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Ein einziger Tag kann deine Welt zum Einstürzen bringen, ein einziger Tag kann deine Rettung sein. John Grimes ist ein schwarzer empfindsamer Junge aus Harlem, sexuell unschlüssig, seine einzige Waffe zur Selbstverteidigung ist sein kristallklarer Verstand. Aber was nützt es schon, von den weißen Lehrern geschätzt zu werden, wenn der eigene Vater einem tagtäglich predigt, man sei wertlos, solange man sich nicht von der Kirche retten lässt. Als an Johns vierzehntem Geburtstag sein jüngerer Bruder Roy durch Messerstiche schwer verletzt nach Hause kommt, wagt er einen mutigen Schritt, der nicht…mehr

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Produktbeschreibung
Ein einziger Tag kann deine Welt zum Einstürzen bringen, ein einziger Tag kann deine Rettung sein. John Grimes ist ein schwarzer empfindsamer Junge aus Harlem, sexuell unschlüssig, seine einzige Waffe zur Selbstverteidigung ist sein kristallklarer Verstand. Aber was nützt es schon, von den weißen Lehrern geschätzt zu werden, wenn der eigene Vater einem tagtäglich predigt, man sei wertlos, solange man sich nicht von der Kirche retten lässt. Als an Johns vierzehntem Geburtstag sein jüngerer Bruder Roy durch Messerstiche schwer verletzt nach Hause kommt, wagt er einen mutigen Schritt, der nicht nur sein eigenes Leben verändern wird.Ungekürzte Lesung mit Wanja Mues5 CDs ca. 8 h 0 min
Autorenporträt
James Baldwin, geboren 1924 in Harlem, war eine Ikone des Black Movement und der Gay Community, ein lautstarker Verfechter der Gleichberechtigung aller Menschen. Er war der erste schwarze Schriftsteller auf dem Cover des Time Magazine. In den USA ist Baldwin heute wieder ein Star. »If Beale Street Could Talk«, sein fünfter Roman, erschien 1974. Baldwin starb 1987.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.02.2019

Amerika ist kein Gottesgeschenk

James Baldwin und John Okada gehörten derselben Generation und jeweils amerikanischen Minderheiten an: der schwarzen und der japanischen. Ihre Romane sagen dem Rassismus den Kampf an.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Vereinigten Staaten nicht mehr dasselbe Land. Man hatte gesiegt, aber die Erwartungen etlicher Bürger, dass die Opfer ihrer als Soldaten im Kampf eingesetzten Angehörigen von der amerikanischen Gesellschaft belohnt würden, erwies sich als trügerisch. Diese Erfahrung machten vor allem die Schwarzen, die vor dem Gesetz zwar gleichberechtigt waren, in der Realität aber vielfach benachteiligt wurden - und es bis heute geblieben sind. Einer anderen Minderheit wurde zeitweise noch übler mitgespielt: den japanischstämmigen Menschen, die sich seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhundert vor allem längs der amerikanischen Pazifikküste angesiedelt hatten. In den Monaten nach der Kriegserklärung Japans an die Vereinigten Staaten vom 7. Dezember 1941 wurden die mehr als hunderttausend dort ansässigen Japaner - egal, ob sie amerikanische Staatsbürger waren oder nicht - in eilig eingerichtete Internierungslager verbracht, die sich in möglichst weit abgelegenen Gegenden befanden, und dort zumeist bis Kriegsende festgehalten. Eine vergleichbare Behandlung von Amerikanern deutscher Abstammung gab es damals nicht. Mit dem Misstrauen gegen die Japaner wurde ein altes rassistisches Vorurteil fortgeschrieben, aufgrund dessen ihnen als Einwanderern jahrzehntelang amerikanische Bürgerrechte vorenthalten worden waren. 1924 hatte man sogar ein generelles Immigrationsverbot für Japaner erlassen.

John Okada war nur ein Jahr zuvor als Sohn eines aus Japan zugezogenen Ehepaars in Seattle geboren worden. Auch er und seine Familie wurden 1942 interniert, doch als damals bald neunzehnjährigen Amerikaner forderte man ihn auf, seinen Militärdienst zu leisten, was Okada tat. Etliche junge japanischstämmige Männer hielten es angesichts der Deportationen jedoch anders und lehnten es ab, ihrem eigenen Land, das sie derart diskriminierte, im Kampf gegen die alte Heimat der Eltern zu dienen, und kamen dafür als Wehrdienstverweigerer aus den Lagern in Gefängnisse - bis zur japanischen Kapitulation. Damit spaltete sich auch die japanische Minderheit in Amerika: je nachdem, ob die Söhne für das neue Land votiert oder im Geist der japanischen Tradition dem alten die Treue gehalten hatten. Erstere verspotteten Letztere wegen deren Absage an die Vereinigten Staaten als no-no boys.

Einen davon, den zum Zeitpunkt seiner Entlassung aus der Haft fünfundzwanzigjährigen Ichiro Yamado, hat John Okada, der selbst gerade kein No-No Boy war, zum Titelhelden seines einzigen Romans gemacht, der 1957 erschien. Das Buch erregte damals Aufsehen an der amerikanischen Westküste und ist seitdem immer wieder aufgelegt und vielgelobt worden, aber nur ins Japanische und nun endlich auch ins Deutsche übersetzt worden - in der von Ilija Trojanow kuratierten Reihe "Weltlese", was den Roman leider nur für Mitglieder der Büchergilde Gutenberg erhältlich macht. Allen anderen entgeht ein ebenso begeisterndes wie desillusionierendes Buch, das seine Gesellschaftskritik in einer durch literarische Brillanz verstärkten Schärfe vorträgt.

Mit der Rückkehr ins heimatliche Seattle wird Ichiro Yamada mit dem ganzen Hass einer gespaltenen Umgebung konfrontiert, wobei die Besonderheit des Romans "No-No Boy" darin besteht, dass sich die ganze Handlung innerhalb der japanischen Gemeinschaft an der Westküste abspielt. Vorwürfe gegen die weiße Mehrheit erhebt Okada nur implizit; sein Augenmerk gilt den moralischen und psychologischen Abgründen, die sich angesichts der Internierungen bei den Betroffenen aufgetan haben.

Vier Jahre vor "No-No Boy" war in den Vereinigten Staaten ein anderer Roman erschienen, der auf ähnliche Weise die gnadenlose Introspektive einer amerikanischen Minderheitengesellschaft vornahm: James Baldwins "Go Tell It on the Mountain", benannt nach der Verszeile eines afroamerikanischen Spirituals. Im Zuge der neuen, von Miriam Mandelkow übersetzten deutschen Werkausgabe des 1924 geborenen und 1987 gestorbenen Schriftstellers, ist dieses Debüt auch hierzulande als erster Band erschienen: nunmehr als "Von dieser Welt", einer Bibelanspielung, die darauf rekurriert, dass John Grimes, die vierzehnjährige Hauptfigur des Romans, sich vom Glauben seines Vaters, eines schwarzen Predigers in New York, abwendet. "Er hatte sich entschieden. Er hatte sich entschieden, nicht zu werden wie sein Vater oder seines Vaters Vater. Er wollte ein anderes Leben."

In Okadas Roman ist Ichiro genau den gegenteiligen Weg gegangen; er hatte nicht mit der Tradition gebrochen, doch nach seiner Freilassung will nun auch er ein anderes Leben und verzweifelt an der verstockten Mutter, die selbst im Jahr 1946 noch nicht an die japanische Niederlage im Zweiten Weltkrieg glauben will, sondern alle Nachrichten von der Kapitulation und die Bittbriefe ihrer noch in Japan lebenden Verwandten für amerikanische Propaganda hält. Ichiros Vater dagegen flüchtet sich angesichts dieses Wahns seiner Frau in Alkohol, und der jüngere Sohn wird noch am Tag seines achtzehnten Geburtstags den Weg wählen, den der ältere Ichiro ausgeschlagen hat: Er tritt in die Armee ein.

Auch der vierzehnjährige John in "Von dieser Welt" hat einen jüngeren Bruder, der sich viel mehr als Rebell erweist, wobei er damit ganz nach dem hitzigen Naturell des Predigervaters kommt, der den jüngeren Sohn denn auch bevorzugt - warum, wird sich erst im Laufe der Handlung erweisen. In einer großartigen Montage von Zeit- und Textebenen lässt Baldwin im zentralen Kapitel seines Romans während einer Messfeier drei seiner Figuren inneres Zwiegespräch halten: mit sich selbst, mit Gott und mit der Vergangenheit. Damit erst wird die Herkunft der älteren Generation aus dem amerikanischen Süden für die Handlung zentral: als Ursache der Gebrochenheit dieser Afroamerikaner. Obwohl es nach dem jeweiligen Wegzug nach New York nicht besser geworden ist: "Wobei ich sagen muss, dass Gott meiner Meinung nach mit Amerika überhaupt niemandem ein Geschenk gemacht hat - sonst sind Gottes Tage garantiert gezählt. Dieser Gott, dem die Menschen angeblich dienen - dem sie ja auch wirklich dienen, aber anders, als sie denken - muss einen verdammt fiesen Humor haben. Den würde man windelweich prügeln, wenn er ein Mann wäre. Oder wenn man selbst einer wäre."

Wobei diese Sätze aus einem anderen nun auf Deutsch wieder greifbaren und dafür neu übersetzten Roman von James Baldwin stammen: "Beale Street Blues", im Original "If Beale Street Could Talk", publiziert 1974. Das war drei Jahre nach dem frühen Tod von John Okada, der nach "No-No Boy" kein weiteres Buch mehr publizierte, obwohl es nach Aussage seiner Familie noch andere Manuskripte gegeben habe, von denen sich aber bislang keine Spur finden ließ. Okada kam über den engeren Wirkungskreis der asiatisch-amerikanischen Bevölkerung nicht hinaus, Baldwin dagegen, der den Vereinigten Staaten schon 1948 zugunsten von Europa den Rücken gekehrt hatte, war im Laufe von zwei Jahrzehnten zum wichtigsten Vertreter einer schwarzen Emanzipationsbewegung geworden, die nicht (wie die von ihm durchaus bewunderten Black Muslims) auf radikalen Umsturz setzte, sondern auf radikales Umdenken, und zwar vor allem auf Seiten der Weißen. Ihre Tragik sieht Baldwin im Angewiesen-Sein auf die Diskriminierung der Schwarzen, um weiterhin an die eigene Superiorität glauben zu können. In seinem berühmtesten Buch, dem 1963 publizierten Essay "The Fire Next Time", der jetzt gerade als "Nach der Flut das Feuer" neu herausgekommen ist, drückt Baldwin sein Mitleid gegenüber den hassenden Weißen aus, was ihn aber nicht zum gnädigen literarischen Richter über Rassisten macht - ganz im Gegenteil.

"Beale Street Blues", die aus Sicht einer jungen schwangeren Frau erzählte Liebe zu ihrem unberechtigt inhaftierten Freund (die Verfilmung durch den Oscar-Gewinner Barry Jenkins wird bald in die deutschen Kinos kommen), ist ein Fest der Dialoge, in dem Miriam Mandelkow auch besser als in "Von dieser Welt" den von Baldwin meisterhaft eingesetzten schwarzen Jargon ins Deutsche gebracht hat. Aber für den durchrhythmisierten Predigtton des Debüts gibt es auch keine echte deutsche Entsprechung. Da hatte es Susann Urban mit Okadas "No-No Boy" leichter, denn dieser Autor, der kein No-No Boy war, sondern immer Amerikaner sein wollte, orientierte sich an der großen Literaturtradition seines Landes, vor allem an F. Scott Fitzgerald. Die Wut seiner Figuren aber ist wie ein auf eine gesellschaftspolitische Ebene gehobene Variation des James-Dean-Films "Denn sie wissen nicht, was sie tun", der 1955, also zwei Jahre zuvor, herauskam. "Rebel Without a Cause" hieß dieses unter weißen Amerikanern spielende Generationendrama im Original. Okadas und Baldwins Rebellen dagegen haben jeweils ihre Gründe. Und "No-No Boy", dieses so ehrliche Buch, hat gespenstische Szenen, in denen die gebeutelten Japaner ihrem eigenen Rassismus gegenüber Schwarzen freien Lauf lassen.

ANDREAS PLATTHAUS

John Okada: "No-no Boy". Roman.

Aus dem amerikanischen Englisch von Susann Urban. Nachwort von Thomas Girst. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 2018. 292 S., geb., 24,- [Euro].

James Baldwin: "Nach der Flut das Feuer - The Fire Next Time".

Aus dem amerikanischen Englisch von Miriam Mandelkow. Vorwort von Jana Pareigis. dtv, München 2019. 124 S., geb., 18,- [Euro].

James Baldwin: "Beale Street Blues". Roman.

Aus dem amerikanischen Englisch von Miriam Mandelkow. Nachwort von Daniel Schreiber. dtv, München 2019. 221 S., geb., 20,- [Euro].

James Baldwin: "Von dieser Welt". Roman.

Aus dem amerikanischen Englisch von Miriam Mandelkow. Vorwort von Verena Lueken. dtv, München 2019. 320 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.04.2018

Ringen mit
Gott
Man wünschte, dieses Buch wäre weniger aktuell. Man wünschte, das Suchen, das Wüten, die nachtschwarze Verzweiflung des John Grimes hätten sich erledigt. Sie haben es nicht. Grimes ist – wie der postum wiederentdeckte afroamerikanische Schriftsteller John Baldwin – Sohn eines Baptistenpredigers aus Harlem. Er erwacht 1935 am Morgen seines 14. Geburtstages voller Schrecken über eine nächtliche Erregung und beendet den Tag auf dem Boden einer Ladenkirche, rasend im Ringen mit Gott. Dazwischen führt Baldwin in langen Schwüngen zurück in die Geschichte von Johns Familie, die die Gewalt des Südens hinter sich ließ und das Elend des Nordens fand. Es tauchen kaum Weiße auf, die Schwarzen haben den Hass zu ihrem eigenen gemacht, zermalmt von der Wahl zwischen Leben oder Ewigkeit, Fleisch oder Geist. Baldwin schildert, nein, predigt eine mitreißende Lebensfeindlichkeit, die an Dostojewski und Faulkner erinnert, aber die längst nicht nur das Christentum kennt. Die Geschichte der Schwarzen ist die Geschichte Amerikas, hat Baldwin gesagt. So wie er sie erzählt, ist sie unwiderstehlich.
SONJA ZEKRI



James Baldwin: Von dieser Welt. Aus dem amerikanischen Englisch von Miriam Mandelkow. dtv, München, 2018. 320 Seiten,
22 Euro.
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»James Baldwin ist wirklich ein außerordentlich guter Schriftsteller, mutig und gleichzeitig so empfindsam - da ist alles dabei von Wut bis zu einer seltenen Zärtlichkeit.« Paul Auster »Mit diesem Roman beginnen wir die Wiederentdeckung einer Ikone. Dieses Buch sollte - wie Salingers 'Fänger im Roggen' - als der eine große amerikanische Roman gekrönt werden.« The Independent »Ein unverwechselbares Buch: hart und realistisch, von außergewöhnlichem Einfühlungsvermögen und Poesie.« Chicago Sunday Tribune »Schonungslos, unvoreingenommen und empathisch.« San Francisco Chronicle »In klaren Bildern, mit verschwenderischer Achtsamkeit für jedes Detail erzählt Baldwin seine fieberhafte Story.« The New York Times