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  • EAN: 4011692100011
  • Artikelnr.: 28218261
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.09.2012

AUCH DAS NOCH
Von Eleonore Büning

Schon wieder ist Antonio Vivaldi die Nummer eins in den Charts bei I-Tunes. Von seinen "Quattro Stagioni" gibt es fast jeden Monat eine Neueinspielung, an die zwei Dutzend populäre Werbespots bringen mit ein paar Takten Frühling, Sommer, Herbst oder Winter ihre Kekse oder ihren Kaffee an die Kundschaft. Und immer wieder wird diese tolle Musikverwurstungsmaschine neu geölt von den Komponisten. Zuletzt hatte Anfang des Jahres Uri Caine, gemeinsam mit Theo Blackmann, die Sonette der "Vier Jahreszeiten" zu zuckersüßen Schmusesongs vertont (Winter & Winter/edel). Jetzt bringt die Deutsche Grammophon in ihrer Reihe "Recomposed" eine minimalistisch inspirierte "Quattro Stagioni"-Version des britischen Komponisten Max Richter heraus, mit dem Geiger Daniel Hope und dem Dirigenten André Ridder (Universal). Nicht zu überhören, dass der Minimalismus schon seit etlichen Jahren mausetot ist. Aber Vivaldi lebt.

Längst hat da das Label Winter & Winter nachgelegt. Diesmal trifft es die Brandenburgischen Konzerte. Ein richtiges Hörspiel hat Stefan Winter dazu gebastelt: Pferde wiehern hinein ins F-Dur-Allegro des ersten Concertos, Hufe trappeln, Leute quatschen, Applaus, Pausengongs, dann schlägt die Uhr Mitternacht, und es gibt einen Mordsradau. Wer hat da all diese Blechkisten umgeworfen? Ach nein, man lese erst das Kleingedruckte auf dem Cover: Der Krachmacher ist der junge Johann Sebastian Bach. Er fährt gerade mit der Kutsche von Weimar nach Köthen. Dort gerät er bei Hofe in einen Ball mit "hundreds of guests in wonderful imaginative dresses" hinein und dann in "wonderful fireworks". Keine Frage: Auch Bach wird das überleben.

Und dann ist da noch ein ganz famos gelungener Musikverwurstungsversuch von Wolfgang Katschner und seiner Lauttencompagney (deutsche harmonia mundi/Sony). "Handel with Care" heißt diese Platte passenderweise. Zwei Dutzend populäre Opernarien von Georg Friedrich Händel werden hier mit Samthandschuhen serviert, in neuer Gestalt: ohne Sänger, dafür singen die Instrumente. Manche Stücke erkennt man gar nicht mehr wieder, so stark wechselt die Musik ihre Farben. Die herrliche Schnulze "Lascia ch'io pianga" verwandelt sich, von der Laute gezupft, in eine filigran verzierte Consort-Musik. "Cara Sposa" wird der tiefen Gambe überlassen, da schluchzt und stolpert dann der Kontrabass hinterdrein. Und wenn auch der Atem der Stimme fehlen mag, so gibt es dafür jetzt reichlich Swing und Herzschlag.

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