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Richard Hannay, ein junger Kanadier, macht während seines Urlaubs in London die Bekanntschaft eienr attraktiven Agentin, die von einem ausländischen Geheimdienst verfolgt wird. Als sie in seiner Wohnung ermordet wird, gerät er in die Zwickmühle zwischen Polizei und Spionagering. Während die Polizei ihn verdächtigt, der Mörder zu sein, versuchen die Agenten zu verhindern, dass Richard die Mission der Ermordeten weiterführt. Nach vielen Abenteuern und einer atemberaubenden Verfolgungsjagd durch Schottland gelingt es Richard schließlich, die Fäden des mysteriösen Falls von militärischem Geheimnisverrat zu entwirren.…mehr

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Produktbeschreibung
Richard Hannay, ein junger Kanadier, macht während seines Urlaubs in London die Bekanntschaft eienr attraktiven Agentin, die von einem ausländischen Geheimdienst verfolgt wird. Als sie in seiner Wohnung ermordet wird, gerät er in die Zwickmühle zwischen Polizei und Spionagering. Während die Polizei ihn verdächtigt, der Mörder zu sein, versuchen die Agenten zu verhindern, dass Richard die Mission der Ermordeten weiterführt. Nach vielen Abenteuern und einer atemberaubenden Verfolgungsjagd durch Schottland gelingt es Richard schließlich, die Fäden des mysteriösen Falls von militärischem Geheimnisverrat zu entwirren.
Trackliste
DVD
1Die 39 Stufen
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.1999

Wer ist wer oder Die Risiken der Identität
Erst die Wahrheit bringt den Tod: Ödipus endet im Varieté

"Hitchcock und ich haben einmal folgende Theorie entwickelt: Um einen durchschlagenden Erfolg in den Filmkunsttheatern der angelsächsischen Welt zu haben, wollten wir einen Film ohne jede Geschichte, in keiner existierenden Sprache und in ganz schlechten Bildern, aber mit reichlich vielen Untertiteln drehen. Wir waren uns einig, dass die Leute vor Entzücken rasen würden." So reagierte Orson Welles auf die Frage, was er von den nicht zuletzt europäischen Klassikern der Kinogeschichte halte. Man mag die Antwort für typisch amerikanisch halten, als Provokation und Ausdruck respektloser Traditionsverweigerung, ästhetischer Anarchie werten - analog zu Komponisten wie Charles Ives oder John Cage. Gleichwohl wäre sie auch charakteristisch für Hitchcock gewesen. Denn verglichen mit den Großen des europäischen Films - Eisenstein, Visconti, Bergman -, gibt es in seinen Filmen wenig Rückbezüge zur europäischen Kunsttradition: Malerei, Literatur, Theater, Musik, Oper haben darin nur eine geringe Rolle gespielt; auch an kohärenter kinoästhetischer Theoriebildung war Hitchcock kaum gelegen. Er war autonomer Filmregisseur und nichts als Filmregisseur. Die klassische abendländische Kulturwelt lag ihm eher fern.

Stimmt das wirklich? Auch hinter Hitchcocks so einzigartig irritierendem Filmflimmern ahnt man die alten, mitunter schier mythischen Topoi. Stets hat man zwei seiner Filme - "Rope" (Cocktail für eine Leiche) und "Lifeboat" - als extreme Virtuosenstücke bewundert, als exzentrisch-spektakuläre Lösung der Aufgabe, einen ganzen langen Film nur in einem Zimmer oder auf einem Rettungsboot spielen zu lassen. Dabei handelt es sich um weit mehr als bloße Reduktion, nämlich um die rigide Wahrung der Prinzipien des aristotelischen Theaters, der Einheit von Zeit, Raum und Handlung. Keine Zutat soll von der Unentrinnbarkeit der Eingeschlossenen ablenken, die Hermetik verweist auf geradezu mythische Zwangsläufigkeit. Die Selbstenttarnung und Festnahme der beiden Mörder in "Rope" entspricht exakt der alten Hybris der verblendeten Täter, die auf der "tragischen Fallhöhe" die Nemesis ereilt. Die Rettung der "Lifeboat"-Insassen bedeutet weniger Katharsis, sondern verdankt sich eher dem Modell des deus ex machina.

Wer ist der Mörder?, lautet die klassische Krimi-Aufgabe. Sie hat Hitchcock nie ernsthaft interessiert. Stattdessen fokussiert er immer wieder neu die Frage: Wer ist wer? - die Entwirrung der Identitätsverwirrung. Seine Protagonisten geraten außer sich, weil sie für jemanden gehalten werden, der sie nicht sind. Die Turbulenzen, auch Katastrophen, in die sie verstrickt werden, entsprechen gerade nicht aktionistischen Krimirastern, sondern sind Symptome der Persönlichkeitskrise: Gerade aus der Scheinstabilität erwachsen Chaos und Untergang, das unirritierbare Subjekt, von seiner individuellen Integrität selbst überzeugt, wird in letzter Minute aus der Krise gerettet oder zerfällt vollends. Ob sich Hitchcock dessen bewusst war, dass er dabei den Ödipus-Mythos im Hintergrund hatte? Ödipus ist ja der selbstsicher Allwissende, der alles zu durchschauen und zu beherrschen Wähnende, der alles zu beantworten weiß, nur nicht die einzig entscheidende Frage nach seiner Identität.

In kaum einem Hitchcock-Film wird die Identitätsverdrehung so ins Schwarze geführt wie in "The Wrong Man" (Der falsche Mann) mit Henry Fonda: Auch nach dem Freispruch des unschuldig Verurteilten bleibt evident, dass dieses Leben verpfuscht, die Ehefrau durch die Zweifel an seiner Unschuld in die Mühlen der Psychiatrie geraten ist. Wenn der "glücklich" Entlassene und der wahre, doppelgängerhafte Täter am Schluss auf dem Gang aneinander vorbeigehen, ihre Blicke sich begegnen, dann ahnt man - völlig unspektakulär -, wie nahe personale Integrität und Zersetzung, innere Angleichung an den anderen beieinander liegen.

Doch den Ödipus-Topos hat Hitchcock in einem anderen Werk wahrhaft makaber parodiert: "The Thirty-Nine Steps" (39 Stufen), einem seiner besten frühen Filme. So spannend die Geschichte ist, so attraktiv die Liebespaarbeziehung: Die wahre Hauptfigur der "39 Stufen" bleibt "Mister Memory", der Mann mit dem unendlichen Gedächtnis als Showstar, der die absonderlichsten Fakten parat hat. Er weiß sogar, wann der Karfreitag auf einen Dienstag fiel: Der bewegendste Tag der Christenheit war nämlich der Name eines Rennpferdes, das seinerzeit an einem Dienstag stürzte. "Mister Memory" weiß einfach alles, kann es auf Abruf servieren.

"Ego clarissimus Oedipus" - so führen Jean Cocteau und Strawinsky in ihrem "Oedipus Rex" den größten Unfehlbaren und dennoch fundamental grässlich Irrenden ein. So wird auch in den "39 Stufen" die Schlussszene zum tödlichen Augenblick der Wahrheit für das Gedächtnisgenie. Denn Mister Memory ist Teil eines Spionagesystems, das ihn quasi als Medium benutzt, ihn hochbrisante militärisch-technische Geheimnisse untrüglich-spurlos in seinem immensen Erinnerungsvermögen speichern lässt. Auf alle Fragen des Publikums weiß er die Antwort zu geben, mit automatischer Sicherheit. Einzig die Lösung der einen, der nach den mysteriösen "neununddreißig Stufen", dürfte er nicht verraten. Doch nach dem quasimythischen Gesetz, nach dem er angetreten ist, darf er alles verweigern - nur nicht ein Wissen, über das er verfügt und das er auf Abruf loswerden kann und muss. Prompt, zwanghaft, wie in Trance plaudert er dann auch mit monotoner Stimme das entscheidende Geheimnis aus: ein wahrer Oedipus mechanicus.

Ebendieses, das Konstruktionsprinzip eines Flugzeugmotors, ist indes so banal-bedeutungslos, wie es bedeutsam klingt. Wie ja auch die Antwort, nach der der vollkommen unglückliche Ödipus so emsig sucht, so trivial naheliegend ist: Ich selbst. Kaum hat er die Formel ausgesprochen, ereilt ihn die Kugel des Bandenchefs. Denn mit der Preisgabe der Kompressionsformel hat er seine wahre Identität enthüllt: Für nichts anderes als diese mnemotechnische Behälterfunktion hatte ihn der Spionagering gebraucht: der Allwissende als der unwissentliche Verräter. Die Vollkommenheit und die Kläglichkeit fallen in eins. Da braucht man keine antik bluttriefenden Augenhöhlen - und Hitchcock keine wie auch immer kinopragmatisch zurechttrivialisierten psychoanalytischen Erklärungsmuster. "The Thirty-Nine Steps" gehört zu Hitchcocks ganz großen Filmen.

GERHARD R. KOCH

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