Konsumorientiert, pornographieverdorben und jederzeit bereit, das Geschenk von Oma gegen Gras oder Wodka-Energy einzutauschen? Bisher kennen wir den Pubertätsalltag hauptsächlich aus der Sicht von verunsicherten Eltern, überlasteten Lehrern oder gar Familientherapeuten. Jetzt gewährt erstmals ein 15-Jähriger Einblick in das, was ihm und seiner Generation wichtig ist. Er erzählt von Computerspielen, Unterhosenmoden, Mädchenkleidung, Schüleraustausch, Verliebtsein in Zeiten des Internets und Knutschen im Kinderzimmer. Und von Eltern, die ständig nur das Beste wollen, aber damit genau das Gegenteil erreichen.
CD 1 | |||
1 | Teenie Leaks - Teil 1 | ||
2 | Teenie Leaks - Teil 2 | ||
3 | Teenie Leaks - Teil 3 | ||
4 | Teenie Leaks - Teil 4 | ||
5 | Teenie Leaks - Teil 5 | ||
6 | Teenie Leaks - Teil 6 | ||
7 | Teenie Leaks - Teil 7 | ||
8 | Teenie Leaks - Teil 8 | ||
9 | Teenie Leaks - Teil 9 | ||
10 | Teenie Leaks - Teil 10 | ||
11 | Teenie Leaks - Teil 11 | ||
12 | Teenie Leaks - Teil 12 | ||
13 | Teenie Leaks - Teil 13 | ||
14 | Teenie Leaks - Teil 14 | ||
15 | Teenie Leaks - Teil 15 | ||
16 | Teenie Leaks - Teil 16 | ||
17 | Teenie Leaks - Teil 17 | ||
CD 2 | |||
1 | Teenie Leaks - Teil 18 | ||
2 | Teenie Leaks - Teil 19 | ||
3 | Teenie Leaks - Teil 20 | ||
4 | Teenie Leaks - Teil 21 | ||
5 | Teenie Leaks - Teil 22 | ||
6 | Teenie Leaks - Teil 23 | ||
7 | Teenie Leaks - Teil 24 | ||
8 | Teenie Leaks - Teil 25 | ||
9 | Teenie Leaks - Teil 26 | ||
10 | Teenie Leaks - Teil 27 | ||
11 | Teenie Leaks - Teil 28 | ||
12 | Teenie Leaks - Teil 29 | ||
13 | Teenie Leaks - Teil 30 | ||
14 | Teenie Leaks - Teil 31 | ||
15 | Teenie Leaks - Teil 32 | ||
16 | Teenie Leaks - Teil 33 | ||
17 | Teenie Leaks - Teil 34 | ||
18 | Teenie Leaks - Teil 35 | ||
19 | Teenie Leaks - Teil 36 | ||
20 | Teenie Leaks - Teil 37 | ||
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21 | Teenie Leaks - Teil 38 | ||
CD 3 | |||
1 | Teenie Leaks - Teil 39 | ||
2 | Teenie Leaks - Teil 40 | ||
3 | Teenie Leaks - Teil 41 | ||
4 | Teenie Leaks - Teil 42 | ||
5 | Teenie Leaks - Teil 43 | ||
6 | Teenie Leaks - Teil 44 | ||
7 | Teenie Leaks - Teil 45 | ||
8 | Teenie Leaks - Teil 46 | ||
9 | Teenie Leaks - Teil 47 | ||
10 | Teenie Leaks - Teil 48 | ||
11 | Teenie Leaks - Teil 49 | ||
12 | Teenie Leaks - Teil 50 | ||
13 | Teenie Leaks - Teil 51 | ||
14 | Teenie Leaks - Teil 52 | ||
15 | Teenie Leaks - Teil 53 | ||
16 | Teenie Leaks - Teil 54 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.01.2015Was will die Gangster-Antischul-Gruppe?
Über Pornos könnte man doch mal im Ethikunterricht diskutieren: Paul Bühre ist fünfzehn Jahre alt, besucht ein Berliner Gymnasium und hat ein Buch über jugendlichen Alltag geschrieben.
Jugendliche, die sich von ihren Eltern missverstanden fühlen, was wohl auf die meisten zutrifft, grenzen sich ab. Sie rebellieren, ignorieren Anweisungen, sind frech, schweigsam, faul. Manche betrinken sich auch regelmäßig und bringen schulterzuckend miserable Noten nach Hause. Paul Bühre, fünfzehn Jahre alt, hat lieber einen anderen Weg gewählt: Er hat ein Buch geschrieben. Es heißt "Teenie Leaks. Was wir wirklich denken (wenn wir nichts sagen)". Was also denken Jugendliche über ihr Smartphone, über soziale Netzwerke, Liebe, Pornographie, über Schule, Pubertät und Killerspiele? Wovon träumen sie? Wovor haben sie Angst?
Um es gleich vorneweg zu sagen: Dieses Buch ist in erster Linie ein Buch über Paul Bühre. Da Bühre, der in Berlin lebt, Teenager ist, verrät es freilich auch etwas über die Lebenswirklichkeit heutiger Jugendlicher zumindest der Mittelschicht.
Wir erfahren, dass Paul Bühre in die 10. Klasse geht und in die Kategorie cooler Typ fällt, weil er - übrigens zu seiner eigenen Überraschung - Mitglied der sogenannten Gruppe A ist. Das ist die "oberhammer-geilste-krasseste Gangster-Antischul-Gruppe, in die alle reinwollen". Spätpubertierende, Weicheier und Nerds bevölkern die Gruppe B und sämtliche Mädchen die Gruppe X47MKKD89SY, deren komplizierter Name die Kompliziertheit ihrer Mitglieder widerspiegelt. Bühre erzählt uns, dass sich Mädchen gerne die Haare kämmen, schminken und für Zac Efron schwärmen, während Jungs Computerspiele mögen. Darauf wäre man auch selbst gekommen. Natürlich darf es auch mal ein Killerspiel sein, und es bereitet durchaus Spaß, Oger, Kobolde oder Aliens abzuknallen, was, da hat Bühre ja recht, niemanden zum Amokläufer macht.
Er selbst hat eine Weile gern "Farmville" gespielt und sich bei Facebook um einen virtuellen Bauernhof gekümmert. Interessant wird seine Auseinandersetzung mit der virtuellen Welt, als er die Einsamkeitsthematik ins Visier nimmt. Computerspiele produzieren in den Köpfen besorgter Eltern Bilder nerdiger Jungs, die bei runtergelassenen Rollos und in messiehafter Umgebung auf den Bildschirm starren. Das ist Unsinn. Computerspiele sind nicht von vornherein Einsamkeitsverstärker. Im Gegenteil. Bühre schreibt: "Spiele können sozial sein. Sozialer als Bücher lesen auf jeden Fall. Beinahe alle Computerspiele verfügen über einen Multiplayer-Modus, in dem man mit Freunden in einen Raum oder übers Internet spielen kann. Spielen gehört in unserer Generation einfach dazu." Spiele sind außerdem ein beliebter Gegenstand von Pausenhofgesprächen zwischen Jungs. In diesem Sinne verbinden sie Jugendliche, anstatt sie zu trennen. Die reflexhafte Verteufelung von Computerspielen nach Amokläufen führt jedenfalls in die Irre und verstärkt Elternängste.
Kommen wir zum Kapitel Liebe, Sex und Pornographie. Auch hier räumt Bühre mit Vorurteilen auf. Generation Porno? Blödsinn! Natürlich hat auch er schon Pornos gesehen, was schlicht normal ist. "Ab der Siebten und spätestens bis zur Neunten haben alle Jungs einen Porno gesehen!" Die Auswahl im Netz ist schließlich gigantisch - "von den Milfs (Mothers I'd like to fuck) bis zu den BBWs (Big Black Women)" - wer könnte da freiwillig die Augen verschließen? Daraus zu folgern, die Jugend sei verdorben und betrachte Körper als reines Befriedigungsmaterial, wäre trotzdem falsch. "Zu der Problemfrage, wie sehr einen Pornos jetzt versauen, würde ich gerne mal eine Diskussion in Ethik führen. Das mag sich zwar lebensmüde anhören, aber man hätte als Junge wenigstens mal die Chance, sich zu rechtfertigen." Keine schlechte Idee. Es sei, so Bühre, noch genügend Platz für Händchenhalten und Nebeneinander- und nicht Aufeinanderliegen. Bühre zumindest scheint eine romantische Ader zu besitzen, wovon der schöne Satz zeugt: "Ich wäre schon glücklich, wenn ich mit meinem Traummädchen bloß Tee trinken, reden und lachen könnte oder einfach nur existieren."
Zweifellos: Paul Bühre hat ein unterhaltsames Buch geschrieben. Nur bedeutet ihn kennenzulernen nicht, dass man gleichzeitig auch die heutige Jugend wirklich kennenlernt. Ein brisantes Thema wie Mobbing, insbesondere Cybermobbing zum Beispiel, handelt der Fünfzehnjährige in wenigen banalen Sätzen ab. Sein Ratschlag: Das Beste sei, "Leuten, die sich über andere erheben müssen, aus dem Weg zu gehen und so wenig wie möglich auf sie zu reagieren". Wäre es nur so simpel! Eine total vernetzte Welt bietet enorme Angriffsflächen. Mobbingpausen existieren bei einem auf Hochtouren laufenden Internet nicht. Tätern physisch aus dem Weg zu gehen hilft leider wenig.
Streckenweise haben Bühres lockere Erzählungen etwas von einem Bewerbungsschreiben. Hier präsentiert sich ein vernünftiger, sympathischer Junge, der Alkohol nur in Maßen konsumiert, kein "Konsumsuchti" ist, dem Freunde und Familie sehr wichtig sind und der Facebook Instagram vorzieht. Die Illustrationen des Buchs stammen aus seiner Feder, später möchte er Comiczeichner werden. Paul Bühre ist ein Bilderbuchjugendlicher ohne Rebellionspotential. Sorgen muss man sich um ihn keine machen.
MELANIE MÜHL
Paul David Bühre: "Teenie-Leaks". Wir können nichts dafür, dass ihr uns nicht versteht.
Ullstein Verlag, Berlin 2015. 192 S., geb., 16,99 [Euro]
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Über Pornos könnte man doch mal im Ethikunterricht diskutieren: Paul Bühre ist fünfzehn Jahre alt, besucht ein Berliner Gymnasium und hat ein Buch über jugendlichen Alltag geschrieben.
Jugendliche, die sich von ihren Eltern missverstanden fühlen, was wohl auf die meisten zutrifft, grenzen sich ab. Sie rebellieren, ignorieren Anweisungen, sind frech, schweigsam, faul. Manche betrinken sich auch regelmäßig und bringen schulterzuckend miserable Noten nach Hause. Paul Bühre, fünfzehn Jahre alt, hat lieber einen anderen Weg gewählt: Er hat ein Buch geschrieben. Es heißt "Teenie Leaks. Was wir wirklich denken (wenn wir nichts sagen)". Was also denken Jugendliche über ihr Smartphone, über soziale Netzwerke, Liebe, Pornographie, über Schule, Pubertät und Killerspiele? Wovon träumen sie? Wovor haben sie Angst?
Um es gleich vorneweg zu sagen: Dieses Buch ist in erster Linie ein Buch über Paul Bühre. Da Bühre, der in Berlin lebt, Teenager ist, verrät es freilich auch etwas über die Lebenswirklichkeit heutiger Jugendlicher zumindest der Mittelschicht.
Wir erfahren, dass Paul Bühre in die 10. Klasse geht und in die Kategorie cooler Typ fällt, weil er - übrigens zu seiner eigenen Überraschung - Mitglied der sogenannten Gruppe A ist. Das ist die "oberhammer-geilste-krasseste Gangster-Antischul-Gruppe, in die alle reinwollen". Spätpubertierende, Weicheier und Nerds bevölkern die Gruppe B und sämtliche Mädchen die Gruppe X47MKKD89SY, deren komplizierter Name die Kompliziertheit ihrer Mitglieder widerspiegelt. Bühre erzählt uns, dass sich Mädchen gerne die Haare kämmen, schminken und für Zac Efron schwärmen, während Jungs Computerspiele mögen. Darauf wäre man auch selbst gekommen. Natürlich darf es auch mal ein Killerspiel sein, und es bereitet durchaus Spaß, Oger, Kobolde oder Aliens abzuknallen, was, da hat Bühre ja recht, niemanden zum Amokläufer macht.
Er selbst hat eine Weile gern "Farmville" gespielt und sich bei Facebook um einen virtuellen Bauernhof gekümmert. Interessant wird seine Auseinandersetzung mit der virtuellen Welt, als er die Einsamkeitsthematik ins Visier nimmt. Computerspiele produzieren in den Köpfen besorgter Eltern Bilder nerdiger Jungs, die bei runtergelassenen Rollos und in messiehafter Umgebung auf den Bildschirm starren. Das ist Unsinn. Computerspiele sind nicht von vornherein Einsamkeitsverstärker. Im Gegenteil. Bühre schreibt: "Spiele können sozial sein. Sozialer als Bücher lesen auf jeden Fall. Beinahe alle Computerspiele verfügen über einen Multiplayer-Modus, in dem man mit Freunden in einen Raum oder übers Internet spielen kann. Spielen gehört in unserer Generation einfach dazu." Spiele sind außerdem ein beliebter Gegenstand von Pausenhofgesprächen zwischen Jungs. In diesem Sinne verbinden sie Jugendliche, anstatt sie zu trennen. Die reflexhafte Verteufelung von Computerspielen nach Amokläufen führt jedenfalls in die Irre und verstärkt Elternängste.
Kommen wir zum Kapitel Liebe, Sex und Pornographie. Auch hier räumt Bühre mit Vorurteilen auf. Generation Porno? Blödsinn! Natürlich hat auch er schon Pornos gesehen, was schlicht normal ist. "Ab der Siebten und spätestens bis zur Neunten haben alle Jungs einen Porno gesehen!" Die Auswahl im Netz ist schließlich gigantisch - "von den Milfs (Mothers I'd like to fuck) bis zu den BBWs (Big Black Women)" - wer könnte da freiwillig die Augen verschließen? Daraus zu folgern, die Jugend sei verdorben und betrachte Körper als reines Befriedigungsmaterial, wäre trotzdem falsch. "Zu der Problemfrage, wie sehr einen Pornos jetzt versauen, würde ich gerne mal eine Diskussion in Ethik führen. Das mag sich zwar lebensmüde anhören, aber man hätte als Junge wenigstens mal die Chance, sich zu rechtfertigen." Keine schlechte Idee. Es sei, so Bühre, noch genügend Platz für Händchenhalten und Nebeneinander- und nicht Aufeinanderliegen. Bühre zumindest scheint eine romantische Ader zu besitzen, wovon der schöne Satz zeugt: "Ich wäre schon glücklich, wenn ich mit meinem Traummädchen bloß Tee trinken, reden und lachen könnte oder einfach nur existieren."
Zweifellos: Paul Bühre hat ein unterhaltsames Buch geschrieben. Nur bedeutet ihn kennenzulernen nicht, dass man gleichzeitig auch die heutige Jugend wirklich kennenlernt. Ein brisantes Thema wie Mobbing, insbesondere Cybermobbing zum Beispiel, handelt der Fünfzehnjährige in wenigen banalen Sätzen ab. Sein Ratschlag: Das Beste sei, "Leuten, die sich über andere erheben müssen, aus dem Weg zu gehen und so wenig wie möglich auf sie zu reagieren". Wäre es nur so simpel! Eine total vernetzte Welt bietet enorme Angriffsflächen. Mobbingpausen existieren bei einem auf Hochtouren laufenden Internet nicht. Tätern physisch aus dem Weg zu gehen hilft leider wenig.
Streckenweise haben Bühres lockere Erzählungen etwas von einem Bewerbungsschreiben. Hier präsentiert sich ein vernünftiger, sympathischer Junge, der Alkohol nur in Maßen konsumiert, kein "Konsumsuchti" ist, dem Freunde und Familie sehr wichtig sind und der Facebook Instagram vorzieht. Die Illustrationen des Buchs stammen aus seiner Feder, später möchte er Comiczeichner werden. Paul Bühre ist ein Bilderbuchjugendlicher ohne Rebellionspotential. Sorgen muss man sich um ihn keine machen.
MELANIE MÜHL
Paul David Bühre: "Teenie-Leaks". Wir können nichts dafür, dass ihr uns nicht versteht.
Ullstein Verlag, Berlin 2015. 192 S., geb., 16,99 [Euro]
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main