Kunstkalender 2024 Michael EngelhardtMikro- und Makrokosmos - die Genesis phantastischer Bildwelten bei Michael EngelhardtAus der Laudatio von Georg Graf von Matuschka, gehalten im Juli 2018 zur Verleihung des von derKulturstiftung Erlangen ausgelobten Ehrenpreises für das Lebenswerk. Allein durch das Arrangement der Dinge und deren Form und Farbigkeit dirigiert ENGELHARDT seine Bilddetails in ein mehrstufiges Feld von Realem und Irrealem.Das malerische Pendel schwingt zwischen Abbild und Surrealem. Die Vorspiegelung verschiedener Seins- und Aggregatszustände setzen bei Licht- und Schattenspielen an und finden ihreFortsetzung in der Aushebelung von Zeit, Raum und Materie. Genau an diesen Punkten verlässt der Künstler die Dogmatik der physischen Welt und sucht metaphysische Sinnbilder anhand metaphorischer Bildgestaltungen. So schafft ENGELHARDT inhärente Bilder, in dem er Dinge zueinander gesellt, die aus sich heraus keinen logischenBezug haben, sondern deren Erschließung sich erst dann öffnet, wenn der Betrachter bereit ist, das sinnlich Wahrnehmbare im Kontakt mit dem Übersinnlichen zuzulassen. ENGELHARDT spielt mit dem Erinnerungs- und Erfahrungsschatz seiner Bildbetrachter. Unser Gedächtnisreservoir ist für unsere Orientierung und Seinsgewissheit ein steter Kompass. Kein Wunder also, wenn Betrachter auch innere Widerstände überwinden müssen, um den poetischen Bildgehalten zu folgen.ENGELHARDTS Stillleben legen durch ihre frappante Naturwiedergabe gewissermaßen einen Köder an den Betrachter aus. Im Fortgang der Betrachtung wird der Rezipient in einen Strudel von Rätseln und Fragen gezogen. Die dargestellten Dinge verweisen nicht nur auf die gelebte Wirklichkeit, sondern sind durch ihre Symbolwerte ihr gestaffeltes Zu- und Nebeneinander derart energetisch aufgeladen, dass sie sich zueinander verhalten wie Dialogpartner in einem Spiel der Rollen und interaktiven Improvisationen. Neben dem Dingcharakter seiner Objekte, überfängt ENGELHARDT die abgebildeten Gegenstände zuweilen mit einer projizierten phantastischen Eigenschaft. So verwandelt sich in seinem Malvorgang beispielsweise eine plastisch vor ihm stehende Emailkanne auf dem Gemälde in eine ganz und teilweise durchsichtige Kanne, die den Durchblick auf den Hintergrund zulässt, ohne dabei ihre Kontur ganz aufgeben zu müssen. In dieser Szene des surrealen Schwebezustands zwischen Realität und Imagination, entsteht ein Raum des Mystischen und Unheimlichen. Die Dinge entbinden sich von unserer Wirklichkeitsorientierung und beginnen im virtuellen Raum ein Eigenleben. Das Gemälde nimmt dadurch eine mediale Position zwischen Traum und Wirklichkeit ein und vermittelt zu beiden Polen von Realitätsbezügen.Das Imaginäre in den Landschaften ENGELHARDTS ist manchmal erst auf den zweiten Blick sichtbar, ein anderes Mal jedoch als deutliches Kraftzentrum in den Focus der Bildarchitektur gelenkt.ENGELHARDT nimmt sich, im Rahmen seines Realismus-Verständnisses, die Freiheit Dinge, die er im Gegenüber vor sich sieht, auf der Leinwand mittels Farbe und Lichtführung zu materialisieren und zu entmaterialisieren. In diesem feinen Spiel der Übergänge von Sein und Nichtsein, führt er den Geist der flüchtigen Seinsgewissheit ein. Was ist selbstverständlich und wo beginnt der Zweifel am Handfesten und Andauernden? [...] Raum und Zeit, Licht und Transzendenz, Metaphysik und Mythos. Die Frage nach dem, was real ist, noch real sein könnte und dem, wo die Grenze zum irrealen Raumkörper bereits überschritten wird und wurde, ist in ENGELHARDTS Kunstschaffen immer wieder variantenreich erfahrbar.