Produktdetails
- Anzahl: 1 Audio CD
- Erscheinungstermin: 10. Februar 2006
- Hersteller: Sony Music Entertainment Germany / SONY MUSIC CATALOG,
- EAN: 0828767350325
- Artikelnr.: 20800658
CD | |||
1 | You Only Live Once | 00:03:06 | |
2 | Juicebox | 00:03:14 | |
3 | Heart In A Cage | 00:03:26 | |
4 | Razorblade | 00:03:27 | |
5 | On The Other Side | 00:04:36 | |
6 | Vision Of Division | 00:04:20 | |
7 | Ask Me Anything | 00:03:13 | |
8 | Electricityscape | 00:03:32 | |
9 | Killing Lies | 00:03:48 | |
10 | Fear Of Sleep | 00:03:59 | |
11 | 15 Minutes | 00:04:31 | |
12 | Ize Of The World | 00:04:25 | |
13 | Evening Sun | 00:03:05 | |
14 | Red Light | 00:03:11 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.12.2005Man lebt nur einmal
Nach dem Rock 'n' Roll ist vor dem Rock 'n' Roll: Die "Strokes" machen ihr drittes Album und alles richtig
Das mit barbarischer Präzision arbeitende Schlagzeug, zu dem sich schon nach dem ersten Takt, kaum hörbar, eine gezupfte Rhythmusgitarre gesellt, dann eine zweite, deren Akkorde ausgedörrt und in ihrer Nervosität doch klingen, als kämen sie direkt aus der Steckdose: "You Only Live Once". Es war nicht unbedingt zu erwarten gewesen, daß die neue Platte der "Strokes" dermaßen inspiriert und gleichzeitig abgeklärt anfängt. Auf jeden Fall ein guter Schachzug der fünf Musiker, diesen Song an den Anfang zu stellen.
Denn in ihm kommen die Energie und Haltlosigkeit exemplarischer Rockerexistenzen, wie sie sie nun einmal verkörpern, in verdichteter Form zum Ausdruck. Dieser Song ist reine Gegenwart und hätte auch von den "Rolling Stones" sein können aus ihrer, sagen wir: "Sticky Fingers"- oder "Exile On Main St."-Phase. Selbstsicher vertrauen die "Strokes" hier auf ein Riff, das alles andere als fett ist, das seine Wirkung aus der Reduktion bezieht und so zeitlos klingt wie "Brown Sugar" - ein scharfer, kluger, entschlossener Sound, der auf Anhieb Euphorie vermittelt. Und wenn Julian Casablancas dann, nach einem ebenfalls kaum hörbaren rockklassischen "Huuuuhuuuuh", losnölt: "Some people think they're always right / Others are quiet und uptight / Others they seem so very nice", dann spürt man, daß sie alles richtig gemacht haben.
Augenscheinlich geben sie nichts mehr darauf, was über sie geredet wird, denn sie haben begriffen (oder wußten es schon von Anfang an), daß die Popkritik, die sie seit jenen Septembertagen 2001 mit einem mißgünstigen "Na, kommt da noch was, vielleicht ist doch alles bloß "Bluff?"Unterton hätschelt wie kaum eine andere Band, auch bloß von unsicheren Leuten besorgt wird: "Inside they might feel sad and wrong." Aber vielleicht ist das auch gar kein Echo auf vier Jahre "Strokes"-Rezeption, in denen karrieretechnisch zusammenkam, wozu man früher anderthalb Jahrzehnte brauchte; vielleicht ist es einfach nur so dahingesungen, wie denn überhaupt die ganze Platte bei aller technischen Sicherheit eine gewisse Wurschtigkeit verströmt, die sich nicht allein aus dem traditionell lässigen Musiziergestus der Band erklärt. Man lebt nur einmal - die "Strokes" wissen das am besten. Denn sie sind nun den Dreißig näher als den Zwanzig und damit in einem Alter, in dem man, um nicht doch noch als eines dieser One-hit-wonder zu enden, seinen Status mit einem Meisterwerk absichern muß.
Mit Einschränkungen ist ihnen das jetzt gelungen. "First Impressions Of Earth", ihr drittes, wieder nach zweijährigem Intervall veröffentlichtes Werk, wird man als ihr reifstes und komplettestes ansehen müssen, dem die rotzige Frische des zu sagenhaftem Ruhm emporgejubelten Debüts "Is This It" fehlt; dafür überrascht und überzeugt es mit stilistischer Vielfalt. Die Musiker werden sich gesagt haben, daß es auf die Dauer nicht damit getan sein würde, jene Coolness attestiert zu bekommen, die ihrer Musik in der Tat eignet. Zur Haltung, die ganz am Anfang das Entscheidende schien und für manche "Strokes"-Kritiker bis heute geblieben ist, mußte ein gewisser enzyklopädischer Geist hinzukommen, in dem sich Respekt ausdrückt vor der rockmusikalischen Vergangenheit. Und so haben diese "Velvet Underground"-Erben, die sie vor allem sind, eine Platte gemacht, die sich problemlos als Beschallung fürs "CBGBs" eignen würde, jenen legendären New Yorker Club, in dem ursprünglich Country gespielt wurde und aus dem Mitte der Siebziger entscheidende Anregungen kamen, die weit ins neue Jahrzehnt hineinreichten: "Blondie" traten hier auf, "Mink DeVille", Patti Smith und "Talking Heads".
Von diesen Geistern ist die neue "Strokes"-Platte spürbar, aber keineswegs aufdringlich beseelt. Aber über allem thronen "Television", die Band von Tom Verlaine, Pioniere des CBGBs auch sie. Auch wenn Nick Valensi und Albert Hammond Jr. die Brillanz von Tom Verlaine und Richard Lloyd fehlt - davon abgesehen, daß Casablancas' Lyrik nicht halb so tiefsinnig ist wie die Verlaines -: Von "Television" haben die "Strokes" gelernt, eine Gitarrenband zu sein, ohne ständig danach zu klingen. Denn dafür sind sie auch auf den anderen Posten zu gut besetzt: Nikolai Fraiture spielt einen kräftig pullernden Baß, Fabrizio Moretti bearbeitet sein Schlagzeug so, daß man sich manchmal fragt, ob nicht doch eine drum machine läuft.
Man muß die Platte, deren Vor-und Rückcover von deutschen Künstlern auf Mittsiebziger-"Pink Floyd"-Look getrimmt wurde, mehrmals hintereinander hören, sonst besteht die Gefahr, daß man sie nach dem unglaublichen Auftaktsong gleich wieder weglegt, weil das Folgende so zwingend zunächst nicht zu sein scheint. Aber dann merkt man, daß das Bandprinzip, das seinen Reiz immer schon aus minimaler Abweichung innerhalb eines eher monoton gestrickten Klangteppichs bezog, hier geschmackvoll verfeinert wurde. Das gilt sogar für die schwächeren Lieder wie die Singleauskopplung "Juicebox" oder "Heart in a Cage", deren Gangart zuweilen in Hektik umschlägt. Mustergültig ist das aber zu verfolgen in "Fear of Sleep", in dem Casablancas seinen Gesang zu eindrucksvollem Rockvortrag steigert und die Band dumpf und doch seltsam euphorisch lärmt wie "Velvet Underground" in ihren besten Momenten. Sie spielen hier im wesentlichen nur zwei Akkorde, aber sie holen alles aus ihnen heraus: Wut, Lebensangst und die Freude am High-Sein.
Danach kommt das anfangs wie besoffen verstolperte "15 Minutes", das ihnen fast zärtlich geraten wäre, wenn die disparaten Songteile nicht den Willen zum Durchkomponierten erkennen ließen, das für ihre Verhältnisse beinahe panoramahaft geraten ist. Für Irritation hat bereits "Razorblade" gesorgt, das melodisch und rhythmisch anspruchsvollste Lied der Platte, das eine verkappte Grußbotschaft an Barry Manilow bereithält. Ansonsten fällt der Mut zu Elementen auf, die auf den ersten beiden Platten noch undenkbar waren, sägender Reggae, Funk und falsche Streichermusik.
Die eigentliche Attraktion aber sind die Gitarrensoli, die vor allem Nick Valensi besorgt. Sie sind fast nie ausladend, sondern finden, wie noch jede dem Wave verpflichtete Gitarrenmusik, auf engstem Raum Platz und lösen sich unerwartet aus den bisweilen unübersichtlichen Songstrukturen heraus. Daneben gibt es auch Hergebrachtes, das geradezu mit Wärme vorgetragen wird, etwa das schöne Muckersolo in "Electricityscape", das an den schwelgerischen Ton der inzwischen leider abgehalfterten "Manic Street Preachers" erinnert. In dem elektrifizierten, metallischen Grundton des Punkrock, der das Album durchzieht, wirken Valensis unerhörte Lyrismen wie lange vermißte menschliche Spuren in kalter Industrielandschaft. Das sind versteckte Perlen, man macht sie nicht immer gleich aus, man muß danach suchen, ihnen hinterherhorchen, dann freut man sich auch an den altmodischen Schepperklängen, die sich in "Killing Lies" von der deutlich kühler gehaltenen zweiten Gitarre abheben. Im Grunde ist das alles Nervenkunst, was sie hier machen, es überwältigt einen nicht plump, sondern wirkt gleichsam über diese kleinen, fast homöopathischen Dosen, für die man offen, bereit sein muß.
Die "Strokes" haben eine Weile gebraucht, um das Getue zu verdauen, das um ihre erste Platte gemacht wurde. "We could drag it out, but that's for other bands to do": Gott sei Dank haben sie's nicht getan, sie haben's nicht drangegeben, sondern nun diese insgesamt wieder recht ruppige, sehr gute Platte gemacht: "First Impressions Of Earth". Vielleicht ist der Titel Programm: sanfte Annäherung an den Planeten Erde, fester Boden unter den Füßen? Das könnte hinkommen.
Man sah in ihnen die Klangmeister der Stimmung vom 11. September, aber niemand wußte, was damit eigentlich gemeint war. Solche geraunte Bedeutung kam ihnen nie zu, das wissen wir jetzt, und die "Strokes" sagen uns auch, warum: "I've got nothing to say", singt Julian Casablancas aufreizend desinteressiert. Sie hatten uns nie etwas anderes zu sagen, das über Rockmusik hinausging und man für Zeitgeist halten mochte. Alles andere ist, wie Gerhard Schröder sagen würde, Feuilleton.
EDO REENTS
The Strokes, First Impressions Of Earth. RCA 76420 (Sony/BMG)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nach dem Rock 'n' Roll ist vor dem Rock 'n' Roll: Die "Strokes" machen ihr drittes Album und alles richtig
Das mit barbarischer Präzision arbeitende Schlagzeug, zu dem sich schon nach dem ersten Takt, kaum hörbar, eine gezupfte Rhythmusgitarre gesellt, dann eine zweite, deren Akkorde ausgedörrt und in ihrer Nervosität doch klingen, als kämen sie direkt aus der Steckdose: "You Only Live Once". Es war nicht unbedingt zu erwarten gewesen, daß die neue Platte der "Strokes" dermaßen inspiriert und gleichzeitig abgeklärt anfängt. Auf jeden Fall ein guter Schachzug der fünf Musiker, diesen Song an den Anfang zu stellen.
Denn in ihm kommen die Energie und Haltlosigkeit exemplarischer Rockerexistenzen, wie sie sie nun einmal verkörpern, in verdichteter Form zum Ausdruck. Dieser Song ist reine Gegenwart und hätte auch von den "Rolling Stones" sein können aus ihrer, sagen wir: "Sticky Fingers"- oder "Exile On Main St."-Phase. Selbstsicher vertrauen die "Strokes" hier auf ein Riff, das alles andere als fett ist, das seine Wirkung aus der Reduktion bezieht und so zeitlos klingt wie "Brown Sugar" - ein scharfer, kluger, entschlossener Sound, der auf Anhieb Euphorie vermittelt. Und wenn Julian Casablancas dann, nach einem ebenfalls kaum hörbaren rockklassischen "Huuuuhuuuuh", losnölt: "Some people think they're always right / Others are quiet und uptight / Others they seem so very nice", dann spürt man, daß sie alles richtig gemacht haben.
Augenscheinlich geben sie nichts mehr darauf, was über sie geredet wird, denn sie haben begriffen (oder wußten es schon von Anfang an), daß die Popkritik, die sie seit jenen Septembertagen 2001 mit einem mißgünstigen "Na, kommt da noch was, vielleicht ist doch alles bloß "Bluff?"Unterton hätschelt wie kaum eine andere Band, auch bloß von unsicheren Leuten besorgt wird: "Inside they might feel sad and wrong." Aber vielleicht ist das auch gar kein Echo auf vier Jahre "Strokes"-Rezeption, in denen karrieretechnisch zusammenkam, wozu man früher anderthalb Jahrzehnte brauchte; vielleicht ist es einfach nur so dahingesungen, wie denn überhaupt die ganze Platte bei aller technischen Sicherheit eine gewisse Wurschtigkeit verströmt, die sich nicht allein aus dem traditionell lässigen Musiziergestus der Band erklärt. Man lebt nur einmal - die "Strokes" wissen das am besten. Denn sie sind nun den Dreißig näher als den Zwanzig und damit in einem Alter, in dem man, um nicht doch noch als eines dieser One-hit-wonder zu enden, seinen Status mit einem Meisterwerk absichern muß.
Mit Einschränkungen ist ihnen das jetzt gelungen. "First Impressions Of Earth", ihr drittes, wieder nach zweijährigem Intervall veröffentlichtes Werk, wird man als ihr reifstes und komplettestes ansehen müssen, dem die rotzige Frische des zu sagenhaftem Ruhm emporgejubelten Debüts "Is This It" fehlt; dafür überrascht und überzeugt es mit stilistischer Vielfalt. Die Musiker werden sich gesagt haben, daß es auf die Dauer nicht damit getan sein würde, jene Coolness attestiert zu bekommen, die ihrer Musik in der Tat eignet. Zur Haltung, die ganz am Anfang das Entscheidende schien und für manche "Strokes"-Kritiker bis heute geblieben ist, mußte ein gewisser enzyklopädischer Geist hinzukommen, in dem sich Respekt ausdrückt vor der rockmusikalischen Vergangenheit. Und so haben diese "Velvet Underground"-Erben, die sie vor allem sind, eine Platte gemacht, die sich problemlos als Beschallung fürs "CBGBs" eignen würde, jenen legendären New Yorker Club, in dem ursprünglich Country gespielt wurde und aus dem Mitte der Siebziger entscheidende Anregungen kamen, die weit ins neue Jahrzehnt hineinreichten: "Blondie" traten hier auf, "Mink DeVille", Patti Smith und "Talking Heads".
Von diesen Geistern ist die neue "Strokes"-Platte spürbar, aber keineswegs aufdringlich beseelt. Aber über allem thronen "Television", die Band von Tom Verlaine, Pioniere des CBGBs auch sie. Auch wenn Nick Valensi und Albert Hammond Jr. die Brillanz von Tom Verlaine und Richard Lloyd fehlt - davon abgesehen, daß Casablancas' Lyrik nicht halb so tiefsinnig ist wie die Verlaines -: Von "Television" haben die "Strokes" gelernt, eine Gitarrenband zu sein, ohne ständig danach zu klingen. Denn dafür sind sie auch auf den anderen Posten zu gut besetzt: Nikolai Fraiture spielt einen kräftig pullernden Baß, Fabrizio Moretti bearbeitet sein Schlagzeug so, daß man sich manchmal fragt, ob nicht doch eine drum machine läuft.
Man muß die Platte, deren Vor-und Rückcover von deutschen Künstlern auf Mittsiebziger-"Pink Floyd"-Look getrimmt wurde, mehrmals hintereinander hören, sonst besteht die Gefahr, daß man sie nach dem unglaublichen Auftaktsong gleich wieder weglegt, weil das Folgende so zwingend zunächst nicht zu sein scheint. Aber dann merkt man, daß das Bandprinzip, das seinen Reiz immer schon aus minimaler Abweichung innerhalb eines eher monoton gestrickten Klangteppichs bezog, hier geschmackvoll verfeinert wurde. Das gilt sogar für die schwächeren Lieder wie die Singleauskopplung "Juicebox" oder "Heart in a Cage", deren Gangart zuweilen in Hektik umschlägt. Mustergültig ist das aber zu verfolgen in "Fear of Sleep", in dem Casablancas seinen Gesang zu eindrucksvollem Rockvortrag steigert und die Band dumpf und doch seltsam euphorisch lärmt wie "Velvet Underground" in ihren besten Momenten. Sie spielen hier im wesentlichen nur zwei Akkorde, aber sie holen alles aus ihnen heraus: Wut, Lebensangst und die Freude am High-Sein.
Danach kommt das anfangs wie besoffen verstolperte "15 Minutes", das ihnen fast zärtlich geraten wäre, wenn die disparaten Songteile nicht den Willen zum Durchkomponierten erkennen ließen, das für ihre Verhältnisse beinahe panoramahaft geraten ist. Für Irritation hat bereits "Razorblade" gesorgt, das melodisch und rhythmisch anspruchsvollste Lied der Platte, das eine verkappte Grußbotschaft an Barry Manilow bereithält. Ansonsten fällt der Mut zu Elementen auf, die auf den ersten beiden Platten noch undenkbar waren, sägender Reggae, Funk und falsche Streichermusik.
Die eigentliche Attraktion aber sind die Gitarrensoli, die vor allem Nick Valensi besorgt. Sie sind fast nie ausladend, sondern finden, wie noch jede dem Wave verpflichtete Gitarrenmusik, auf engstem Raum Platz und lösen sich unerwartet aus den bisweilen unübersichtlichen Songstrukturen heraus. Daneben gibt es auch Hergebrachtes, das geradezu mit Wärme vorgetragen wird, etwa das schöne Muckersolo in "Electricityscape", das an den schwelgerischen Ton der inzwischen leider abgehalfterten "Manic Street Preachers" erinnert. In dem elektrifizierten, metallischen Grundton des Punkrock, der das Album durchzieht, wirken Valensis unerhörte Lyrismen wie lange vermißte menschliche Spuren in kalter Industrielandschaft. Das sind versteckte Perlen, man macht sie nicht immer gleich aus, man muß danach suchen, ihnen hinterherhorchen, dann freut man sich auch an den altmodischen Schepperklängen, die sich in "Killing Lies" von der deutlich kühler gehaltenen zweiten Gitarre abheben. Im Grunde ist das alles Nervenkunst, was sie hier machen, es überwältigt einen nicht plump, sondern wirkt gleichsam über diese kleinen, fast homöopathischen Dosen, für die man offen, bereit sein muß.
Die "Strokes" haben eine Weile gebraucht, um das Getue zu verdauen, das um ihre erste Platte gemacht wurde. "We could drag it out, but that's for other bands to do": Gott sei Dank haben sie's nicht getan, sie haben's nicht drangegeben, sondern nun diese insgesamt wieder recht ruppige, sehr gute Platte gemacht: "First Impressions Of Earth". Vielleicht ist der Titel Programm: sanfte Annäherung an den Planeten Erde, fester Boden unter den Füßen? Das könnte hinkommen.
Man sah in ihnen die Klangmeister der Stimmung vom 11. September, aber niemand wußte, was damit eigentlich gemeint war. Solche geraunte Bedeutung kam ihnen nie zu, das wissen wir jetzt, und die "Strokes" sagen uns auch, warum: "I've got nothing to say", singt Julian Casablancas aufreizend desinteressiert. Sie hatten uns nie etwas anderes zu sagen, das über Rockmusik hinausging und man für Zeitgeist halten mochte. Alles andere ist, wie Gerhard Schröder sagen würde, Feuilleton.
EDO REENTS
The Strokes, First Impressions Of Earth. RCA 76420 (Sony/BMG)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main