Ein Ermittlerteam, das die Gesetze bricht. Ein Opfer, das eine ganze Stadt in Unruhe versetzt. Und eine Sicherheitskonferenz, die ihren Namen nicht verdient. Georg M. Oswalds neuer Roman Unter Feinden - düster, soghaft und von höchster Spannung.
"Georg M. Oswald gehört in eine Reihe mit Richard Price und Håkan Nesser." Feridun Zaimoglu
"Georg M. Oswald gehört in eine Reihe mit Richard Price und Håkan Nesser." Feridun Zaimoglu
CD 1 | |||
1 | Titel 1 | ||
2 | Titel 2 | ||
3 | Titel 3 | ||
4 | Titel 4 | ||
5 | Titel 5 | ||
6 | Titel 6 | ||
7 | Titel 7 | ||
8 | Titel 8 | ||
9 | Titel 9 | ||
10 | Titel 10 | ||
11 | Titel 11 | ||
12 | Titel 12 | ||
13 | Titel 13 | ||
14 | Titel 14 | ||
15 | Titel 15 | ||
16 | Titel 16 | ||
17 | Titel 17 | ||
CD 2 | |||
1 | Titel 18 | ||
2 | Titel 19 | ||
3 | Titel 20 | ||
4 | Titel 21 | ||
5 | Titel 22 | ||
6 | Titel 23 | ||
7 | Titel 24 | ||
8 | Titel 25 | ||
9 | Titel 26 | ||
10 | Titel 27 | ||
11 | Titel 28 | ||
12 | Titel 29 | ||
13 | Titel 30 | ||
14 | Titel 31 | ||
15 | Titel 32 | ||
16 | Titel 33 | ||
CD 3 | |||
1 | Titel 34 | 00:03:11 | |
2 | Titel 35 | 00:03:59 | |
3 | Titel 36 | 00:04:35 | |
4 | Titel 37 | 00:03:17 | |
5 | Titel 38 | 00:06:59 | |
6 | Titel 39 | 00:05:42 | |
7 | Titel 40 | 00:05:31 | |
8 | Titel 41 | 00:05:06 | |
9 | Titel 42 | 00:06:39 | |
10 | Titel 43 | 00:06:13 | |
11 | Titel 44 | 00:05:25 | |
12 | Titel 45 | 00:05:12 | |
13 | Titel 46 | 00:06:18 | |
14 | Titel 47 | 00:02:30 | |
15 | Titel 48 | 00:05:03 | |
16 | Titel 49 | 00:03:30 | |
CD 4 | |||
1 | Titel 50 | ||
2 | Titel 51 | ||
3 | Titel 52 | ||
4 | Titel 53 | ||
5 | Titel 54 | ||
6 | Titel 55 | ||
7 | Titel 56 | ||
8 | Titel 57 | ||
9 | Titel 58 | ||
10 | Titel 59 | ||
11 | Titel 60 | ||
12 | Titel 61 | ||
13 | Titel 62 | ||
14 | Titel 63 | ||
15 | Titel 64 | ||
16 | Titel 65 | ||
CD 5 | |||
1 | Titel 66 | ||
2 | Titel 67 | ||
3 | Titel 68 | ||
4 | Titel 69 | ||
5 | Titel 70 | ||
6 | Titel 71 | ||
7 | Titel 72 | ||
8 | Titel 73 | ||
9 | Titel 74 | ||
10 | Titel 75 | ||
11 | Titel 76 | ||
12 | Titel 77 | ||
13 | Titel 78 | ||
14 | Titel 79 | ||
15 | Titel 80 | ||
16 | Titel 81 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.01.2012München brennt
Georg M. Oswalds Polizist lebt "Unter Feinden"
Neue Besen kehren zackig: Die Staatsanwältin heißt Didem Osmanoglu, trägt Kostüme mit gleichfarbigem seidenem Kopftuch und ist überhaupt eine ziemlich ehrgeizige Person. Der Polizeipräsident ist seit zwei Wochen im Amt, sein Anspruch auf rasche Aufklärung erheblich. Für die Polizei steht das wichtigste Ereignis des Jahres ins Haus - die Münchner Sicherheitskonferenz. Die ganze Welt sieht auf den Bayerischen Hof (der im Roman Wittelsbacher Hof heißt) und seine weltbekannten Gäste. Da passt es nicht ins Bild, dass bei einer Observierung im Westend ein Türke angefahren und ins Koma geschleudert wurde. Noch weniger gut macht es sich, dass der Täter ein Polizist war, was aber nur die "Arabs" wissen, die den Tathergang miterlebt haben.
Kessel und Diller, so heißen die beiden sehr gegensätzlichen Ermittler, die Georg M. Oswald in seinem Kriminalroman "Unter Feinden" auf die Jagd schickt. Sie jagen, und sie werden gejagt. Von den eigenen Leuten, vom schlechten Gewissen und anderen, dunkleren Abgründen. Kessel ist drogensüchtig und entzieht sich allen Versuchen, sich durch Entzug von der Sucht zu kurieren. Er war es, der den Drogendealer nach einem verpatzten Handel überfuhr. Diller vertuscht die Tat, lässt den Wagen reparieren. Für ihn steht viel auf dem Spiel. Denn Diller, der vier Semester Philosophie studierte, bevor er in den Polizeidienst trat, ist bürgerlich geworden. Seine Frau lehrt an der Universität, sein Sohn geht aufs private Gymnasium, das Reihenhaus steht in einem besseren Viertel im Münchner Süden.
Die gemeinsame Vergangenheit mit Kessel reicht bis dorthin: Denn Kessel und Diller lieben die gleiche Frau; nur dass Diller sie geheiratet hat. Maren brachte eine Stieftochter mit in die Ehe. Die liest Ernst Jünger, Carl Schmitt und Tiqqun und macht ihrem Bullenvater das Leben zur Diskussionshölle, wenn sie nicht gerade gegen die Polizei demonstriert. Denn nach Kessels Amokfahrt ist im Westend ein Aufstand ausgebrochen, der auf die Innenstadt übergreift. München leuchtet? Vom Schein der brennenden Autos, die Randalierer anzündeten. In der sonst entspannten Metropole herrscht Ausnahmezustand. Und Kessel ist untergetaucht aus Angst vor einem Racheakt der Arabs. Seine Sucht macht ihn zu einem willigen Werkzeug einer internationalen Verschwörerbande. Er wird geködert und als Attentäter angeworben. Bei der Sicherheitskonferenz soll er einen Redner, der vor den Großen der Weltpolitik sprechen soll, töten. Der Amerikaner Jeremy Kindall hat eine Vergangenheit als Söldner. Da ist eine Rechnung offen.
Diller weiß, dass seine Loyalität zu Kessel eine tickende Zeitbombe ist. "Der rechtliche Standpunkt berücksichtigte nicht, dass Diller Gründe hatte, das genaue Gegenteil von dem zu tun, was möglicherweise klug gewesen wäre. Keine Gründe vielleicht, die sich am Ende zu seinem Vorteil auswirken würden. Aber gute, da war er sich sicher." Der Rechtsanwalt Oswald nimmt sich rund um diesen Loyalitätskonflikt einen im Kern ungeheuerlichen, im Genre sehr beliebten Fall vor. Die Staatsmacht tut genau das nicht, wofür sie da ist, sie verschleiert, trickst, betrügt. Juristischen Sound bekommt man trotzdem nicht vorgesetzt, eher orientiert sich der Autor am lapidaren Stil des Hard-boiled, den er mit Orts- und Mentalitätskenntnis unterfüttert.
Dass im Westend die Hälfte der Bewohner einen Migrationshintergrund hat, ist für Münchner keine Überraschung, hilft aber das Bild der saturierten Metropole zu korrigieren. Darum ist es Oswald nämlich auch zu tun - ein anderes München-Bild zu zeigen. Das Bild einer Großstadt, die mit den gleichen Problemen wie andere Großstädte zu kämpfen hat, dies aber geräuschloser tut. Auch, weil es hier mehr Chancen zum Aufstieg gibt als anderswo. Das illustriert im Roman die Milieustudie der Familie Diller, die Oswald am besten gelungen ist. Das Gleichgewicht der bürgerlichen Schein-Tugenden ist fragil. Die Schulprobleme des Sohns führen in eine Parallelwelt, die auf andere Weise bedrohlich ist, als jene der Drogenhändler im Westend.
Oswalds Figuren stolpern durch ein Labyrinth von moralischen Fallstricken und Wertefragen. Ein wenig auf der Strecke bleibt bei deren Erörterung die Spannung, auch weil die taktischen Winkelzüge Dillers nicht auf Beschleunigung des Erzähltempos getrimmt sind. Der Weg ins Unheil nimmt so seinen Gang, wirklich dramatisch wird es spät. Das ist dann das Münchnerische an diesem Roman.
HANNES HINTERMEIER
Georg M. Oswald: "Unter Feinden". Roman
Piper Verlag, München 2012. 256 S., 18,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Georg M. Oswalds Polizist lebt "Unter Feinden"
Neue Besen kehren zackig: Die Staatsanwältin heißt Didem Osmanoglu, trägt Kostüme mit gleichfarbigem seidenem Kopftuch und ist überhaupt eine ziemlich ehrgeizige Person. Der Polizeipräsident ist seit zwei Wochen im Amt, sein Anspruch auf rasche Aufklärung erheblich. Für die Polizei steht das wichtigste Ereignis des Jahres ins Haus - die Münchner Sicherheitskonferenz. Die ganze Welt sieht auf den Bayerischen Hof (der im Roman Wittelsbacher Hof heißt) und seine weltbekannten Gäste. Da passt es nicht ins Bild, dass bei einer Observierung im Westend ein Türke angefahren und ins Koma geschleudert wurde. Noch weniger gut macht es sich, dass der Täter ein Polizist war, was aber nur die "Arabs" wissen, die den Tathergang miterlebt haben.
Kessel und Diller, so heißen die beiden sehr gegensätzlichen Ermittler, die Georg M. Oswald in seinem Kriminalroman "Unter Feinden" auf die Jagd schickt. Sie jagen, und sie werden gejagt. Von den eigenen Leuten, vom schlechten Gewissen und anderen, dunkleren Abgründen. Kessel ist drogensüchtig und entzieht sich allen Versuchen, sich durch Entzug von der Sucht zu kurieren. Er war es, der den Drogendealer nach einem verpatzten Handel überfuhr. Diller vertuscht die Tat, lässt den Wagen reparieren. Für ihn steht viel auf dem Spiel. Denn Diller, der vier Semester Philosophie studierte, bevor er in den Polizeidienst trat, ist bürgerlich geworden. Seine Frau lehrt an der Universität, sein Sohn geht aufs private Gymnasium, das Reihenhaus steht in einem besseren Viertel im Münchner Süden.
Die gemeinsame Vergangenheit mit Kessel reicht bis dorthin: Denn Kessel und Diller lieben die gleiche Frau; nur dass Diller sie geheiratet hat. Maren brachte eine Stieftochter mit in die Ehe. Die liest Ernst Jünger, Carl Schmitt und Tiqqun und macht ihrem Bullenvater das Leben zur Diskussionshölle, wenn sie nicht gerade gegen die Polizei demonstriert. Denn nach Kessels Amokfahrt ist im Westend ein Aufstand ausgebrochen, der auf die Innenstadt übergreift. München leuchtet? Vom Schein der brennenden Autos, die Randalierer anzündeten. In der sonst entspannten Metropole herrscht Ausnahmezustand. Und Kessel ist untergetaucht aus Angst vor einem Racheakt der Arabs. Seine Sucht macht ihn zu einem willigen Werkzeug einer internationalen Verschwörerbande. Er wird geködert und als Attentäter angeworben. Bei der Sicherheitskonferenz soll er einen Redner, der vor den Großen der Weltpolitik sprechen soll, töten. Der Amerikaner Jeremy Kindall hat eine Vergangenheit als Söldner. Da ist eine Rechnung offen.
Diller weiß, dass seine Loyalität zu Kessel eine tickende Zeitbombe ist. "Der rechtliche Standpunkt berücksichtigte nicht, dass Diller Gründe hatte, das genaue Gegenteil von dem zu tun, was möglicherweise klug gewesen wäre. Keine Gründe vielleicht, die sich am Ende zu seinem Vorteil auswirken würden. Aber gute, da war er sich sicher." Der Rechtsanwalt Oswald nimmt sich rund um diesen Loyalitätskonflikt einen im Kern ungeheuerlichen, im Genre sehr beliebten Fall vor. Die Staatsmacht tut genau das nicht, wofür sie da ist, sie verschleiert, trickst, betrügt. Juristischen Sound bekommt man trotzdem nicht vorgesetzt, eher orientiert sich der Autor am lapidaren Stil des Hard-boiled, den er mit Orts- und Mentalitätskenntnis unterfüttert.
Dass im Westend die Hälfte der Bewohner einen Migrationshintergrund hat, ist für Münchner keine Überraschung, hilft aber das Bild der saturierten Metropole zu korrigieren. Darum ist es Oswald nämlich auch zu tun - ein anderes München-Bild zu zeigen. Das Bild einer Großstadt, die mit den gleichen Problemen wie andere Großstädte zu kämpfen hat, dies aber geräuschloser tut. Auch, weil es hier mehr Chancen zum Aufstieg gibt als anderswo. Das illustriert im Roman die Milieustudie der Familie Diller, die Oswald am besten gelungen ist. Das Gleichgewicht der bürgerlichen Schein-Tugenden ist fragil. Die Schulprobleme des Sohns führen in eine Parallelwelt, die auf andere Weise bedrohlich ist, als jene der Drogenhändler im Westend.
Oswalds Figuren stolpern durch ein Labyrinth von moralischen Fallstricken und Wertefragen. Ein wenig auf der Strecke bleibt bei deren Erörterung die Spannung, auch weil die taktischen Winkelzüge Dillers nicht auf Beschleunigung des Erzähltempos getrimmt sind. Der Weg ins Unheil nimmt so seinen Gang, wirklich dramatisch wird es spät. Das ist dann das Münchnerische an diesem Roman.
HANNES HINTERMEIER
Georg M. Oswald: "Unter Feinden". Roman
Piper Verlag, München 2012. 256 S., 18,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Begeistert, aber auch ungläubig lauscht man den Entwicklungen der Geschichte, die von Oswald derart überraschend konstruiert ist, dass man eher glaubt, die Lottozahlen vorherzusagen zu können, als den Fortgang oder die Auflösung der Geschichte zu erraten.", literaturmarkt.info