Diese Aufnahme entstand 1940, um den 50. Jahrestag des Debüt dieser Oper zu feiern - erstmals dirigiert vom Komponisten selbst. In der ebenfalls auf dieser CD dokumentierten Begrüssungsansprache gibt Mascagni seiner Freude darüber Ausdruck, dass die bekanntesten Sänger und besten Musiker dabei mitwirkten.
CD 1 | |||
1 | Cavalleria rusticana: Introductory Speech by the Composer | ||
2 | Cavalleria rusticana: Preludio | ||
3 | Cavalleria rusticana: O Lola, ch'ai di latti la cammisa | ||
4 | Cavalleria rusticana: Gli aranci olezzano | ||
5 | Cavalleria rusticana: Dite, Mamma Lucia | ||
6 | Cavalleria rusticana: Il cavallo scalpita | ||
7 | Cavalleria rusticana: Beato voi, compar Alfio...Regina coeli | ||
8 | Cavalleria rusticana: Voi lo sapete, o mamma | ||
9 | Cavalleria rusticana: Tu qui, Santuzza? | ||
10 | Cavalleria rusticana: Fior di giaggiolo | ||
11 | Cavalleria rusticana: Ah!lo vedi, che hai tu detto? | ||
12 | Cavalleria rusticana: Oh! il Signore vi manda, compar Alfio! | ||
CD 2 | |||
1 | Cavalleria rusticana: Intermezzo | ||
2 | Cavalleria rusticana: A casa, a casa, amici | ||
3 | Cavalleria rusticana: Viva il vino spumeggiante | ||
4 | Cavalleria rusticana: A voi tutti, salute! | ||
5 | Cavalleria rusticana: Mamma, quel vino e generoso | ||
6 | Il barbiere di Siviglia (The Barber of Seville) : Il Barbiere di Siviglia: Overture | ||
7 | I vespri siciliani: I Vespri Siciliani: Overture | ||
8 | L'amico Fritz: L'Amico Fritz: Intermezzo | ||
9 | I Rantzau: Overture | ||
10 | Guglielmo Ratcliff: Intermezzo | ||
11 | Iris: Iris: Inno al sole | ||
12 | Iris: Iris: Dances | ||
13 | Le Maschere: Overture |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.03.2015Doch kein Wechsel der Paradigmen
Salzburg: Schicke Zutaten beim "Cavallerjazzo" mit Thielemann und Kaufmann
SALZBURG, 29. März.
Ausgerechnet Cosima Wagner erboste sich über die außerehelichen Beziehungen in "Cavalleria rusticana" von Pietro Mascagni, als spiele derlei bei den Wagners nicht die geringste Rolle. Mit einem Unterschied allerdings: Die mythische Überwölbung noch im Scheitern findet weder in "Cavalleria" noch im obligaten Pendant "I Pagliacci" von Ruggero Leoncavallo nicht statt. Stattdessen regieren "sex and crime" samt tödlichem Ausgang, "Ehrenmorden" der anderen Art, die, wenn schon nicht auf religiöse, so doch auf archaische Fundamente verweisen.
Wenn sich nun Christian Thielemann, sonst eher auf Wagner und Strauss konzentriert, zur Eröffnung der Salzburger Osterfestspiele dem bewährten "Cavallerjazzo"-Doppel widmet, dann setzt er sich damit vom Image des Großformatikers ab. Einakter, ausgenommen "Elektra", taugen kaum fürs Monumentale. Insofern könnte diese programmatische Entscheidung einen Paradigmenwechsel andeuten. Dem allerdings widerspräche das Programm-Cover, das eine Giga-Clowns-Fratze als Tor zu einem Vergnügungspark zeigt. Kinokenner assoziieren den italienischen Stummfilm "Cabiria" als Moloch Entertainment. Tiefere Bedeutung also auch hier. Wobei die Breitwandbühne des Salzburger Festspielhauses, deren horror vacui schon viele Regisseure mit Übervölkerung meinten begegnen zu müssen, eine nicht minder alles verschlingende Funktion hat. Der Regisseur Philipp Stölzl jongliert zwischen Oper und Film. Er hat mit Filmen wie "Nordwand", "Goethe" und "Medicus" bewiesen, wie er die Illusionsmaschine anwirft. Für den italienischen Verismo-Doppelpack nun erfand er eine Simultanbühne mit sechs Rechtecken und einer Fülle von Live-Videoprojektionen, größtenteils verdoppelnde Großaufnahmen der Szenen. Die lapidare Linearität in Libretto (Giovanni Verga) und Musik der "Cavalleria" bricht er so zwar auf, erzielt manch mimische Espressivo-Intensität, entgeht aber nicht der rasch überschaubaren Schablonenhaftigkeit. Genuin filmische Mittel, etwa Rückblenden auf Turridus, Lolas und Santuzzas Beziehungen, verschmäht Stölzl. Dafür lässt er Turridu in der Kirche verbluten, Alfio wischt gelassen das Messer ab, und der Tote darf dann als Canio wiederauferstehen, ohne dass dies irgendeine Funktion hätte. Diese Multiperspektive mag zwar dem Theater-Doppelspiel zugutekommen, wertet jedoch dessen Brisanz durch Überfülle auf der Bühne wieder ab. Und auch hier wartet Stölzl mit einem Filmzitat auf: Schleicht Spitzbart Canio durch die Kulisse, gemahnt er an Eisensteins Iwan den Schrecklichen.
Jonas Kaufmann in der Tenor-Doppelrolle Turiddu und Canio wurde zu Recht zum gefeierten Mittelpunkt des Abends. Anfangs verhalten, höhensicher, ohne Routine-Schluchzer und mit beweglicher Bühnenpräsenz realisierte er die zwei Charaktere. Auch sonst war das vokale Niveau hoch, obschon für Liudmyla Monastyrska als Santuzza - jenseits ihrer unumstrittenen Sopranqualitäten - doch einige Italienischstunden nützlich gewesen wären. Ambrogio Maestri als Brutalo-Machtmensch Alfio paradierte mit sattem Bariton. Maria Agrestas Nedda und Dimitri Platanias als fast jagohaft bedrängender Tonio überzeugten nicht minder. Nedda und der markante Bariton Alessio Arduini präsentierten sich im Liebesduett plein-air mit erheblicher haptischer Intensität.
Natürlich kann die üppig besetzte Dresdner Staatskapelle ihre Klangfülle wie -subtilität oft berückend ausspielen. Christian Thielemann weiß, wie man solcherlei Vorzüge, Aufwallungen wie etwa die Fis-Dur-Glitzer-Effekte von Neddas Vogellied, ins rechte Licht rückt. Doch liegt ihm das intrikate Wechselspiel aus hochgeputschter Dramatik und Lakonik weniger, geht er doch mitunter lieber über die Extreme donnernder Tuttis oder sublimer Lyrismen. Dem locker pointierten Duktus von Turridus Trinklied beispielsweise, aber auch dem "Bajazzo"-Prolog, blieb er einiges an Secco-Schmiss schuldig. Auch wirkten die raschen Buffa-Elemente, die Perspektiven- wie Stilmasken-Umschwünge im "Bajazzo" nicht sonderlich triftig - als hätte das szenische Overkill auch die Musik infiziert.
Film und Video gehören seit langem zur Oper. Allerdings bedarf die Verwendung technischer Medien stets dramaturgischer Plausibilität. Als schicke Zutat mag das immerhin effektvoll sein. Aber Wagners heikle Formel "Wirkung ohne Ursache" bleibt als Warnung bestehen. So hoch das vokale wie orchestrale Niveau denn auch war - ob diese beiden Stücke im Großen Festspielhaus wirklich gut aufgehoben sind, ist fraglich. Natürlich muss einem "armen" Sujet nicht unbedingt eine reduzierte Ästhetik entsprechen. Zumindest erinnert man sich weit weniger ambitionierter Aufführungen, die dringlicher wirkten. Dass die Salzburger Fest-Premiere viele Erwartungen erfüllte, bestätigte der reiche Applaus.
GERHARD R. KOCH
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Salzburg: Schicke Zutaten beim "Cavallerjazzo" mit Thielemann und Kaufmann
SALZBURG, 29. März.
Ausgerechnet Cosima Wagner erboste sich über die außerehelichen Beziehungen in "Cavalleria rusticana" von Pietro Mascagni, als spiele derlei bei den Wagners nicht die geringste Rolle. Mit einem Unterschied allerdings: Die mythische Überwölbung noch im Scheitern findet weder in "Cavalleria" noch im obligaten Pendant "I Pagliacci" von Ruggero Leoncavallo nicht statt. Stattdessen regieren "sex and crime" samt tödlichem Ausgang, "Ehrenmorden" der anderen Art, die, wenn schon nicht auf religiöse, so doch auf archaische Fundamente verweisen.
Wenn sich nun Christian Thielemann, sonst eher auf Wagner und Strauss konzentriert, zur Eröffnung der Salzburger Osterfestspiele dem bewährten "Cavallerjazzo"-Doppel widmet, dann setzt er sich damit vom Image des Großformatikers ab. Einakter, ausgenommen "Elektra", taugen kaum fürs Monumentale. Insofern könnte diese programmatische Entscheidung einen Paradigmenwechsel andeuten. Dem allerdings widerspräche das Programm-Cover, das eine Giga-Clowns-Fratze als Tor zu einem Vergnügungspark zeigt. Kinokenner assoziieren den italienischen Stummfilm "Cabiria" als Moloch Entertainment. Tiefere Bedeutung also auch hier. Wobei die Breitwandbühne des Salzburger Festspielhauses, deren horror vacui schon viele Regisseure mit Übervölkerung meinten begegnen zu müssen, eine nicht minder alles verschlingende Funktion hat. Der Regisseur Philipp Stölzl jongliert zwischen Oper und Film. Er hat mit Filmen wie "Nordwand", "Goethe" und "Medicus" bewiesen, wie er die Illusionsmaschine anwirft. Für den italienischen Verismo-Doppelpack nun erfand er eine Simultanbühne mit sechs Rechtecken und einer Fülle von Live-Videoprojektionen, größtenteils verdoppelnde Großaufnahmen der Szenen. Die lapidare Linearität in Libretto (Giovanni Verga) und Musik der "Cavalleria" bricht er so zwar auf, erzielt manch mimische Espressivo-Intensität, entgeht aber nicht der rasch überschaubaren Schablonenhaftigkeit. Genuin filmische Mittel, etwa Rückblenden auf Turridus, Lolas und Santuzzas Beziehungen, verschmäht Stölzl. Dafür lässt er Turridu in der Kirche verbluten, Alfio wischt gelassen das Messer ab, und der Tote darf dann als Canio wiederauferstehen, ohne dass dies irgendeine Funktion hätte. Diese Multiperspektive mag zwar dem Theater-Doppelspiel zugutekommen, wertet jedoch dessen Brisanz durch Überfülle auf der Bühne wieder ab. Und auch hier wartet Stölzl mit einem Filmzitat auf: Schleicht Spitzbart Canio durch die Kulisse, gemahnt er an Eisensteins Iwan den Schrecklichen.
Jonas Kaufmann in der Tenor-Doppelrolle Turiddu und Canio wurde zu Recht zum gefeierten Mittelpunkt des Abends. Anfangs verhalten, höhensicher, ohne Routine-Schluchzer und mit beweglicher Bühnenpräsenz realisierte er die zwei Charaktere. Auch sonst war das vokale Niveau hoch, obschon für Liudmyla Monastyrska als Santuzza - jenseits ihrer unumstrittenen Sopranqualitäten - doch einige Italienischstunden nützlich gewesen wären. Ambrogio Maestri als Brutalo-Machtmensch Alfio paradierte mit sattem Bariton. Maria Agrestas Nedda und Dimitri Platanias als fast jagohaft bedrängender Tonio überzeugten nicht minder. Nedda und der markante Bariton Alessio Arduini präsentierten sich im Liebesduett plein-air mit erheblicher haptischer Intensität.
Natürlich kann die üppig besetzte Dresdner Staatskapelle ihre Klangfülle wie -subtilität oft berückend ausspielen. Christian Thielemann weiß, wie man solcherlei Vorzüge, Aufwallungen wie etwa die Fis-Dur-Glitzer-Effekte von Neddas Vogellied, ins rechte Licht rückt. Doch liegt ihm das intrikate Wechselspiel aus hochgeputschter Dramatik und Lakonik weniger, geht er doch mitunter lieber über die Extreme donnernder Tuttis oder sublimer Lyrismen. Dem locker pointierten Duktus von Turridus Trinklied beispielsweise, aber auch dem "Bajazzo"-Prolog, blieb er einiges an Secco-Schmiss schuldig. Auch wirkten die raschen Buffa-Elemente, die Perspektiven- wie Stilmasken-Umschwünge im "Bajazzo" nicht sonderlich triftig - als hätte das szenische Overkill auch die Musik infiziert.
Film und Video gehören seit langem zur Oper. Allerdings bedarf die Verwendung technischer Medien stets dramaturgischer Plausibilität. Als schicke Zutat mag das immerhin effektvoll sein. Aber Wagners heikle Formel "Wirkung ohne Ursache" bleibt als Warnung bestehen. So hoch das vokale wie orchestrale Niveau denn auch war - ob diese beiden Stücke im Großen Festspielhaus wirklich gut aufgehoben sind, ist fraglich. Natürlich muss einem "armen" Sujet nicht unbedingt eine reduzierte Ästhetik entsprechen. Zumindest erinnert man sich weit weniger ambitionierter Aufführungen, die dringlicher wirkten. Dass die Salzburger Fest-Premiere viele Erwartungen erfüllte, bestätigte der reiche Applaus.
GERHARD R. KOCH
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main