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Produktdetails
Trackliste
CD
1Waiting on a dream00:06:14
2Off the wall00:03:04
3Xtina as I knew her00:07:04
4Angels00:03:17
5Hammer blows00:04:04
6Fire Island (Phases)00:06:07
7Lost00:03:59
8Shouts00:04:54
9Stranded00:04:20
10Tomorrow never comes00:04:30
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.03.2012

In der Krachmacherstraße
Lee Ranaldo von Sonic Youth überzeugt solo

Als großer Sänger ist er bisher nicht aufgefallen. Nicht ohne Grund durfte er bei Sonic Youth nur in Ausnahmefällen ans Mikrofon. Dafür gehört Lee Ranaldo seit mehr als drei Jahrzehnten ohne Zweifel zu den stilprägenden Gitarristen. Nun hat er ein herzerfrischendes Soloalbum aufgenommen, mit dem er aus dem Schatten seiner Bandkollegen aus der Krachmacherstraße treten dürfte, deren Zukunft seit der unlängst bekanntgegebenen Trennung von Kim Gordon und Thurston Moore, dem Traumpaar des experimentellen Noise-Rock, ungewiss ist.

Überraschend an "Between The Times And The Tides" ist vor allem, wie schwerelos die Songs daherkommen, während die akustischen und elektrischen Gitarren klingeln, klagen und knurren. Selbst die längeren Stücke der Platte, das schleppende siebenminütige "Xtina As I Knew Her" etwa oder das energische, einen kleinen Umweg über den Country nehmende "Fire Islands (Phases)", verlieren nie das Ziel aus dem Auge, das da heißt: Pop mit allen Mitteln der Kunst zu machen, ohne die Anstrengung spüren zu lassen, die hinter der Leichtigkeit stecken muss. Von den beteiligten Musikern - unter anderen Wilco-Gitarrist Nels Cline, Jazz-Organist John Medeski und Sonic-Youth-Schlagzeuger Steve Shelley, mit denen sich Ranaldo bereits für den Soundtrack der Dylan-Filmbiografie "I'm Not There" zusammentat - ist also höchste Konzentration gefordert, um den Spaziergang durch die Viertel von Folk-, Blues- und Independentrock nicht zum Gewaltmarsch werden zu lassen. Doch dem Flaneur ist nichts zu schwör. Die Melodien und Metaphern scheinen ihm nur so zuzufliegen. Es gelingt dem Mittfünfziger sogar, den Überschwang und die Irrungen der eigenen Jugend frei von onkelhaftem Gehabe in Worte und Klänge zu kleiden.

So schlendert Lee Ranaldo frohgemut und selten wehmütig durchs Dickicht der Erinnerungen, das dem Straßennetz einer Großstadt gleicht, und liest unterwegs Geschichten auf, die von der Liebe in unsicheren Zeiten erzählen, von urbaner Gewalt und Gefühlen, die man mit nach Hause nehmen kann. Seine Songs sind Schnappschüsse in verblassenden Farben, jenem Augenblick gewidmet, der etwas Bedeutsames in sich trägt und niemals wiederkehrt. Umso schöner, wenn dieser Moment so gekonnt und lässig festgehalten wird wie auf diesem Album.

ALEXANDER MÜLLER

Lee Ranaldo,

Between The Times And The Tides

Matador/Beggars Group 980 (Indigo)

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