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Produktdetails
Trackliste
CD
1Still Unbroken00:05:06
2Simple Life00:03:17
3Little Thing Called You00:03:58
4Southern Ways00:03:48
5Skynyrd Nation00:03:52
6Unwrite That Song00:03:50
7Floyd00:04:03
8That Ain't My America00:03:44
9Comin' Back For More00:03:28
10God & Guns00:05:44
11Storm00:03:15
12Gifted Hands00:05:22
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2009

Götter oder Gitarren
Lynyrd Skynyrd sind als Schicksalsband unsterblich

Die Geschichte der Southern-Rock-Band Lynyrd Skynyrd ist ein Totentanz. Zu viel "Poison Whiskey" (so ein eiskalt eingeschenkter Song des Debütalbums von 1973), zu schnelle Autos und die falschen Flugzeuge: Warum mussten sie auch eine klapprige Weltkriegs-Convair chartern, um über die Sümpfe zu fliegen? Allein das Schicksal des Gitarristen Allen Collins brauchte keinen Hiob-Vergleich zu scheuen: Mit komplizierten Knochenbrüchen überlebte er den Absturz von 1977, bei dem neben anderen Bandmitgliedern der begnadete Sänger Ronnie Van Zant ums Leben kam; knapp konnte die Amputation eines Armes verhindert werden. Als Collins halbwegs genesen und mit neuer Band wieder erfolgreich war, starb seine Frau bei der Geburt eines Kindes. Dann kam bei einem Autounfall seine neue Freundin ums Leben; Collins selbst war nun gelähmt und konnte endgültig nicht mehr Gitarre spielen. Mit siebenunddreißig Jahren starb er 1990 an Lungenentzündung.

Death-Metal-Posen wirken lächerlich angesichts des Todesgeruchs, der diese Band umweht. "That Smell" - so hieß der Song, der ein halbes Jahr vor dem Absturz entstand, als Gitarrist Gary Rossington schon einmal haarscharf mit dem Leben davongekommen war: Alkohol und Drogen am Steuer. Als letztes überlebendes Gründungsmitglied firmiert der Musiker mit dem Pokerface nun als authentisches Zentrum der Band. Auch hier schwant einem nach Bypass-Operationen nichts Gutes. Bei Interviews ist die Zunge des wortkargen Siebenundfünfzigjährigen schwer.

Das letzte Studioalbum der Band ("Vicious Cycle") erschien vor sechs Jahren. Nach zwei schwächeren Alben war es eine überraschend starke Lieferung, etwas überproduziert und in mancher Redneck-Zeile anfechtbar, aber mit Songs, die bei öfterem Hören immer besser klangen, bis hin zu einer Shouter-Version des Klassikers "Gimme Back My Bullets" mit Skynyrd-Verehrer Kid Rock. Blickt man auf das Cover von 2003, muss man feststellen, dass die Hälfte dieser Besetzung inzwischen auch schon wieder tot ist. Im Mai starb Bassist Ean Evans achtundvierzigjährig an Krebs - er war für den an Leber- und Lungenversagen gestorbenen Leon Wilkeson in die Band gekommen. Ende Januar war bereits Pianist Billy Powell am Herzinfarkt verschieden, ebenso zwei Jahre zuvor Gitarrist Hughie Thomasson. Aber wie eine Truppe, die auf Verluste keine Rücksicht nehmen kann (Familien wollen versorgt sein), waren Lynyrd Skynyrd im Sommer bereits wieder mit todesmutigen frischen Musikern auf Europa-Tournee - und legen jetzt ein neues Album vor. "God & Guns" (Roadrunner Records) kommt vielleicht zur rechten Zeit. Denn wenn sich eine Band auf Krise versteht - dann diese. Sie macht Mutmacher-Mucke für die aus ihren Häusern getriebenen amerikanischen Zeltbewohner der Vorstädte. Sie klopft auf die hängenden Schultern des kleinen, immer kleineren Mannes.

Gleich im ersten Song schallt es von den Burgzinnen der Power-Akkorde herab: "I'm still unbroken!" Defätismus gilt nicht: "I guess I've lost everything I've had / I'm not dead at least not yet". Das muss reichen, um eine wuchtige, sich um keinen Trend scherende Mischung aus Southern-Rock und Metal-Country zu spielen, die von Gebrochenheit allenfalls als Textzutat etwas weiß. Die Band feiert sich und ihre Fans als Gemeinschaft der Überlebenden: "Skynyrd Nation", mit Riffs aus dem Kraftraum und einem Refrain, der vorzeitig geschlossene Sargdeckel in die Höhe schnellen lässt. Angesichts der energetischen Gesamtstimmung hört man im furiosen "Little Thing Called You" bei "my heartache" versehentlich "my Harley". Johnny Van Zant singt technisch nicht schlechter als sein legendärer Bruder; er klingt nur wie der ewige Trucker, der mit Motoröl gegurgelt hat. Ronnie dagegen hatte sensitive Blues- und Soul-Untertöne und vor allem immer diese schläfrige Lässigkeit.

Das Skynyrd-Gepräge besteht heute vor allem im warmen Gibson-Ton von Rossingtons Slide-Gitarre: sämiges Breitspurmelos, jaulend und juchzend. Ohne Billy Powells Boogie-Piano setzt die Band nun ganz auf die Kraft der drei Gitarren, die sich immer noch zu mehrstimmigen Soli verflechten. Balladen gibt es auch, wie den aus einem kleinen, wehmütig gezupften Motiv ins Pompöse entwickelten Powell-Abschiedssong "Gifted Hands", Melodien, die sich schwermütig zu Tal wälzen, Trampelpfade der Trauer. Vor Streicherarrangements wird nicht zurückgeschreckt - gebutterter, aber irgendwie doch ergreifender Kitsch-Rock, diesmal ohne Kid Rock, dafür hat man sich zur Inspiration den Gitarrenvirtuosen John 5 geholt. Er hat grimmig kreisende Riffs beigetragen; aber warum man ihn brauchte, um die drei Akkorde von "Sweet Home Alabama" zu recyceln ("Southern Ways"), ist nicht ersichtlich.

Die Texte bieten Mutters Lebensweisheiten, Verherrlichung des "Simple Man"-Lifestyles und martialischen Patriotismus. "God and guns keep us strong / That's what this country was founded on" - und das von der Band, die 1975 den fulminanten Antiwaffensong "Saturday Night Special" hervorbrachte. Aber wurde die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten nicht tatsächlich mit Gewehren erkämpft? Und spielte der Protestantismus nicht ebenfalls eine gewisse Rolle? Wer etwas über die Seelenlage des durchschnittlichen amerikanischen Waffenbesitzers erfahren möchte - bitte hinhören. Für die anderen gibt's die Gitarren.

WOLFGANG SCHNEIDER

Lynyrd Skynyrd, God and Guns. Roadrunner 1065406 (Warner)

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