"Ich will, dass die Leute von ihren Sitzen aufspringen, denn auf meinem Album geht es darum, non-stop eine gute Zeit zu haben," so beschreibt MADONNA, noch immer und unangefochten die ultimative Disco-Queen, die zwölf Tracks auf ihrem neuen Album, das voller purer, "unentschuldbarer" Tanzmusik ist.
"Sie hat einen Dance-Heiligenschein über ihrem Haupt," erklärt MADONNAs Co-Producer und Partner in Crime, Grammy-Preisträger Stuart Price. "Es liegt ihr einfach im Blut. Die Musik zum Album kommt direkt aus ihrem Inneren - keine vorgefertigten Muster - unvorbelastet - nicht überproduziert - einfach sehr spontan. Wir saßen bei mir in meinem kleinen Studio und die Songs entstanden schnell und mühelos."
Mit Confessions On A Dance Floor kehrt MADONNA in die Clubs zurück - einerseits ausgehend von ihren Wurzeln als "Dance Künstlerin" zu Beginn ihrer Karriere, andererseits bereits mit einem Fuß im Sound der Future-Disco. Das Album wurde zum größten Teil von MADONNA und Price zusammen geschrieben und produziert und in London aufgenommen. Der Produzent, Mixer und DJ (Les Rythmes Digitales, Jacques Le Cont) unterstützte MADONNA bereits als musikalischer Leiter auf ihrer Drowned World-Tour 2002 und auf der Reinvention Tour im letzten Sommer.
Weitere Produzenten und Co-Writer sind u.a. Henrik Jonback, Grammy-Preisträger Bloodshy & Avant sowie Anders Bagge + Peer Astrom vom Murlyn Music Collective.
Mirwais Ahmadzai, der die vergangenen Alben American Life und Music als Co-Producer betreute, steuerte zwei Tracks zum Album bei und produzierte einen Song. Der Song Jump wurde von Joe Henry co-komponiert, der vor einigen Jahren den Hit "Don't Tell Me" für MADONNA geschrieben hatte.
Die erste Single wird den Titel Hung Up tragen und am 4. November erscheinen.
Das Album Confessions On A Dance Floor kommt am 11. November
"Sie hat einen Dance-Heiligenschein über ihrem Haupt," erklärt MADONNAs Co-Producer und Partner in Crime, Grammy-Preisträger Stuart Price. "Es liegt ihr einfach im Blut. Die Musik zum Album kommt direkt aus ihrem Inneren - keine vorgefertigten Muster - unvorbelastet - nicht überproduziert - einfach sehr spontan. Wir saßen bei mir in meinem kleinen Studio und die Songs entstanden schnell und mühelos."
Mit Confessions On A Dance Floor kehrt MADONNA in die Clubs zurück - einerseits ausgehend von ihren Wurzeln als "Dance Künstlerin" zu Beginn ihrer Karriere, andererseits bereits mit einem Fuß im Sound der Future-Disco. Das Album wurde zum größten Teil von MADONNA und Price zusammen geschrieben und produziert und in London aufgenommen. Der Produzent, Mixer und DJ (Les Rythmes Digitales, Jacques Le Cont) unterstützte MADONNA bereits als musikalischer Leiter auf ihrer Drowned World-Tour 2002 und auf der Reinvention Tour im letzten Sommer.
Weitere Produzenten und Co-Writer sind u.a. Henrik Jonback, Grammy-Preisträger Bloodshy & Avant sowie Anders Bagge + Peer Astrom vom Murlyn Music Collective.
Mirwais Ahmadzai, der die vergangenen Alben American Life und Music als Co-Producer betreute, steuerte zwei Tracks zum Album bei und produzierte einen Song. Der Song Jump wurde von Joe Henry co-komponiert, der vor einigen Jahren den Hit "Don't Tell Me" für MADONNA geschrieben hatte.
Die erste Single wird den Titel Hung Up tragen und am 4. November erscheinen.
Das Album Confessions On A Dance Floor kommt am 11. November
CD | |||
1 | Hung Up (Album Version) | 00:05:36 | |
2 | Get Together (Album Version) | 00:05:30 | |
3 | Sorry (Album Version) | 00:04:43 | |
4 | Future Lovers (Album Version) | 00:04:51 | |
5 | I Love New York (Album Version) | 00:04:11 | |
6 | Let It Will Be (Album Version) | 00:04:18 | |
7 | Forbidden Love (Album Version) | 00:04:22 | |
8 | Jump (Album Version) | 00:03:46 | |
9 | How High (Album Version) | 00:04:40 | |
10 | Isaac (Album Version) | 00:06:03 | |
11 | Push (Album Version) | 00:03:57 | |
12 | Like It Or Not (Album Version) | 00:04:31 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2005Sie malt die Nacht mit Licht an
Die Chefin tanzt wieder: Madonnas "Confessions On a Dance Floor" sind die helle Freude
Gestern schon, als noch kein Rezensent das komplette Werk kennen konnte, hat's in allen Ohren gesummt. Man las in Zeitungen Kritiken, denen der Duftauszug von ein paar vorab ins Netz gestellten Stücken zum Schwärmen genügt hat. Falsch war kein lobendes Wort, das da erschienen ist; aber mehr als bei anderen Platten muß bei Madonnas "Confessions On a Dance Floor" der Gesamteindruck über Ablehnung oder Zustimmung entscheiden. Denn das Spiel heißt "Alles oder nichts": Die Künstlerin setzt bewußt und strahlend verbissen auf den ununterbrochenen mächtigen Trommelherzschlag; nur wer erlebt hat, wie da über sechsundfünfzig Minuten lang erbarmungslos durchgeheizt wird, darf hinterher geschafft zusammensinken und atemlos hauchen: Ja, das ist es, darauf hat die Welt gewartet. Denn in dieser üppigen Suppe, die man bis zur Neige saufen muß, um sie geschmeckt zu haben, schwimmt mehr Glück, mehr Euphorie, mehr - es gibt wirklich kein deutsches Wort, das dieses Moment vollumfänglich träfe - volupté, als alle Kokainströme Europas je mit sich führen könnten.
Wie macht man das? Anders als früher: Billige, hocheffektive Trällerbomben wie "Holiday", das Stück, mit dem Madonna 1983 die globale Disco geknackt und besetzt hat, bastelt man heute eher für die "Sugababes" ("Push the Button"), und das platinblonde Lebensstilsegment "Grellness statt Wellness" ist auch nicht mehr vakant, sondern wird von Gwen Stefani verwaltet. Brauchen wir Madonna überhaupt noch? Allerdings. Denn so wie Andy Warhol Dinge über Kunst und Gegenwart gewußt hat, die Duchamp in hundert Jahren nicht erraten hätte, verbindet Madonna das Händchen für unbesiegbare Stampfer und Brüller nach wie vor mit Mutterwitz und großem Feldherrinnenknall auf eine Weise, hinter der man schon höheren Beistand vermuten muß.
Man nehme nur die Sampling-Frage: Irgendeinen "Led Zeppelin"-Schlagzeug-Nebensatz kann heute jeder Rübenbauer elektronisch ins ansonsten doofste und berechnendste Stück Wegwerfkrach schieben. Nur die Schlausten können da noch überzeugen: Snoop Dogg hat die "Bee Gees" verwurstet, Pras von den "Fugees" sich bei Dolly Parton bedient. Aber für die Eröffnungsnummer eines Party-Albums wie "Confessions" ein paar Takte aus "Gimme gimme gimme (A man after Midnight)" von "Abba" zu enteignen, wie Madonna das unter dem Titel "Hung up" jetzt vollbracht hat, dazu gehört mehr - nämlich eine Idee, auf die unzählige "Abba"-Verehrer unter den Musikschaffenden nicht gekommen sind.
Die smartesten Produzenten der Neuzeit haben das, was die Schweden der Menschheit hinterließen, immer nur als Fest des Leichten und Graziösen, als etwas Reines, Heiliges, eine erdfern durch das All schwebende fettglänzende Hochzeitsnudel gefeiert. Madonna aber legt für "Hung up" die andere, die dreckige und fordernde, kurz: die brutale Seite der "Abba"-Erfahrung frei, das tonnenschwere Kettenfahrzeug der Liebe, den High-Tech-Tanzpanzer.
Und so geht es weiter, auf durchgängig gehaltenem hohen Niveau: "Get Together" klingt wie unter Wasser von denkenden Badezusätzen auf Atom-U-Boot-Navigationscomputern programmiert, "Sorry" holt uralte Bässe aus dem Keller der Pyramiden und beschießt damit die Wolken, "Future Lovers" jongliert akustische Magnetfelder und malt die Nacht mit Stroboskoplicht an, "I Love New York" baut eine tönende Stadt aus rhythmisch sortierten Hitzewallungen zwischen steilen Betonwänden - es geht, sagt dies alles, insgesamt um Synästhetisches. Bilder und Düfte sind immer mitgedacht.
Das ganze Styling der zur Platte gehörenden Kampagne, der stretchhöschen-enge Siebziger-Jahre-"Studio 54"-Retro-Chic und die tüllumrüschte Vehemenz der jüngsten Fernsehauftritte - sofort sind alle Silberschuhe im Land ausverkauft - dienen einer bonapartistischen Eroberungsphantasie: Bei Madonna geht es um Breite und Höhe, um Formatbesetzung, nicht um Ausdruck, auch wenn sie die Welt, die Tänzer, die Jüngerinnen paradoxerweise gerade mit dieser anti-intimen, nichtexpressiven, sondern funktionalen Staatskunstgestik zum Gegenteil ermutigt: "Express yourself!" Das Expressive kann bei ihr also immer nur Würze sein, eine weitere Zutat für den Prunk. Die Hauptsache bleibt der Titelbesitz einer Kaiserin des diszipliniert abgewickelten Großzaubers und -zinnobers: Madonna findet man aus Gründen gut, aus denen man auch Muhammad Ali gut findet, nicht aus solchen, die für Van Gogh, Jim Morrison oder Hölderlin gelten mögen.
Genau deshalb war 2003 das Album "American Life" (nach "Music" aus dem Jahr 2000 die zweite Platte in Kollaboration mit dem gediegenen Soundarchitekten Mirwais Ahmadzai) insgesamt ein Fehler: Zuviel innere Einkehr und Wesensschau, ein läppisch deklamatorischer Rap-Versuch, bestürzend Vages, Schlampiges, auch wenn daneben schmutzige Perlen wie der zerklüftete James-Bond-Fetzen "Die Another Day" von Größe kündeten.
Für "Confessions On a Dance Floor" hat sie Mirwais nun die Hände gebunden, er ist nur noch Nebendarsteller. Die Haupthebel bedient Stuart Price, auch bekannt als "Les Rythmes Digitales", der bei aller nervösen Eklektik stur genug ist, auf Klopfen, Puls und Donner zu bestehen, wo sie hingehören. An seiner Seite ist Madonna daher grandioses Zeug gelungen wie der gigantische Hit "Isaac" mit überdrehtem jüdischem Ethno-Gesang; ein Stück, auf das man in Anlehnung an Woody Guthries alte Gitarren-Inschrift "This machine kills fascists" mit Nagellack schreiben sollte: "Diese Nummer quält Osamas Krieger." Madonnas mehr als ausreichend medial durchgekauter Kabbala-Fimmel, von orthodoxen Juden nicht weniger beargwöhnt als von hedonismusfeindlichen Antisemiten, ist also zumindest für sechs Minuten ganz sagenhafter Musik verantwortlich, den saftigsten Schmachtbraten, den uns die Chefin seit "Frozen" von 1998 aufgetischt hat.
Gegen Anwürfe, es handele sich bei dem offenbar den Mystiker Isaac Luria besingenden Lied um einen blasphemischen Akt, verteidigt sie sich gewohnt souverän: Ach was, von diesem Menschen wisse sie gar nichts, Isaac heiße nur der Sänger, den man da hört, und die Sache mit der Dunkelheit und den Engeln sei eine Metapher für Du-weißt-schon-was und deshalb ohne jede konfessionelle Relevanz - Kunst, dein Name ist Mehrdeutigkeit.
Selbstverständlich ist das, woran Madonna da glaubt, ein ganz abgeschmackter Kram. Aber dasselbe kann man auch vom Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands sagen, und wenn jemand widerspricht, diese Partei habe doch, anders als böse Sekten aus Amerika, noch keine Menschen um Würde, Ansehen und Karriere gebracht, dann hat er Rudolf Scharping vergessen. Überhaupt sind wir Journalisten viel zu schnell bereit, erwachsenen Menschen wegen unkonventioneller Beknacktheiten, auf denen sie herumreiten, engherzige Vorhaltungen zu machen - vor allem, wenn diese erwachsenen Menschen berühmt, glamourös und steinreich sind. In manchem Society-Journalistenhirn hockt ein Gartenzwerg aus der Vorstadt - "Rücksichtlos treibt er seine schwangere Verlobte in die Arme einer Sekte" heißt es da dann empört über Tom Cruise und Katie Holmes, anstatt daß man sich dankbar über den knalligen Affenzirkus freut, den diese fein unseriöse Scientology-Katastrophe bedeutet.
Die gereizte Debatte um "Isaac", die im Vorfeld der Veröffentlichung von "Confessions" für ein bißchen verkaufsfördernden Skandal gesorgt hat, ist freilich nur ein Sonderfall des übergreifenden Medienmusters "Madonna" an sich: Seit sie so groß wurde, wie sie ist, will jeder kleine Wurstel sie straucheln sehen und raunt davon, daß sie es jetzt aber wirklich zu weit treibt, mit dieser Filmrolle, diesem Kinderbuch, dieser Platte, dieser Sekte.
Manchmal wankt sie, manchmal zittert sie. Aber das Hochseil ist eine schwingende Saite. Madonna kommt zurecht damit. Sie wohnt da oben.
DIETMAR DATH
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Chefin tanzt wieder: Madonnas "Confessions On a Dance Floor" sind die helle Freude
Gestern schon, als noch kein Rezensent das komplette Werk kennen konnte, hat's in allen Ohren gesummt. Man las in Zeitungen Kritiken, denen der Duftauszug von ein paar vorab ins Netz gestellten Stücken zum Schwärmen genügt hat. Falsch war kein lobendes Wort, das da erschienen ist; aber mehr als bei anderen Platten muß bei Madonnas "Confessions On a Dance Floor" der Gesamteindruck über Ablehnung oder Zustimmung entscheiden. Denn das Spiel heißt "Alles oder nichts": Die Künstlerin setzt bewußt und strahlend verbissen auf den ununterbrochenen mächtigen Trommelherzschlag; nur wer erlebt hat, wie da über sechsundfünfzig Minuten lang erbarmungslos durchgeheizt wird, darf hinterher geschafft zusammensinken und atemlos hauchen: Ja, das ist es, darauf hat die Welt gewartet. Denn in dieser üppigen Suppe, die man bis zur Neige saufen muß, um sie geschmeckt zu haben, schwimmt mehr Glück, mehr Euphorie, mehr - es gibt wirklich kein deutsches Wort, das dieses Moment vollumfänglich träfe - volupté, als alle Kokainströme Europas je mit sich führen könnten.
Wie macht man das? Anders als früher: Billige, hocheffektive Trällerbomben wie "Holiday", das Stück, mit dem Madonna 1983 die globale Disco geknackt und besetzt hat, bastelt man heute eher für die "Sugababes" ("Push the Button"), und das platinblonde Lebensstilsegment "Grellness statt Wellness" ist auch nicht mehr vakant, sondern wird von Gwen Stefani verwaltet. Brauchen wir Madonna überhaupt noch? Allerdings. Denn so wie Andy Warhol Dinge über Kunst und Gegenwart gewußt hat, die Duchamp in hundert Jahren nicht erraten hätte, verbindet Madonna das Händchen für unbesiegbare Stampfer und Brüller nach wie vor mit Mutterwitz und großem Feldherrinnenknall auf eine Weise, hinter der man schon höheren Beistand vermuten muß.
Man nehme nur die Sampling-Frage: Irgendeinen "Led Zeppelin"-Schlagzeug-Nebensatz kann heute jeder Rübenbauer elektronisch ins ansonsten doofste und berechnendste Stück Wegwerfkrach schieben. Nur die Schlausten können da noch überzeugen: Snoop Dogg hat die "Bee Gees" verwurstet, Pras von den "Fugees" sich bei Dolly Parton bedient. Aber für die Eröffnungsnummer eines Party-Albums wie "Confessions" ein paar Takte aus "Gimme gimme gimme (A man after Midnight)" von "Abba" zu enteignen, wie Madonna das unter dem Titel "Hung up" jetzt vollbracht hat, dazu gehört mehr - nämlich eine Idee, auf die unzählige "Abba"-Verehrer unter den Musikschaffenden nicht gekommen sind.
Die smartesten Produzenten der Neuzeit haben das, was die Schweden der Menschheit hinterließen, immer nur als Fest des Leichten und Graziösen, als etwas Reines, Heiliges, eine erdfern durch das All schwebende fettglänzende Hochzeitsnudel gefeiert. Madonna aber legt für "Hung up" die andere, die dreckige und fordernde, kurz: die brutale Seite der "Abba"-Erfahrung frei, das tonnenschwere Kettenfahrzeug der Liebe, den High-Tech-Tanzpanzer.
Und so geht es weiter, auf durchgängig gehaltenem hohen Niveau: "Get Together" klingt wie unter Wasser von denkenden Badezusätzen auf Atom-U-Boot-Navigationscomputern programmiert, "Sorry" holt uralte Bässe aus dem Keller der Pyramiden und beschießt damit die Wolken, "Future Lovers" jongliert akustische Magnetfelder und malt die Nacht mit Stroboskoplicht an, "I Love New York" baut eine tönende Stadt aus rhythmisch sortierten Hitzewallungen zwischen steilen Betonwänden - es geht, sagt dies alles, insgesamt um Synästhetisches. Bilder und Düfte sind immer mitgedacht.
Das ganze Styling der zur Platte gehörenden Kampagne, der stretchhöschen-enge Siebziger-Jahre-"Studio 54"-Retro-Chic und die tüllumrüschte Vehemenz der jüngsten Fernsehauftritte - sofort sind alle Silberschuhe im Land ausverkauft - dienen einer bonapartistischen Eroberungsphantasie: Bei Madonna geht es um Breite und Höhe, um Formatbesetzung, nicht um Ausdruck, auch wenn sie die Welt, die Tänzer, die Jüngerinnen paradoxerweise gerade mit dieser anti-intimen, nichtexpressiven, sondern funktionalen Staatskunstgestik zum Gegenteil ermutigt: "Express yourself!" Das Expressive kann bei ihr also immer nur Würze sein, eine weitere Zutat für den Prunk. Die Hauptsache bleibt der Titelbesitz einer Kaiserin des diszipliniert abgewickelten Großzaubers und -zinnobers: Madonna findet man aus Gründen gut, aus denen man auch Muhammad Ali gut findet, nicht aus solchen, die für Van Gogh, Jim Morrison oder Hölderlin gelten mögen.
Genau deshalb war 2003 das Album "American Life" (nach "Music" aus dem Jahr 2000 die zweite Platte in Kollaboration mit dem gediegenen Soundarchitekten Mirwais Ahmadzai) insgesamt ein Fehler: Zuviel innere Einkehr und Wesensschau, ein läppisch deklamatorischer Rap-Versuch, bestürzend Vages, Schlampiges, auch wenn daneben schmutzige Perlen wie der zerklüftete James-Bond-Fetzen "Die Another Day" von Größe kündeten.
Für "Confessions On a Dance Floor" hat sie Mirwais nun die Hände gebunden, er ist nur noch Nebendarsteller. Die Haupthebel bedient Stuart Price, auch bekannt als "Les Rythmes Digitales", der bei aller nervösen Eklektik stur genug ist, auf Klopfen, Puls und Donner zu bestehen, wo sie hingehören. An seiner Seite ist Madonna daher grandioses Zeug gelungen wie der gigantische Hit "Isaac" mit überdrehtem jüdischem Ethno-Gesang; ein Stück, auf das man in Anlehnung an Woody Guthries alte Gitarren-Inschrift "This machine kills fascists" mit Nagellack schreiben sollte: "Diese Nummer quält Osamas Krieger." Madonnas mehr als ausreichend medial durchgekauter Kabbala-Fimmel, von orthodoxen Juden nicht weniger beargwöhnt als von hedonismusfeindlichen Antisemiten, ist also zumindest für sechs Minuten ganz sagenhafter Musik verantwortlich, den saftigsten Schmachtbraten, den uns die Chefin seit "Frozen" von 1998 aufgetischt hat.
Gegen Anwürfe, es handele sich bei dem offenbar den Mystiker Isaac Luria besingenden Lied um einen blasphemischen Akt, verteidigt sie sich gewohnt souverän: Ach was, von diesem Menschen wisse sie gar nichts, Isaac heiße nur der Sänger, den man da hört, und die Sache mit der Dunkelheit und den Engeln sei eine Metapher für Du-weißt-schon-was und deshalb ohne jede konfessionelle Relevanz - Kunst, dein Name ist Mehrdeutigkeit.
Selbstverständlich ist das, woran Madonna da glaubt, ein ganz abgeschmackter Kram. Aber dasselbe kann man auch vom Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands sagen, und wenn jemand widerspricht, diese Partei habe doch, anders als böse Sekten aus Amerika, noch keine Menschen um Würde, Ansehen und Karriere gebracht, dann hat er Rudolf Scharping vergessen. Überhaupt sind wir Journalisten viel zu schnell bereit, erwachsenen Menschen wegen unkonventioneller Beknacktheiten, auf denen sie herumreiten, engherzige Vorhaltungen zu machen - vor allem, wenn diese erwachsenen Menschen berühmt, glamourös und steinreich sind. In manchem Society-Journalistenhirn hockt ein Gartenzwerg aus der Vorstadt - "Rücksichtlos treibt er seine schwangere Verlobte in die Arme einer Sekte" heißt es da dann empört über Tom Cruise und Katie Holmes, anstatt daß man sich dankbar über den knalligen Affenzirkus freut, den diese fein unseriöse Scientology-Katastrophe bedeutet.
Die gereizte Debatte um "Isaac", die im Vorfeld der Veröffentlichung von "Confessions" für ein bißchen verkaufsfördernden Skandal gesorgt hat, ist freilich nur ein Sonderfall des übergreifenden Medienmusters "Madonna" an sich: Seit sie so groß wurde, wie sie ist, will jeder kleine Wurstel sie straucheln sehen und raunt davon, daß sie es jetzt aber wirklich zu weit treibt, mit dieser Filmrolle, diesem Kinderbuch, dieser Platte, dieser Sekte.
Manchmal wankt sie, manchmal zittert sie. Aber das Hochseil ist eine schwingende Saite. Madonna kommt zurecht damit. Sie wohnt da oben.
DIETMAR DATH
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main