1971, in einem Dorf in Süddeutschland. Roberta ist froh, nach ihrer Schneiderlehre wieder auf den heimischen Hof zurückzukehren. Sie hat die körperliche Arbeit an der frischen Luft vermisst. Und doch ist da eine Sehnsucht nach etwas Neuem in ihr, nach fremden Ländern und dem was möglich wäre, gäbe
es die Verpflichtungen auf dem Hof nicht. Ihre Leidenschaft sind Stoffe, sie entwirft eigene Schnitte…mehr1971, in einem Dorf in Süddeutschland. Roberta ist froh, nach ihrer Schneiderlehre wieder auf den heimischen Hof zurückzukehren. Sie hat die körperliche Arbeit an der frischen Luft vermisst. Und doch ist da eine Sehnsucht nach etwas Neuem in ihr, nach fremden Ländern und dem was möglich wäre, gäbe es die Verpflichtungen auf dem Hof nicht. Ihre Leidenschaft sind Stoffe, sie entwirft eigene Schnitte und träumt sich in die weite Welt. Und dann verliebt sie sich in den Pfarrerssohn Wilhelm, den alten Freund aus Kindertagen. Doch welche Zukunft ist für sie beide möglich? Robertas Arbeitskraft ist auf dem Hof ganz selbstverständlich einkalkuliert, Wilhelm wird in wenigen Monaten das Dorf verlassen und studieren. Auch Wilhelms Mutter Gertrud, die Pfarrersfrau, ist an einem Wendepunkt angelangt. Aus Hamburg stammend, ist sie in dem kleinen Dorf eine Außenseiterin geblieben und in dem rückständigen, alten Pfarrhof nie heimisch geworden. Sie möchte nun endlich ihre Träume umsetzen und dem Dorf den Rücken kehren - wenn da Wilhelm nicht wäre…
So, wie Roberta beim Schneidern scheinbar unvereinbare Materialien miteinander kombiniert, feine Seide und grobes Leinen, spüren die Figuren die Gegensätze des Lebens in sich. Hier die Wurzeln und das Vertraute, das man um sich haben möchte, und dort die Sehnsucht nach dem anderen Leben, das möglich wäre. Jede Entscheidung für einen Weg ist eine Entscheidung gegen alle anderen Optionen. Und sind die Einschränkungen, die wir wahrnehmen, echte Hindernisse, oder müssten wir nur beherzter nach Wegen suchen, sie zu umgehen? Geschickt verwebt Ewald Arenz die Lebenswege von Wilhelm, Roberta und Gertrud miteinander, und nachdem die erste Hälfte der Geschichte noch etwas beschaulich wirkt, hat sie mich in der zweiten Hälfte richtig gefesselt. Ich habe mitgehofft und mitgelitten und wollte das Buch gar nicht mehr weglegen. Ich hätte am liebsten die Figuren noch über weitere 100 Seiten begleitet. Mein heimlicher Lieblingscharakter, der mit seiner leisen, aber lebensklugen Art die Dinge durchschaut, ist Robertas Opa.
Wenn man sehr genau liest, fallen einem leider ein paar zeitliche Ungereimtheiten insbesondere bezüglich der Geschichte des Großvaters auf, wo die Angaben nicht immer genau passen und sich immer mal um 1-2 Jahre verändern. Zudem wird mehrfach erwähnt, dass die Gefangenschaft aus dem Zweiten Weltkrieg bereits 40 Jahre zurückliegt, was mit 1971 nicht vereinbar ist. Auch die Aussage von Wilhelms Kumpel Wolfgang, dass der Zivildienst dreimal so lang dauere, wie der Wehrdienst, ist merkwürdig. 1971 dauerten beide Dienste genau 18 Monate. An einer weiteren Stelle passt eine Aussage Robertas nicht zu einem einige Kapitel davor geschilderten Geschehen. Das sind allerdings Kleinigkeiten.
„Zwei Leben“ ist ein sehr bewegendes, teils trauriges, aber gleichzeitig Hoffnung schenkendes Buch, lebendig und klug erzählt. Es erinnert daran, was wirklich zählt, auch wenn es oft so schwer umzusetzen ist: „…Dass nichts wichtiger ist, als richtig zu leben. Nicht halb oder versteckt oder einfach falsch.“