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"Wo die Schakale heulen" ist eine Geschichtensammlung, die den Hörer vom ersten Wort an packt, ihn die Spannung und atmosphärische Dichte fühlen lässt, das ganz besondere Klima, das seit der Gründung Israels über diesem Staat schwebt. Einige Erzählungen handeln von der Liebe, andere vom Hass. Und oft vermischen sich diese beiden Gefühle, die so alt sind wie die Menschheit, und rufen Konflikte hervor, die kaum auszuhalten sind und für die es keine Lösung zu geben scheint. Amos Oz konfrontiert den Hörer mit Fragen, die so aktuell und drängend sind wie zur Zeit ihrer Entstehung.

Produktbeschreibung
"Wo die Schakale heulen" ist eine Geschichtensammlung, die den Hörer vom ersten Wort an packt, ihn die Spannung und atmosphärische Dichte fühlen lässt, das ganz besondere Klima, das seit der Gründung Israels über diesem Staat schwebt. Einige Erzählungen handeln von der Liebe, andere vom Hass. Und oft vermischen sich
diese beiden Gefühle, die so alt sind wie die Menschheit, und rufen Konflikte hervor, die kaum auszuhalten
sind und für die es keine Lösung zu geben scheint. Amos Oz konfrontiert den Hörer mit Fragen, die so aktuell und drängend sind wie zur Zeit ihrer Entstehung.
Autorenporträt
Amos Oz, 1939 als Amos Klausner in Jerusalem geboren, nahm 1954 beim Eintritt in den Kibbuz Chulda den Namen Oz an. Er ist einer der wichtigsten literarischen Stimmen Israels und Mitbegründer der seit 1977 bestehenden Friedensbewegung Schalom achschaw (Peace now). Seine Werke wurden in 37 Sprachen übersetzt. Er hat zahlreiche Preise erhalten, darunter den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. 1998 wurde er für sein Gesamtwerk mit dem Israel-Preis ausgezeichnet. Seit 1986 lebt er mit seiner Familie in Arad in der Negev-Wüste. Mirjam Pressler, geboren 1940 in Darmstadt, besuchte die Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt am Main und lebt heute als Übersetzerin und Schriftstellerin in der Nähe von München. Sie ist die Übersetzerin des Tagebuchs der Anne Frank, hat eine Biographie Anne Franks veröffentlicht (Ich sehne mich so. Die Lebensgeschichte der Anne Frank) und mit großem Erfolg insgesamt fast vierzig Bücher publiziert. Mirjam Pressler ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, so u.a. 1995 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis für Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen, 2001 mit der Carl-Zuckmayer-Medaille für Verdienste um die deutsche Sprache, 2002 mit dem Deutschen Bücherpreis (Kinderbuch) für Malka Mai, 2004 mit dem Deutschen Bücherpreis für ihr literarisches Lebenswerk, 2010 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis Sonderpreis Gesamtwerk, 2015 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse sowie dem Internationalen Literaturpreis in der Kategorie Übersetzung und 2017 mit dem Literaturpreis der Landeshauptstadt München für ihr literarisches Gesamtwerk. Christian Brückner, geboren 1943 in Schlesien, wuchs in Köln auf. Engagements am Theater, kontinuierliche Arbeit für Funk und Fernsehen. 1990 erhielt er den Grimme-Preis Spezial in Gold. Schwerpunkt seiner Arbeit heute: öffentliche Literaturlesungen, oft eingebunden in einen musikalischen Zusammenhang. 2000 Gründung des Hörbuchverlags parlando mit seiner Frau Waltraut. 2005 Auszeichnung des gesamten Programms mit dem Deutschen Hörbuchpreis. 2012 wurde Christian Brückner der Sonderpreis für sein Lebenswerk verliehen, 2017 erhielt er den Ehrenpreis der Deutschen Schallplattenkritik und 2018 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.03.2018

Bleiche Jünglinge buddeln im Wüstensand

Endlich erscheinen die frühen Erzählungen von Amos Oz auf Deutsch. Sie erzählen von Hoffnungen und Irrwegen der Kibbuzim - und von einem Streit, der so alt ist wie die Menschheit.

Wenn es so etwas gibt wie Kibbuz-Literatur, will Amos Oz jedenfalls davon nichts wissen. Es gebe Gedichte und Romane, die im Kibbuz spielten, es gebe auch Dichter und Schriftsteller, die im Kibbuz lebten. "Aber der Kibbuz als solcher hat die hebräische Literatur nicht verändert", hielt der israelische Schriftsteller schon 1974 in einem Essay fest. Das ist insofern erstaunlich, als das Werk des 1939 in Jerusalem geborenen Autors seit seinen Anfängen immer wieder um diese besondere sozialutopische Gesellschaftsform kreist, deren Anhänger seit Beginn des vorigen Jahrhunderts in der Wüste des Heiligen Lands ihren sozialistischen Traum von einer neuen, gerechteren Welt leben.

Das Wort "Kibbuz" bedeutet im Hebräischen "sich versammeln". Und die egalitären Kommunen sollten den Gründern zufolge ausschließlich von dem leben, was der Boden hergab. Als Amos Klausner mit fünfzehn Jahren gegen sein konservatives Elternhaus rebellierte, zog auch er in eine solche Gemeinschaft in die Wüste und gab sich dort gleich auch einen neuen Namen: Oz, was Stärke und Kraft bedeutet. Er blieb, bis er 1960 zum Militär eingezogen wurde, sechs Jahre lang dort. Um diese Zeit begann er zu schreiben. Und nicht nur sein Debütroman "Keiner bleibt allein" von 1966 erzählt vom Leben im Kibbuz. Auch der erste Band mit Erzählungen, den Amos Oz bereits 1965 in Israel veröffentlichte und der jetzt in der flüssigen Übersetzung von Mirjam Pressler endlich auch auf Deutsch vorliegt, kreist in fast allen Geschichten um diesen Ort mit seinen ganz eigenen Gesetzen, Utopien und Fehlentwicklungen. Dass der Kibbuz ungewöhnliche Charaktere hervorbringt, deren Hoffnungen und Herausforderungen, kleinen und großen Dramen sich von denen der übrigen Gesellschaft oft fundamental unterscheiden, davon handeln diese dichten allegorischen Geschichten, die auch nach mehr als einem halben Jahrhundert nichts von ihrer literarischen Kraft eingebüßt haben.

Die Kibbuzniks, die Amos Oz wie aus einem Relief herausschält - kahlköpfige Veteranen, die in der Cafeteria das Treiben der Jüngeren wie ein griechischer Chor kommentieren, junge Idealisten, die mit blassen Fingern die Erde umgraben, oder Schoa-Überlebende, die in der Vergangenheit leben -, sind Grenzgänger. Weder in der einen, abgeschiedenen Welt noch in der anderen fühlen sie sich wirklich zu Hause. In den auf Gemeinschaft gegründeten Kommunen ringen sie um ihre Individualität und wollen insgeheim ihren ureigenen Ausdruck nicht aufgeben. Verlassen sie jedoch den Kibbuz und gehen in die Stadt, nach Jerusalem oder Tel Aviv, sind sie nicht weniger Getriebene ihrer Projektionen. Hier wie da hadern sie damit, dass die Träume, an denen sie herumbasteln wie an den Zäunen ihrer Felder, so widerständig sind. Manchmal scheitern sie ganz. "Menschen wie Saschke und Tanja versteckten sich hinter ihrem Zorn, ihrer Sehnsucht und Aufopferung", heißt es gleich in der Auftaktgeschichte. Sehr viel optimistischer wird es nicht.

Wie schon in "Keiner bleibt allein" spielt die karge Wüstenlandschaft hinter den Grenzzäunen auch in den Erzählungen eine zentrale Rolle. Ein ums andere Mal beschreibt Oz die wechselnden Farben des Himmels, aber auch die Gerüche und Geräusche der Umgebung. Die Schakale, deren furchterregendes Geheul die kalten Nächte durchbricht, stehen dabei für das Unsichtbare, das Fremde, das jenseits der Befestigung in der Wildnis lauert, und die, anders als ihre Verwandten, die Hunde, nicht zu zähmen sind.

Als sich in der Erzählung "Land der Schakale" ein Jungtier in einer Eisenfalle verfängt, und die älteren Schakale sich mit "falschem Erbarmen" und "wachsender Bosheit" um den sterbenden Gefangenen scharen, lässt sich das als Allegorie auf menschliches Verhalten lesen. In "Beduinen und Kreuzotter" wird das Jaulen der Schakale dann sogar direkt in Beziehung zum nächtlichen Gesang der Beduinen gesetzt, der als "eintöniges, langanhaltendes Jammern" den Groll der Kibbuz-Bewohner weckt. Zwischen den beiden Minivölkern schwelt ein Streit, der alte Konflikt zwischen Viehzüchtern und Ackerbauern, der so alt ist wie die Menschheit selbst. Doch auch wenn die Siedler wissen, dass sie einfach ungefragt in den Lebensraum der Nomaden eingedrungen sind, können sie sich nicht damit abfinden, dass sie immer wieder von den ungewollten Nachbarn bestohlen werden. Die Razzien des Kibbuz-Sekretariats in den Beduinenzelten bleiben erfolglos, und als man noch unschlüssig ist, wie weiter vorzugehen wäre, lässt sich Ge'uela, eine unverheiratete Kibbuznik, auf einen Plausch mit einem Beduinen ein.

Während die Dämmerung naht und der letzte Traktor vom Feld rollt, rauchen die beiden gleichwohl misstrauisch eine Zigarette zusammen. Es folgen ein paar Sätze auf Hebräisch, doch als der Araber zu beten anfängt, wird Ge'uela panisch, und sie rennt davon, als würde sie verfolgt. Es sind zwar nur Grillen, die ihr hinterherzirpen, aber bald meint sie, der Beduine habe sich auf sie stürzen wollen "wie ein wildes Tier". Sollen die jungen Leute doch "über ihre Zelte herfallen und ihnen die schwarzen Knochen brechen für das, was sie mir angetan haben", geht es ihr durch den Kopf. Und tatsächlich ziehen die Schläger bald schon los. Da beschleicht Ge'uela noch einmal ein anderes Gefühl: "Ihr war nach Versöhnen und Verzeihen. Sie wollte ihn nicht hassen und ihm nicht den Tod wünschen."

Die Moral, das markiert schon der junge Amos Oz, ist niemals einfach. Seine Geschichten, die viel Raum für Ungesagtes lassen, drehen es immer ins Komplizierte. Da stirbt ein junger Mann, Sohn eines Helden der israelischen Arbeiterbewegung, ausgerechnet am Tag seines Triumphs, als er dem Vater seine Künste als Fallschirmjäger vorführen will. Statt auf den Boden zu gleiten, verfängt er sich in einem Stromkabel. "Du Feigling!", ruft der Vater dem Sohn zu, der weinend in den Leitungen baumelt, "schämen solltest du dich!" Ein solch jämmerlicher Tod ist im heroischen Konzept des Vaters nicht vorgesehen.

Neben den Erzählungen erscheint dieser Tage auch der Band "Liebe Fanatiker", der überarbeitete Essays von Amos Oz zum ungelösten Israel-Konflikt und der Zweistaatenlösung enthält. Anders als in diesen Aufsätzen gibt es in der Literatur des Autors kaum je eine Rettung. Weder vor der Dunkelheit, die auch diejenigen im Stich lässt, die in ihr Rettung suchen, noch vor der Feindschaft oder den triumphierenden Stimmen der Schakale. Am schlimmsten aber sind für die Oz-Figuren die Stimmen im Kopf. Denn die lassen nicht nach. Der Titel des Debütromans von Amos Oz lautet im Original "Anderswo, vielleicht". Darin lässt sich so etwas wie eine Poetologie auch seiner frühen Erzählungen entdecken. Es gibt womöglich so etwas wie Glück, wie Gelingen, aber ganz bestimmt nicht hier, sondern irgendwo, anderswo.

SANDRA KEGEL

Amos Oz: "Wo die Schakale heulen". Erzählungen.

Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Suhrkamp Verlag, Berlin 2018. 319 S., geb., 22,- [Euro].

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"Beeindruckend ist die Sprachkraft dieser Prosa."
Tobias Schwartz, taz. die tageszeitung 10.03.2018
»Beim Lesen der Erzählungen ... wird man Zeuge wie Amos Oz eine Sprache sucht, wie ein Schriftsteller zu seinem Stil findet. Da ist das sanfte, behutsame Zeichnen der Charaktere, die andeutungsvolle, dichte Sprache, eine fast leichtfüßige Poesie der Beiläufigkeit - und zugleich sind da dämonenhafte Schattierungen, die schlichte Beobachtungen brechen, wie das Flimmern und Flackern eines beschädigten Films.« Leander F. Badura der Freitag 20180509