Hochspannend verwebt Dai Sijie die zarte Liebe zwischen einer französischen Sinologiestudentin und einem chinesischen Gemüsehändler mit einer fast zweitausend Jahre alten Kulturgeschichte. Beide sind sie auf der Suche nach der verlorenen Hälfte einer uralten Schriftrolle, einem seidenen Sutra, das die geheimnisvollen Anfänge des Buddhismus in seinen fremdartig kalligraphierten Zeichen birgt. In einem Anfall von Wahnsinn soll einst Kaiser Pu Yi, der letzte Kaiser von China, das kostbare Relikt mit den Zähnen zerrissen haben.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.10.2009Matroschkas Fluch
Sein Debüt "Balzac und die kleine chinesische Schneiderin" machte den in Frankreich lebenden Chinesen Dai Sijie weltbekannt, nun liegt sein neuer Roman vor, der von der Suche nach der verlorenen Hälfte eines alten Manuskripts erzählt, das in Tumschuk verfasst wurde. Das gleichnamige Königreich fiel 817 v. Chr. einem Sandsturm zum Opfer. Die Seidenrolle blieb unversehrt und gelangte Jahrhunderte später in die Schatzkammer des letzten Kaisers von China. Pu Yi war fasziniert von der kalligraphierten Geschichte: Ein Wanderer droht von einem Berg zu stürzen, im letzten Moment kann er sich retten und - da endet der unvollständige Schlusssatz. Eine junge Französin jagt dem verlorenen Schriftstück hinterher, längst nicht als Einzige. Dai Sijie wandelt in seinem Roman zwischen den Extremen: Blumige Beschreibungen des alten Pekings wechseln mit der Aussichtslosigkeit im Gefangenenlager. Die Grundidee ist faszinierend, doch die Erzählung, die wie eine russische Matroschka in jede Geschichte eine weitere verpackt, ist viel zu ausschweifend. Zu lange Einzelepisoden lenken von der Handlung ab. An sein Debüt reicht Dai Sijies neuer Roman nicht heran. (Dai Sijie: "Wie ein Wanderer in einer mondlosen Nacht". Roman. Aus dem Französischen von Giò Waeckerlin-Induni. Piper Verlag München 2009. 311 S., geb., 19,95 [Euro].) mim
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sein Debüt "Balzac und die kleine chinesische Schneiderin" machte den in Frankreich lebenden Chinesen Dai Sijie weltbekannt, nun liegt sein neuer Roman vor, der von der Suche nach der verlorenen Hälfte eines alten Manuskripts erzählt, das in Tumschuk verfasst wurde. Das gleichnamige Königreich fiel 817 v. Chr. einem Sandsturm zum Opfer. Die Seidenrolle blieb unversehrt und gelangte Jahrhunderte später in die Schatzkammer des letzten Kaisers von China. Pu Yi war fasziniert von der kalligraphierten Geschichte: Ein Wanderer droht von einem Berg zu stürzen, im letzten Moment kann er sich retten und - da endet der unvollständige Schlusssatz. Eine junge Französin jagt dem verlorenen Schriftstück hinterher, längst nicht als Einzige. Dai Sijie wandelt in seinem Roman zwischen den Extremen: Blumige Beschreibungen des alten Pekings wechseln mit der Aussichtslosigkeit im Gefangenenlager. Die Grundidee ist faszinierend, doch die Erzählung, die wie eine russische Matroschka in jede Geschichte eine weitere verpackt, ist viel zu ausschweifend. Zu lange Einzelepisoden lenken von der Handlung ab. An sein Debüt reicht Dai Sijies neuer Roman nicht heran. (Dai Sijie: "Wie ein Wanderer in einer mondlosen Nacht". Roman. Aus dem Französischen von Giò Waeckerlin-Induni. Piper Verlag München 2009. 311 S., geb., 19,95 [Euro].) mim
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main