Produktdetails
- Hersteller: Gmf, ADD, m,
- EAN: 8011662903570
- Artikelnr.: 50436957
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.08.2023Wo Kinder nur Geldanlagen sind
Die Musik hilft: Im zweiten Jahr wird Valentin Schwarz' "Ring des Nibelungen" in Bayreuth schlüssiger.
Wotan ist tot. Er hat sich erhängt. Der Weltlauf ist ihm entglitten. "Wie zu hemmen ein rollendes Rad", haben ihm weder Erda noch die Nornen noch die geliebte Tochter Brünnhilde raten können. Der traurigste aller Götter führte herbei, was er seit der "Walküre" einzig noch begehrte: das Ende. Während Richard Wagner im Orchester so tut, als wäre der Weltuntergang eine Art interplanetarischer Orgasmus in Des-Dur, und uns eine Überdosis an Glückshormonen ins Blut schießt, senkt sich der Rückprospekt der Bühne im Bayreuther Festspielhaus, eine sonnenversengte fränkische Savanne in vermutlich allzunaher Zukunft. Langsam wird Wotans Leiche sichtbar. Aus dem Schnürboden baumelt eine Puppe herab, naturalistisch mit den Zügen und dem Kostüm von Tomasz Konieczny versehen, wie wir ihn als Wotan im "Rheingold", in der "Walküre" und im "Siegfried" gesehen haben. Wasser tropft aus seinen Hosenbeinen wie bei allen Erhängten, deren Harnblase sich im letzten Moment des Lebens unwillkürlich leert.
Dieser Schluss ist neu in Valentin Schwarz' Inszenierung von Richard Wagners "Ring des Nibelungen". Er gibt dem Ende der "Götterdämmerung", das im letzten Jahr so flapsig, lächerlich und hilflos ausgefallen war (Hagen war ohne ersichtlichen Grund ans Sperrgitter eines Schwimmbads gestürzt und hatte gerufen: "Zurück vom Ring!"), anderes Gewicht. Dieses neue Ende ist beklemmend, es ist schlüssig, wenn es auch vielen, nicht zu Unrecht, trivial erscheint.
Wo nun der Mythos bleibe, alles, was über das Allzumenschliche und Allzualltägliche hinausrage in Vergangenheit und Zukunft, das fragen sich viele Wagner-Kenner und Liebhaber bei dieser Inszenierung teils gelangweilt, teils verärgert. Aber zu fragen wäre auch: Ist Wagner wirklich mythisch? Wie geht der Mythos zusammen mit der modernen Psychologie seiner Musik, die schon Oskar Bie im Jahr 1904 wegen der Ehe-Dialoge zwischen Wotan und Fricka als Musterbeispiel für "intime Musik" beschrieb? Wie geht die Naivität zusammen mit dem Raffinement orchestraler Welt- und Seelenzergliederung? Wie geht der Archaismus zusammen mit dem Parfüm Pariser Salons, das Wagner aus den Klavierstücken seines Schwiegervaters Franz Liszt importierte? Hat Wagner nicht ohnehin nur die Krise der spätbürgerlichen Familie zwischen Lustimperativen und Vertragswerken, zwischen Leistungsdruck und Krankheit, Kunstrausch und Erwerbsdruck mythisch überschminkt? Waren also die "Buddenbrooks" nicht längst Oper, bevor sie Roman wurden?
Valentin Schwarz hat zusammen mit seinem Bühnenbildner Andrea Cozzi und dem Kostümbildner Andy Besuch Wagners "Ring des Nibelungen" als Geschichte einer dysfunktionalen Familie erzählt. "Ring" ist Hagen, als Kind von Alberich (mit dem keine Frau Kinder haben wollte) entführt, von Wotan zurückgeholt, dann an die Riesen verhökert. Das Rheingold sind die Kinder, die Generation der Zukunft, die von den Eltern aber immer nur als Ressource zur Steigerung ihres eigenen Wohlstands benutzt werden oder als Spiegel ihres Narzissmus. Ziemlich deutlich wird im zweiten Aufzug des "Siegfried" gezeigt, wohin das führt: Siegfried schubst den greisen Fafner in dessen Luxuswohnung unglücklich, aber Hagen stößt Fafners Rollator beiseite, sodass der Alte fällt und stirbt. Die junge Generation rächt sich durch Lieblosigkeit für Lieblosigkeit. Mangelnde Verantwortung wird reproduziert. Die Gibichungen bestellen bei Versandhäusern schneller, als sie auspacken können. Der Konsum, der noch bei Wotan Lust war, hat sich komplett sinnentleert. Am Ende bleibt eine Welt übrig, die fürs Leben keine natürlichen Ressourcen mehr bereithält und worin der Generationenvertrag der Fürsorge aufgekündigt wurde.
Das Konzept dieses "Rings" ist im zweiten Jahr deutlicher hervorgetreten, auch wenn es der Szene noch immer an letzter Klarheit mangelt. Zu spüren war, dass das Publikum dem Team nach dem "Rheingold" einen Wohlwollensvorschuss gab, nach der "Walküre" - der erschütternden Darstellung des Zerbrechens von Wotans und Frickas Ehe - begeistert war, aber nach dem "Siegfried" Frustration anstaute, die sich dann nach der "Götterdämmerung" erneut als lautstarke Wut auf das Regieteam entlud, nicht mehr so heftig wie im vorigen Jahr, aber entschieden. Dabei haben Schwarz und sein Team den Werkstattcharakter Bayreuths ernstgenommen und besonders in der "Götterdämmerung" viel nachgearbeitet, um das Verhalten der Figuren schlüssig zu motivieren.
Geholfen hat in diesem Jahr aber auch, dass Pietari Inkinen den "Ring" erstmals in Bayreuth dirigierte, schließlich hatte er in den Jahren 2021 und 2022 die Einstudierung übernommen, musste die Premiere aber krankheitsbedingt im vorigen Jahr abgeben. Das Timing, etwa wenn ein Diener in der "Walküre" Wotan Mantel und Maske für die ausgestoßene Brünnhilde reicht und dazu das Schicksalsmotiv im Orchester erklingt, war einfach perfekt, sodass Wagners Wort vom Theater als ersichtlich gewordener Tat der Musik sich vielfach erfüllte.
Inkinen verzichtet auf klangliche Mätzchen und Eitelkeiten; er disponiert ganze Akte - etwa den unsäglich lauten ersten Aufzug im "Siegfried" - mit Weitsicht, fängt so leise wie möglich an, unterlässt die Inszenierung des Rülpsens und Knarzens der tiefen Instrumente, weil es sich später ohnehin nicht vermeiden lässt. Man wird dessen sonst schnell überdrüssig. Wer erlebt hat, wie Inkinen im vergangenen Jahr mit der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern Sergej Rachmaninows weiträumige zweite Symphonie dirigierte, weiß, dass der Mann in großen Formen denken kann. Er setzt, zu Hagens Mobilmachung der Gibichungen, auch einen orchestralen Malstrom in Gang, der eben für jenes rollende Rad steht, dessen Lauf nicht mehr zu hemmen ist. Vor allem aber gelingt ihm, was jedem guten Wagner-Dirigenten gelingen muss: die symphonische Eigenständigkeit motivischer Verläufe autonom zu phrasieren, sie aber zugleich silbengenau auf die Singenden abzustimmen, sodass sie der Prosodie und der Artikulation der Sprache dienen.
Es wird in diesem "Ring" über weiteste Strecken außerordentlich schön, hörbar gelöst, mit Vertrauen aufs Orchester gesungen. Elisabeth Teige als Sieglinde verbindet den raffinierten sirenischen Sopranschimmer einer Elisabeth Schwarzkopf mit der flutenden Mezzo-Sinnlichkeit einer Brigitte Fassbaender - eine Wagnersängerin, die Technik ganz nach des Meisters Art in Betörung zu verwandeln versteht. Klaus Florian Vogt bleibt ihr als Siegmund zart zugeneigt, vokal eher fürsorglich als begierig. Konieczny hat als Wotan hörbar an seiner Sprache gearbeitet, Vokalverfärbungen wie zusätzliche Bindevokale weitgehend vermieden und als Darsteller der eigenen Selbstzerstörung - besonders am Schluss der "Walküre" - eine ganz neue Intensität entwickelt.
Mika Kares als Hagen wird am Ende der "Götterdämmerung" frenetisch gefeiert. Er kann dröhnen wie die Posaune am Tag des Jüngsten Gerichts und trösten mit dem Balsam einer der schönsten Bassstimmen unserer Zeit. Hier kündigt sich ein Großer der Zukunft an. Aile Asszonyi, die in dieser Spielzeit als Elektra an der Oper Frankfurt auf sich aufmerksam gemacht hatte, setzt der vergleichsweise kleinen Rolle als Gutrune durch brillante Spitzentöne und pointiert-komisches Spiel (unterstützt von Andy Besuchs knalligen Kleidern) Glanzlichter auf, sekundiert vom eleganten Michael Kupfer-Radecky als Gunther. Georg Zeppenfeld als Hunding, Christa Mayer als Waltraute und Okka von der Damerau als Erda gehören längst zum unverzichtbaren Rückgrat des Sängerensembles in Bayreuth. Sie können durch ihre Exzellenz binnen Sekunden die Aufmerksamkeit von knapp zweitausend Leuten auf sich ziehen.
Andreas Schager hat die fein ausziselierte Arbeit am "Parsifal" hörbar gut getan, denn auch als Siegfried ist er nun differenzierter, biegsamer, situativ reak-tionsschneller als im vergangenen Jahr, besonders im Schlussduett mit der angenehm lyrischen Daniela Köhler als Brünnhilde am Ende des "Siegfried", das viel vokale Behutsamkeit verlangt - und erfährt. Catherine Foster als Brünnhilde in der "Walküre" und in der "Götterdämmerung" gebietet mit Leichtigkeit, Sanftheit und Spiellust über ihre enormen stimmlichen Kräfte. Wenn sie zum letzten Monolog an die Rampe tritt und ganz leise singt: "Denn der Götter Ende dämmert nun auf", dann hat ihr geheimnisvoller Gesang jäh doch etwas Mythisches, das unser Hier und Jetzt kaum hörbar, aber weit überragt. JAN BRACHMANN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Musik hilft: Im zweiten Jahr wird Valentin Schwarz' "Ring des Nibelungen" in Bayreuth schlüssiger.
Wotan ist tot. Er hat sich erhängt. Der Weltlauf ist ihm entglitten. "Wie zu hemmen ein rollendes Rad", haben ihm weder Erda noch die Nornen noch die geliebte Tochter Brünnhilde raten können. Der traurigste aller Götter führte herbei, was er seit der "Walküre" einzig noch begehrte: das Ende. Während Richard Wagner im Orchester so tut, als wäre der Weltuntergang eine Art interplanetarischer Orgasmus in Des-Dur, und uns eine Überdosis an Glückshormonen ins Blut schießt, senkt sich der Rückprospekt der Bühne im Bayreuther Festspielhaus, eine sonnenversengte fränkische Savanne in vermutlich allzunaher Zukunft. Langsam wird Wotans Leiche sichtbar. Aus dem Schnürboden baumelt eine Puppe herab, naturalistisch mit den Zügen und dem Kostüm von Tomasz Konieczny versehen, wie wir ihn als Wotan im "Rheingold", in der "Walküre" und im "Siegfried" gesehen haben. Wasser tropft aus seinen Hosenbeinen wie bei allen Erhängten, deren Harnblase sich im letzten Moment des Lebens unwillkürlich leert.
Dieser Schluss ist neu in Valentin Schwarz' Inszenierung von Richard Wagners "Ring des Nibelungen". Er gibt dem Ende der "Götterdämmerung", das im letzten Jahr so flapsig, lächerlich und hilflos ausgefallen war (Hagen war ohne ersichtlichen Grund ans Sperrgitter eines Schwimmbads gestürzt und hatte gerufen: "Zurück vom Ring!"), anderes Gewicht. Dieses neue Ende ist beklemmend, es ist schlüssig, wenn es auch vielen, nicht zu Unrecht, trivial erscheint.
Wo nun der Mythos bleibe, alles, was über das Allzumenschliche und Allzualltägliche hinausrage in Vergangenheit und Zukunft, das fragen sich viele Wagner-Kenner und Liebhaber bei dieser Inszenierung teils gelangweilt, teils verärgert. Aber zu fragen wäre auch: Ist Wagner wirklich mythisch? Wie geht der Mythos zusammen mit der modernen Psychologie seiner Musik, die schon Oskar Bie im Jahr 1904 wegen der Ehe-Dialoge zwischen Wotan und Fricka als Musterbeispiel für "intime Musik" beschrieb? Wie geht die Naivität zusammen mit dem Raffinement orchestraler Welt- und Seelenzergliederung? Wie geht der Archaismus zusammen mit dem Parfüm Pariser Salons, das Wagner aus den Klavierstücken seines Schwiegervaters Franz Liszt importierte? Hat Wagner nicht ohnehin nur die Krise der spätbürgerlichen Familie zwischen Lustimperativen und Vertragswerken, zwischen Leistungsdruck und Krankheit, Kunstrausch und Erwerbsdruck mythisch überschminkt? Waren also die "Buddenbrooks" nicht längst Oper, bevor sie Roman wurden?
Valentin Schwarz hat zusammen mit seinem Bühnenbildner Andrea Cozzi und dem Kostümbildner Andy Besuch Wagners "Ring des Nibelungen" als Geschichte einer dysfunktionalen Familie erzählt. "Ring" ist Hagen, als Kind von Alberich (mit dem keine Frau Kinder haben wollte) entführt, von Wotan zurückgeholt, dann an die Riesen verhökert. Das Rheingold sind die Kinder, die Generation der Zukunft, die von den Eltern aber immer nur als Ressource zur Steigerung ihres eigenen Wohlstands benutzt werden oder als Spiegel ihres Narzissmus. Ziemlich deutlich wird im zweiten Aufzug des "Siegfried" gezeigt, wohin das führt: Siegfried schubst den greisen Fafner in dessen Luxuswohnung unglücklich, aber Hagen stößt Fafners Rollator beiseite, sodass der Alte fällt und stirbt. Die junge Generation rächt sich durch Lieblosigkeit für Lieblosigkeit. Mangelnde Verantwortung wird reproduziert. Die Gibichungen bestellen bei Versandhäusern schneller, als sie auspacken können. Der Konsum, der noch bei Wotan Lust war, hat sich komplett sinnentleert. Am Ende bleibt eine Welt übrig, die fürs Leben keine natürlichen Ressourcen mehr bereithält und worin der Generationenvertrag der Fürsorge aufgekündigt wurde.
Das Konzept dieses "Rings" ist im zweiten Jahr deutlicher hervorgetreten, auch wenn es der Szene noch immer an letzter Klarheit mangelt. Zu spüren war, dass das Publikum dem Team nach dem "Rheingold" einen Wohlwollensvorschuss gab, nach der "Walküre" - der erschütternden Darstellung des Zerbrechens von Wotans und Frickas Ehe - begeistert war, aber nach dem "Siegfried" Frustration anstaute, die sich dann nach der "Götterdämmerung" erneut als lautstarke Wut auf das Regieteam entlud, nicht mehr so heftig wie im vorigen Jahr, aber entschieden. Dabei haben Schwarz und sein Team den Werkstattcharakter Bayreuths ernstgenommen und besonders in der "Götterdämmerung" viel nachgearbeitet, um das Verhalten der Figuren schlüssig zu motivieren.
Geholfen hat in diesem Jahr aber auch, dass Pietari Inkinen den "Ring" erstmals in Bayreuth dirigierte, schließlich hatte er in den Jahren 2021 und 2022 die Einstudierung übernommen, musste die Premiere aber krankheitsbedingt im vorigen Jahr abgeben. Das Timing, etwa wenn ein Diener in der "Walküre" Wotan Mantel und Maske für die ausgestoßene Brünnhilde reicht und dazu das Schicksalsmotiv im Orchester erklingt, war einfach perfekt, sodass Wagners Wort vom Theater als ersichtlich gewordener Tat der Musik sich vielfach erfüllte.
Inkinen verzichtet auf klangliche Mätzchen und Eitelkeiten; er disponiert ganze Akte - etwa den unsäglich lauten ersten Aufzug im "Siegfried" - mit Weitsicht, fängt so leise wie möglich an, unterlässt die Inszenierung des Rülpsens und Knarzens der tiefen Instrumente, weil es sich später ohnehin nicht vermeiden lässt. Man wird dessen sonst schnell überdrüssig. Wer erlebt hat, wie Inkinen im vergangenen Jahr mit der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern Sergej Rachmaninows weiträumige zweite Symphonie dirigierte, weiß, dass der Mann in großen Formen denken kann. Er setzt, zu Hagens Mobilmachung der Gibichungen, auch einen orchestralen Malstrom in Gang, der eben für jenes rollende Rad steht, dessen Lauf nicht mehr zu hemmen ist. Vor allem aber gelingt ihm, was jedem guten Wagner-Dirigenten gelingen muss: die symphonische Eigenständigkeit motivischer Verläufe autonom zu phrasieren, sie aber zugleich silbengenau auf die Singenden abzustimmen, sodass sie der Prosodie und der Artikulation der Sprache dienen.
Es wird in diesem "Ring" über weiteste Strecken außerordentlich schön, hörbar gelöst, mit Vertrauen aufs Orchester gesungen. Elisabeth Teige als Sieglinde verbindet den raffinierten sirenischen Sopranschimmer einer Elisabeth Schwarzkopf mit der flutenden Mezzo-Sinnlichkeit einer Brigitte Fassbaender - eine Wagnersängerin, die Technik ganz nach des Meisters Art in Betörung zu verwandeln versteht. Klaus Florian Vogt bleibt ihr als Siegmund zart zugeneigt, vokal eher fürsorglich als begierig. Konieczny hat als Wotan hörbar an seiner Sprache gearbeitet, Vokalverfärbungen wie zusätzliche Bindevokale weitgehend vermieden und als Darsteller der eigenen Selbstzerstörung - besonders am Schluss der "Walküre" - eine ganz neue Intensität entwickelt.
Mika Kares als Hagen wird am Ende der "Götterdämmerung" frenetisch gefeiert. Er kann dröhnen wie die Posaune am Tag des Jüngsten Gerichts und trösten mit dem Balsam einer der schönsten Bassstimmen unserer Zeit. Hier kündigt sich ein Großer der Zukunft an. Aile Asszonyi, die in dieser Spielzeit als Elektra an der Oper Frankfurt auf sich aufmerksam gemacht hatte, setzt der vergleichsweise kleinen Rolle als Gutrune durch brillante Spitzentöne und pointiert-komisches Spiel (unterstützt von Andy Besuchs knalligen Kleidern) Glanzlichter auf, sekundiert vom eleganten Michael Kupfer-Radecky als Gunther. Georg Zeppenfeld als Hunding, Christa Mayer als Waltraute und Okka von der Damerau als Erda gehören längst zum unverzichtbaren Rückgrat des Sängerensembles in Bayreuth. Sie können durch ihre Exzellenz binnen Sekunden die Aufmerksamkeit von knapp zweitausend Leuten auf sich ziehen.
Andreas Schager hat die fein ausziselierte Arbeit am "Parsifal" hörbar gut getan, denn auch als Siegfried ist er nun differenzierter, biegsamer, situativ reak-tionsschneller als im vergangenen Jahr, besonders im Schlussduett mit der angenehm lyrischen Daniela Köhler als Brünnhilde am Ende des "Siegfried", das viel vokale Behutsamkeit verlangt - und erfährt. Catherine Foster als Brünnhilde in der "Walküre" und in der "Götterdämmerung" gebietet mit Leichtigkeit, Sanftheit und Spiellust über ihre enormen stimmlichen Kräfte. Wenn sie zum letzten Monolog an die Rampe tritt und ganz leise singt: "Denn der Götter Ende dämmert nun auf", dann hat ihr geheimnisvoller Gesang jäh doch etwas Mythisches, das unser Hier und Jetzt kaum hörbar, aber weit überragt. JAN BRACHMANN
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