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3 Kundenbewertungen

Brütendheißer August in Venedig. Guido Brunetti plant seinen Urlaub. Da wird beim Schlachthof in Mestre die Leiche eines Mannes in Frauenkleidern gefunden. Für die Polizei ist die Sache klar: ein Transvestit, der Krach mit seinem Freier hatte. Doch der Commissario will nicht an die Klischees glauben. Er entdeckt, daß die angeblich so verdienstvolle Lega della Moralità einiges zu verbergen hat...

Produktbeschreibung
Brütendheißer August in Venedig. Guido Brunetti plant seinen Urlaub. Da wird beim Schlachthof in Mestre die Leiche eines Mannes in Frauenkleidern gefunden. Für die Polizei ist die Sache klar: ein Transvestit, der Krach mit seinem Freier hatte. Doch der Commissario will nicht an die Klischees glauben. Er entdeckt, daß die angeblich so verdienstvolle Lega della Moralità einiges zu verbergen hat...
Autorenporträt
Donna Leon, geb. 1942, verließ mit 23 Jahren New Jersey, um in Perugia und Siena weiterzustudieren. Seit 1965 lebt sie ständig im Ausland, arbeitet als Reiseleiterin in Rom, als Werbetexterin in London, an amerikanischen Schulen in der Schweiz, im Iran, in China und Saudi-Arabien. Seit 1981 lebt und arbeitet sie in Venedig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.02.1996

Staunen ist eine Tugend
Prosecco für die Polizei: Donna Leons "Venezianische Scharade"

Donna Leons erste venezianische Leiche lag noch stilvoll in der Künstlergarderobe des Teatro La Fenice, das Frackhemd mit Zyankali-Kaffee bekleckert. Die zweite schwamm, schon etwas weniger elegant, mit dem Gesicht nach unten im Kanal und hatte eine Stichwunde zwischen den Rippen. Den dritten Fall des Commissario Brunetti läßt die amerikanische Krimiautorin, die seit über zehn Jahren in Venedig lebt, auf einem Gelände beginnen, das vom morbiden Zauber der Lagunenstadt weit entfernt scheint und doch gleich vor der Haustür liegt: Bei den Schlachthäusern des Industriemolochs Mestre, auf blut- und giftgetränktem Boden, wird in brütender Augusthitze ein Toter in Frauenkleidern gefunden, von seinen Mördern derartig zugerichtet, daß die Identifizierung Probleme bereitet. Brunetti, ebenso pflichtbewußt wie urlaubsreif, ermittelt zunächst in der Transvestiten- und Stricherszene, muß sich aber alsbald durch jenen Sumpf aus politischer Korruption, Geldgier und Doppelmoral kämpfen, der in Italien spielende Kriminalromane so reichlich mit realitätsnahem Stoff versorgt.

Offensichtlich hat Donna Leon einiges vom italienischen Autorenduo Fruttero und Lucentini gelernt, dessen Kommissar Santamaria im einschlägigen Milieu eine tadellose, nicht zu ernste Figur machte. Andererseits verkörpert Guido Brunetti, dem von seiner wachsenden Gemeinde bereits der Rang eines Maigret zugesprochen wird, einen neuen, eigenständigen Typus im Reigen seiner Kollegen: In ihm sind mediterrane Lebensart und amerikanische Italien-Nostalgie, altmodische Moralität und zeitgemäße political correctness zu einem Charakter verschmolzen, der ungemein vertrauenerweckend wirkt.

Der Commissario haßt "hartgesottene Bullen", behandelt seine Untergebenen rücksichtsvoll und seinen eitlen, arroganten Vorgesetzten mit Nachsicht; er bewahrt die Ruhe im Umgang mit Kleinkriminellen und erlaubt sich angesichts von Gewalttaten eine berufsuntypische Empfindsamkeit. Im Privatleben ist dieser nach weiblichem Geschmack konzipierte Polizist ein zärtlicher Gatte und Familienvater sowie ein "Mann des Fleisches", der gern ißt und trinkt, aber selbstverständlich nicht raucht. Ehefrau Paola, die trotz Uni-Job bravourös am Herd steht und trotz adliger Herkunft aufgeklärt-liberale Ansichten vertritt, lehrt ihren Guido, Verständnis für Minderheiten zu entwickeln, was ihm in seiner Arglosigkeit nicht immer leichtfällt: Lange staunt er, nachdem er in den entsprechenden Kreisen recherchiert hat, über die Verbreitung bestimmter sexueller Vorlieben und muß dann bei der abendlichen Tacitus-Lektüre feststellen: "Transvestiten überall."

Die Grenzen der Toleranz aber sind beim Anblick der "halbnackten Touristen" erreicht, die Venedig im Sommer bevölkern und den korrekt gekleideten Kommissar "sehnsüchtig an die erzwungene Bescheidenheit in islamischen Gesellschaften" denken lassen. Brunettis Verhältnis zu seiner Heimatstadt ist - und das weist ihn eindeutig als Geschöpf einer Wahl-Venezianerin aus - ein sentimentalisches, das leidenschaftliches Fußgängertum ebenso einschließt wie ökologisches Engagement, stets neue Ergriffenheit bei der Rückkehr in die atemraubende Kulisse der Serenissima und heftigen Widerwillen gegen die Conquista der Busreisenden.

Gleichwohl mag auch Donna Leon auf touristische Serviceleistungen nicht ganz verzichten: Gern schweift sie von der Krimihandlung ab, um etwa das kunstgerechte Öffnen einer Flasche Prosecco oder das Rezept für eine Insalata Caprese zu erläutern. Der trickreiche und zugleich handfeste Plot um die Machenschaften einer sogenannten "Lega della Moralità" freilich beweist, daß ihre Vertrautheit mit den Landessitten sich nicht auf Kulinarisches beschränkt. Fatal ist nur, daß das Brunetti-Fieber (Fall Nummer vier folgt auf dem Fuße) noch mehr Neugierige in ihre Lieblingsstadt locken dürfte. KRISTINA MAIDT-ZINKE

Donna Leon: "Venezianische Scharade. Commissario Brunettis dritter Fall." Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Monika Elwenspoek. Diogenes Verlag, Zürich 1996. 373 S., geb., 39,- DM.

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