Produktdetails
- Anzahl: 1 Audio CD
- Erscheinungstermin: 21. Juni 2013
- Hersteller: RCA / Sony Music Entertainment,
- EAN: 0887654428028
- Artikelnr.: 38087906
CD | |||
1 | One Day | 00:04:15 | |
2 | All I Want | 00:05:06 | |
3 | Love Like This | 00:03:36 | |
4 | High Hopes | 00:03:50 | |
5 | Brand New Day | 00:03:25 | |
6 | After the Fall | 00:03:35 | |
7 | Big Bad World | 00:04:21 | |
8 | All Comes Down | 00:04:55 | |
9 | Talk | 00:04:28 | |
10 | Pray | 00:03:33 | |
11 | Way Back When | 00:03:25 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.09.2013Ich will doch nur, dass du an meine Tür klopfst
Sie meinen's ehrlich, aber was heißt das schon? Dem Debüt der irischen Band Kodaline schadet das nicht
Die blau-weiche Weite des mit Wolkenplüschbällchen verzierten Himmels, tiefblaues, recht kaltes Wasser und eine darauf dümpelnde kantige Holzbadeplattform: Eingefasst in das mit alten Freunden gespickte Ufer eines Baggersees, ist dies ein Bild, wie es schnell aus den Tiefen der eigenen Erinnerung an die Oberfläche der Gegenwart gespült wird, wenn in Gesprächen mit ebenjenen Freunden Phrasen wie "Weißt du noch, damals" oder "und im Sommer jeden Tag am See" fallen. Ihre Magie und Intensität verdanken solche Erinnerungen meistens auch der Nostalgie, welche die verklärte Schönheit des Moments mit einer Prise Schmerz über den Verlust würzt.
Ebendiese Atmosphäre schmerzlichen Rückbesinnens erweckt die junge irische Alternativ Rock Band Kodaline auf ihrem jetzt erschienenen Debütalbum. Und auch wenn sich "In A Perfect World" dabei stellenweise anhört wie der Soundtrack eines noch nicht gedrehten Werbespots eines Telefonanbieters mitsamt tanzenden jungen Menschen im Gegen- beziehungsweise Sonnenuntergangslicht durch einen körnig-hippen Vintage-Filter, vermag dies die klangliche Wucht kaum zu schwächen. Getragen von angenehm zurückhaltendem Schlagzeugspiel, entfaltet sich über seiden-warmen Gitarren- und silbern-klaren Pianoklängen eine zerbrechlich-starke Stimme, deren Kraft gerade daraus zu erwachsen scheint, dass sie sich nicht für ihre Fragilität schämt, sondern sie stolz zur Schau trägt. Gelegentlich wird sie dabei von den gleichsam schwebenden Harmonien des Hintergrundgesangs unterstützt, getragen, umworben. Es ist also eindeutig Musik mit Seele, eine eigenartig zufriedene Melancholie, in Klang gegossen.
Drei Mitglieder des Quartetts - jetzt erst in den Mittzwanzigern - verbrachten schon ihre Kindheit in gemeinsamer Nachbarschaft in der Arbeiterstadt Swords, wo sie erste musikalische Experimente machten. Im Zuge dessen konnten sie unter dem Bandnamen 21 Demands siebzehnjährig bereits einigen Erfolg in einer Fernsehshow und den irischen Charts feiern und erste Erfahrungen im Musikgeschäft sammeln. Heute reden sie darüber nicht mehr allzu gerne. Wichtiger scheint ihnen die Zusammenarbeit mit Steve Harris, der bereits für die Dave Mathews Band arbeitete, oder ihr Bandname, der selbst ausgedacht und bedeutungsleer sei, jedoch zum Ärger der Musiker einen ungewollten Doppelgänger im Online-Rollenspiel World of Warcraft findet.
Die Songs der vier Iren kreisen zumeist um die Themen Liebe und Verlust. Das ist natürlich im Alternative- oder Independent-Rock, dessen Einfluss nicht zu überhören ist, nichts Neues. Wenn etwa zu Beginn des zweiten Songs Steve Garrigans betont dünne Stimme die Worte "All I want is nothing more / To hear you knocking at my door" vorsichtig in den bis auf weiches Gitarrenraspeln leeren Klangraum legt, dann scheint damit bereits alles gesagt und getan. Und doch schraubt sich der Song schließlich in ebenjene Höhen kollektiven Leidenssummens und instrumentaler Traurigkeitsausbrüche, in denen sich sonst Bands wie Coldplay ansiedeln. Darauf folgt mit "Love Like This" ein Stück, das mit Banjo- und Mundharmonikaklängen den Hörer aus der Dunkelheit des Verlusts in folkmusikalische Fröhlichkeit führt. Und so geht es weiter auf diesem Album, mal in tieftraurigen, dann wieder in hoffnungsvollen Tönen, doch stets mit der irgendwie caspar-david-friedrich-haften Atmosphäre. Da verliert sich zum Beispiel in "Big Bad World" das Spiel der Gitarre in den unendlichen Weiten von Echo und Hall, begleitet von den schemenhaften Zeilen "Maybe live long or maybe die young", und wird schließlich vom Leuchten eines chorischen Sonnenuntergangs überstrahlt. Da steigt in "Pray" mit der Stimme des Frontmanns das kraftspendende Gestirn langsam über den morgendlichen Nebel frischen Verlusts und richtet seine Strahlen aus atmosphärischen Klängen in den Äther der Transzendenz. Denn schließlich hilft nur das: "I'll pray for you".
Für Kodaline ist dieses Album auf jeden Fall mehr als eine knappe Dreiviertelstunde Zeitvertreib. Musik müsse einen Zweck verfolgen - ihrer sei nun mal Ehrlichkeit, behauptet Sänger Garrigan. Der Musik tut das keinen Abbruch, und wer die unaufdringlichen Kompositionen in ihrem ungeschminkten Sound hört, ahnt immerhin, wie die Floskel gemeint ist: Dieses Musik ist jedenfalls zuverlässiger als so manche nostalgische Erinnerung an die Sommer der Jugend.
JONAS HESS
Kodaline: In A Perfect World.
B-Unique 88765442802 (Sony)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sie meinen's ehrlich, aber was heißt das schon? Dem Debüt der irischen Band Kodaline schadet das nicht
Die blau-weiche Weite des mit Wolkenplüschbällchen verzierten Himmels, tiefblaues, recht kaltes Wasser und eine darauf dümpelnde kantige Holzbadeplattform: Eingefasst in das mit alten Freunden gespickte Ufer eines Baggersees, ist dies ein Bild, wie es schnell aus den Tiefen der eigenen Erinnerung an die Oberfläche der Gegenwart gespült wird, wenn in Gesprächen mit ebenjenen Freunden Phrasen wie "Weißt du noch, damals" oder "und im Sommer jeden Tag am See" fallen. Ihre Magie und Intensität verdanken solche Erinnerungen meistens auch der Nostalgie, welche die verklärte Schönheit des Moments mit einer Prise Schmerz über den Verlust würzt.
Ebendiese Atmosphäre schmerzlichen Rückbesinnens erweckt die junge irische Alternativ Rock Band Kodaline auf ihrem jetzt erschienenen Debütalbum. Und auch wenn sich "In A Perfect World" dabei stellenweise anhört wie der Soundtrack eines noch nicht gedrehten Werbespots eines Telefonanbieters mitsamt tanzenden jungen Menschen im Gegen- beziehungsweise Sonnenuntergangslicht durch einen körnig-hippen Vintage-Filter, vermag dies die klangliche Wucht kaum zu schwächen. Getragen von angenehm zurückhaltendem Schlagzeugspiel, entfaltet sich über seiden-warmen Gitarren- und silbern-klaren Pianoklängen eine zerbrechlich-starke Stimme, deren Kraft gerade daraus zu erwachsen scheint, dass sie sich nicht für ihre Fragilität schämt, sondern sie stolz zur Schau trägt. Gelegentlich wird sie dabei von den gleichsam schwebenden Harmonien des Hintergrundgesangs unterstützt, getragen, umworben. Es ist also eindeutig Musik mit Seele, eine eigenartig zufriedene Melancholie, in Klang gegossen.
Drei Mitglieder des Quartetts - jetzt erst in den Mittzwanzigern - verbrachten schon ihre Kindheit in gemeinsamer Nachbarschaft in der Arbeiterstadt Swords, wo sie erste musikalische Experimente machten. Im Zuge dessen konnten sie unter dem Bandnamen 21 Demands siebzehnjährig bereits einigen Erfolg in einer Fernsehshow und den irischen Charts feiern und erste Erfahrungen im Musikgeschäft sammeln. Heute reden sie darüber nicht mehr allzu gerne. Wichtiger scheint ihnen die Zusammenarbeit mit Steve Harris, der bereits für die Dave Mathews Band arbeitete, oder ihr Bandname, der selbst ausgedacht und bedeutungsleer sei, jedoch zum Ärger der Musiker einen ungewollten Doppelgänger im Online-Rollenspiel World of Warcraft findet.
Die Songs der vier Iren kreisen zumeist um die Themen Liebe und Verlust. Das ist natürlich im Alternative- oder Independent-Rock, dessen Einfluss nicht zu überhören ist, nichts Neues. Wenn etwa zu Beginn des zweiten Songs Steve Garrigans betont dünne Stimme die Worte "All I want is nothing more / To hear you knocking at my door" vorsichtig in den bis auf weiches Gitarrenraspeln leeren Klangraum legt, dann scheint damit bereits alles gesagt und getan. Und doch schraubt sich der Song schließlich in ebenjene Höhen kollektiven Leidenssummens und instrumentaler Traurigkeitsausbrüche, in denen sich sonst Bands wie Coldplay ansiedeln. Darauf folgt mit "Love Like This" ein Stück, das mit Banjo- und Mundharmonikaklängen den Hörer aus der Dunkelheit des Verlusts in folkmusikalische Fröhlichkeit führt. Und so geht es weiter auf diesem Album, mal in tieftraurigen, dann wieder in hoffnungsvollen Tönen, doch stets mit der irgendwie caspar-david-friedrich-haften Atmosphäre. Da verliert sich zum Beispiel in "Big Bad World" das Spiel der Gitarre in den unendlichen Weiten von Echo und Hall, begleitet von den schemenhaften Zeilen "Maybe live long or maybe die young", und wird schließlich vom Leuchten eines chorischen Sonnenuntergangs überstrahlt. Da steigt in "Pray" mit der Stimme des Frontmanns das kraftspendende Gestirn langsam über den morgendlichen Nebel frischen Verlusts und richtet seine Strahlen aus atmosphärischen Klängen in den Äther der Transzendenz. Denn schließlich hilft nur das: "I'll pray for you".
Für Kodaline ist dieses Album auf jeden Fall mehr als eine knappe Dreiviertelstunde Zeitvertreib. Musik müsse einen Zweck verfolgen - ihrer sei nun mal Ehrlichkeit, behauptet Sänger Garrigan. Der Musik tut das keinen Abbruch, und wer die unaufdringlichen Kompositionen in ihrem ungeschminkten Sound hört, ahnt immerhin, wie die Floskel gemeint ist: Dieses Musik ist jedenfalls zuverlässiger als so manche nostalgische Erinnerung an die Sommer der Jugend.
JONAS HESS
Kodaline: In A Perfect World.
B-Unique 88765442802 (Sony)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main