42 Tage nach Ende des Zweiten Weltkriegs wusste in der Region Schwarzenberg im Erzgebirge niemand so recht, was nun eigentlich geschehen sollte. Offenbar interessierte sich keine der Besatzungsmächte für die Region - weder die Amerikaner noch die Russen marschierten ein. Und so blieb Schwarzenberg über einen Monat lang sich selbst überlassen. Jahre später stellte der Schriftsteller Stefan Heym diese Zeitspanne ins Zentrum seines utopischen Romans, in dem Bewohner der Region die »Republik Schwarzenberg« ausrufen und den Landstrich über mehrere Tage basisdemokratisch selbst verwalten.Ungekürzte Lesung mit Jürgen Hentsch, Siegfried Worch1 mp3-CD ca. 9 h 32 min
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.06.2019NEUE TASCHENBÜCHER
Eine Utopie für
42 Tage
„Die Republik Schwarzenberg ist nicht mehr auffindbar.“ Kein schlechter erster Satz. Der Roman, der so beginnt und dann die nicht mehr auffindbare Republik wieder zum Leben erweckt, entstand in den frühen Achtzigerjahren in der DDR. Erscheinen konnte er dort erst 1990, nach dem Fall der Mauer. Stefan Heym, gebürtiger Chemnitzer, kannte den sächsischen Teil des Erzgebirges, in dem nach der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 ein kleines Gebiet weder von den Amerikanern noch von der Roten Armee besetzt worden war. „Schwarzenberg“ setzt den 42 Tagen ein Denkmal, in denen hier ein antifaschistischer Aktionsausschuss die Macht übernahm. Zum Mikrokosmos der nicht mehr auffindbaren Utopie eines Zusammenspiels von Basisdemokratie und Sozialismus, den der Roman entfaltete, gehören untergetauchte lokale NS-Machthaber und ihre Opfer, russische und amerikanische Offiziere, traumatisierte Entkommene der Dresdner Bombennacht und Nutznießer der Vertreibung der Juden. Die Neuauflage ist eine ideale Lektüre im Jahr der Grundgesetzfeiern, sächsischer Landtagswahlen und des Jubiläums „30 Jahre Mauerfall“.
LOTHAR MÜLLER
Stefan Heym:
Schwarzenberg. Roman. Penguin Verlag,
München 2019.
272 Seiten, 12 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Eine Utopie für
42 Tage
„Die Republik Schwarzenberg ist nicht mehr auffindbar.“ Kein schlechter erster Satz. Der Roman, der so beginnt und dann die nicht mehr auffindbare Republik wieder zum Leben erweckt, entstand in den frühen Achtzigerjahren in der DDR. Erscheinen konnte er dort erst 1990, nach dem Fall der Mauer. Stefan Heym, gebürtiger Chemnitzer, kannte den sächsischen Teil des Erzgebirges, in dem nach der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 ein kleines Gebiet weder von den Amerikanern noch von der Roten Armee besetzt worden war. „Schwarzenberg“ setzt den 42 Tagen ein Denkmal, in denen hier ein antifaschistischer Aktionsausschuss die Macht übernahm. Zum Mikrokosmos der nicht mehr auffindbaren Utopie eines Zusammenspiels von Basisdemokratie und Sozialismus, den der Roman entfaltete, gehören untergetauchte lokale NS-Machthaber und ihre Opfer, russische und amerikanische Offiziere, traumatisierte Entkommene der Dresdner Bombennacht und Nutznießer der Vertreibung der Juden. Die Neuauflage ist eine ideale Lektüre im Jahr der Grundgesetzfeiern, sächsischer Landtagswahlen und des Jubiläums „30 Jahre Mauerfall“.
LOTHAR MÜLLER
Stefan Heym:
Schwarzenberg. Roman. Penguin Verlag,
München 2019.
272 Seiten, 12 Euro.
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»Heym war der wohl bedeutendste 'oppositionelle Autor' in der früheren DDR.« F. A. Z.