Produktdetails
- Anzahl: 1 Vinyl
- Erscheinungstermin: 6. Oktober 2023
- Hersteller: Sony Music Entertainment Germany / SONY MUSIC CATALOG,
- EAN: 0196587896812
- Artikelnr.: 68570636
LP | |||
1 | Here Comes Santa Claus | 00:02:35 | |
2 | Do You Hear What I Hear? | 00:03:02 | |
3 | Winter Wonderland | 00:01:52 | |
4 | Hark! The Herald Angels Sing | 00:02:30 | |
5 | I'll Be Home For Christmas | 00:02:54 | |
6 | Little Drummer Boy | 00:02:52 | |
7 | The Christmas Blues | 00:02:54 | |
8 | O Come All Ye Faithful (Adeste Fideles) | 00:02:48 | |
9 | Have Yourself A Merry Little Christmas | 00:04:06 | |
10 | Must Be Santa | 00:02:48 | |
11 | Silver Bells | 00:02:35 | |
12 | The First Noël | 00:02:30 | |
13 | Christmas Island | 00:02:27 | |
14 | The Christmas Song | 00:03:56 | |
15 | O' Little Town Of Bethlehem | 00:02:17 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.12.2009Robert das Rentier
Für die Hungerhilfe: Bob Dylan singt Weihnachtslieder
Vielleicht ist diese eigenartige Weihnachtsliederplatte nicht der beste Weg, Bob Dylan kennenzulernen. Anderseits kann es auch nicht schaden, sich ohne jedes Vorgefühl und ohne Detailkenntnis auf diese Weihnachtsliederplatte einzulassen, dann interpretiert man auch nicht ohne Not an ihr herum, damit sie in das komplexe, dylanologische Gesamtwerk Bob Dylans passt. "Christmas In The Heart" heißt das achtundvierzigste Album des achtundsechzigjährigen amerikanischen Musikers, dem so viele und bekannte Etiketten anhaften, dass sie hier nicht schon wieder alle aufgezählt werden sollen, schließlich naht Heiligabend, und wir haben alle wenig Zeit.
Passend zu diesem Fest also singt Dylan fünfzehn amerikanische Weihnachtsklassiker. Es ist für einen guten Zweck: Die Einnahmen gehen an die Hungerhilfe, "Feeding America" heißt die Organisation. Aber braucht man seine Version von "Have Yourself A Merry Little Christmas" wirklich? Es gibt doch schon so viele, und jedes Jahr, unter jedem Tannenbaum, wo englisch gesungen wird, werden es mehr.
Nun ist es aber so, dass man gar nicht an Bob Dylan oder sogar dessen künstlerische Beweggründe denken muss, wenn man "Christmas In The Heart" zum ersten Mal hört. Man denkt vielmehr sofort an Weihnachtsfilme mit Jack Lemmon und Walter Matthau, zum Beispiel: an griesgrämig gefeierte weiße Festtage, denn genauso griesgrämig und ein wenig versoffen, aber gütig wider den eigenen Trotz klingt Bob Dylan gleich vom ersten Stück an, und das ist "Here Comes Santa Claus". Auch das ist ja ein Weihnachtsgefühl: dagegen anzukämpfen, sich Jahr für Jahr von neuem von der Sentimentalität verschlingen zu lassen, sich aber dann, auch wie jedes Jahr, wieder zu ergeben, zum Teufel, es ist ja schließlich Weihnachten.
Die Bandbegleitung der fünfzehn Stücke ist so unverschämt beiläufig (um nicht zu sagen: banal), dass es sich gar nicht lohnen würde, auf etwas anderes als Dylans Stimme zu hören: diese Bob-Dylan-Stimme, die man, auch ohne Experte zu sein, unter den Tausenden anderen erkennen würde, die in diesem Jahr davon singen, dass der Weihnachtsmann kommt, dass man rechtzeitig zu Hause zum Fest sein will. Nur der Chor, der Dylan ab und an auf dem Album unterstützt, ist originell und macht Spaß, aber auch er weckt vor allem Assoziationen aus dem gemeinsamen Kulturgedächtnis vieler Spielfilme, klingt nach Kriegsweihnachten unter Roosevelt, gespielt vom jungen James Stewart.
Irgendwann folgt "Little Drummer Boy", der Traum von einem Lied, das man nun wirklich nicht verhunzen kann, auch Dylan kann es nicht, und nicht einmal David Bowie und Bing Crosby haben das 1977 geschafft (der Reiz von Popstars, sich in weihnachtlich waidwunde Herzen zu singen, ist offenbar unwiderstehlich). Und auch bei "O' Come All Ye Faithful", das wir als "Nun freut euch, ihr Christen" singen, ist es unvermeidlich, dass irgendwo, tief im Innern, etwas süß zu klingen beginnt.
Ein Mann mit gegerbter Stimme, vom Schicksal gestreift und mit Drang zum Höheren, singt Weihnachtslieder: Das ist Bob Dylans "Christmas In The Heart". Vor Jahren hat der legendäre Shane MacGowan, Sänger der Folkpunks The Pogues, mit "Fairytale Of New York" vorgemacht, wie herzzerreißend das sein kann. Mag ja sein, dass Bob Dylan, wie Kritiker vermutet haben, hier zynisch auf seine Popularität setzt. Wer ihn aber nicht kennt, hört einen sentimentalen Kerl, der nach Hause will wie wir alle, und ist gerührt, es ist ja schließlich Weihnachten.
TOBIAS RÜTHER
Bob Dylan, Christmas In The Heart Columbia 9995725 (Sony)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Für die Hungerhilfe: Bob Dylan singt Weihnachtslieder
Vielleicht ist diese eigenartige Weihnachtsliederplatte nicht der beste Weg, Bob Dylan kennenzulernen. Anderseits kann es auch nicht schaden, sich ohne jedes Vorgefühl und ohne Detailkenntnis auf diese Weihnachtsliederplatte einzulassen, dann interpretiert man auch nicht ohne Not an ihr herum, damit sie in das komplexe, dylanologische Gesamtwerk Bob Dylans passt. "Christmas In The Heart" heißt das achtundvierzigste Album des achtundsechzigjährigen amerikanischen Musikers, dem so viele und bekannte Etiketten anhaften, dass sie hier nicht schon wieder alle aufgezählt werden sollen, schließlich naht Heiligabend, und wir haben alle wenig Zeit.
Passend zu diesem Fest also singt Dylan fünfzehn amerikanische Weihnachtsklassiker. Es ist für einen guten Zweck: Die Einnahmen gehen an die Hungerhilfe, "Feeding America" heißt die Organisation. Aber braucht man seine Version von "Have Yourself A Merry Little Christmas" wirklich? Es gibt doch schon so viele, und jedes Jahr, unter jedem Tannenbaum, wo englisch gesungen wird, werden es mehr.
Nun ist es aber so, dass man gar nicht an Bob Dylan oder sogar dessen künstlerische Beweggründe denken muss, wenn man "Christmas In The Heart" zum ersten Mal hört. Man denkt vielmehr sofort an Weihnachtsfilme mit Jack Lemmon und Walter Matthau, zum Beispiel: an griesgrämig gefeierte weiße Festtage, denn genauso griesgrämig und ein wenig versoffen, aber gütig wider den eigenen Trotz klingt Bob Dylan gleich vom ersten Stück an, und das ist "Here Comes Santa Claus". Auch das ist ja ein Weihnachtsgefühl: dagegen anzukämpfen, sich Jahr für Jahr von neuem von der Sentimentalität verschlingen zu lassen, sich aber dann, auch wie jedes Jahr, wieder zu ergeben, zum Teufel, es ist ja schließlich Weihnachten.
Die Bandbegleitung der fünfzehn Stücke ist so unverschämt beiläufig (um nicht zu sagen: banal), dass es sich gar nicht lohnen würde, auf etwas anderes als Dylans Stimme zu hören: diese Bob-Dylan-Stimme, die man, auch ohne Experte zu sein, unter den Tausenden anderen erkennen würde, die in diesem Jahr davon singen, dass der Weihnachtsmann kommt, dass man rechtzeitig zu Hause zum Fest sein will. Nur der Chor, der Dylan ab und an auf dem Album unterstützt, ist originell und macht Spaß, aber auch er weckt vor allem Assoziationen aus dem gemeinsamen Kulturgedächtnis vieler Spielfilme, klingt nach Kriegsweihnachten unter Roosevelt, gespielt vom jungen James Stewart.
Irgendwann folgt "Little Drummer Boy", der Traum von einem Lied, das man nun wirklich nicht verhunzen kann, auch Dylan kann es nicht, und nicht einmal David Bowie und Bing Crosby haben das 1977 geschafft (der Reiz von Popstars, sich in weihnachtlich waidwunde Herzen zu singen, ist offenbar unwiderstehlich). Und auch bei "O' Come All Ye Faithful", das wir als "Nun freut euch, ihr Christen" singen, ist es unvermeidlich, dass irgendwo, tief im Innern, etwas süß zu klingen beginnt.
Ein Mann mit gegerbter Stimme, vom Schicksal gestreift und mit Drang zum Höheren, singt Weihnachtslieder: Das ist Bob Dylans "Christmas In The Heart". Vor Jahren hat der legendäre Shane MacGowan, Sänger der Folkpunks The Pogues, mit "Fairytale Of New York" vorgemacht, wie herzzerreißend das sein kann. Mag ja sein, dass Bob Dylan, wie Kritiker vermutet haben, hier zynisch auf seine Popularität setzt. Wer ihn aber nicht kennt, hört einen sentimentalen Kerl, der nach Hause will wie wir alle, und ist gerührt, es ist ja schließlich Weihnachten.
TOBIAS RÜTHER
Bob Dylan, Christmas In The Heart Columbia 9995725 (Sony)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main