, die sein eigenes Kindsein und speziell das Dasein in einem Vorstadt-Ghetto beherrschen. Neben seiner couragierten Suche nach seiner Mutter erzählt er von ihn bewegenden Ereignissen, seinem älteren Bruder, seinen Freunden und seinen beiden großen Lieben, der zur Mutter und der zu einem gleichaltrigen Mädchen. Dabei kommt er vom Hundersten ins Tausendste und lässt seiner Fantasie, einer in seinen Augen sehr wichtigen Eigenschaft, freien Lauf.
Hat man mit dem Lesen des Buches erst einmal angefangen, kann man sich ihm nur schwer wieder entziehen. Samuel Benchetrit ist es voll und ganz geglückt, Charly lebendig werden zu lassen. Der Autor lässt seine Figur, in der Ernst und Humor sowie Traurigkeit und Freude vereint sind, in der Ich-Form agieren und den Leser direkt ansprechen. Der prägnante Sprach- und Schreibstil fängt sowohl die beklemmende, aber nicht hoffnungslose Atmosphäre als auch die gefühlvollen und warmherzigen Momente so perfekt ein, daß man mit dem kleinen Kerl einfach mitempfinden, mitleiden und mitfiebern muss. Die Handlung ist klar strukturiert und kurzweilig. Man erfährt, warum Charly's Mutter von der Polizei abgeholt wurde und bekommt eine Vorstellung davon, welche Konsequenzen sich daraus ergeben könnten, ein aktuelles Thema, das nachdenklich stimmt.
Obwohl das Ende offen bleibt, was mir gefallen hat, bin ich mir sicher, daß Charly trotz aller Widrigkeiten seinen Weg gehen und seinen Platz in der Welt behaupten wird.
"Rimbaud und die Dinge des Herzens" ist ein rundum gelungenes Werk, an das ich mich sehr gerne erinnern werde!