Produktdetails
- Anzahl: 1 Audio CD
- Erscheinungstermin: 8. Oktober 2010
- Hersteller: Universal Music,
- EAN: 0602527422411
- Artikelnr.: 31089116
CD | |||
1 | Angel Dance | 00:03:49 | |
2 | House Of Cards | 00:03:13 | |
3 | Central Two-O-Nine | 00:02:48 | |
4 | Silver Rider | 00:06:06 | |
5 | You Can't Buy My Love | 00:03:10 | |
6 | Falling In Love Again | 00:03:36 | |
7 | The Only Sound That Matters | 00:03:43 | |
8 | Monkey | 00:04:58 | |
9 | Cindy, I'll Marry You Someday | 00:03:36 | |
10 | Harm's Swift Way | 00:04:17 | |
11 | Satan Your Kingdom Must Come Down | 00:04:12 | |
12 | Even This Shall Pass Away | 00:04:03 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.09.2010Der goldene Gott in Nashville
Kommt mir bloß nicht mit "Whole Lotta Love": Robert Plant verwirklicht sich einen Jugendtraum, mietet sich Musiker aus Nashville und spielt eine erstaunliche Platte ein.
Diagnose: eindeutig Tom-Petty-Syndrom. Petty nämlich hat es sich vor Jahren gegönnt, mit seiner Uralt-Band Mudcrutch die Platte aufzunehmen, die zu Bestandszeiten in den frühen siebziger Jahren nie gemacht worden war. Seine Heartbreakers musste er für diesen entspannten, ja, fast ein wenig zu unambitionierten Country-Spaß nicht in die Wüste schicken, denn es handelte sich teilweise um dieselben Musiker.
So praktisch ist es bei Robert Plant nicht. John Bonham, der ihn 1966 - da war Plant achtzehn - zur Band Of Joy gelotst hatte, ist seit dreißig Jahren tot; und John Paul Jones und Jimmy Page, die anderen beiden Zeppeline, waren damals nicht dabei. So griff Plant nun, um das Versäumte nachzuholen, auf Nashville-Personal zurück, das sich wahrscheinlich auch nicht hätte träumen lassen, einmal mit dem ehemaligen Led-Zeppelin-Kreischer zusammenzuarbeiten.
So verblüffend das Projekt in personeller Hinsicht auch anmuten mag - stilistisch wirkt es triftig. Harter Rock und sanfter Folk lagen bei den Briten seit je eng zusammen, natürlich nicht gerade bei der Incredible String Band und erst recht nicht bei Nick Drake, aber doch bei Gruppen wie Free oder eben Led Zeppelin; vor allem dem Album "Led Zeppelin III" (1970) ist das abzuhören. Robert Plant hat also immer beides unter einen Hut bekommen; er war nur, über die Jahrzehnte, gleichsam eingefroren in die Pose des Hardrock-Sängers schlechthin, jedenfalls für ein breiteres Publikum, das sich an "Whole Lotta Love" berauschte und mit den zarteren Tönen nichts anzufangen wusste. Aber auch wenn er unter den Led-Zeppelin-Musikern der einzige mit einer mehr als nennenswerten Solokarriere ist, so stand auch er natürlich nach 1980, als die Band sich konsequent trennte, im Schatten des enormen Ruhms, der sich seither eher noch vermehrt hat. Dass sich in diesen drei Jahrzehnten das Image der Band verändert hat - weg vom musikalisch effekthascherischen Show- und Umsatzmonster, hin zu einer Band, die ungeachtet ihres kommerziellen Erfolgs nicht nur nie opportunistisch vorging, sondern mit ihrer Verweigerungshaltung und vergleichsweise puristischen Veröffentlichungspolitik heute zu den höchstgeachteten zählt -, davon hat auch Plant ohne Zweifel profitiert, der unter den drei Überlebenden allerdings die geringste Lust zeigt, das Erbe zu bewahren.
Nach "Whole Lotta Love" klingt denn auf seiner Soloplatte "Band Of Joy" auch nur sehr wenig. Am ehesten knüpft sie an das gemeinsam mit dem alternativen Countrystar Alison Krauss eingesungene Roots-Album "Raising Sand" (2007) an, das mit sechs Grammys ausgezeichnet wurde. Und sie ist auch von vergleichbarer Makellosigkeit, allerdings - weil die bisweilen gar zu liebliche Alison Krauss dieses Mal ja nicht dabei ist - spürbar härter. Statt ihrer macht Patty Griffin mit, die zur damaligen Band-Of-Joy-Zeit zwar noch in die Windeln gemacht hat, aber später von Plants orgiastischem Gesang auf den richtigen Weg gebracht wurde. Griffin hat die ätherisch ausgehauchten Töne der Krauss zwar auch im Angebot, sorgt aber insgesamt für einen weniger fragilen Singalong-Rahmen, der durch die Arbeit von Darrell Scott und vor allem Buddy Miller noch erhebliche Festigkeit bekommt. Während Scott mit Mandoline, Banjo, Akkordeon und Steel-Gitarre die bei Plant, wie gesagt, ja quasi immer zum Greifen nahen Geister des Folk und Country ruft, sorgt Miller, eine auf Jahre ausgebuchte Schlüsselfigur zeitgenössischer Americana-Musik, für den Heavy-Appeal, den wohl auch Page nicht besser hinbekommen hätte.
Dass unter dieser Spannung von Temperamenten und Spielweisen das Album nicht nur nicht auseinanderbricht, sondern die wohl schlackenloseste, rückstandsfreieste Synthese aus hartem Rock und Country-Folk bietet, die seit langem zu hören war, schreibt Plant richtigerweise der hochprofessionellen Nashville-Schule gut, die er, wie er in einem gerade erschienenen, lesenswerten Interview mit dem "Rolling Stone" zugibt, richtiggehend demütig absolviert hat. Der ehemals goldene Gott und inzwischen doch etwas faltig gewordene Sexidol-Rocker bringt dafür nicht nur seine eigene, erstaunlich jung und biegsam gebliebene Stimme mit, sondern auch Geschmack, und zwar nicht erst bei der Interpretation des bis auf die Plant-Miller-Komposition "Central Two-O-Nine", eine kleine Akustik-Kostbarkeit, ausschließlich fremden Materials, sondern schon bei dessen Auswahl.
Dabei wäre der druckvoll unterlegte Los-Lobos-Song "Angel Dance" auch auf einer der Page-Plant-Platten aus den Neunzigern nicht weiter aufgefallen, während man bei Richard Thompsons "House of Cards" dann schon schlucken muss - nicht zu fassen, der Altmeister des britischen Folk liefert eine Steilvorlage für eine Interpretation, die in ihrer Mischung aus Schwerblütigkeit, ja, fast Gewalttätigkeit und Euphorie ausgesprochen originell ist und durch Patty Griffins Hintergrundgesang einen Refrain erhält, an dem man sich so schnell nicht satthören kann. Weit greift, über sechs Minuten hin, "Silver Rider" aus, das von der amerikanischen Band Low stammt und hier wohl auch dazu dient, Plants Fantasy-Fimmel ein wenig zu kitzeln.
Nicht weniger erstaunlich sind der Beat von "You Can't Buy Me Love", der Blues von "Falling in Love Again", der zauberhafte Pop von "The Only Sound That Matters", das Country-Traditional "Satan Your Kingdom Must Come Down" und noch manches andere; vollends erstaunlich aber werden Plants Anverwandlungskünste bei "Harm's Swift Away", einer dieser typischen, bangen und praktisch schon totenbleichen Sehnsuchtsklagen von Towns Van Zandt, der Plant die Kraft und Zuversicht einhaucht, die dem Texaner zeitlebens fehlten.
Die Freiheit zu singen, wonach einem der Sinn steht und mit dem niemand rechnet: Mit einem ähnlichen Resultat hat dies unter den ehrwürdigen Engländern zuletzt Elvis Costello mit seinem vorzüglichen, trotzig-unbekümmerten Country & Western-Album "Secret, Profane And Sugarcane" gemacht. Wer Robert Plant vor fünf Jahren bei seinem bisher letzten Deutschland-Gastspiel gehört und dabei einen hellwachen, aufgeschlossenen Musiker erlebt und auch die Zusammenarbeit mit Alison Krauss noch im Ohr hat, der wird sich über sein an diesem Freitag erscheinendes Album nicht wundern. Trotzdem kommt es, auf diesem Musizierniveau und mit dieser Begleitung, überraschend. Er sehe seine Aufgabe darin, "die Gabe meines Talents mit Respekt zu behandeln", verriet Plant seinem Interviewpartner unlängst. Solange er Meisterwerke wie dieses abliefert, hat er sich nichts vorzuwerfen.
EDO REENTS
Robert Plant, Band Of Joy. Esparanza/Decca Records 274224 (Universal)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Kommt mir bloß nicht mit "Whole Lotta Love": Robert Plant verwirklicht sich einen Jugendtraum, mietet sich Musiker aus Nashville und spielt eine erstaunliche Platte ein.
Diagnose: eindeutig Tom-Petty-Syndrom. Petty nämlich hat es sich vor Jahren gegönnt, mit seiner Uralt-Band Mudcrutch die Platte aufzunehmen, die zu Bestandszeiten in den frühen siebziger Jahren nie gemacht worden war. Seine Heartbreakers musste er für diesen entspannten, ja, fast ein wenig zu unambitionierten Country-Spaß nicht in die Wüste schicken, denn es handelte sich teilweise um dieselben Musiker.
So praktisch ist es bei Robert Plant nicht. John Bonham, der ihn 1966 - da war Plant achtzehn - zur Band Of Joy gelotst hatte, ist seit dreißig Jahren tot; und John Paul Jones und Jimmy Page, die anderen beiden Zeppeline, waren damals nicht dabei. So griff Plant nun, um das Versäumte nachzuholen, auf Nashville-Personal zurück, das sich wahrscheinlich auch nicht hätte träumen lassen, einmal mit dem ehemaligen Led-Zeppelin-Kreischer zusammenzuarbeiten.
So verblüffend das Projekt in personeller Hinsicht auch anmuten mag - stilistisch wirkt es triftig. Harter Rock und sanfter Folk lagen bei den Briten seit je eng zusammen, natürlich nicht gerade bei der Incredible String Band und erst recht nicht bei Nick Drake, aber doch bei Gruppen wie Free oder eben Led Zeppelin; vor allem dem Album "Led Zeppelin III" (1970) ist das abzuhören. Robert Plant hat also immer beides unter einen Hut bekommen; er war nur, über die Jahrzehnte, gleichsam eingefroren in die Pose des Hardrock-Sängers schlechthin, jedenfalls für ein breiteres Publikum, das sich an "Whole Lotta Love" berauschte und mit den zarteren Tönen nichts anzufangen wusste. Aber auch wenn er unter den Led-Zeppelin-Musikern der einzige mit einer mehr als nennenswerten Solokarriere ist, so stand auch er natürlich nach 1980, als die Band sich konsequent trennte, im Schatten des enormen Ruhms, der sich seither eher noch vermehrt hat. Dass sich in diesen drei Jahrzehnten das Image der Band verändert hat - weg vom musikalisch effekthascherischen Show- und Umsatzmonster, hin zu einer Band, die ungeachtet ihres kommerziellen Erfolgs nicht nur nie opportunistisch vorging, sondern mit ihrer Verweigerungshaltung und vergleichsweise puristischen Veröffentlichungspolitik heute zu den höchstgeachteten zählt -, davon hat auch Plant ohne Zweifel profitiert, der unter den drei Überlebenden allerdings die geringste Lust zeigt, das Erbe zu bewahren.
Nach "Whole Lotta Love" klingt denn auf seiner Soloplatte "Band Of Joy" auch nur sehr wenig. Am ehesten knüpft sie an das gemeinsam mit dem alternativen Countrystar Alison Krauss eingesungene Roots-Album "Raising Sand" (2007) an, das mit sechs Grammys ausgezeichnet wurde. Und sie ist auch von vergleichbarer Makellosigkeit, allerdings - weil die bisweilen gar zu liebliche Alison Krauss dieses Mal ja nicht dabei ist - spürbar härter. Statt ihrer macht Patty Griffin mit, die zur damaligen Band-Of-Joy-Zeit zwar noch in die Windeln gemacht hat, aber später von Plants orgiastischem Gesang auf den richtigen Weg gebracht wurde. Griffin hat die ätherisch ausgehauchten Töne der Krauss zwar auch im Angebot, sorgt aber insgesamt für einen weniger fragilen Singalong-Rahmen, der durch die Arbeit von Darrell Scott und vor allem Buddy Miller noch erhebliche Festigkeit bekommt. Während Scott mit Mandoline, Banjo, Akkordeon und Steel-Gitarre die bei Plant, wie gesagt, ja quasi immer zum Greifen nahen Geister des Folk und Country ruft, sorgt Miller, eine auf Jahre ausgebuchte Schlüsselfigur zeitgenössischer Americana-Musik, für den Heavy-Appeal, den wohl auch Page nicht besser hinbekommen hätte.
Dass unter dieser Spannung von Temperamenten und Spielweisen das Album nicht nur nicht auseinanderbricht, sondern die wohl schlackenloseste, rückstandsfreieste Synthese aus hartem Rock und Country-Folk bietet, die seit langem zu hören war, schreibt Plant richtigerweise der hochprofessionellen Nashville-Schule gut, die er, wie er in einem gerade erschienenen, lesenswerten Interview mit dem "Rolling Stone" zugibt, richtiggehend demütig absolviert hat. Der ehemals goldene Gott und inzwischen doch etwas faltig gewordene Sexidol-Rocker bringt dafür nicht nur seine eigene, erstaunlich jung und biegsam gebliebene Stimme mit, sondern auch Geschmack, und zwar nicht erst bei der Interpretation des bis auf die Plant-Miller-Komposition "Central Two-O-Nine", eine kleine Akustik-Kostbarkeit, ausschließlich fremden Materials, sondern schon bei dessen Auswahl.
Dabei wäre der druckvoll unterlegte Los-Lobos-Song "Angel Dance" auch auf einer der Page-Plant-Platten aus den Neunzigern nicht weiter aufgefallen, während man bei Richard Thompsons "House of Cards" dann schon schlucken muss - nicht zu fassen, der Altmeister des britischen Folk liefert eine Steilvorlage für eine Interpretation, die in ihrer Mischung aus Schwerblütigkeit, ja, fast Gewalttätigkeit und Euphorie ausgesprochen originell ist und durch Patty Griffins Hintergrundgesang einen Refrain erhält, an dem man sich so schnell nicht satthören kann. Weit greift, über sechs Minuten hin, "Silver Rider" aus, das von der amerikanischen Band Low stammt und hier wohl auch dazu dient, Plants Fantasy-Fimmel ein wenig zu kitzeln.
Nicht weniger erstaunlich sind der Beat von "You Can't Buy Me Love", der Blues von "Falling in Love Again", der zauberhafte Pop von "The Only Sound That Matters", das Country-Traditional "Satan Your Kingdom Must Come Down" und noch manches andere; vollends erstaunlich aber werden Plants Anverwandlungskünste bei "Harm's Swift Away", einer dieser typischen, bangen und praktisch schon totenbleichen Sehnsuchtsklagen von Towns Van Zandt, der Plant die Kraft und Zuversicht einhaucht, die dem Texaner zeitlebens fehlten.
Die Freiheit zu singen, wonach einem der Sinn steht und mit dem niemand rechnet: Mit einem ähnlichen Resultat hat dies unter den ehrwürdigen Engländern zuletzt Elvis Costello mit seinem vorzüglichen, trotzig-unbekümmerten Country & Western-Album "Secret, Profane And Sugarcane" gemacht. Wer Robert Plant vor fünf Jahren bei seinem bisher letzten Deutschland-Gastspiel gehört und dabei einen hellwachen, aufgeschlossenen Musiker erlebt und auch die Zusammenarbeit mit Alison Krauss noch im Ohr hat, der wird sich über sein an diesem Freitag erscheinendes Album nicht wundern. Trotzdem kommt es, auf diesem Musizierniveau und mit dieser Begleitung, überraschend. Er sehe seine Aufgabe darin, "die Gabe meines Talents mit Respekt zu behandeln", verriet Plant seinem Interviewpartner unlängst. Solange er Meisterwerke wie dieses abliefert, hat er sich nichts vorzuwerfen.
EDO REENTS
Robert Plant, Band Of Joy. Esparanza/Decca Records 274224 (Universal)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main