Einmal Avantgarde, immer Avantgarde: zwei Lyriker im Doppelbild. Sie sind beide Jahrgang 1929, beider Biografie ist eng mit dem Werdegang der Bundesrepublik verbunden, zu deren repräsentativen Autoren diese beiden Altmeister unserer Lyrik zählen: -Enzensberger und Rühmkorf. Im gemeinsamen Auftritt kokettieren die beiden Poeten mit Altersverfall und Vergänglichkeit, doch umsonst. Einmal Avantgarde, immer Avantgarde. Ein herrlicher lyrischer Schlagabtausch zweier großartiger Wortkünstler!
CD 1 | |||
1 | Dichterleben | 00:03:19 | |
2 | Leichter Als Luft | 00:02:20 | |
3 | Altern Als Problem Für Künstler | 00:01:36 | |
4 | Formal Nicht Zu Fassen | 00:01:38 | |
5 | Optimistisches Liedchen | 00:00:55 | |
6 | Kriegsertklärung | 00:01:34 | |
7 | Ein Schwarzer Tag | 00:01:03 | |
8 | Aus Die Jahre, Die Ihr Kennt, 1972 | 00:04:51 | |
9 | Albumblatt Für Peter Rühmkorf, 1976 | 00:09:20 | |
10 | Liebe Dich, Liebe | 00:01:43 | |
11 | Leisere Töne | 00:01:03 | |
12 | Höhenrausch | 00:03:08 | |
13 | Landessprache, 1960 | 00:10:35 | |
14 | Überraschendes Wiedersehen | ||
CD 2 | |||
1 | Astrale Wissenschaft | 00:00:58 | |
2 | Wissenschaftliche Theologie | 00:01:33 | |
3 | Ungemütlicher Tag | 00:01:29 | |
4 | Ästhetik Des Schreckens | 00:01:23 | |
5 | Soziale Säuberung Nebst Bitte Um Geistigen Beistand | 00:04:54 | |
6 | Alte Heimat | ||
7 | Chanson | 00:01:27 | |
8 | Der Einfall Ist Augenblickssache | 00:02:44 | |
9 | Durchreiseblid | 00:04:07 | |
10 | Chinesische Akrobaten | 00:05:35 | |
11 | Abschiede Leicht Gemacht | 00:01:01 | |
12 | Frühlingsverfeelings | 00:00:58 | |
13 | Mit Halber Kraft Voraus | 00:01:04 | |
14 | Nass In Nass, Schnelle Sache | 00:01:06 | |
15 | Identitätsnachweis | 00:01:23 | |
16 | Letze Leerung | 00:03:18 | |
17 | Betr. Rundfrage Grundfrage | 00:02:20 | |
18 | Die Große Göttin | 00:02:52 | |
19 | Über Fehler | 00:02:17 | |
20 | Aufsteigerlied | 00:04:47 |
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.10.2008Treffen sich zwei
Rühmkorf und Enzensberger
Kein Wettstreit der Dichter wird hier gegeben. Eine gemeinsame Geburtstagsfeier ist dieser lyrische Vortragsabend in Hannover, begangen von Peter Rühmkorf und Hans Magnus Enzensberger auf Betreiben des NDR im November 1999 („Wer Lyrik schreibt ist verrückt!”. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2008. 2 CD, 101 Min., 22,95 Euro.) Beide vollendeten damals ihr siebzigstes Lebensjahr. Enzensberger liest hauptsächlich aus dem Band „Leichter als Luft”, Rühmkorf rezitiert meist aus „Wenn - aber dann”.
Dass er den „dichtenden Generationsgenossen”, so Rühmkorf in einem Text von 1972, fast nie als solchen angesprochen habe, das sei der „nahezu vollkommene Unvermischlichkeit der Temperamente” geschuldet gewesen. Gemeint ist Enzensbergers frühe Umtriebigkeit auf der großen Bühne – ein „Weltgeist auf Achse”. Im Jetzt scheint keine Symbiose mehr unmöglich. Zeitweise wechseln die dichtenden Generationsgenossen sogar die Pferde. Im singenden Lamento, die Vokale wie Kaugummi ziehend, überträgt Rühmkorf seine benn-brechtsche Affinität zum Plebejischen auf Enzensbergers „Landesansprache” von 1960. Das Anklagegedicht des Geistesmenschen wird wunderbar stammtischhaft. In mehreren Gedichten umgibt Enzensbergers Stimme (hell und sanft und gescheit) die derbere Welt Rühmkorfs („allmächtige Teletitten”) mit der Aura einer soziologischen Betrachtung.
Die feineren Unterschiede in Dicht- und Vortragskunst zeigen sich gerade in solchen Gemeinschaftsproduktionen besonders deutlich. Die Aufmerksamkeit des Hörers ist höchst gespannt darauf, wie Text und Ausdruck zueinander finden. Nur der Live-Mitschnitt wird weiter davon zeugen. Nach Peter Rühmkorfs Tod im Juni diesen Jahres wir es einen doppelten Geburtstag nicht mehr geben. CHRISTOPH SCHMAUS
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Rühmkorf und Enzensberger
Kein Wettstreit der Dichter wird hier gegeben. Eine gemeinsame Geburtstagsfeier ist dieser lyrische Vortragsabend in Hannover, begangen von Peter Rühmkorf und Hans Magnus Enzensberger auf Betreiben des NDR im November 1999 („Wer Lyrik schreibt ist verrückt!”. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2008. 2 CD, 101 Min., 22,95 Euro.) Beide vollendeten damals ihr siebzigstes Lebensjahr. Enzensberger liest hauptsächlich aus dem Band „Leichter als Luft”, Rühmkorf rezitiert meist aus „Wenn - aber dann”.
Dass er den „dichtenden Generationsgenossen”, so Rühmkorf in einem Text von 1972, fast nie als solchen angesprochen habe, das sei der „nahezu vollkommene Unvermischlichkeit der Temperamente” geschuldet gewesen. Gemeint ist Enzensbergers frühe Umtriebigkeit auf der großen Bühne – ein „Weltgeist auf Achse”. Im Jetzt scheint keine Symbiose mehr unmöglich. Zeitweise wechseln die dichtenden Generationsgenossen sogar die Pferde. Im singenden Lamento, die Vokale wie Kaugummi ziehend, überträgt Rühmkorf seine benn-brechtsche Affinität zum Plebejischen auf Enzensbergers „Landesansprache” von 1960. Das Anklagegedicht des Geistesmenschen wird wunderbar stammtischhaft. In mehreren Gedichten umgibt Enzensbergers Stimme (hell und sanft und gescheit) die derbere Welt Rühmkorfs („allmächtige Teletitten”) mit der Aura einer soziologischen Betrachtung.
Die feineren Unterschiede in Dicht- und Vortragskunst zeigen sich gerade in solchen Gemeinschaftsproduktionen besonders deutlich. Die Aufmerksamkeit des Hörers ist höchst gespannt darauf, wie Text und Ausdruck zueinander finden. Nur der Live-Mitschnitt wird weiter davon zeugen. Nach Peter Rühmkorfs Tod im Juni diesen Jahres wir es einen doppelten Geburtstag nicht mehr geben. CHRISTOPH SCHMAUS
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