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Produktdetails
Trackliste
CD
1Hühnerposten00:03:58
2Flaschenpfand00:03:39
3Der Monat00:03:53
4Wasserstoff00:03:48
5Löwe00:03:05
6Reden wir von mir00:03:58
7Tannenduft00:03:34
8Stählerner Adler00:04:53
9Sabelle fliegt00:03:54
10Faul und bequem00:03:49
11Klischee00:01:03
12Bienen am Fenster00:03:01
13Für immer00:03:28
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2014

Oh, Baby, ich bin Löwe
Andreas Dorau macht Ohrwürmer zum Nachbauen

Wie man aus den Silben "Fli-Fli, Fla-Fla-Flaschenpfand" eine Ohrwurmmelodie machen kann, das weiß wohl nur die Neue Deutsche Welle. Ob der vielseitige Sänger Andreas Dorau mit diesem Erinnerungs-Etikett noch behaftet werden muss, darf man fragen, aber die Geschichte seines Riesen-Hits "Fred vom Jupiter" ist einfach zu kurios: Der Junge war erst fünfzehn, als er das Lied in einem Schulprojekt über Popmusik schrieb. Dann schickte er es an das Düsseldorfer Avantgarde-Label Ata Tak, nahm es mit einem Backgroundchor dreizehnjähriger Mädchen richtig auf, und es wurde berühmt. Schwierig war allerdings die Urheberrechtsfrage, und inzwischen mag Andreas Dorau den Song überhaupt nicht mehr hören und singen.

Das Flaschenpfandlied nun hätte das Zeug, an seine Stelle zu treten: Hat es doch wieder so einen hübschen Chor mit Schüler-Charme und einen sehr einprägsamen Refrain. Dass der Sänger jetzt fünfzig wird, hört man ihm jedenfalls nicht an. Noch besser aber ist, dass auch der Rest seines neuen Albums überzeugt.

Es ist ein Konzeptalbum zu Ehren der Leihbibliothek, genauer: der Hamburger Bücherhalle "Hühnerposten". So heißt das Eröffnungsstück, und wieder staunt man über den Refrain: "Taschenbücher, Periodika / Musik und DVDs: alles ist da / Noten, Filme, Lexika / In der Leihbibliothek" - kaum zu glauben, aber das kann man wirklich singen!

Dorau hat in dieser Bibliothek offenbar sehr viel Zeit verbracht und, wie es heißt, seine Designer-Plastiktüten wahllos mit Material beladen, was bei einem Ausleihmaximum von siebzig Medien nicht verwundert: "Greatest Hits längst vergessener amerikanischer Vollbart-Bands, neueste Veröffentlichungen aus dem grässlichen Bereich des Indie-Rock, Top-Ten-Grausamkeiten von vor fünf Jahren". Auf diesen habe er dann nach "guten Stellen" gesucht, um sie für seine eigene Musik zu verwerten.

Für die Liedtexte konsultierte Dorau Bücher aus verschiedensten Abteilungen, von naturwissenschaftlichen Werken bis zur Hamburger Stadtgeschichte. So erklärt sich etwa der Titel "Tannenduft", den man als Moritat vom Serienmörder Fritz Honka bezeichnen könnte. Eine lyrische Kostprobe: "Tannenduft und Leichengeruch / Was mag in den Plastiktüten sein?"

Ein Song mit großem Hitpotential kommt dann aber auch mal nicht aus Buchwissen, sondern mitten aus dem richtigen Leben: Es geht um eine aufdringliche Frau, die auf einer Party alle nach ihrem Sternzeichen fragt, um dann selbst mitzuteilen: "Oh Baby, ich bin Löwe!" - sehr tanzbar, die Nummer.

Im Begleittext prägt Andreas Dorau außerdem noch ein hübsches Bonmot, nämlich dieses: "Die Bücherhalle ist das kleine Internet für Haptiker." Dann folgt, ganz im Geiste der Do-it-yourself-Bewegung gehalten, eine Information für alle, die "auch ein Spitzenalbum machen möchten" - nämlich die Gebührenordnung der öffentlichen Bibliotheken in Hamburg.

JAN WIELE

Andreas Dorau:

Aus der

Bibliothèque

BureauB 3792960

(Indigo)

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