Unauflöslich und ungeheuerlich erscheint das Dilemma, das dem zweiten Roman von Albert Ostermaier seine aufs äußerste gehende existentielle, moralische und gesellschaftliche Dimension verleiht. Ein junger Mann, aufgewachsen in einem katholischen Internat in Bayern, der sein Leben darauf ausgerichtet hat, Schriftsteller, Dichter zu werden, muß sich entscheiden zwischen sicherem Tod und ungewissen Überleben, für das er sich allerdings zwei völlig unbekannten Menschen überlassen muß. Eine ausgewiesene prominente Ärztin stellt ihm die Diagnose, er leide an einer nur von ihr diagnostizierbaren tödlichen Krankheit, die eine sofortige Therapie im amerikanischen Texas erfordere. Der väterliche Mentor, ein katholischer Priester, rät, der Ärztin zu vertrauen und in die USA zu reisen.Wie soll sich der angehende Schriftsteller entscheiden? Andere Diagnosen einholen, obwohl sie laut Ärztin die Krankheit nicht aufspüren können? Dem Rat der Eltern folgen und sich sofort dem Krankenhaus ausliefern? Statt dessen rekapituliert er sein Leben und die Ereignisse, die zu dieser dramatischen Situation geführt haben.Diese Recherche der vergangenen und verlorenen Jahre eines jungen Mannes weitet sich durch die detailgetreue, nüchterne Schilderung der Internatsjahre zu einem umfassenden, erschütternden Panorama moralisch-politischer Strukturen im Süden Deutschlands, in dem der einzelne wenig, die Kirche alles zählt. Und nur wer sich gegen die miteinander verzahnten Hierarchien stellt, ist, wie Albert Ostermaier, in der Lage, souverän vom Leiden, dem eigenen wie dem anderer, einfühlsam und zugleich distanziert, spannend und mitreißend, anklagend und erklärend zu erzählen.
buecher-magazin.deSebastian, ein junger Mann, der Schriftsteller werden will, erzählt vom Drama seines Lebens. Sein väterlicher Freund, ein Klosterabt, redet ihm ein, von einer Krankheit infiziert zu sein. Ein todbringender Virus, bestätigt eine zurate gezogene Ärztin, eine Vertraute des Abtes. Sebastian zieht die Diagnose nicht in Zweifel und steigert sich in den Wahn des nahenden Todes hinein. Gleichzeitig schöpft er daraus auch Energie, fühlt sich erst recht zum Künstlertum berufen. Bis die Geschichte als Betrug auffliegt.
Ein merkwürdiger Roman über die Selbstfindung eines Mannes, auch über seelischen Missbrauch. Ein gewisser Thrill kommt nicht zu kurz. Aber Ostermaier zieht sein Werk als Sprecher in Richtung Ungenießbarkeit. Nicht nur sprech-sprachliche Eigentümlichkeiten – wie sein fränkisches ‚r‘ – rauben der Hörfassung den Glanz, sondern auch sein Grundton. Es fällt schwer, einem im Dauerlamento redenden Erzähler zuzuhören. Die Regie bemüht sich, durch den Einsatz von musikalischen Elementen und manch technischem Kniff die Akustik aufzupolieren, aber letztlich bleibt all das Dekor, ohne inhaltlich etwas beizutragen. Das Entscheidende aber ist: Man hätte Albert Ostermaier vom Sprechen seines Werkes abhalten müssen.
© BÜCHERmagazin, Martin Maria Schwarz (mms)
Ein merkwürdiger Roman über die Selbstfindung eines Mannes, auch über seelischen Missbrauch. Ein gewisser Thrill kommt nicht zu kurz. Aber Ostermaier zieht sein Werk als Sprecher in Richtung Ungenießbarkeit. Nicht nur sprech-sprachliche Eigentümlichkeiten – wie sein fränkisches ‚r‘ – rauben der Hörfassung den Glanz, sondern auch sein Grundton. Es fällt schwer, einem im Dauerlamento redenden Erzähler zuzuhören. Die Regie bemüht sich, durch den Einsatz von musikalischen Elementen und manch technischem Kniff die Akustik aufzupolieren, aber letztlich bleibt all das Dekor, ohne inhaltlich etwas beizutragen. Das Entscheidende aber ist: Man hätte Albert Ostermaier vom Sprechen seines Werkes abhalten müssen.
© BÜCHERmagazin, Martin Maria Schwarz (mms)
»Man spürt auf jeder Seite ..., dass hier einer spricht, der mit Sprache nicht nur verführen, sondern selbst von ihr verführt werden will.« Felicitas von Lovenberg Frankfurter Allgemeine Zeitung 20110521