Produktdetails
- Anzahl: 2 Vinyls
- Erscheinungstermin: 31. Mai 2013
- Hersteller: 375 Media GmbH / MATADOR/BEGGARS GROUP / INDIGO,
- EAN: 0744861104018
- Artikelnr.: 37806723
- Herstellerkennzeichnung
- Beggars UK Ltd.
- 375 Media GmbH
- Schachthofstraße 36a
- 21079 Hamburg
- https://375media.com/
LP 1 | |||
1 | Keep Your Eyes Peeled | 00:05:04 | |
2 | I Sat By The Ocean | 00:03:56 | |
3 | The Vampyre Of Time And Memory | 00:03:35 | |
4 | If I Had A Tail | 00:04:56 | |
5 | My God Is The Sun | 00:03:55 | |
6 | Kalopsia | 00:04:38 | |
LP 2 | |||
1 | Fairweather Friends | 00:03:43 | |
2 | Smooth Sailing | 00:04:51 | |
3 | I Appear Missing | 00:06:01 | |
4 | ...Like Clockwork | 00:05:24 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2013Die Anmut des swingenden Rhinozeros
Mehr Steinzeit, weniger Königin? Das konnte für die Queens Of The Stone Age keine Devise sein. Das neue Album bietet das Beste aus der Bandgeschichte, die Entwicklung hin zum Erwachsenen-Rock ist abgeschlossen.
Die beste Rockband des noch jungen Jahrtausends? Die Queens Of The Stone Age sind in der engsten Auswahl. Zwischen all den anderen Stars, die bloß den Ruhm mit bewährten Mitteln verwalteten oder aber ergiebige Runden auf dem großen Retro-Karussell drehten (Jack White, Black Keys), waren sie die Truppe, die plötzlich mit ungewöhnlichen Tönen aufhorchen ließ: 2002 war das, als sich aus hektischem Radiomoderatorengemurmel die massiv rotierenden Klänge der "Songs For The Deaf" erhoben: mit ihrer trockenen, wie vom Wüstenwind gedörrten Härte, ihren schnellen Robot-Riffs unter satten Melodielinien, dazu zwei Gesangsstimmen, die wie Engel und Teufel zusammenwirkten. Der rauchige Bariton von Mark Lanegan wechselte mit der coolen Chorknabenstimme von Josh Homme, der mit seinen Projekten bald zu einem Mastermind des amerikanischen Rock wurde.
Das letzte Album der Band liegt nun aber auch schon wieder sechs Jahre zurück. Homme hat unterdessen selbst lieber auf der Retro-Welle gesurft: Im Projekt Them Crooked Vultures versuchte sich an einer zeitgemäßen Definition des Led-Zeppelin-Stils, zusammen mit Dave Grohl (Foo Fighters) und John Paul Johnes, dem einstigen Originalbassisten zwischen Plant und Page. Das blieb, wie oft bei Supergruppen, hinter den Erwartungen zurück; zu viel uninspirierter Kotelettstampfer-Rock. So bangte man dem immer wieder verschobenen neuen Album der Queens of the Stone Age entgegen. 2010 hat noch der Tod dazwischenzupfuschen versucht. Eine Knieoperation war ziemlich danebengegangen; Josh Homme erlitt einen Herzstillstand. Monatelang war der Projekteschmied außer Gefecht gesetzt. Nun ist "Like Clockwork" da, und schnell wird deutlich, dass hier nicht bloß Erfolgsformeln wiederholt werden, sondern auf Entwicklung gesetzt und ein ganz eigener Klangkosmos entwickelt wird. Das erste Stück, "Keep Your Eyes Peeled", schält erst einmal die Ohren: Ein gewaltbereiter Bass kommt zur Tür herein, bullert mächtig herum zum schleppenden Rhythmus, ohne dass sich das Ganze jedoch zum kompakt vorantreibenden Robot-Sound formieren würde. Als ginge es darum, Erwartungen zu kitzeln, die Erfüllung aber doch zu verweigern, zur Seite auszuweichen, etwa in einen kleinen Pseudo-Refrain. Kurz: Rums und Raffinement, Queens Of The Stone Age.
Neben dem Robot-Rock wurde der "Kokain-Pop" zum zweiten Markenzeichen der Band. Auf dem Album folgen dann auch eine Reihe etwas schräger Feel-Good-Hits für den Sommer. "I Sat by the Ocean" bietet gefällige Akkordwechsel, "My God is the Sun" macht dem Titel gut gelaunt Ehre, bis das Lied unter den Lichtgarben einen leichten Sonnenstich bekommt und fröhlich dem Ende entgegentorkelt. Diese luftige Kreuzung von Rock und Pop ist keine kleine Leistung, öfter kommt dabei ja etwas heraus wie die Vereinigung des Schnöden mit dem Blöden.
"If I Had a Tail", der prägnanteste Song des Albums, hat die Anmut eines swingenden Rhinozeros, verbindet Heftigkeit und Hüftschwung. Entspannt marschiert er los, basierend wiederum auf einem prächtig schaukelnden Bassriff von Michael Shuman. Die Botschaft ist plausibel: "Wenn ich einen Schwanz hätte, würde ich die Fliegen totschlagen", singt Josh Homme im terrassenförmig gebauten Refrain. Dazu sind Schwänze schließlich von der Evolution entwickelt worden. "Era Vulgaris", das letzte Album der Band, hatte eine unverdient schlechte Presse. Es bot Musik für ein kleines Stimmungsfenster: Schlechte Laune konnte man damit gut bearbeiten, mit den unerbittlich repetierten Riffstummeln von Songs wie "Sick, Sick, Sick", die an eingängigen Rockschemata vorbeikomponiert waren und die Kunst des Robot-Rocks noch einmal voll zur Geltung brachten, nachdem vom Vorgänger-Album "Lullabies To Paralize" vor allem geschliffene, gut kullernde Songperlen in Erinnerung geblieben waren. "Like Clockwork" nun ist viel breiter angelegt, verbindet das Beste beider Welten. Die Tendenz zum gereiften Adult-Rock ist deutlich. Wehmut statt Wut (etwa im schönen "I Appear Missing") - Joshua Homme ist ausgezogen, die Schönheit zu suchen.
Spuren von Hommes Nahtoderlebnis mag man in den Liedern finden, etwa in der nachdenklichen Ballade "The Vampyre of Time and Memory" oder in "Kalopsia", das ganz ruhig ansetzt, wie ein kleiner psychedelischer Albdruck. Verhangene Gitarrenläufe klingen, als sollten gleich ein paar Jazz-Skalen erprobt werden, dann aber wird ein lärmiger Refrain hineingewuchtet: "Why were you so sad?"
Der liebenswürdige Drum-Gorilla Joey Castillo hat zwischenzeitlich die Band verlassen und der alte Gefährte Dave Grohl wieder mitgetrommelt. Illustre Namen sind auf der Gästeliste: Trent Reznor, Alex Turner und Elton John, der sich regelrecht aufgedrängt haben soll. "Was deiner Band fehlt, ist eine echte Königin" - mit diesem Satz hat er angeblich bei Josh Homme angeklopft. Jetzt spielt er Klavier in der Hymne "Fairweather Friends". Vom Minimalismus der frühen Tage ist in diesem orchestralen Opus nichts geblieben. Deshalb folgt mit "Smooth Sailing" ein gröber gehauener Stampfer im Them Crooked Vultures-Stil, der nebenbei zeigt, dass eine Gitarre lachen kann wie eine Hyäne.
Nach Desert-Session und Wüstensand auf den Verstärkern klingt dieses Präzisionsuhrwerk von einem Album nicht mehr. Am Ende, im Titelstück "Like Clockwork", ist die Band im Prog-Rock angekommen, und Josh Homme ergeht sich im Falsettgesang. Da rufen nun alle "Hä?!", die auf ewig von diesem Musiker die Rückkehr zum Stoner-Rock erwarten, mehr Steinzeit wollen, weniger Königin. Wer weiß, vielleicht bringt ihn in zwanzig Jahren ein Reduzierer wie Rick Rubin dazu. Bis dahin wird Josh Homme hoffentlich noch viele sehr gute Platten wie diese machen.
WOLFGANG SCHNEIDER
Queens Of The Stone Age,
Like Clockwork
Matador Records 3564587 (Beggars Group/Indigo)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mehr Steinzeit, weniger Königin? Das konnte für die Queens Of The Stone Age keine Devise sein. Das neue Album bietet das Beste aus der Bandgeschichte, die Entwicklung hin zum Erwachsenen-Rock ist abgeschlossen.
Die beste Rockband des noch jungen Jahrtausends? Die Queens Of The Stone Age sind in der engsten Auswahl. Zwischen all den anderen Stars, die bloß den Ruhm mit bewährten Mitteln verwalteten oder aber ergiebige Runden auf dem großen Retro-Karussell drehten (Jack White, Black Keys), waren sie die Truppe, die plötzlich mit ungewöhnlichen Tönen aufhorchen ließ: 2002 war das, als sich aus hektischem Radiomoderatorengemurmel die massiv rotierenden Klänge der "Songs For The Deaf" erhoben: mit ihrer trockenen, wie vom Wüstenwind gedörrten Härte, ihren schnellen Robot-Riffs unter satten Melodielinien, dazu zwei Gesangsstimmen, die wie Engel und Teufel zusammenwirkten. Der rauchige Bariton von Mark Lanegan wechselte mit der coolen Chorknabenstimme von Josh Homme, der mit seinen Projekten bald zu einem Mastermind des amerikanischen Rock wurde.
Das letzte Album der Band liegt nun aber auch schon wieder sechs Jahre zurück. Homme hat unterdessen selbst lieber auf der Retro-Welle gesurft: Im Projekt Them Crooked Vultures versuchte sich an einer zeitgemäßen Definition des Led-Zeppelin-Stils, zusammen mit Dave Grohl (Foo Fighters) und John Paul Johnes, dem einstigen Originalbassisten zwischen Plant und Page. Das blieb, wie oft bei Supergruppen, hinter den Erwartungen zurück; zu viel uninspirierter Kotelettstampfer-Rock. So bangte man dem immer wieder verschobenen neuen Album der Queens of the Stone Age entgegen. 2010 hat noch der Tod dazwischenzupfuschen versucht. Eine Knieoperation war ziemlich danebengegangen; Josh Homme erlitt einen Herzstillstand. Monatelang war der Projekteschmied außer Gefecht gesetzt. Nun ist "Like Clockwork" da, und schnell wird deutlich, dass hier nicht bloß Erfolgsformeln wiederholt werden, sondern auf Entwicklung gesetzt und ein ganz eigener Klangkosmos entwickelt wird. Das erste Stück, "Keep Your Eyes Peeled", schält erst einmal die Ohren: Ein gewaltbereiter Bass kommt zur Tür herein, bullert mächtig herum zum schleppenden Rhythmus, ohne dass sich das Ganze jedoch zum kompakt vorantreibenden Robot-Sound formieren würde. Als ginge es darum, Erwartungen zu kitzeln, die Erfüllung aber doch zu verweigern, zur Seite auszuweichen, etwa in einen kleinen Pseudo-Refrain. Kurz: Rums und Raffinement, Queens Of The Stone Age.
Neben dem Robot-Rock wurde der "Kokain-Pop" zum zweiten Markenzeichen der Band. Auf dem Album folgen dann auch eine Reihe etwas schräger Feel-Good-Hits für den Sommer. "I Sat by the Ocean" bietet gefällige Akkordwechsel, "My God is the Sun" macht dem Titel gut gelaunt Ehre, bis das Lied unter den Lichtgarben einen leichten Sonnenstich bekommt und fröhlich dem Ende entgegentorkelt. Diese luftige Kreuzung von Rock und Pop ist keine kleine Leistung, öfter kommt dabei ja etwas heraus wie die Vereinigung des Schnöden mit dem Blöden.
"If I Had a Tail", der prägnanteste Song des Albums, hat die Anmut eines swingenden Rhinozeros, verbindet Heftigkeit und Hüftschwung. Entspannt marschiert er los, basierend wiederum auf einem prächtig schaukelnden Bassriff von Michael Shuman. Die Botschaft ist plausibel: "Wenn ich einen Schwanz hätte, würde ich die Fliegen totschlagen", singt Josh Homme im terrassenförmig gebauten Refrain. Dazu sind Schwänze schließlich von der Evolution entwickelt worden. "Era Vulgaris", das letzte Album der Band, hatte eine unverdient schlechte Presse. Es bot Musik für ein kleines Stimmungsfenster: Schlechte Laune konnte man damit gut bearbeiten, mit den unerbittlich repetierten Riffstummeln von Songs wie "Sick, Sick, Sick", die an eingängigen Rockschemata vorbeikomponiert waren und die Kunst des Robot-Rocks noch einmal voll zur Geltung brachten, nachdem vom Vorgänger-Album "Lullabies To Paralize" vor allem geschliffene, gut kullernde Songperlen in Erinnerung geblieben waren. "Like Clockwork" nun ist viel breiter angelegt, verbindet das Beste beider Welten. Die Tendenz zum gereiften Adult-Rock ist deutlich. Wehmut statt Wut (etwa im schönen "I Appear Missing") - Joshua Homme ist ausgezogen, die Schönheit zu suchen.
Spuren von Hommes Nahtoderlebnis mag man in den Liedern finden, etwa in der nachdenklichen Ballade "The Vampyre of Time and Memory" oder in "Kalopsia", das ganz ruhig ansetzt, wie ein kleiner psychedelischer Albdruck. Verhangene Gitarrenläufe klingen, als sollten gleich ein paar Jazz-Skalen erprobt werden, dann aber wird ein lärmiger Refrain hineingewuchtet: "Why were you so sad?"
Der liebenswürdige Drum-Gorilla Joey Castillo hat zwischenzeitlich die Band verlassen und der alte Gefährte Dave Grohl wieder mitgetrommelt. Illustre Namen sind auf der Gästeliste: Trent Reznor, Alex Turner und Elton John, der sich regelrecht aufgedrängt haben soll. "Was deiner Band fehlt, ist eine echte Königin" - mit diesem Satz hat er angeblich bei Josh Homme angeklopft. Jetzt spielt er Klavier in der Hymne "Fairweather Friends". Vom Minimalismus der frühen Tage ist in diesem orchestralen Opus nichts geblieben. Deshalb folgt mit "Smooth Sailing" ein gröber gehauener Stampfer im Them Crooked Vultures-Stil, der nebenbei zeigt, dass eine Gitarre lachen kann wie eine Hyäne.
Nach Desert-Session und Wüstensand auf den Verstärkern klingt dieses Präzisionsuhrwerk von einem Album nicht mehr. Am Ende, im Titelstück "Like Clockwork", ist die Band im Prog-Rock angekommen, und Josh Homme ergeht sich im Falsettgesang. Da rufen nun alle "Hä?!", die auf ewig von diesem Musiker die Rückkehr zum Stoner-Rock erwarten, mehr Steinzeit wollen, weniger Königin. Wer weiß, vielleicht bringt ihn in zwanzig Jahren ein Reduzierer wie Rick Rubin dazu. Bis dahin wird Josh Homme hoffentlich noch viele sehr gute Platten wie diese machen.
WOLFGANG SCHNEIDER
Queens Of The Stone Age,
Like Clockwork
Matador Records 3564587 (Beggars Group/Indigo)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main