-5%6
19,99 €**
18,99 €
inkl. MwSt.
**Niedrigster Preis der vergangenen 30 Tage

Versandfertig in 3-5 Tagen
Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktdetails
  • Anzahl: 1 Audio CD
  • Erscheinungstermin: 25. Oktober 2013
  • Hersteller: Broken Silence / Cuneiform,
  • EAN: 0045775037523
  • Artikelnr.: 39386754
Trackliste
CD
1Chelsa
2Rivmic Melodies
3Slow Walkin' Talk
4Moon In June
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Bye bye Junimond, es ist vorbei

Was hätte aus dem Mann noch alles werden können: Neue Aufnahmen zeigen Jimi Hendrix von mehreren unbekannten Seiten und als Anreger britischer Rockmusik.

Legenden lügen nicht: Als sich der Schlagzeuger Robert Wyatt im Herbst 1968 nach einer aufreibenden Nordamerika-Tournee von Soft Machine als Vorband der Jimi Hendrix Experience entschloss, noch ein paar Tage in Los Angeles zu bleiben, um in den T. T. G. Studios von Hollywood erste Songskizzen für ein geplantes Soloalbum aufzunehmen, schaute eines Tages zufällig Hendrix vorbei. Wyatt experimentierte gerade mit einem Lied namens "Slow Walkin' Talk" und suchte nach einer passenden Basslinie - eine Nummer im Stile der Experience, die ein wenig an Hendrix' Klassiker "Manic Depression" erinnert. Hendrix hörte sich den Song ein einziges Mal an, schnappte sich, als Linkshänder, einen Fender-Jazz-Bass für Rechtshänder, machte sich gar nicht erst die Mühe, die Saiten umzuspannen, und erfand aus dem Stegreif eine Bassbegleitung, die in ihrer Perfektion und federnden Dynamik jedem Gitarristen Ehre macht.

Jetzt ist diese Aufnahme von Robert Wyatt mit seinem Mentor Hendrix, zusammen mit verschollen geglaubten Stücken wie "Chelsa" und dem fast zwanzigminütigen "Rivmic Melodies", erschienen: Für Fans von Soft Machine und Robert Wyatt ein unerwartetes Freudenfest! Auch die Urform von Wyatts früher Erkennungsmelodie "Moon in June" ist auf dem Album "'68" enthalten - vollständige Blaupausen eines führenden Klangarchitekten der Canterbury-Szene. Schon damals wurde die anrührende Zerbrechlichkeit in Wyatts Stimme spürbar, seine kunstvoll domestizierte Traurigkeit. Mit den Hard-Bop-Improvisationen von Art Blakey's Jazz Messengers im Ohr wagte sich der Schlagzeuger an Serien aus verschiedenen Songfragmenten, die in ihren epischen Längen im Rock-Idiom damals gänzlich unerhört wirkten. "Moon in June" etwa entpuppt sich als Mischung aus Bewusstseinsstrom-Lyrik und realistischen Beobachtungen, Schnappschüssen des Alltags voller Anspielungen und Aphorismen.

Der Song "Rivmic Melodies" dagegen - Psychedelic Rock und Jazzrock gehen hier noch Hand in Hand - sollte mit der Vielzahl seiner Motive die spätere Basis des Soft-Machine-Albums "Volume II" bilden. Laut Hugh Hopper geht der Titel auf den surrealistisch angehauchten Jargon der Canterbury-Clique zurück. Auch die Pataphysik eines Alfred Jarry stand bei diesem Stück unüberhörbar Pate. Wyatts Entschluss, bei den Aufnahmen alle Instrumente (Schlagzeug, Keyboards, Bass und Gitarre) selbst zu spielen, dürfte dem role model des Multiinstrumentalisten Rahsaan Roland Kirk geschuldet sein. Einzige Ausnahme ist der Kurzauftritt von Jimi Hendrix.

Auch von ihm sind Neuheiten auf den Markt gekommen: Der Mitschnitt vom "Miami Pop Festival" aus dem Frühjahr 1968 versammelt hinreißend energetische Versionen von Klassikern wie "Hey Joe" oder "Red House", enthält aber auch den ersten Live-Mitschnitt seiner schwerblütigen Blues-Meditation "Hear My Train A Comin'". Hendrix war hier vor rund 50 000 Besuchern als Headliner neben Frank Zappas Mothers of Invention, Blue Cheer und The Crazy World of Arthur Brown gebucht. Auf der Rückfahrt von der später verregneten Veranstaltung, auf dem Rücksitz einer Stretch-Limousine kam ihm die Song-Idee zu "Rainy Day, Dream Away", das mit seinem jazzigen Groove anschließend auf dem gerade in Arbeit befindlichen "Electric Ladyland"-Album erscheinen sollte. Parallel zur Miami-Pop-Festival-Veröffentlichung ist die DVD "Jimi Hendrix: Hear My Train A Comin'" (Sony Music) erschienen - bis heute das profundeste Porträt dieses Gitarristen, das nicht nur dessen kurze, heftige Metamorphose vom Sideman zum Superstar, sondern auch ganz persönliche Reflexionen in Form von Interviews abbildet. Comic-Zeichnungen des Science-Fiction-Fans sind ebenso zu sehen wie rare Fotos und Briefe. Neben der zweistündigen Aufarbeitung der Hendrix-Legende enthält die DVD Weiteres: Nie zuvor gesehene Konzertaufnahmen vom New Yorker Pop-Festival 1970 und, als besondere Rarität, bis dato unveröffentlichtes Film-material vom allerletzten öffentlichen Auftritt beim Festival auf der Insel Fehmarn, zwei Wochen vor seinem Tod.

Endlich ist dieser Tage auch das "Köln Concert" (Dagger Records/Sony Music) der Jimi Hendrix Experience auf CD herausgekommen. Am 13. Januar 1969 trat das Trio in der Kölner Sporthalle auf und nahm das - nicht zuletzt wegen der brüllenden Lautstärke einer einzelnen Gitarre - anfangs leicht schockierte Publikum auf eine tour de force elektrischer Soundforschung mit. Herausragend ist hier eine rasante Instrumentalversion des Cream-Klassikers "Sunshine of Your Love" mit einem verzerrt-dröhnenden Basssolo von Noel Redding, das in eine wilde Jamsession mündet. Zu Beginn seines Auftritts, vor dem ersten Song "Come On", ermunterte Hendrix seine Zuhörer in bester Hippie-Manier: "Ihr müsst alles vergessen, was sich außerhalb dieser Arena befindet, und nur intensiv zuhören. Jeder wird sich dann frei fühlen." Einen Tag später lernte Hendrix in Düsseldorf übrigens die damalige Eiskunstläuferin Monika Dannemann kennen, die im darauf folgenden Jahr bei den bis heute nicht aufgeklärten Umständen seines Todes eine mysteriöse Schlüsselrolle spielen sollte.

PETER KEMPER.

Robert Wyatt, '68.

Cuneiform Records 375 (Rune).

The Jimi Hendrix Experience, Miami Pop Festival.

Sony Music 376992

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr