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Ein Leben auf der Flucht vor der Koralle - dieses fiktive Rundfunkgespräch zwischen einem schleimigen Rundfunkmenschen und einer sympathischen alten Schabracke schrieb Max Goldt 1991. Der Autor übernahm auch beide Rollen sowie die Gesangsparts des unbegabten David de München. Am Klavier: Nino Sandow.

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Produktbeschreibung
Ein Leben auf der Flucht vor der Koralle - dieses fiktive Rundfunkgespräch zwischen einem schleimigen Rundfunkmenschen und einer sympathischen alten Schabracke schrieb Max Goldt 1991. Der Autor übernahm auch beide Rollen sowie die Gesangsparts des unbegabten David de München. Am Klavier: Nino Sandow.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.05.2005

Mit Glitzer im Gesicht
Es riecht nach Polstergarnitur und Lederjacke: Max Goldt schildert das Leben auf der Flucht vor der Koralle
Diese Art von Text hat einen in Max-Goldt-Sammelbänden, die man doch wegen der Kolumnen kaufte, immer wieder geärgert: das fiktive Interview. Es nahm ungebührlich viel Platz ein und las sich herzlich langweilig. Man goutiert als Nicht-Schauspieler ja auch keine Drehbücher. Aber manchen Film schaut man sich doch gerne an, und auch dieses Hörstück, es lässt sich nicht anders sagen, vermag zu entzücken. Als inszenierte Lesung ist „Ein Leben auf der Flucht vor der Koralle” nämlich großes Kino.
Gewürdigt aber sei der Autor und Sprecher dieses Dialogs zunächst einmal als Erfinder von Eigennamen, die auf eine Weise abgeschmackt klingen, dass man sie kaum glauben kann, hinter ihnen aber doch ein sehr reales Milieu aufscheinen sieht: Rainer Birkendorf, Hilde Himberti, Fritz Weiterkopf und Ira Swiftsetzer heißen die Leute da. Den klingendsten Namen aber trägt in diesem Interview, das ein Radiomoderator mit der verkrachten Schauspielerin Ruth Frau führt, der für das Hörstück nicht unbedeutende Ehemann von Ruth Frau, David de München.
In diesem Namen liegt das ganze Aroma der alten Bundesrepublik, der miefige Geruch nach Polstergarnitur und speckigen Lederjacken, nach likörnassen Bussis und Schlagern aus der Braun-Anlage. Man sieht die typische Schickeria durch den Partykeller tanzen, Glitzer im Gesicht. Passend dazu hat Goldt einen Musik-Stil erfunden, den „Westerland-Sound”, und David de München zum Hauptvertreter dieser Richtung gemacht. Seine Frau, die „Ikone der Adenauer-Ära”, berichtet vom Leben mit de München und wirbt für seine neue CD - von der man drei Lieder zu hören bekommt.
Max Goldt füllt hier alle Rollen aus: David de München singt einen Hauch tiefer als Goldt gemeinhin zu sprechen pflegt, der Moderator schlägt einen schmeichlerisch-hinterhältigen Ton an und Ruth Frau klingt lediglich ein bisschen quakender als ihr Gegenüber. Diese Kunst, mit wenig Aufwand großen Effekt zu erzielen, setzt sich in der Inszenierung fort: Das kurze Lachen, die eingeworfenen Jajas oder ein knapper Husten sorgen nicht nur für die Illusion, hier säßen tatsächlich zwei Personen im Studio, Goldt gelingt es zudem, den Geräuschen und Satzfetzen aus dem Hintergrund einen solchen Beiklang zu verleihen, dass das ganze pseudo-einfühlsame Kulturradio-Gelaber dabei mit aufs Korn genommen wird.
Erwähnt sei noch, dass die Aufnahme von 1993 stammt. Dem Hörbuch ist eine Live-Lesung des Interviews von 2003 beigegeben, wofür eine spätere Max Goldt-Philologie sicherlich dankbar sein wird. Dem gemeinen Hörer aber scheint, diesem Aufguss fehle das frische Aroma.
Tobias Lehmkuhl
Max Goldt
Ein Leben auf der Flucht vor der Koralle
Hörbuch Hamburg, Hamburg 2005. 1 CD, 80 Minuten, 16,90 Euro.
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