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Verführerisch bunt, magisch und spannend
Juan Diego und seine für alle anderen unverständlich sprechende Schwester Lupe sind Müllkippenkinder in Mexiko. Ihre einzige Überlebenschance: der Glaube an die eigenen Wunderkräfte. Denn Juan Diego kann fliegen und Geschichten erfinden, Lupe sogar die Zukunft voraussagen, insbesondere die ihres Bruders. Um ihn zu retten, riskiert sie alles. Verführerisch bunt, magisch und spannend erzählt: zwei junge Migranten auf der Suche nach einer Heimat in der Fremde und in der Literatur.
Johannes Stecks Lesung lässt die Magie der Geschichte und die Tragik der Figuren lebendig werden.
(2 mp3-CDs, Laufzeit: 21h 15)
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Produktbeschreibung
Verführerisch bunt, magisch und spannend

Juan Diego und seine für alle anderen unverständlich sprechende Schwester Lupe sind Müllkippenkinder in Mexiko. Ihre einzige Überlebenschance: der Glaube an die eigenen Wunderkräfte. Denn Juan Diego kann fliegen und Geschichten erfinden, Lupe sogar die Zukunft voraussagen, insbesondere die ihres Bruders. Um ihn zu retten, riskiert sie alles. Verführerisch bunt, magisch und spannend erzählt: zwei junge Migranten auf der Suche nach einer Heimat in der Fremde und in der Literatur.

Johannes Stecks Lesung lässt die Magie der Geschichte und die Tragik der Figuren lebendig werden.

(2 mp3-CDs, Laufzeit: 21h 15)
Autorenporträt
John Irving, 1942 in Exeter, New Hampshire, geboren, lebt im südlichen Vermont. Seine bisher zwölf Romane wurden alle Weltbestseller und in 35 Sprachen übersetzt, vier davon wurden verfilmt. 1992 wurde Irving in die National Wrestling Hall of Fame in Stillwater, Oklahoma, aufgenommen, 2000 erhielt er einen Oscar für die beste Drehbuchadaption für seinen von Lasse Hallström verfilmten Roman Gottes Werk und Teufels Beitrag. 2013 erhält er die weltweit wichtigsten Auszeichnungen für seine Darstellung von sexueller Toleranz und Gleichbehandlung in seinem literarischen Werk.

Johannes Steck ist als Schauspieler einem großen Fernsehpublikum bekannt. Seit einigen Jahren widmet er sich verstärkt seiner Leidenschaft, dem Hörbuch. Für Random House Audio hat er bereits John Irvings preisgekrönten Roman Gottes Werk und Teufels Beitrag eingelesen.
Trackliste
MP3 CD 1
1Straße der Wunder
MP3 CD 2
1Straße der Wunder
MP3 CD 3
1Straße der Wunder
Rezensionen
Heilige Jungfrau mit zornigem Blick
Erzählen im Angesicht des Todes: John Irvings "Straße der Wunder" ist ein Roman, über den man sich zunächst ärgert und später doch Abbitte leistet

Die dunkle Seite der Jungfrau Maria offenbart sich den Kindern Lupe und Juan Diego, als ihre Mutter die überlebensgroße Madonnenstatue in der Jesuitenkirche von Oaxaca reinigen will. Dazu steigt Esperanza auf eine Leiter, streckt den Arm mit dem Staubwedel aus, verliert den Halt und stirbt - nicht an dem Sturz, wie der Arzt Vargas später bei der Obduktion feststellt, sondern weil ihr Herz vor lauter Todesangst aufgehört hat zu schlagen. Den Grund für diese Panik haben auch die Kinder beobachtet: Als die freizügig gekleidete Prostituierte Esperanza der Jungfrau ihr üppiges Dekolleté ins Gesichtsfeld hielt, funkelten die Augen der Statue urplötzlich zornig auf.

Ein tödliches Marienwunder? Tatsächlich schildert John Irving in seinem neuen Roman, der 2015 im amerikanischen Original und dieser Tage auf Deutsch erschienen ist, eine Gesellschaft, in der die Sehnsucht nach Wundern ebenso verbreitet ist wie die Enttäuschung darüber, wenn sie ausbleiben, in der Geisterseherei und radikaler Skeptizismus kein Widerspruch sind - so mag etwa der Arzt Vargas nichts von irgendwelchen religiösen Wundern hören und nimmt zugleich mit größter Gelassenheit hin, dass im Haus seiner verstorbenen Eltern regelmäßig unsichtbare Hände die dort ausgestellten Waffen der Konquistadoren zum Scheppern bringen, weiß er doch von dem hellseherisch begabten Mädchen Lupe, dass es ihm die Toten nicht nachtragen, dass er damals als Einziger das Flugzeug verpasst hatte, in dem der Rest seiner Familie verunglückte.

"Straße der Wunder", heißt Irvings Roman, der Titel weist auf die Calzada de los Misterios in Mexico City, in der eine Episode des Romans angesiedelt ist. Die Passage ist Teil jenes Handlungsstrangs, der rund ums Jahr 1970 und zumeist in der zentralmexikanischen Stadt Oaxaca spielt. Juan Diego ist vierzehn, Lupe dreizehn Jahre alt. Die Kinder leben auf dem Gelände der großen Müllkippe, wo ständig Feuer schwelen, um Abfall oder auch mal die toten Hunde der Deponie zu verbrennen - oder aussortierte Bücher aus dem Bestand der Jesuiten. Juan Diego zieht sie aus den Flammen und bringt sich mit ihnen Lesen bei, der Jesuitenpater Pepe wird auf ihn aufmerksam und fördert ihn, und als der Junge wenig später ganz allein dasteht, nimmt ihn der wundersüchtige ehemalige Priester Edward, der sich in die Transvestitin Flor verliebt hat, mit zurück nach Amerika, wo er und Flor ihm Eltern sind und Juan Diego Schriftsteller wird.

Das ist der eine Strang des Romans, die Erinnerung, in die der erwachsene Juan Diego fortwährend zurückkehrt. Der andere schildert eine Reise, die der Erfolgsschriftsteller zur Jahreswende 2010 auf 2011 unternimmt. Die Stränge sind kunstvoll miteinander verwoben, die Übergänge sind fließend, denn der Vierundfünzigjährige ist herzkrank und nimmt Medikamente, die ihn immer wieder wegdämmern lassen, so dass sich lebhafte Träume aus jener längst vergangenen Zeit einstellen. Oder eine zufällige Begegnung auf der Reise von New York über Hongkong und mehrere philippinische Inseln ruft eine übermächtige Erinnerung in ihm wach, die dann seine komplette Aufmerksamkeit beansprucht. Juan Diego jedenfalls kommt der Welt abhanden, Todesahnungen stellen sich in Gestalt zweier Reisegefährtinnen von unklarem Realitätsgehalt ein, die zunehmend die Kontrolle über ihn übernehmen, und er lässt es sich so gern gefallen, dass das Ende des Romans keine große Überraschung ist.

Soll es auch gar nicht sein, auf Überraschung legt es John Irving in diesem knapp 800 Seiten langen Roman nicht an. "Straße der Wunder" ist eines jener Bücher, über die man sich zunächst aus guten Gründen ärgern kann und denen man später aus besseren Gründen Abbitte leistet. Seine Erzählweise steht ganz und gar im Dienst der Perspektive eines Mannes, der seine Erinnerungen zögerlich umkreist, sich wiederholt, dies aber immer leicht variierend, die Worte wägend, die Zusammenhänge zwischen den Dingen erprobend und wieder verwerfend. Es ist, je länger, je großartiger, eine Studie darüber, wie einer, der sterben wird und das ahnt, hartnäckig versucht, der anstürmenden Bilder Herr zu werden und einen Sinn zu erkennen, der um sein Leben erzählt und sich letztlich fügt, während die Grenze zwischen Leben und Tod durchlässig wird. Am Schluss ist Juan Diego von den Gespenstern junger Soldaten umgeben, denen auch das Jenseits, wie es scheint, spirituell nicht viel weiter geholfen hat.

Auch deshalb spielt die religiöse Frage in diesem Roman eine derart große Rolle. Das geht bis in die Namen der Protagonisten hinein - am auffälligsten im Fall von Juan Diego selbst, der den Namen eines Indios trägt, dem im sechzehnten Jahrhundert eine dunkelhäutige Madonna erschien, die als "Unsere Liebe Frau von Guadelupe" heute als Patronin Lateinamerikas verehrt wird. So wie der historische im Jahr 2002 heilig gesprochene Juan Diego als Verkünder und Mittler für die von ihm geschaute Jungfrau diente, so ist sein Namensvetter in Irvings Roman der Einzige, der seine Schwester Lupe, die offenbar den verkürzten Namen dieser Madonna trägt, versteht. Alle anderen hören nur unverständliche Laute und sind dann jedes Mal überrascht, dass Lupe ihnen buchstäblich ins Herz sieht, was oft in ausgesprochen komische Szenen mündet.

Vor allem aber stattet der Erfolgsautor Irving den Erfolgsautor Juan Diego mit Fragmenten seiner eigenen Biographie aus. Der Mexikaner, der als Teenager nach Iowa kommt, schreibt später einen Roman, der Irvings "Zirkuskind" zum Verwechseln ähnelt, nur dass er hier den vieldeutigen Titel "Eine von der Jungfrau Maria in Gang gesetzte Geschichte" trägt und vielleicht auf den von der Madonna herbeigeführten Tod seiner Mutter Esperanza verweist, schließlich fing damit eine Entwicklung an, die ihn bis nach Iowa bringen und zum Schriftsteller machen sollte. Trotzdem sind die funkelnden Augen der Jungfrau, aus denen später noch Tränen fließen, nicht die Art Wunder, auf das alle warten. Es bleibt der hellsichtigen Lupe vorbehalten, den eigentlichen Anspruch zu formulieren, den Juan Diego und all die anderen an sich legen sollten und mit dem der Schriftsteller bis zum Ende ringt: "Wir selbst sind die Wundersamen", sagt das Mädchen, das trotz seiner derben Sprache vielleicht aller Transzendenz am nächsten ist. Und es ist die traurige Pointe dieses Romans, dass Juan Diego für sich und seine Überzeugungen, für das, was in ihm wundersam genannt werden kann, erst viel zu spät einsteht - die Liebe seines Lebens gesteht ihm, beschwipst und in Gegenwart ihres Gatten, dass sie ihn andernfalls einst vom Fleck weg geheiratet hätte.

Aber was ist das dann, fragt Juan Diego einmal den Arzt Vargas, dieses Unfassbare in manchen Biographien, von dem sie beide viel erzählen könnten: Zufall oder Schicksal? "Vielleicht irgendwas dazwischen", antwortet der Rationalist. Aus seinem Skeptikermund ist das fast schon die Anerkennung eines Wunders.

TILMAN SPRECKELSEN

John Irving: "Straße der Wunder". Roman.

Aus dem Englischen von Hans M. Herzog. Diogenes Verlag, Zürich 2016. 784 S., geb., 26,- [Euro].

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»Ein wirklich großer Geschichtenerzähler.« Thomas David / Neue Zürcher Zeitung Neue Zürcher Zeitung