Erzählt wird die Geschichte dreier Mütter (bestehend aus sechs ineinandergreifenden Ich-Erzählungen - je zwei Erzählungen der Frauen) aus dem März 1933 und eine spätere in einer Kleinstadtidylle am Bodensee: Eine Arbeiterin, die sich plötzlich im politischen Kampf wiederfindet; eine Gräfin, die mit aristokratischen Mitteln Widerstand leistet; eine Arztgattin, die verbissen an ihrem gesellschaftlichen Aufstieg arbeitet - und drei Töchter, die den Versuchungen der Nationalsozialisten erliegen. Ein brillanter Roman, der eindrücklich und auch satirisch den Alltag in der Zeitenwende beschreibt und unter die Haut geht.Hermynia Zur Mühlen (1883 - 1951) gehörte Ende der 1920er Jahre zu den Erfolgsautorinnen Deutschlands - doch 1933 ließen die Nationalsozialisten ihre Bücher in Flammen aufgehen und belegten sie mit einem Publikationsverbot. Die Aristokratin, unbeugsame Nazigegnerin und Exilantin Hermynia Zur Mühlen betrachtete bereits 1935 aus konsequent weiblicher Perspektive Arbeitermilieu, Bürgergesellschaft und Aristokratie in der Zeit von 1933 - 1935. Mit ihrer soziologischen und sozialpsychologischen, gleichwohl unterhaltsamen Erzählung versuchte sie, den antifaschistischen Widerstand quer durch das soziale und nationale Spektrum zu beeinflussen und tat dies mit einer weitsichtigen Einschätzung der damaligen Entwicklungen und Vorkommnisse. Nach wie vor - und wieder - hochaktuell!
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Wolfgang Schneider empfiehlt das Hörbuch zu Hermynia Zur Mühlens Roman von 1934. Dabei geht es laut Schneider nicht um Rechthaberei, wenn die klassenkämpferische Autorin den Riss zwischen Eltern und ihren vom Nazitum infizierten Kindern darstellt. Reizvoll scheint dem Rezensenten der Text als Dokument aus der Frühzeit des Nationalsozialismus vor allem seiner plastischen Zeitgenossenschaft wegen. Wie die Autorin die Irritation dreier Mütter darstellt, die ihre Töchter an den Führerkult zu verlieren drohen, findet Schneider in seiner satirischen Überzeichnung aufschlussreich, aber auch "historisch stimmig". In der engagierten Lesung von Julia Cortis gewinnt das menschliche Drama des politischen Konflikts laut Rezensent Kontur.
© Perlentaucher Medien GmbH
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