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Wo schlägt das Herz einer Familie?
Dass sie adoptiert wurde, weiß Susa seit ihrer Kindheit. Es hat sie nie gestört, schließlich haben sich ihre Eltern ganz bewusst für sie entschieden, sie stets umsorgt und geliebt. Deshalb lässt sie die erste Begegnung mit ihrer leiblichen Mutter auch eher kalt. Doch das Treffen setzt etwas anderes in Bewegung: Plötzlich sehnt sich Susa danach, ihre Brüder und ihren biologischen Vater kennenzulernen. Verrät sie damit ihre Adoptiveltern? Die Frage, was Familie wirklich ausmacht, wird immer drängender. Gelesen von Ulrike C. Tscharre. (7 CDs, Laufzeit: 7h 37)

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Produktbeschreibung
Wo schlägt das Herz einer Familie?

Dass sie adoptiert wurde, weiß Susa seit ihrer Kindheit. Es hat sie nie gestört, schließlich haben sich ihre Eltern ganz bewusst für sie entschieden, sie stets umsorgt und geliebt. Deshalb lässt sie die erste Begegnung mit ihrer leiblichen Mutter auch eher kalt. Doch das Treffen setzt etwas anderes in Bewegung: Plötzlich sehnt sich Susa danach, ihre Brüder und ihren biologischen Vater kennenzulernen. Verrät sie damit ihre Adoptiveltern? Die Frage, was Familie wirklich ausmacht, wird immer drängender.
Gelesen von Ulrike C. Tscharre.
(7 CDs, Laufzeit: 7h 37)

Autorenporträt
Mingels, Annette
Annette Mingels, geboren 1971 in Köln, studierte Germanistik und promovierte über Dürrenmatt und Kierkegaard. Danach arbeitete sie als Dozentin und Journalistin. 2003 veröffentlichte sie ihren ersten Roman, dem drei weitere und ein Erzählband folgten. Nach Aufenthalten in Zürich und New York lebt Annette Mingels seit 2011 mit ihrer Familie in Hamburg. Für ihren Familienroman "Was alles war" erhielt sie den Buchpreis 2017 der Stiftung Ravensburger Verlag.

Tscharre, Ulrike C.
Ulrike C. Tscharre, geboren 1974, studierte neuere deutsche und englische Literatur und ließ sich danach an der Akademie für Darstellende Kunst in Ulm zur Schauspielerin ausbilden. Neben Rollen in den verschiedensten Theaterstücken spielte sie in vielen Fernsehproduktionen, wie z. B. dem Zehnteiler "Im Angesicht des Verbrechens" (Regie Dominik Graf) oder mehreren Episoden von "Tatort" und "Polizeiruf 110". Zudem wird sie im neuen Film "Werk ohne Autor" von Oscar-Preisträger Florian Henckel von Donnersmarck zu sehen sein. Im Hörverlag ist sie unter anderem in Henning Mankells "Wallander"-Reihe, in Annette Mingels "Was alles war" und im Hörspiel zu Frank Schätzings "Der Schwarm" zu hören.
Trackliste
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.03.2017

Versuchsanordnung über die Liebe in modernen Zeiten
Zwischen Minnesang und Plattwurmpaaren: Annette Mingels erzählt in ihrem Roman "Was alles war" eine mitreißende Adoptionsgeschichte

Susa, die bei liebevollen Pflegeeltern aufwuchs, ist einigermaßen gut im Leben verankert. Sie war zehn, als man ihr mitteilte, sie sei adoptiert, und sie fühlte sich nach dem ersten Schock "wie eine Romanheldin". Da steht sie eines Tages plötzlich vor ihr: Viola, die "biologische" Mutter, eine freiheitsliebende Esoterikerin, rund um den Erdball zu Hause und nirgends. Sie taucht auf und verschwindet, flirtet mit jedem, spricht fast nur über sich selbst. "Als niemand ihren Blick erwidert, wendet sie sich wieder mir zu, präsentiert sich wie eine Kostbarkeit, als wäre sie, wenn sie wählen könnte, sich selbst die liebste Gesellschaft."

Schon 2007 schrieb man der Schriftstellerin Annette Mingels Kompetenz im Fachsimpeln über die Liebe zu. Ihr Erzählungsband "Romantiker" war gerade erschienen, und ein Magazin hatte sie zusammen mit Wilhelm Genazino eingeladen, über den Satz "Ich liebe dich" zu plaudern. "Dass das Beschreiben von Liebe nicht trivial wird, dafür muss der Autor sorgen, indem er sie nicht vereinfachend darstellt", gab sie damals zu Protokoll. "Liebe" - das war längst nichts nur zwischen Partnern, sondern durchgearbeitet auf allen Beziehungsebenen. In Romanen wie "Die Liebe der Matrosen" (2005) spürte sie dem Verschwinden dieses flüchtigen Gefühls nach; in "Tontauben" (2010) über den Unfalltod eines Mädchens der engen Eltern-Kind-Bindung. "Was alles war", ihr fünfter Roman, ist kompliziert. Und doch meisterhaft gebaut.

Annette Mingels verbleibt zunächst ganz in Susas Perspektive, um leise Unsicherheiten zu registrieren. Kleine Beben, die das Treffen mit Viola nach sich ziehen, obwohl sie die "Mutter" bewusst auf Distanz hält. Dennoch hallen deren vollmundige Sätze nach. Mit der Liebe hält Viola es eher spirituell: loslassen. Dann erst könne man richtig lieben. Kinder kriegen? Ja, sogar gleich vier. Sie aufziehen? Nein, das sollen lieber andere besorgen. Sie gab alle zur Adoption frei.

Das sind unbrauchbare Worte für Susa, die gerade ein gänzlich anderes Lebensmodell erprobt, mit dem Witwer Henryk, dessen zwei Töchtern und bald einem gemeinsamen Kind. Verliebtheit. Der erste Streit. Die erste Versöhnung. Schon geht es um klassische Terrainabsteckung zweier möglichst gleichberechtigt arbeiten wollender Partner. Susa als Meeresbiologin, die stundenlang Plattwürmern beim Paaren zuschaut (vierzehnmal stündlich!), und Henryk als Spezialist für Minnegesang.

Nach außen höfisch, nach innen leidend - das charakterisierte diesen mittelalterlichen Typus. Mingels' Roman ist ein Echo auf diese alte Weise, geformt als Klagelied eines Paars, das Zusammenleben bilanziert und darüber die Liebe zu verlieren droht. Zwischen Windelnpacken und Eislaufen. Alltagsdinge haben ja einen bedauerlich literaturuntauglichen Ruf. Es wird poliert und inszeniert und aufgetrumpft. Aber mal ein Satz über das Aufräumen von Spielsachen? Oder die Wucht des Augenblicks, wenn der Teenager sich wunderbarerweise der neuen Frau des Vaters anvertraut hat? "Und dabei klingt sie so offen und arglos, dass ich sie in den Arm nehmen und nur noch stückweise daraus entlassen möchte, hierhin mal ein Bein streunen lassen, darauf ein Auge werfen, aber sich nicht verbrennen, verraten, verlieren."

Annette Mingels, die 1971 in Köln geboren wurde, über Dürrenmatt und Kierkegaard promoviert wurde und nach Aufenthalten in Zürich und New York heute in Hamburg lebt, hält souverän alle diese Erzählstränge in der Hand. Sie verdichten sich zur vertrackten Versuchsanordnung über Liebe und Familie in modernen Zeiten - ein permanentes Ringen um die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern.

Spannender noch die Frage, ob der Adoptions- und Patchwork-Zuwachs gar die Selbstverortung beflügelt. Mehr Menschen! Mehr Gegenrede, um sich im anderen zu erkennen! Die Möglichkeiten scheinen ins Unüberschaubare gewachsen, mit neu entdeckten Halbbrüdern wie Cosmo, der Susas gewaltige Bedürftigkeit nach unbekümmerter Zuwendung weckt und doch nur wieder auf sie selbst verweist. Vielleicht entspringt aber auch das nur einer Einflüsterung: einen Bruder zu haben. Muss schön sein.

Das vielbeschworene Trauma der Adoption: Bei Annette Mingels, die hier eigene Erfahrungen verarbeitet, scheint es nur eine weitere Lebensform im Reichtum der Sozialisation. Dieses unendliche, emotional aufregende Spiegeltheater ist ihr eigentliches Untersuchungsgebiet, während sie im Roman Kurs nimmt auf Amerika, wo Susa, als wäre es nicht genug, auch noch den biologischen Vater suchen geht. Sie trifft auf einen gastfreundlichen Mann mit Holocaust-Vergangenheit und ganz eigenen Ansichten über das Leben; auch er eine Spezies im Stammbaum "Mensch".

"Es kommt mir vor, als wäre ich monatelang gerannt", notiert Susa am Ende eines fesselnden Finales. Dass man interessiert bleibt an diesen vielen Figuren, liegt an Mingels' Gabe, sie durch knappe Charakteristika und Gesten in Sekundenschnelle zu erschaffen; oft indirekt, gefiltert durch andere. Sie zeigt, wie man spricht, wenn man gar nicht sprechen will, etwa an Weihnachten oder wenn der Adoptivvater stirbt, eine der zentralen Passagen dieses auch formal variationsreichen Romans. Er wird notathaft, wenn es ums "Verlieren" geht - nach "Anfangen" der zweite Teil vor "Weitermachen" und "Finden". Der Stoff ist klug organisiert. Zu literarischem Realismus dieser Art gehört ein Bewusstsein fürs innere Theater, dazu die Freude am Slapstickhaften bei gleichzeitigem Respekt vor den tausend widersprüchlichen Momenten dieser vielen Leben. "Was alles war" ist auch ein Roman über Nähe und Distanz.

Wie jemand Streichholzschachteln sammelt, was der Partner aber erst im Nachlass entdeckt. Wie andererseits Liebe aufblitzt, wo niemand es erwartet. Freudsches Triangulieren scheint hier fast aus den Angeln gehoben, Genetik überbewertet und der Familienroman endlich angekommen in der Gegenwart: als Name für ein launisches Puzzlewerk mit ureigenen Gesetzen, aber einer hinreißenden Dynamik, wenn es so erzählt wird wie hier.

ANJA HIRSCH

Annette Mingels: "Was alles war". Roman.

Knaus Verlag, München 2017. 287 S., geb., 19,99 [Euro].

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»Eine ausgesprochen schön erzählte Familiengeschichte, die unaufgeregt daherkommt und eben nichts von den vielen Klischees zeigt, die man bei diesen Themen leider bei vielen anderen Autoren findet.« NDR Kultur »Das gemischte Doppel«, Rainer Moritz