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So wirst du stinkreich im boomenden Asien erzählt die erstaunliche und dramatische Geschichte eines Mannes, der sich von einem kränklichen Jungen aus der verarmten Provinz zu einem korrupten Großunternehmer wandelt, und beruft sich dabei auf die Art von Selbsthilfebüchern, wie sie im heutigen Asien von jungen hoffnungsvollen Männern gelesen werden. Der namenlose Held kommt in einer riesigen Millionenstadt zu Geld und baut sich ein eigenes Imperium auf, mit Wasser. Doch sein Herz hat er für immer verloren an das hübsche Mädchen, dessen Stern parallel zu seinem aufgeht. Immer wieder kreuzen sich…mehr

Produktbeschreibung
So wirst du stinkreich im boomenden Asien erzählt die erstaunliche und dramatische Geschichte eines Mannes, der sich von einem kränklichen Jungen aus der verarmten Provinz zu einem korrupten Großunternehmer wandelt, und beruft sich dabei auf die Art von Selbsthilfebüchern, wie sie im heutigen Asien von jungen hoffnungsvollen Männern gelesen werden. Der namenlose Held kommt in einer riesigen Millionenstadt zu Geld und baut sich ein eigenes Imperium auf, mit Wasser. Doch sein Herz hat er für immer verloren an das hübsche Mädchen, dessen Stern parallel zu seinem aufgeht. Immer wieder kreuzen sich ihre Lebenswege in dieser Liebe zueinander, entzündet und erlischt von den Kräften ihrer jeweiligen Schicksale.
Autorenporträt
Eike Schönfeld, geb. 1949, übersetzt aus dem Englischen, u. a. Werke von Martin Amis, Nicholson Baker, Saul Bellow, Jeffrey Eugenedis, Henry Fielding, Jonathan Franzen, J.D.Salinger. Er erhielt den Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzung und den Ledig-Rowohlt-Übersetzerpreis. Im Jahr 2014 wurde ihm der Internationale Hermann-Hesse-Preis für seine Übersetzungen des Werkes von Nicholson Baker verliehen.

Jörg Pohl, 1979 im Ruhrgebiet geboren, war bereits während seines Studiums im Bochumer Schauspielhaus zu sehen. 2005 wird er Ensemblemitglied des Schauspielhauses Zürich, 2009 wechselt er ans Thalia Theater Hamburg. Für seine Arbeit wurde Jörg Pohl mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Rolf-Mares-Preis in der Kategorie "Außergewöhnliche Leistung Darsteller" und mit dem Max-Ophüls-Preis als bester Nachwuchsdarsteller.

Mohsin Hamid, geb. 1971, wuchs in Lahore, Pakistan, auf, studierte Jura in Princeton und Harvard und arbeitete in New York. Hamid schreibt u.a. für

Time, Guardian und New York Times. Er lebt in London.

Jörg Pohl, 1979 im Ruhrgebiet geboren, war bereits während seines Studiums im Bochumer Schauspielhaus zu sehen. 2005 wird er Ensemblemitglied des Schauspielhauses Zürich, 2009 wechselt er ans Thalia Theater Hamburg. Für seine Arbeit wurde Jörg Pohl mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Rolf-Mares-Preis in der Kategorie "Außergewöhnliche Leistung Darsteller" und mit dem Max-Ophüls-Preis als bester Nachwuchsdarsteller.
Trackliste
CD 1
1Titel 100:06:11
2Titel 200:08:00
3Titel 300:06:12
4Titel 400:07:59
5Titel 500:06:08
6Titel 600:08:14
7Titel 700:05:55
8Titel 800:06:01
9Titel 900:04:03
10Titel 1000:08:55
CD 2
1Titel 1100:07:09
2Titel 1200:06:23
3Titel 1300:05:41
4Titel 1400:06:17
5Titel 1500:06:43
6Titel 1600:06:02
7Titel 1700:04:01
8Titel 1800:06:28
9Titel 1900:07:12
10Titel 2000:05:19
11Titel 2100:06:01
12Titel 2200:04:24
13Titel 2300:04:01
CD 3
1Titel 2400:09:49
2Titel 2500:05:37
3Titel 2600:05:08
4Titel 2700:05:30
5Titel 2800:06:25
6Titel 2900:04:57
7Titel 3000:04:44
8Titel 3100:04:05
9Titel 3200:05:51
10Titel 3300:05:58
11Titel 3400:04:20
12Titel 3500:05:32
13Titel 3600:06:05
14Titel 3700:02:24
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Im Ratgeberstil hat der Pakistaner Hamid einen Roman über die Aufstiegsmöglichkeiten und Abstürze im heutigen Asien verfasst. Die Du-Anrede des Helden ist gewöhnungsbedürftig. Aber plausibel, weil er immer wieder als Erzähler nach vorne tritt, als jemand, der mit seinem Geschöpf in ständigem Kontakt ist. Jörg Pohl ist von der ersten Minute hellwach. Kühl im Ton - Sentimentalitäten gibt es nicht, wenn man in einem asiatischen Großstadt-Moloch vorwärtskommen möchte. Und so lässt er seinen namenlosen Helden lernen, wie man die Regeln und Gesetze bricht. Zupackend und dynamisch, mit heller Stimme, leitet Pohl den Mann durch all die Fährnisse von einer durch Korruption drangsalierten Kultur, bis er ganz oben angekommen ist - als Unternehmer, der mit der Ressource Wasser handelt. Und scheitert. Darin eingebettet verläuft als roter Faden eine Liebesgeschichte mit dem "hübschen Mädchen", die ihrerseits Karriere macht. Ein ganzes Leben müssen die beiden warten, bis sie zusammen kommen. Auch das ist ein hübscher Einfall in einer von klugen und scharfsinnigen Gedanken bereicherten Handlung, die Pohl so stramm vermittelt, dass man kaum zu atmen wagt.

© BÜCHERmagazin, Martin Maria Schwarz (mms)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.09.2013

Lebensratgeber für künftige Tycoons

Die Früchte der Arbeit sind köstlich, aber sie machen weder dick noch reich: Der pakistanische Autor Mohsin Hamid erzählt die Geschichte eines armen Dorfjungen, der zum Millionär wird.

Was ist ein Selbsthilfebuch? Zunächst einmal ein Buch, das seinem Autor dabei hilft, Geld zu verdienen. Wer sonst außer dem Autor könnte ein Selbsthilfebuch brauchen? Menschen, die sich selbst bei irgendetwas helfen möchten - also jeder. Wem hilft ein Selbsthilfebuch? All jenen, die wissen, was sie wollen, und bereit sind, für ihre Ziele zu kämpfen. Wie kann man wissen, was man will? Das ist das Einfachste von allem: "Also sei nun ehrlich und stell dir folgende Frage: Ist Stinkreichwerden noch immer mehr alles andere dein Ziel, dein A und O, der in Nebel gehüllte, hochgelegene Laichteich deines inneren Lachses?"

Es mag Leser des neuen Romans von Mohsin Hamid geben, die noch gar nichts wussten von der Existenz ihres inneren Lachses und der entlegenen Lage seines Laichteichs. Andere werden den Titel - "So wirst du stinkreich im boomenden Asien" - derart anziehend finden, dass sie das Buch auf der Stelle kaufen, obwohl sie nicht in Asien leben oder vorhaben, ihren Wohnsitz dorthin zu verlegen. Dabei verrät bereits die Überschrift des ersten Kapitels, dass es ohne die Bereitschaft zur Mobilität nichts werden wird mit dem Reichtum. Sie lautet: "Zieh in die Stadt".

Der dritte Roman des 1971 geborenen Pakistaners Mohsin Hamid ist ein satirisches Spiel mit dem Genre der Ratgeberliteratur, die in Tonfall und Gestus imitiert und parodiert wird, eine zynisch-melancholische Betrachtung über Grenzen, Möglichkeiten und Kosten der Selbstmanipulation, eine zunächst vor allem komisch-traurige Liebesgeschichte und schließlich die Lebensbeschreibung eines Mannes, der sich der klassischen Karriere eines Tellerwäschers, der es zum Millionär bringen will, verschrieben hat. From rags to riches - so lautet die Formel, mit dem das Land der unbegrenzten Möglichkeiten lockt. Aber heute wird der einstmals amerikanische Traum vor allem in Asien geträumt.

Er beginnt in einem Dorf, wie es ärmlicher kaum denkbar ist. Das Kind, das zu Macht und Reichtum gelangen wird, ist krank, es hat Gelbsucht. Sein Krankenlager befindet sich im einzigen Zimmer seines aus gestampftem Lehm erbauten Elternhauses: "Wie du so auf der Seite liegst, ein Ohr auf der gestampften Erde, siehst du aus deiner Perspektive eines hochgereckten Wurms, wie deine Mutter deinem Vater auf den Hof folgt. Sie füttert die Wasserbüffelkuh, die dort angebunden ist, wirft am Vortag geschnittenes Futter, vermischt mit Stroh, in einen Holztrog und melkt das Tier, während es frisst. Strahlen klatschen hart in einen Blecheimer. Als sie damit fertig ist, führen die Kinder des Compounds, deine Geschwister und Cousins und Cousinen, die Büffelkuh, ihr Kalb und die Ziegen auf Futtersuche. Du hörst das Zischen der geschälten Zweige in ihren Händen, dann sind sie weg."

Auf den ersten vierzig Seiten schildert Hamid das Leben eines Jungen, der irgendwo in Asien aufwächst, vielleicht in Indien oder in Pakistan. Das Landleben hat sich hier seit dem neunzehnten Jahrhundert kaum verändert, von der Moderne ist fast nichts zu sehen, und die Großstadt ist nicht mehr als ein fernes Gerücht. Romantisch ist hier nichts. Nicht die Armut, nicht der Mangel an Hygiene, nicht die feudalistischen Strukturen, nicht die Bedrohung durch körperliche Gewalt und Missbrauch. Hamid skizziert mit knappen Strichen die rückständigen Lebensbedingungen, unter denen noch immer weite Teile der Bevölkerung im boomenden Asien leiden müssen. Die Viruserkrankung wird mit einem primitiven Hausmittelchen behandelt: "Wie du danach reglos daliegst, ein kleiner, gelbsüchtiger Dorfjunge, und dir Rettichsaft aus den Mundwinkeln rinnt und ein matschiges Fleckchen auf der Erde bildet, muss es den Anschein haben, dass stinkreich zu werden für dich unerreichbar ist. Aber hab Vertrauen. Du bist nicht so machtlos, wie du wirkst. Deine Zeit kommt noch. Jawohl, dieses Buch wird dir eine Wahl bieten."

Dann geht es Schlag auf Schlag: Dem ersten Ratschlag - "Zieh in die Stadt" - folgt der zweite: "Verschaff dir Bildung". Auf die Schule folgt die Universität, wo es noch korrupter zugeht als zuvor. Gute Noten, bestandene Examen, Empfehlungsschreiben - nichts, was man nicht kaufen oder über Beziehungen regeln könnte. Aber der Junge vom Dorf hat weder Geld noch einflussreiche Verwandte. Deshalb schließt er sich einer Organisation an, deren wahren Charakter Hamid im Ungefähren belässt. Eine Burschenschaft? Wohl kaum. Ein islamistischer Studentenbund, der soziale Kontrolle ausübt, beachtliche politische Aktivitäten entfaltet und Angst und Schrecken verbreitet? Schon eher. Hamid belässt es bei Andeutungen und hat gute Gründe dafür. Weil weder das Land noch die Stadt, noch der Junge einen Namen erhalten, könnte seine Geschichte überall in Asien spielen, zumindest überall dort, wo vormoderne Verhältnisse und eine rasant voranschreitende Modernisierung aufeinandertreffen, wo Technologien sich nahezu täglich weiterentwickeln, während gesellschaftliche Verhältnisse und soziale Ordnungen weitgehend erstarrt bleiben.

Soziale Mobilität ist in vielen asiatischen Ländern ein noch junges Phänomen. Hamid erzählt davon mit der scheinbaren Naivität der schlichten Ratgeberliteratur und dem Raffinement des gewieften Erzählers, der in Lahore aufwuchs, in Harvard Jura studierte und in Princeton Literatur. Der Absolvent amerikanischer Elite-Universitäten arbeitete einige Jahre in New York und London im Finanzsektor, bevor er mit seiner Familie nach Pakistan zurückkehrte. Seine Bücher sind in dreißig Sprachen übersetzt, der Roman "Der Fundamentalist, der keiner sein wollte", 2007 auch auf Deutsch erschienen, wurde unlängst von Mira Nair verfilmt. Die "New York Times" hat ihn aus Anlass seines neuen Romans als einen der erfolgreichsten und begabtesten Schriftsteller seiner Generation bezeichnet.

Der Aufstieg eines Jungen aus kleinsten Verhältnissen zum Millionär oder Tycoon, das ist der Stoff von "Citizen Cane" und dem "Großen Gatsby". Mohsin Hamid versieht die klassische Aufsteigergeschichte mit dem Sound der populären Lebenshilfe: Aus Dale Carnegies "Sorge dich nicht, lebe" wird "Lebe nicht, werde reich." Hamid hält die genretypische Du-Perspektive konsequent ein und bleibt das ganze Buch hindurch bei der formelhaften Anrede. Gelegentlich kommentiert das Selbsthilfebuch sich selbst. Dann gibt es sich als Erzählstimme zu erkennen und bezieht in seinen Dialog mit dem Helden der Geschichte auch deren Leser mit ein: "Der Leser arbeitet nicht für den Autor. Er arbeitet für sich selbst. Darin liegt, wenn du den zugegeben voreingenommenen Ton entschuldigen magst, der Reichtum des Lesens. Und darin liegt auch ein Fingerzeig auf den Reichtum anderswo. Denn wenn du wirklich stinkreich werden willst im boomenden Asien, was wir inzwischen wohl festgestellt haben, dann musst du früher oder später für dich selbst arbeiten. Die Früchte der Arbeit sind köstlich, aber einzeln machen sie nicht besonders dick. Also teile deine nicht und beiß in die der anderen, sooft du kannst." So erscheint in ironisch gebrochener brachialkapitalistischer Perspektive auch der Leser als freier Unternehmer - als jemand, der aus der Arbeit anderer Profit bezieht.

Mittlerweile hat sich der Dorfjunge längst gemausert. Er ist verheiratet und hat einen Sohn. Er hat bestochen und betrogen, Mordanschlägen getrotzt und selbst Gewalt anwenden lassen. Der Kontakt zu seiner Jugendliebe, hartnäckig und bis ins hohe Alter nur als "das schöne Mädchen" bezeichnet, ist nie abgebrochen. Sie hat ihre Schönheit zu Markte getragen, ist als Model zu Ruhm und wohlhabenden Liebhabern gekommen. Dass die beiden zueinander nicht kommen konnten, hat Gründe: Sie konnten sich einander nicht leisten. Er war lange Zeit nicht wohlhabend genug für sie, und sie war schlicht zu gefährlich für ihn. Denn noch bevor Kapitel vier rät "Meide Idealisten", verkündet Kapitel drei gebieterisch "Verlieb dich nicht".

Am Ende, allen Ratschlägen zum Trotz, nimmt der Roman märchenhafte Züge an, die nicht überzeugen. Aber zweifellos ist Mohsin Hamid mit seinem dritten Roman ein bemerkenswertes Beispiel für etwas gelungen, das noch keinen rechten Namen hat: für jene Bücher, mit denen im Westen ausgebildete junge Autoren wie Hamid oder auch Taiye Selaise und Aravind Adiga in ihre Heimatländer in Afrika oder Asien zurückkehren. Das Ergebnis ist meistens ein gut kalkulierter Stilmix, nicht selten eine hurmorvoll formulierte, aber im Kern bittere Anklage gegen die globalisierte Welt, in der das Schlechte stets schneller zusammenwächst als das Gute.

HUBERT SPIEGEL

Mohsin Hamid: "So wirst du stinkreich im boomenden Asien". Roman.

Aus dem Englischen von Eike Schönfeld. Dumont, Köln 2013. 224 S., geb., 18,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.11.2013

Vergiss, was du zu wissen glaubst
Mohsin Hamids „So wirst du stinkreich in Asien“ verkleidet sich als Ratgeber –
es ist aber zugleich einer der wunderbarsten Romane aus dem gegenwärtigen Asien
VON ALEX RÜHLE
Du streifst gerade lesend durch die Süddeutsche Zeitung vom 9. November, scannst Überschriften, liest Texte an, blätterst weiter und stößt dann durch irgendeinen Zufall auf diese Romanbesprechung. Aber du hast kaum angefangen mit dem Lesen, da stutzt du bereits: Du?!? Ja, geht’s noch? Wen meint denn der? Du liest erst mal irritiert weiter, aber hast gute Lust, jetzt dann wirklich aufzuhören, denn: Das kann der ja wohl nicht ernst meinen, dass er mich hier aus seiner Rezension raus anquatscht und auch noch duzt!
  Ein Text in Du-Form. Ein Held, der den ganzen Roman über nie einen Namen bekommt, weil er eben nur als „Du“ auftaucht. Das ist formal ein extremes Experiment, torpediert es doch durch diese direkte Ansprache die Grundvoraussetzung aller traditionellen Fiktion: Dass da eine geschlossene Welt beschrieben wird, auf die wir Leser von außen blicken; irgendwo da drinnen im Buch läuft ein Held herum, dem wir für gewöhnlich aus der Ferne, von oben, beim Leben und Sterben zuschauen.
  In Mohsin Hamids „So wirst du stinkreich im boomenden Asien“ fühlt man sich hingegen vom ersten Satz an als Leser angesprochen, auch wenn das „Du“, von dem die Rede ist und das ja fortwährend wie eine Angel aus dem Text nach draußen geworfen wird, in einer völlig anderen Umgebung zu Hause zu sein scheint als wir deutschen Leser, schließlich „kauerst du eingangs fröstelnd unter der Pritsche deiner Mutter auf der gestampften Erde. Dein Unglück ist das eines Jungen, dem man seine Schokolade weggeworfen hat, dessen Fernbedienung die Batterien fehlen, dessen Roller kaputt ist. Das ist umso bemerkenswerter, als du in deinem bisherigen Leben noch nichts davon gesehen hast.“
  Ach nö. Auch das noch. Eine Elendsgeschichte. Angesiedelt in Pakistan, Indien oder irgendeinem anderen unaufgeräumten asiatischen Staat. So genau weiß man das nicht, es werden ja nie Orte genannt in diesem verdammten Buch. So wie auch alle Personen namenlos bleiben. Und um das Elend perfekt zu machen, jetzt ist es eh schon wurscht, kommt das Ganze auch noch in Form eines Ratgebers daher.
  Hey, du bist ja immer noch da. Trotz all dieser Einwände. Trotz der ekelhaften Ranwanze. Warum bloß? Was erwartest du hier denn noch? Ein gutes Buch etwa? Bingo! Dann bist du eindeutig richtig in diesem Text. Und da du hier schon dauernd stehst, stell ich mich unverschämterweise jetzt auch noch selbst daneben und sage: Dies ist der beste Roman, den ich seit langem gelesen habe.
  Okay. Schluss jetzt mit diesem formalen Quatsch. Schluss auch mit der penetranten Leser-Blatt-Bindung, Sie werden im Folgenden nicht mehr belästigt, versprochen, wir machen jetzt Feuilleton Classic und fangen dazu am besten nochmal ganz von vorne an.
  Mohsin Hamid hat in Harvard und Princeton Jura und Literatur studiert, arbeitete einige Zeit in New York als Unternehmensberater und lebt heute wieder in seiner Geburtsstadt Lahore. (Siehst du? Geht doch, alles ganz nüchtern ab jetzt!) Schon in seinen ersten beiden Romanen hat der 42-jährige Pakistani jeweils sehr intelligent mit der Erzählperspektive gespielt: „Nachtschmetterlinge“ spielte in einem nuklear verseuchten Lahore und verband polyphones Stimmengewirr mit protokollarischer Prozess-Mitschrift und essayartig mäandernden erzähltheoretischen Einschüben. In „Der Fundamentalist, der keiner sein wollte“ erzählte ein Pakistani einem amerikanischen Touristen an einem einzigen Abend sein Leben.
  Jetzt also ein Selbsthilfebuch, das selbstverständlich gar keines ist, schließlich wird das inhärente Versprechen all dieser Glücksratgeber, die sich in Asien verkaufen wie geschnitten Nan, die große Lüge, für den Leser den direkten Weg in ein besseres Leben zu kennen, gnadenlos dekonstruiert. Die unausgesprochene Prämisse solcher Ratgeber, die Behauptung, dass man doch souveräner Autor seiner eigenen Lebensgeschichte sei, wird ja schon durch die Erzählperspektive durchkreuzt: Wenn jemand aus dem Off erzählt, was „Du“ machst, wenn dieser demiurgische Erzähler genau weiß, was du so alles denkst und andeutet, was Dir in zukünftigen Kapiteln noch zustoßen wird – wieweit ist es dann her mit der Freiheit dieses Du?
  In 12 Kapiteln, die alle schlaumeiernde Ratgeberüberschriften für den agilen Selbstoptimierer tragen – Zieh in die Stadt, Verschaff Dir Bildung, Scheue nicht vor Gewalt zurück– wird der Aufstieg eines kleinen Mannes erzählt, ach was, eines winzigen, spindeldürren Jungen, der irgendwo auf dem Land zur Welt kommt, als drittes Kind, chronisch krank, ja, „es muss den Anschein haben, dass stinkreich zu werden für dich unerreichbar ist. Aber hab Vertrauen. Du bist nicht so machtlos, wie du wirkst. Deine Zeit kommt noch. Jawohl, dieses Buch wird dir eine Wahl bieten.“
  Der Junge wird in die namenlose Stadt gespült, eine dieser gigantischen Umwälzpumpen, die in ganz Asien vor sich hin wuchern, außer Kontrolle geratene Zukunftslaboratorien inmitten prämoderner Bauernlandschaften. Er findet erste Jobs, kann studieren und wird dann aus reiner Not Kleinunternehmer: Er kocht Leitungswasser ab, füllt es in Flaschen und verkauft das Ganze als Mineralwasser. Er gründet eine Familie, besticht und betrügt, um expandieren zu können, muss Gewalt anwenden, um nicht selbst umgebracht zu werden und ist so ein prototypischer Getriebener der Globalisierung, der bei seiner frenetischen Jagd nach etwas Lebensglanz nicht bemerkt, wie rasend schnell hinter dem Rücken seiner Aufmerksamkeit eben dieses Leben verrinnt.
  Sein Ratgeber-Setting nutzt Hamid dazu, immer in einer gewissen kommentierenden Distanz zu seinem Helden zu bleiben, ohne dabei je zynisch zu werden. Im Gegenteil, man vergisst aufgrund von Hamids enormer Erzählkraft ganz schnell, dass dieses Du gar keinen Namen hat und anfangs ja nur wie eine fleischgewordene Zutat in einer literarischen Versuchsanordnung wirkte. Und er gewährt seinem Du im vierten Kapitel genau das, was die Überschrift gerade kategorisch verbietet: „Verlieb Dich nicht!“ Sein junger Held lernt „das hübsche Mädchen“ kennen, eine Schicksalsgenossin aus einfachsten Verhältnissen, die sich emporarbeitet zur Schauspielerin und Ladenbesitzerin.
  Die beiden können aus verständlichen Gründen kein lebenslanges Glück miteinander genießen – „Die Liebe erstickt das Feuer unterm Dampfkessel des Ehrgeizes und beraubt damit eine ohnehin schon befrachtete Fahrt stromaufwärts ins Herz des finanziellen Erfolgs ihres wesentlichen Antriebs“ –, aber ihr Autor gönnt ihnen doch, dass sie sich immer wieder über den Weg laufen und einander heimlich ein Leben lang treu bleiben.
  Ratgeber enden mit dem Erfolg, wie der Hollywoodfilm mit dem Happy End. Das Leben aber geht nach dem Happy End einfach weiter. Und so steigt Hamids Held im zweiten Teil wieder ab, verliert alles, wird alt und krank, aber hat zuletzt das Wichtigste doch behalten, seinen Mut, seine Würde und die Liebe zu seinem „hübschen Mädchen“, die auch als Greisin noch „das hübsche Mädchen“ heißt, so als sei all die Jahre über gar keine Zeit vergangen.
  Das ist ein weiterer erzählerischer Kniff Hamids, so diskret, das man ihn anfangs gar nicht bemerkt: Das Buch spielt, obwohl es doch 80 Jahre umfasst, permanent in der Jetztzeit, schließlich verdient sich unser ratloser Ratgeberheld schon sein allererstes Geld durch den Verkauf von raubkopierten Filmen. Auch auf dieser Ebene also wird das Ratgebergenre dekonstruiert: In Selbsthilfebüchern wird das Leben wie ein Boulevard beschrieben, ein glitzerndes Band, das sich gleichmäßig in eine freundliche Zukunft schlängelt. Hier aber wird das Leben hinterrücks zum so vergeblichen wie rasenden Stillstand, „aber das ist jetzt nicht mehr wichtig. Sie ist da. Und sie nimmt deine Hand. Und du machst Dich zum Sterben bereit, wissend, dass das alles eine Illusion ist, ein letztes Aroma, erzeugt von dem chemischen Eintopf, der dein Gehirn ist, das bald seine Funktion einstellen wird, und dann ist nichts mehr da.“
Das Buch umfasst 80 Jahre, spielt
aber permanent in der Jetztzeit
  
  
  
Mohsin Hamid: So wirst du stinkreich im boomenden Asien. Aus dem Englischen von Eike Schönfeld. Dumont Verlag, Köln 2013. 224 Seiten, 18,99 Euro.
Ein indischer Künstler legt letzte Hand an einen der Elefantenköpfe der Gottheit Ganesha – in Mohsin Hamids neuem Buch gerät alles in den Sog der Globalisierung, auch die Mythologie und die Folklore Asiens.
FOTO: AFP
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