„Im Geflecht des Alltäglichen gibt es Lücken, und manchmal tun sie sich auf und man fällt durch sie hindurch ins Anderswo“…
In dem Hörbuch geht es um die heilsame Kraft des Innehaltens (Katherine May nennt das die Zeit des Winters) – man kann aber auch im Frühling, im Sommer, in der Regenzeit, in
der Trockenzeit innehalten (sage ich). Wichtig ist eben das Heilen.
Strukturiert nach Monaten…mehr„Im Geflecht des Alltäglichen gibt es Lücken, und manchmal tun sie sich auf und man fällt durch sie hindurch ins Anderswo“…
In dem Hörbuch geht es um die heilsame Kraft des Innehaltens (Katherine May nennt das die Zeit des Winters) – man kann aber auch im Frühling, im Sommer, in der Regenzeit, in der Trockenzeit innehalten (sage ich). Wichtig ist eben das Heilen.
Strukturiert nach Monaten erzählt die Autorin aus ihrem Leben, von den Umbrüchen, aber auch von allgemeinen Erlebnissen und der in diesen Monaten traditionellen Ereignissen. Dies ist jedoch die einzige Struktur, ansonsten erzählt sie viel, hat viel recherchiert und Interessantes zusammengetragen.
Inhalt: Von den misslungenen Bagels. Ihr Mann kommt aus dem Krankenhaus zurück. Sie bekommt Depressionen und hat Darmkrebs. Denn bislang hat sie nicht auf sich geachtet, eine leistungsorientierte Autorin. Jetzt versteckt sich hinter ihrer Krankheit. Sie führte ein stressvolles Leben – Bücherschreiben, Kindaufziehen. Jetzt kocht sie (statt zu bestellen) und erzählt davon, und wie sie ihr Leben, peu a peu, verändert. Veränderungen und Sterblichkeit, das Leben ist voller Wendungen: Winterliche Phasen - karge Phasen, Ausgebremst sein, mit Demütigungen, gar Scheitern, Ende einer Beziehung, Arbeit, Tod…Sie erzählt von ihrer Schwangerschaft und einem gleichzeitigen Besuch in Finnland. Vom Saunieren und Eisbaden. Von Island und der Blauen Lague. Von Rentieren, von Santa Lucia, von Stonehenge. Es ist eine Fülle von Informationen, aber tatsächlich biegt sie die Informationen immer wieder zum Thema Winter und Innehalten, Meditation und Nachdenken über das Leben...Winterliche Gebräuche, Lichtverschmutzung und das 'Früher'... ein Füllhorn von Gedanken. Es braucht Zeit zum Verdauen der vielen Informationen. Ein Hörbuch, bei dem die Pausetaste wichtig ist.
Das Hörbuch regt mich an, wieder mehr um die Ecke zu denken. Ich finde es schön, dass die Autorin so offen ihre Gefühle mitteilt und uns an ihrem Leben teilhaben lässt. Manches würde ich so nie machen, manche Sachen interessieren mich nicht. So offen wie die Autorin reden die meisten Menschen nicht, viele bauen ein Schutzschild auf und stellen sich als 'Krone der Schöpfung' dar oder was für ein Supermensch sie sind, stehen über allem, schimpfen höchsten über die Regierung – die ist an allem schuld. Innehalten? Nachdenken? Richtungsänderung?
Die Autorin aber berichtet auch von ihren Versagensängsten.Wortgewaltig bereits der Einstieg in das Hörbuch: Katherine May feiert den Vorabend ihres Vierzigsten in einer besonderen Weise, innehaltend, übrig bleiben Fotos… doch dann stellt sie fest, dass sie ihren Mann nie fotografiert hatte. Und dieser wurde krank, sterbenskrank (und sie nahm es anfänglich nicht besonders ernst). Bis sie sich dann doch für ihn im Krankenhaus einsetzte (die Frau, die nicht mal Pizza bestellen konnte).
Soweit zum Einstieg, und dann mischen sich Persönliches und allgemeine Betrachtungen, wie Tagebucheintragungen. Haselmäuse fressen sich das ganze Jahr über fett, um die Kälteperiode in einem Tiefschlaf zu überleben, Vögel fliegen weg, Bäume werfen Blätter ab. Der Winter ist eine Zeit des Rückzuges (in den wärmeren Gebieten ist es die Trockenzeit, wo alles einschläft und mit dem Regen wieder erwacht). In der Kälte gönnt man sich mehr Schlaf. Sollte man sich wirklich nehmen! Auch die Zeit zum Innehalten.
Katherine May, Überwintern, Wenn das Leben innehält, Hörbuch; gelesen von Jennipher Antoni, (übersetzt aus dem Englischen von Marieke Heimburger), Insel Verlag Berlin 2021, CD hat eine Laufzeit von 6 Stunden & 18 Minuten
Die geschulte Sprecherin, Jennipher Antoni, hat eine schön temperierte Stimme; das Titelbild zum Hörbuch ist eine Zeichnung einer kargen Landschaft, mit aufragenden kahlen Pflanzen im Vordergrund und hell ziehen Schlieren (Wolken?) im Hintergrund, es scheint Schnee zu fallen… die Farben des Bildes sind passend gewählt, weiß, blau, ocker...