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Produktdetails
Trackliste
CD
1Nr. 6 Hébé
2Nr. 2 Le charme00:01:30
3Sérénade op. 1300:02:31
4Nr. 7 Le Colibri
5Le temps des lilas op. 1900:04:30
6Mädchenblumen op. 22
7Mohnblumen00:01:27
8Epheu00:03:43
9Wasserrose00:03:56
10Nuit d'étoiles00:03:04
11Romanze: L'Ame évaporée00:01:54
12Fleur des blés00:01:57
13Zéphir00:01:25
14Liebe und Frühling00:01:41
15Das Rosenband00:01:39
16Frühlingslied00:01:38
17Wandl' ich im Wald des Abends00:02:17
18Entführung00:02:17
19Sommer op. 2700:01:24
20Lieder op. 151 Nr. 1-7 (Chansons pour Gladys)
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.02.2008

Babylonische Klarheit

Rund um den Globus ist das klassische Klangbild nunmehr egalisiert. Die guten Orchester in Wien und Chicago, Paris und Tokio hören sich heute einfach teuflisch ähnlich an. Auch die Pianisten, Geiger, Sänger haben zu kämpfen mit jenem glattglobalisierten Welteinheitstimbre und Welteinheitsrepertoire, das sich dem Streben nach Perfektion verdankt, dem Auf-Sicherheit-Singen und -Spielen sowie dem Umstand, dass schon seit einem halben Jahrhundert die Schallplatte die ästhetischen Standards setzt, auch auf dem Konzertpodium. Dabei hatten die Plattenfirmen selbst vor zwanzig Jahren noch so etwas wie eine nationale Farbe. Aber was ist heute noch deutsch an der "Deutschen Grammophon"?

Selbst der alte Gieseking spielt bei Wiederveröffentlichungen nicht mehr Beethovens Es-Dur-Klavierkonzert, sondern nur noch das "E flat Emperor". Es gibt weltweit noch vier Major Labels, die alles lenken. Alles? Nein, nicht alles! Eine kleine, unbeugsame Truppe von Musikkritikern, verschanzt hinter den Palisaden ihrer Phono-Fachzeitschriften, spielt immer noch gallisches Dorf. Sie sitzen in Frankreich, England und Deutschland zu Hause unter ihren Kopfhörern und hören nicht global, sondern lokal.

Vergleicht man die Hitlisten der britischen "Gramophone", des deutschen "Fonoforum" und des französischen "Diapason" oder "Classica/ Répértoire" miteinander, findet man selten gemeinsame Schnittmengen, doch Monat für Monat eine Vielfalt wilder Meinungsverschiedenheiten. Die Pianistin Simone Dinnerstein sitzt bei "Gramophone" auf Platz eins, dem deutschen "Rondo" ist sie allenfalls eine saure Zitrone wert. Bei "Répértoire" stürmen Spitzengeiger das Ranking (James Ehnes), die man hierzulande nicht mal dem Namen nach kennt. Dafür wird fleißig für "den Star aus der Carreras-Gala" getrommelt. Und in manch einem deutschen Magazin geht der Separatismus so weit, dass man manchmal schon geradezu die Stadt riechen kann, wo die Redaktion ansässig ist.

Insofern könnte das Album "Évocation" der Sopranistin Sandrine Piau ein Musterfall für Völkerverständigung sein (naive V 5063, im Vertrieb von harmonia mundi). Bei "Gramophone" taucht diese aparte Zusammenstellung französischer und deutscher Lieder der vorletzten Jahrhundertwende in diesem Monat unter den Spitzenreitern beim "Editors Choice" auf. Piau singt, begleitet von Susan Manoff, mit hoher, klarer, lyrischer Barockopernstimme recht wundersam anrührend die "Mädchenblumen" op. 20 von Richard Strauss: keine Spur von Akzent, aber zugleich vollkommen unverständlich. Auch bei den sechs Liedern von Alexander von Zemlinsky und den vier Liedern op. 2 von Arnold Schönberg versteht man (als Deutscher) nur jede dritte Silbe. Ach, wüßten's die Blumen, was da die Franzosen verstehen! Naturgemäß fällt diese Sprachbarriere weg bei den Liedern von Ernest Chausson, Charles Koechlin und Claude Debussy, doch fehlen dafür im Beiheft die deutschen Übersetzungen.

Auch dieses Album wird zwar global vertrieben, aber es ist lokal erdacht: Das Beiheft spricht nur französisch und englisch. Die Texte der deutschen Lieder sind also dreisprachig abgedruckt, in drei Kolumnen; die französischen Lieder aber nur zweisprachig, in Englisch und Französisch. Dazwischen klafft viel Weißraum. Immerhin gibt es Ruinen von Nationalidentitäten in zwei Begriffen, die schlicht nicht übersetzbar sind: "Mélodies mingle with lieder", heißt es im Beiheft. Das ist natürlich englisch. Und genau darauf zielt ja auch das musikalische Konzept Piaus ab: auf die Konvergenz zwischen französischer "mélodie" und deutschem "lied". Bei beiden Vokalformen spielt der Wortbezug der Töne die entscheidende Rolle: O Wort, das ihr fehlt!

ELEONORE BÜNING

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