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Lars Tobiasson-Wvartman ist Marineoffizier und Seevermessungsingenieur, ein Mann der Abstandmessung und des Abstandhaltens. Es ist die Zeit des Ersten Weltkriegs und er hat den militärischen Auftrag, in den Stockholmer Schären neue Fahrwasser auszuloten. Eines Tages trifft er auf einer der äußersten Schären eine einsam lebende Frau, Sara Fredrika. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Doch bald geht sein Auftrag zu Ende, und zu Hause erwarten ihn seine Frau und ein geordnetes Heim. Um zu Sara Fredrika zurückkehren zu können, ersinnt er einen dreisten Betrug. Als er feststellt, dass seine Geliebte…mehr

Produktbeschreibung
Lars Tobiasson-Wvartman ist Marineoffizier und Seevermessungsingenieur, ein Mann der Abstandmessung und des Abstandhaltens. Es ist die Zeit des Ersten Weltkriegs und er hat den militärischen Auftrag, in den Stockholmer Schären neue Fahrwasser auszuloten. Eines Tages trifft er auf einer der äußersten Schären eine einsam lebende Frau, Sara Fredrika. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Doch bald geht sein Auftrag zu Ende, und zu Hause erwarten ihn seine Frau und ein geordnetes Heim. Um zu Sara Fredrika zurückkehren zu können, ersinnt er einen dreisten Betrug. Als er feststellt, dass seine Geliebte nicht mehr allein ist - ein deutscher Deserteur hat bei ihr Unterschlupf gefunden -, erfasst ihn rasende Eifersucht ...
Autorenporträt
Henning Mankell, 1948 als Sohn eines Richters in Stockholm geboren, wuchs in Härjedalen auf. Als 17-jähriger begann er am renommierten Riks-Theater in Stockholm das Regiehandwerk zu lernen. 1972 unternahm er seine erste Afrikareise. Sieben Jahre später erschien sein erster Roman "Das Gefangenenlager, das verschwand". In den kommenden Jahren arbeitete er als Autor, Regisseur und Intendant an verschiedenen schwedischen Theatern. 1985 wurde Henning Mankell eingeladen, beim Aufbau eines Theaters in Maputo, Mosambik, zu helfen. Er begann zwischen den Kontinenten zu pendeln und entschied sich schließlich, überwiegend in Afrika zu leben. Dort ist auch der größte Teil der Wallander-Serie entstanden. Außerdem schrieb Henning Mankell Jugendbücher, von denen mehrere auch in Deutschland ausgezeichnet wurden. 2009 erhielt er den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis. Henning Mankell verstarb im Oktober 2015.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.04.2005

Treibgut der Phantasie
Schattenwelten: Ein neuer Roman von Henning Mankell

An einem grauen Oktobertag im Jahre 1914 betritt der Kartograph und Marineoffizier Lars Tobiasson-Svartman im Hafen von Stockholm das Panzerschiff "Svea". Seit mehr als zwei Monaten herrscht Krieg in Europa, und obwohl Schweden sich für neutral erklärt hat, ist die königliche Flotte in Alarmbereitschaft versetzt worden. Doch Lars Tobiasson-Svartman, der die Gewässer in den Schären vor Stockholm erkunden soll, versucht, den Lärm der immer näher rückenden Schlachten zu überhören: "Die Meerestiefen zu kartieren erforderte eine große Ruhe, eine fast meditative Stille."

"Tiefe", das ist der schlichte Titel des "neuen Mankells", und man könnte meinen, daß der schwedische Schriftsteller sich in unbekanntes Fahrwasser begeben habe. Henning Mankell hat keinen weiteren Krimi mit seiner Erfolgsfigur Kurt Wallander geschrieben, und er hat auch nicht die Reihe der Romane fortgesetzt, die, wie zuletzt "Das Auge des Leoparden", in seiner zweiten Heimat Afrika spielen. Statt dessen erzählt er nun vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs die einfache und zugleich tragische Geschichte eines Mannes, der es leid ist, immer nur "Karten für andere zu zeichnen": Lars Tobiasson-Svartman sucht mehr als nur einen neuen Weg entlang der Küste. Er hofft, "einen Punkt zu finden, an dem es keinen Boden gab, den Punkt, an dem sein ganzes Leben sich auflösen und verändern, zugleich aber auch einen Sinn erhalten würde".

Schon bald kommt er diesem Punkt bedrohlich nahe. Während der Kartograph den Meeresboden beim Leuchtturm von Sandsänkan vermißt, stößt er auf die entlegene Schäre Halsskär, auf der eine Frau allein in einer kleinen Hütte lebt. "Ich heiße Sara Fredrika", sagte sie, und von diesem Tag an rudert Lars Tobiasson-Svartman im Schutz des Nebels jeden Morgen von seinem Schiff zu der Felsinsel. Er hat sich verliebt, und nach seiner Rückkehr nach Stockholm verstrickt er sich gegenüber seiner Ehefrau in ein feingesponnenes Netz von Lügen. Er gibt vor, einen weiteren "geheimen Auftrag" für sein Vaterland ausführen zu müssen, und kehrt kurz nach Weihnachten zurück nach Halsskär: "Nichts anderes bedeutete ihm etwas. Nur das hatte einen Sinn." Als er entdeckt, daß ein deutscher Deserteur bei Sara Fredrika Unterschlupf gefunden hat, schlägt die Verbissenheit, mit der er über das zugefrorene Meer gestapft ist, jedoch in Jähzorn um: eine "Schwäche", die er über Jahre hinweg unterdrückt hat. Spätestens in dem Moment, in dem er beginnt, ein Loch in die Eisdecke zu hacken, das groß genug ist, um nicht nur sein Lot, sondern auch einen Menschen aufzunehmen, ist klar, daß der Marineoffizier in seinem Innern auf eine Untiefe gestoßen ist.

Spannend ist das schon. Henning Mankell versteht sich ausgesprochen gut auf die Abgründe der menschlichen Seele, das weiß man, wenn man den einen oder anderen seiner Kriminalromane gelesen hat. In "Tiefe" läßt er nun die Konventionen seines angestammten Genres weitgehend hinter sich und formt aus der zunächst durchaus sympathisch wirkenden Figur Lars Tobiasson-Svartmans erst nach und nach einen gefährlichen und selbstzerstörerischen Zwangscharakter. So weit, wie man zu Beginn meinen könnte, hat der Erfolgsautor sich mit "Tiefe" dann allerdings doch nicht ins offene Meer der Literatur hinausgewagt. Es ist, als ob Mankell seiner eigenen Geschichte nicht vertraut und darum noch einmal alle seine stilistischen Tricks anwendet. So zieht bereits auf den ersten Seiten "feuchter Nebel" auf, "Dunst liegt über dem Meer", und auch der "kaum merkliche Nieselregen", der zu einer Art Leitmotiv der Romane Mankells geworden ist, darf nicht fehlen. Das gilt auch für die Vorahnungen beim Blick in den Himmel: "Er hatte den Verdacht, daß sich das Wetter sehr bald stark verschlechtern würde."

Das Problem ist, daß man sich in der melancholischen Nebellandschaft des schwedischen Schriftstellers inzwischen so gut auskennt, daß man trotz des stilistischen Regenzaubers selbst kleinere Ungereimtheiten schnell entdeckt. So sucht sich Lars Tobiasson-Svartman beispielsweise gleich zu Beginn des Romans unter großem erzählerischen Aufwand ein Versteck auf dem Panzerschiff "Svea", das später dann gar keine Rolle spielt. Darüber hinaus funktioniert auch Mankells beliebtes Kunststück nicht mehr, einzelnen Sätzen in Form von kurzen Absätzen zu mehr Gewicht zu verhelfen: Wenn die leicht verunglückte Sentenz vom Meer, das "wie ein Traum ist, der nie seine Haut verkauft", wie in Stein gemeißelt zwischen zwei größeren Textblöcken steht, drängt sich doch sehr der Verdacht auf, daß dieser Roman zwar tiefgründig wirken soll, es aber eigentlich gar nicht ist.

Sehr erhellend ist in dieser Hinsicht auch das bewegende "Nachwort", in dem Henning Mankell noch einmal wortgewaltig das "Grenzland zwischen der Wirklichkeit und der von mir erfundenen Geschichte" abschreitet und so erstaunliche Dinge mitzuteilen weiß wie beispielsweise, daß es einige der Menschen, die er in seinem Roman beschreibt, tatsächlich gegeben hat, andere jedoch nicht. "Trotzdem sehe ich sie vor mir", raunt er, und spätere Interpreten seines Werkes können sich folgende Weisheit des schwedischen Dichters schon einmal für den Zettelkasten notieren: "In den Schattenwelten der Geschichte und der Erinnerung, an den literarischen Stränden mischt sich das Treibgut der Phantasie mit dem der Wirklichkeit." Das ist wirklich sehr - tief.

Henning Mankell: "Tiefe". Roman. Aus dem Schwedischen übersetzt von Verena Reichel. Zsolnay Verlag, Wien 2005. 365 S., geb., 21,50 [Euro].

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