Produktdetails
- Anzahl: 1 Audio CD
- Erscheinungstermin: 25. April 2008
- Hersteller: note 1 music gmbh / Hyperion Records,
- EAN: 0034571176567
- Artikelnr.: 23566374
CD | |||
1 | Play Piano Play (10 Übungsstücke für Klavier) (Auszug) | ||
2 | Sonate Nr. 2 op. 54 | ||
3 | 2. Scherzo: Allegro assai | 00:03:55 | |
4 | 3. Largo - Allegro | 00:05:14 | |
5 | 4. Allegro vivace | 00:03:33 | |
6 | Play Piano Play (10 Übungsstücke für Klavier) (Auszug) | ||
7 | Sonate in a state of jazz | ||
8 | 2. Réminiscene d'un charleston | 00:03:05 | |
9 | 3. Reflets d'un blues | 00:05:14 | |
10 | 4. Provocation de samba | 00:06:12 | |
11 | Play Piano Play (10 Übungsstücke für Klavier) (Auszug) | ||
12 | Präludium und Fuge | 00:03:46 | |
13 | Nr. 1 Coin de rue | 00:03:26 | |
14 | Vous oubliez votre cheval (bearb. von Alexis Weissenberg) | 00:01:28 | |
15 | En Avril, à Paris (bearb. von Alexis Weissenberg) | 00:03:26 | |
16 | Boum! (bearb. von Alexis Weissenberg) | 00:01:52 | |
17 | Vous qui passez sans me voir (bearb. von Alexis Weissenberg) | 00:02:52 | |
18 | Ménilmontant (bearb. von Alexis Weissenberg) | 00:01:05 | |
19 | Sonate für Klavier Nr. 4 "Jazz-Sonate" | 00:01:38 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.06.2008Ein Klavier! Ein Klavier!
Der Refrain eines der beliebten Chansons von Charles Trenet ging so: "Monsieur! Monsieur! Sie haben Ihr Pferd vergessen!" Die Melodie dazu hat keinerlei Stallgeruch nach Jockey oder Platzwette oder einem flotten Aufgalopp zum Prix de Diane in Chantilly; eher erinnert sie an eine der chronisch gutgelaunten, synkopendurchlöcherten Hintertreppenstepnummern vom Broadway. Als der bulgarisch-französische Pianist Alexis Weissenberg, einer von Karajans Lieblingspianisten, in den Fünfzigern dieses sowie weitere Trenet-Chansons für Klavier solo arrangierte, veröffentlichte er das Ergebnis sicherheitshalber unter Pseudonym: "Mr. Nobody plays Trenet" hieß die 45er-LP. Und erst kürzlich kam heraus, dass Weissenberg selbst der Niemand gewesen war. Sein kanadischer Kollege Marc-André Hamelin kann diese Heimlichtuerei noch nachträglich gut verstehen: "Zu dieser Zeit hätte ein seriöser klassischer Pianist, der sich nebenher mit so trivialen Dingen wie populären Songs beschäftigte, mit größter Wahrscheinlichkeit seiner Karriere geschadet. Wie haben sich die Zeiten doch geändert! Genau das ist heute bei den Plattenfirmen höchst willkommen, ja, es wird geradezu gefördert." Wirklich lieben gerade große Labels heute das Produzieren von kleinen Appetithäppchen, Chill-out-Potpourris und Crossover-Klimbim. Dummerweise denken sie immer noch, dies sei der Speck, mit dem man junge Mäuse fangen und zum Klassikhörer umerziehen könne. Dabei ist längst bekannt, dass sich noch keiner in einen passionierten Beethovensonatenhörer verwandelt hat, nur, weil er regelmäßig mit dem Kanon von Pachelbel beträufelt oder mit der butterweichen Cellobearbeitung von "Nothing else matters" traktiert wurde. Mit solchen Irrwegen hat die wunderbare neue Platte Hamelins nichts zu tun. Sie heißt "In a state of Jazz" (Hyperion CDA 67656/Codaex) und kann gar nicht als Crossover-Speck funktionieren, weil ja die populäre Musik, die hier ins Pianistische transponiert wurde, sowieso nur etwas ist für vorwiegend ältere Semester: Jazzklassiker, klassischer Jazz. Und noch dazu stellt Hamelin in seinem Kommentar klar, dieses Album enthalte gar "keinen Jazz" - trotz seines angejazzten Titels. Fast alle Stücke seien nämlich bis aufs letzte Notenköpfchen fixiert, bis auf eine einzige Ausnahme (bei der das Improvisieren vorgeschrieben sei), habe er nichts frei ex tempore gespielt. Und doch ist alles intensiv vom Jazz angefasst, auf unterschiedlichste Weise. Die lieblich bis emsig vor sich hin swingenden Übungsstücke, die Friedrich Gulda 1971 für sein "Play Piano Play" komponiert hat (Hamelin spielt drei daraus) sind feinste Kaffeehausmusik zum Nebenbeihören, und die "Jazz Sonata" von George Antheil ist nur eine kurze, freche Fußnote. Brillant breit ausladend dagegen die Sonate E-Dur op. 54 des russischen Komponisten Nikolai Kapustin, die ganze Arbeit verlangt von Spieler und Zuhörer. Und ein grandioses Mysterium: Die von Mr. Nobody Weissenberg komponierte "Sonate en état de Jazz", deren vier Sätze namentlich dem Tango, Charleston, Blues und Samba gewidmet sind, jedoch in so raffinierter und rhythmisch verfremdender Übermalung, dass man aus dem Staunen nicht herausfindet: Ein Klavier! Ein Klavier! Was da nicht alles hineinpasst!
ELEONORE BÜNING
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Refrain eines der beliebten Chansons von Charles Trenet ging so: "Monsieur! Monsieur! Sie haben Ihr Pferd vergessen!" Die Melodie dazu hat keinerlei Stallgeruch nach Jockey oder Platzwette oder einem flotten Aufgalopp zum Prix de Diane in Chantilly; eher erinnert sie an eine der chronisch gutgelaunten, synkopendurchlöcherten Hintertreppenstepnummern vom Broadway. Als der bulgarisch-französische Pianist Alexis Weissenberg, einer von Karajans Lieblingspianisten, in den Fünfzigern dieses sowie weitere Trenet-Chansons für Klavier solo arrangierte, veröffentlichte er das Ergebnis sicherheitshalber unter Pseudonym: "Mr. Nobody plays Trenet" hieß die 45er-LP. Und erst kürzlich kam heraus, dass Weissenberg selbst der Niemand gewesen war. Sein kanadischer Kollege Marc-André Hamelin kann diese Heimlichtuerei noch nachträglich gut verstehen: "Zu dieser Zeit hätte ein seriöser klassischer Pianist, der sich nebenher mit so trivialen Dingen wie populären Songs beschäftigte, mit größter Wahrscheinlichkeit seiner Karriere geschadet. Wie haben sich die Zeiten doch geändert! Genau das ist heute bei den Plattenfirmen höchst willkommen, ja, es wird geradezu gefördert." Wirklich lieben gerade große Labels heute das Produzieren von kleinen Appetithäppchen, Chill-out-Potpourris und Crossover-Klimbim. Dummerweise denken sie immer noch, dies sei der Speck, mit dem man junge Mäuse fangen und zum Klassikhörer umerziehen könne. Dabei ist längst bekannt, dass sich noch keiner in einen passionierten Beethovensonatenhörer verwandelt hat, nur, weil er regelmäßig mit dem Kanon von Pachelbel beträufelt oder mit der butterweichen Cellobearbeitung von "Nothing else matters" traktiert wurde. Mit solchen Irrwegen hat die wunderbare neue Platte Hamelins nichts zu tun. Sie heißt "In a state of Jazz" (Hyperion CDA 67656/Codaex) und kann gar nicht als Crossover-Speck funktionieren, weil ja die populäre Musik, die hier ins Pianistische transponiert wurde, sowieso nur etwas ist für vorwiegend ältere Semester: Jazzklassiker, klassischer Jazz. Und noch dazu stellt Hamelin in seinem Kommentar klar, dieses Album enthalte gar "keinen Jazz" - trotz seines angejazzten Titels. Fast alle Stücke seien nämlich bis aufs letzte Notenköpfchen fixiert, bis auf eine einzige Ausnahme (bei der das Improvisieren vorgeschrieben sei), habe er nichts frei ex tempore gespielt. Und doch ist alles intensiv vom Jazz angefasst, auf unterschiedlichste Weise. Die lieblich bis emsig vor sich hin swingenden Übungsstücke, die Friedrich Gulda 1971 für sein "Play Piano Play" komponiert hat (Hamelin spielt drei daraus) sind feinste Kaffeehausmusik zum Nebenbeihören, und die "Jazz Sonata" von George Antheil ist nur eine kurze, freche Fußnote. Brillant breit ausladend dagegen die Sonate E-Dur op. 54 des russischen Komponisten Nikolai Kapustin, die ganze Arbeit verlangt von Spieler und Zuhörer. Und ein grandioses Mysterium: Die von Mr. Nobody Weissenberg komponierte "Sonate en état de Jazz", deren vier Sätze namentlich dem Tango, Charleston, Blues und Samba gewidmet sind, jedoch in so raffinierter und rhythmisch verfremdender Übermalung, dass man aus dem Staunen nicht herausfindet: Ein Klavier! Ein Klavier! Was da nicht alles hineinpasst!
ELEONORE BÜNING
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main