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Produktdetails
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  • Universal Music GmbH
  • Mühlenstrasse 25
  • 10243 Berlin
  • productsafety@umusic.com
Trackliste
CD
1Introitus: Ecce, advenit dominator Dominus (Original Version)00:04:14
2Introitus: Dominus dixit ad me00:04:14
3Communio "In splendoribus sanctorum" (First Mass for Christmas)00:07:02
4Kyrie XIV00:07:42
5Sanctus XIV00:02:17
6Agnus Dei XIV (Original Version)00:04:58
7Antiphona: Crucem tuam adoramus (Original Version)00:04:31
8Sequentia "Victimae paschali laudes" (Easter Sunday)00:03:26
9Communio: Pascha nostrum immolatus est Christus (Original Version)00:05:21
10Alleluia I - Ascendit Deus (Original Version)00:06:58
11Communio: Psallite Domino (Original Version)00:07:06
12Sequentia: Veni, Sancte Spiritus (Original Version)00:06:31
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Das Weltliche hat den Beat
Martin Grubinger kombiniert Schlagzeugimprovisation mit gregorianischem Gesang

Nur knapp dreihundert Jahre, etwa von der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts bis ins frühe zwanzigste, währte die Epoche der etablierten Dur-Moll-Tonalität. Letztere ist eben so wenig ein zeitloses Naturgesetz, wie es die Zentralperspektive in der Malerei war. Hinzu kommt, zumindest hierzulande, die Dominanz des deutsch-österreichischen Repertoires, vor allem des neunzehnten Jahrhunderts, von Ludwig van Beethoven bis Richard Strauss. Was vor, nach und neben diesem Fundus liegt, das gilt vielen als Nebenschauplatz der Musikgeschichte. Dass diese Sicht allzu eng und einseitig ist, versteht sich.

Moderne, Vorbarock und die außerdeutsche, auch außereuropäische Musik sind nicht minder faszinierend, eben nur manchmal anders. Wobei mitunter die Avantgarde wie der Exotismus sogar fast geringere Verstehenshürden stellen als, beispielsweise, die Sakralkunst des Mittelalters. Keineswegs wenige Musik-Experten räumen verlegen-bereitwillig ein, zur hochartifiziellen Vokalpolyphonie der Renaissance schlicht keinerlei Zugang zu haben. Freilich haben so unterschiedliche Komponisten wie Anton Webern, John Cage, zeitweilig Pierre Boulez und auch Steve Reich bekundet, mit den komplexen Kanonkünsten der frankoflämischen Schule mehr anfangen zu können, als mit der Espressivo-Ästhetik von Klassik und Romantik. Und die unerhört vielschichtigen Perkussions-Traditionen indonesischer Gamelan-Ensembles und afrikanischer Trommler haben durchaus erregende Prozesse ausgelöst: Das räumlich und zeitlich Entfernte rückt produktiv näher als das scheinbar Vertraute. Ganz abgesehen von den vielfältigen Attraktionen von Jazz und Rock: Schumanns "Von fremden Ländern und Menschen" bleibt in jedem Fall eine herausfordernde Devise, mag auch der Brückenschlag über Epochen und Kulturen heikel sein. Dass der extreme Kontrast tönender Welten überaus animierend sein kann, erweist sich immer wieder.

Auf diesem Hintergrund hat das neue Album "Drums'N'Chants" des jungen österreichischen Schlagzeugers Martin Grubinger seine Meriten - gerade, weil diese Produktion sich nicht in modischem Crossover erschöpft, sondern polarisierend Archaisches und Aktuelles zusammenbringt: rund tausendjährige gregorianische Gesänge mit durchaus divergenten Perkussions-Instrumenten und -Techniken. Weder wird mit diesem Projekt ein Amalgam der heterogenen Elemente angestrebt, noch eine Interaktion in Gang gesetzt: Die Sphären bleiben sogar in der technischen Produktionsabfolge isoliert.

So sind die Aufnahmen des Gesangs der Benediktinermönche in der mainfränkischen Abtei Münsterschwarzach geradezu "historisch" zu nennen, sie stammen nämlich aus dem Jahr 1981; an ihrer musikhistorisch-stilistischen Authentizität ist kaum zu zweifeln. Über diese altehrwürdig sakrale Basis wurden nun Schicht für Schicht die Einspielungen von 2010 gelagert: Schlagzeugparts auf gängigen hiesigen, aber auch auf afrikanischen, arabischen und lateinamerikanischen Instrumenten, dazu kommen eine Oboe (gespielt von Albrecht Mayer) sowie Trompete und Flügelhorn, die türkische Flöte Ney und sogar die Stimme eines türkischen Sufisängers.

Es wird also keineswegs eine Live-Session simuliert. Auch ist kein "Sakro-Pop" intendiert. Vielmehr handelt es sich um eine durch und durch synthetische Medien-Produktion. Was keineswegs ausschließt, dass die höchst variable Perkussionsvirtuosität von Martin Grubinger und die seiner Mitspieler erheblichen Drive produziert. So hört man sowohl neben- als auch übereinander die kargen lateinischen Gebetsmelodielinien und mitunter fast frenetische Rhythmusraster, mal brachialer, mal filigraner, auch schier minimalistisch in sich kreiselnd. Fast könnte man von einer Art innermusikalischer Ökumene sprechen, darin der universalistische Anspruch der katholischen Kirche mit globalen Perkussionsritualen vereint scheint.

So etwa ließe sich die überwölbende Botschaft der Eigendeutung dieses Albums interpretieren. Wird einem da schon leicht mulmig, so vollends bei der zusätzlichen Inanspruchnahme der islamischen Sufi-Mystik. So einfach also lassen sich tausend Jahre Musikgeschichte, frühes Mittelalter und Gegenwart, konträre Ästhetiken und Religionen auf einen Nenner bringen: Im Unter- und Hintergrund psalmodiert es dunkel, in der Oberschicht hämmert und glitzert es. Man fragt sich bisweilen, was dabei als Dekor für was dient. Eine gewisse "Fusion" entsteht zudem eher akustisch: Ein "nackterer" Klang sowohl des Vokalen wie des Instrumentalen hätte gerade in der Trennschärfe die gegensätzlichen Welten eindringlicher einander zuordnen lassen. Wohlfeiler parareligiöser Kuschelklang allerdings entsteht nicht. Grubingers Schlagzeug-Equilibristik bleibt weltlich virtuos. Gott sei Dank.

GERHARD R. KOCH.

"Drums 'N' Chant".

Martin Grubinger, Mönche der Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach.

Deutsche Grammophon DG 477 8797

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