Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 3,54 €
  • Audio CD

Seit ihrem 2004 mit dem "Shortlist Music Prize" geadelten Debütalbum ist für TV On The Radio viel passiert: David Bowie beehrte ihr zweites Album 2006 mit einem Gastauftritt, und prompt gelang der kommerzielle Durchbruch. Danach veredelte die Band das Album der Schauspielerin Scarlett Johansson. Das dritte Album "Dear Science" gleicht einer Offenbarung: Manchmal groovt es wie Prince in seinen besten Zeiten, dann lässt es die Genialität eines Michael Jackson der "Thriller"-Ära aufblitzen, um im nächsten Moment wie Velvet Underground zu rocken. Mehr Musikalität war nie bei TV On The Radio. Dabei…mehr

  • Anzahl: 1 Audio CD
Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Seit ihrem 2004 mit dem "Shortlist Music Prize" geadelten Debütalbum ist für TV On The Radio viel passiert: David Bowie beehrte ihr zweites Album 2006 mit einem Gastauftritt, und prompt gelang der kommerzielle Durchbruch. Danach veredelte die Band das Album der Schauspielerin Scarlett Johansson. Das dritte Album "Dear Science" gleicht einer Offenbarung: Manchmal groovt es wie Prince in seinen besten Zeiten, dann lässt es die Genialität eines Michael Jackson der "Thriller"-Ära aufblitzen, um im nächsten Moment wie Velvet Underground zu rocken. Mehr Musikalität war nie bei TV On The Radio. Dabei wusste das Quintett schon immer mit vielfältigen Sounds zu entzücken, doch nun geht es einen Riesenschritt Richtung Pop. Das Material ist dabei vielschichtig, aber immer transparent. Und TV On The Radio trauen sich was: Noch immer geben sich die meisten Texte politisch, aber nun künden sie auch von Liebe, von der Familie, den Ahnen. Kein Wunder, dass sich zwischen die unwiderstehlich treibenden Beats der Tanzflächenfüller auch mal eine Ballade mischt.
Trackliste
CD
1Halfway Home00:05:30
2Crying00:04:10
3Dancing Choose00:02:56
4Stork & Owl00:04:00
5Golden Age00:04:09
6Family Tree00:05:33
7Red Dress00:04:24
8Love Dog00:05:36
9Shout Me Out00:04:14
10DLZ00:03:48
11Lover's Day00:05:52
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.09.2008

Liebe in tiefen Lagen
Der Beat beugt sich dem Groove - das neue Album von TV on the Radio

Der eine ist groß, kräftig gebaut, er trägt Jeans, ein violettes T-Shirt mit V-Ausschnitt und ein Kapuzensweatshirt. An ihm sitzt diese Kleidung wie bei anderen ein Maßanzug. Der andere ist schmaler und trägt sein Haar in kurzen gepflegten Rastazöpfen. Der eine, Tunde Adebimpe, Trickfilmer, Schauspieler und Sänger, gründete mit dem Fotografen, Gitarristen und Produzenten David Sitek 2001 in Brooklyn die Band TV on the Radio. Als Schauspieler stand er zuletzt im echten Maßanzug für Jonathan Demme vor der Kamera, als Bräutigam in der Tragikomödie "Rachel Getting Married". Der andere, Jaleel Bunton, ist der Schlagzeuger der Band.

Ihr neues Album heißt "Dear Science", es ist ihr drittes, sieht man mal ab von ein paar kleineren Veröffentlichungen im Vorfeld ihres ersten Albums "Desperate Youth, Blood Thirsty Babes". "Staring at the Sun", die Single des Debütalbums, sorgte 2004 für Irritation. Was war das für ein endzeitliches Brausen, was für ein düsteres Flirren der Bässe? Dazu die unsauberen Oktavsprünge Adebimpes und Kyp Malone, der Ko-Sänger mit dem Karl-Marx-Bart und der Falsettstimme - war das genial oder nur daneben?

Diese Musik sei experimentell, hieß es. Adebimpe hat den Begriff gehasst: "Wenn unsere Musik ein Experiment ist, was, bitte, ist dann ihr Resultat?" Der fertige Song, die fertige CD, könnte man nun sagen, doch gerade bei dieser Band, deren Musik gewissermaßen ergebnisoffen klingt, ist der Gedanke absurd.

2006 nahmen TV on the Radio auf dem Album "Return to Cookie Mountain" die losen Enden wieder auf, die Single "Wolf Like Me" entwickelte eine eigentümliche Sogkraft, verursacht durch die Kopplung der brausenden Klänge mit einem treibenden und einem schleppenden Beat.

"Dear Science" löst sich von dieser Tradition. Aus dem apokalyptischen Brausen ist ein sanfter Wirbel geworden, der Beat beugt sich zunehmend dem Groove, ein Streichertrio klingt wie ein klassisches Streichertrio. Als er jünger war, sagt Adebimpe, habe er sich gegen die eingängigen Klänge, gegen das Offensichtliche, gesträubt, "aber dann empfanden wir diese Herangehensweise als restriktiv."

Bunton vergleicht die Situation der Band vor "Dear Science" mit der Lage eines Charakterdarstellers, der auf einen bestimmten Typ festgelegt ist: "Wir waren für das anspruchsvolle, schwierige Fach gebucht. Aber man ist nicht freier als Künstler, nur weil man jeden makellosen Klang auseinandernimmt und verzerrt." Und Adebimpe muss lachen, weil ihm ein ziemlich platter Reim darauf in den Sinn kommt: "Free to be wild, free to be mild. Das ist die wahre Freiheit, Bruder."

Der erste Vorbote der neuen Platte erschien im Frühsommer im Internet mit einem vermeintlich bedeutenden Detail, das in Wahrheit ein Schreibfehler war. Ein Journalist erkundigte sich dann mit großem Ernst bei Adebimpe, wo denn das Komma in "Dear Science," geblieben sei - "ich hatte keine Ahnung, wovon der Mann sprach".

Das fehlende Komma, sagt er jetzt, sei leider ein Beispiel dafür, wie schnell sich ein Fehler in Zeiten von "Cut, Copy und Paste" vervielfältige. Die prädigitale Form des Prinzips "Cut, Copy and Paste" haben sich TV on the Radio auf "Dear Science" schon in dem Song "Dance Choose" vorgenommen. Dort heißt es: "He's a WHAT? He's a WHAT? He's a newspaper man. And he gets his best ideas from a newspaper stand. From his boots to his pants. To his comments and his rants. He knows that any little article will do."

Im Zimmer nebenan stellen sich David Sitek und Kyp Malone den Journalisten. Vermutlich wird auch dort ein bisschen über Hollywood gesprochen, denn David Sitek war es, der Scarlett Johansson verordnete, ihre Tom-Waits-Lieder mit der Stimme einer "Fee auf Hustensaft" zu interpretieren. Tunde Adebimpe zögert, Sitek einen "Produzenten" zu nennen, das Wort klinge zu technisch, zu geschäftsorientiert. Siteks eigentliches Talent sei es, die richtigen Menschen zusammenzuführen. "Song for Jo", den einzigen Song auf Scarlett Johanssons Album, der nicht von Tom Waits stammt, singt Johansson mit Adebimpe im Duett. Adebimpes Part wirkt schwebend im Vergleich zu Johanssons geerdetem Gesang. Auch "Dear Science" endet mit einem Duett, dem eigentümlich gewaltsamen Liebeslied "Lover's Day".

Es beginnt mit den sanften Klängen eines Schlittengeläuts und endet in einem orchestralen Wirrwarr. Dazwischen liebt und verletzt sich ein Paar: Adebimpe singt die tiefen Lagen, sein sanfterer Gegenpart ist Katrina Ford, von der befreundeten Band Celebration - und das ist wortgewaltig, bilderstark, bis hin zum letzten Stoßseufzer: "Yes of course there are miracles. Under your sighs and moans. I'm gonna take you. I'm gonna take you. I'm gonna take you home".

CHRISTINE KÄPPELER

TV on the Radio: "Dear Science", erschienen bei 4AD / Beggars Group (Indigo)

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr