Produktdetails
- Anzahl: 2 Vinyls
- Erscheinungstermin: 14. Januar 2022
- Hersteller: Universal Vertrieb - A Divisio / Mercury,
- EAN: 0602438372096
- Artikelnr.: 62580476
LP (Vinyl) 1 | |||
1 | Nobody Knows You When You're Down And Out (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:03:06 | |
2 | Golden Ring (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:03:24 | |
3 | Black Magic Woman (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:04:21 | |
4 | Man Of The World (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:03:07 | |
5 | Kerry (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:02:28 | |
6 | After Midnight (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:05:01 | |
7 | Bell Bottom Blues (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:04:33 | |
8 | Key To The Highway (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:03:41 | |
9 | River Of Tears (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:06:55 | |
LP (Vinyl) 2 | |||
1 | Rock Me Baby (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:04:17 | |
2 | Believe In Life (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:04:53 | |
3 | Going Down Slow (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:04:28 | |
4 | Layla (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:05:30 | |
5 | Tears In Heaven (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:04:35 | |
6 | Long Distance Call (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:03:46 | |
7 | Bad Boy (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:03:45 | |
8 | Got My Mojo Working (Live At Cowdray House, West Sussex, England / 2021) | 00:04:44 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.11.2021Und im Rückspiegel eine fahle Leuchtspur
Wunderlich Tonight? An Eric Clapton scheiden sich derzeit die Geister - sein Lockdown-Album "The Lady In The Balcony" klingt wehmütig
Mehrfach machte Eric Clapton in den vergangenen Monaten zusammen mit dem passionierten Querkopf Van Morrison seiner Wut über die britische Corona-Politik Luft. Gemeinsam wetterten die beiden in Songs gegen "polizeistaatliche Willkür" und sprachen sogar von "Sklaverei". Als Hochrisikopatient, der seit 2006 an peripherer Neuropathie leidet, einer chronischen Nervenerkrankung, hätte Clapton natürlich wegen der möglichen Nebenwirkungen einer Corona-Impfung gewarnt sein müssen. Dennoch zeigte er sich von seiner heftigen Impfreaktion überrascht: "Ich hätte nie in die Nähe einer Nadel gehen dürfen." Für ihn Grund genug, seine Fans dazu aufzurufen, sich nicht impfen zu lassen.
Schnell fand sich Clapton im Lager der Verschwörungstheoretiker wieder und zog damit nicht nur in den sozialen Medien eine Menge Kritik auf sich. Sein Gitarrenkollege Brian May von Queen schrieb ihm ungeniert ins Stammbuch: "Impfgegner sind aus meiner Sicht Spinner." Clapton flüchtete sich in die Opferrolle und beklagte, dass sich viele Freunde von ihm abgewendet hätten und er selbst in der eigenen Familie jede Menge Gegenwind erhalte. "Ich wurde ausgegrenzt, das konnte ich überall spüren." Kein Wunder, legt der Hobbyvirologe, der ohne jede wissenschaftliche Expertise die Covid-19-Impfkampagne als bloße "Propaganda" denunziert, doch einen vielsagenden Vergleich nahe: Würden Sie auf einen Arzt hören, der nie Gitarrenunterricht hatte und Ihnen jetzt erklären will, wie man "Layla" spielt?
Seine Sorge, aufgrund von Impfnebenwirkungen "nie wieder Gitarre spielen zu können", erwies sich jedenfalls als unbegründet: Während der acht Konzerte Anfang September spielte er trotz seines vollmundigen Versprechens, nicht vor einem durch Impfpflicht "diskriminierten Publikum" aufzutreten, in ausverkauften Häusern mit strikter 3-G-Regelung. Immerhin konfrontierte er das Publikum mit seiner jüngsten Querdenker-Hymne "This Has Gotta Stop": "Das muss aufhören, genug ist genug. Ich kann diesen Bullshit nicht länger ertragen." Dass die Lockdown-Phase in England für Clapton dennoch etwas Positives hatte, demonstriert jetzt sein neues Album "The Lady In The Balcony", mit dem er sich selbst bei seinen Kritikern als ernsthafter Künstler rehabilitieren könnte.
Nachdem im Februar 2021 alle Shows in der Londoner Royal Albert Hall wegen der Corona-Epidemie gestrichen worden waren, rief der Gitarrist seine Band im einsam gelegenen Cowdray House in West Sussex zusammen. Ohne Publikum unternahm er dort mit vornehmlich akustischen Instrumenten einen Streifzug durch seinen reichen Songkatalog. Schnell wird klar, dass hinter der warmen, intimen Wohnzimmeratmosphäre eine stille Wehmut lauert, die das ganze Album wie eine fahle Leuchtspur durchzieht. Es klingt, als wandere sein Urheber durch die eigene Geschichte, begutachte alte Schätze, poliere hier ein musikalisches Fundstück, setze da ein fast vergessenes Lied noch einmal neu zusammen. Dieser melancholischen Grundstimmung trägt auch Claptons Gesang Rechnung, der mit zunehmendem Alter immer bluesiger klingt. Was die Stimme heute an Volumen eingebüßt hat, macht sie durch eine beiläufige Rauheit wett. Fast scheint es, als sei er in die eigenen Texte versunken, lausche ihren biographisch oft schmerzlichen Echos nach.
Das nur sehr selten gespielte "Golden Ring" vom "Backless"-Album von 1978 ist so ein Beispiel: Damals handelte das Lied von der spannungsreichen Dreiecksbeziehung zwischen George Harrison, seiner Frau Pattie und Eric, der schon länger mit Pattie Boyd liiert, aber noch immer voller Selbstzweifel war: "If I gave to you a golden ring / Will I make ya happy, will I make you sing?" Auf einer zwölfsaitigen "Martin"-Dreadnought-Gitarre mit fast orchestralem Sound gespielt, verhalten von Nathan East am Kontrabass und Steve Gadd mit Jazzbesen grundiert, kommt das Lied wie ein Stück nachdenklicher Vergangenheitsbewältigung daher.
Mit der lässig lateinamerikanisch angehauchten Version von "Black Magic Woman" findet sich ein erster Tribute-Song für Peter Green, lebenslanger Freund und Seelenverwandter in Sachen Blues. Selbst an Greens vielleicht persönlichstes Statement "Man Of The World" wagt Clapton sich heute heran: Anstatt das kunstvolle Geflecht aus drei E-Gitarren im Original zu rekonstruieren, konzentriert er sich in seiner Lesart darauf, die souveräne, weil von Selbstbehauptungswillen durchdrungene Melancholie von Greens Stimme nachzuempfinden.
Big Bill Broonzys Blues-Klassiker "Key To The Highway" demonstriert dagegen, dass Clapton seinen "inner gipsy", der ihm seine lebenslange Unruhe einflüsterte, noch immer nicht besiegt zu haben scheint: "Ich fühlte eine Rastlosigkeit in mir, die ich noch immer spüre. Die Straße lockte mich immer." Heute dürfte der Topos der "open road" für Clapton weniger Metapher für den offenen Raum, die unerschlossene Weite neuer Erfahrungen sein als vielmehr für den Zugang zu den eigenen verschlungenen Lebenswegen. Die vielleicht eindringlichste Neuerfindung aber ist "River Of Tears" vom "Pilgrim"-Album. Wie Clapton hier allein durch sein sensibles Finger-Vibrato auf der "Martin"-Akustikgitarre die explosiven E-Gitarrenlinien des Originals vergessen macht, verrät, dass er ganz bei sich ist und in Beschwörungsritualen der eigenen Einsamkeit noch immer Trost zu suchen scheint. Sein vielleicht größter Song, das "Layla"-Melodram von 1970, erfährt jetzt das vierte Neuarrangement. Anders als die Reformulierungen während des "Unplugged"-Konzerts von 1992 und der Liveaufnahme mit Wynton Marsalis beginnt das Stück jetzt mit einer entschlossenen akustischen Meditation über die Seelenqualen von einst. Auch das spätere Solo, im Anschluss an die klagenden Bending-Notes von Chris Staintons Keyboard, klingt wie ein Bekenntnis zur hart erkämpften Autonomie.
Für die letzten drei der insgesamt siebzehn Stücke greift Clapton dann doch noch zur elektrifizierten "Gibson"-Gitarre: Der Muddy-Waters-Klassiker "Long Distance Call" belegt ebenso wie die beiden folgenden Blues-Nummern, wo Claptons Kompetenz noch immer liegt: In einem Leben, das oft durch zerbrochene oder nur schlecht funktionierende persönliche Beziehungen charakterisiert war, blieb diese afroamerikanische Spielart für Clapton die einzig verlässliche Basis, auf der er alles andere aufbaute. Nur so konnte aus ihm der weiße Blues-Gitarrist mit dem vielseitigsten Vokabular und der flüssigsten Spielweise werden. PETER KEMPER.
Eric Clapton: "The Lady In The Balcony".
Mercury Records 00602438711529 (Universal)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wunderlich Tonight? An Eric Clapton scheiden sich derzeit die Geister - sein Lockdown-Album "The Lady In The Balcony" klingt wehmütig
Mehrfach machte Eric Clapton in den vergangenen Monaten zusammen mit dem passionierten Querkopf Van Morrison seiner Wut über die britische Corona-Politik Luft. Gemeinsam wetterten die beiden in Songs gegen "polizeistaatliche Willkür" und sprachen sogar von "Sklaverei". Als Hochrisikopatient, der seit 2006 an peripherer Neuropathie leidet, einer chronischen Nervenerkrankung, hätte Clapton natürlich wegen der möglichen Nebenwirkungen einer Corona-Impfung gewarnt sein müssen. Dennoch zeigte er sich von seiner heftigen Impfreaktion überrascht: "Ich hätte nie in die Nähe einer Nadel gehen dürfen." Für ihn Grund genug, seine Fans dazu aufzurufen, sich nicht impfen zu lassen.
Schnell fand sich Clapton im Lager der Verschwörungstheoretiker wieder und zog damit nicht nur in den sozialen Medien eine Menge Kritik auf sich. Sein Gitarrenkollege Brian May von Queen schrieb ihm ungeniert ins Stammbuch: "Impfgegner sind aus meiner Sicht Spinner." Clapton flüchtete sich in die Opferrolle und beklagte, dass sich viele Freunde von ihm abgewendet hätten und er selbst in der eigenen Familie jede Menge Gegenwind erhalte. "Ich wurde ausgegrenzt, das konnte ich überall spüren." Kein Wunder, legt der Hobbyvirologe, der ohne jede wissenschaftliche Expertise die Covid-19-Impfkampagne als bloße "Propaganda" denunziert, doch einen vielsagenden Vergleich nahe: Würden Sie auf einen Arzt hören, der nie Gitarrenunterricht hatte und Ihnen jetzt erklären will, wie man "Layla" spielt?
Seine Sorge, aufgrund von Impfnebenwirkungen "nie wieder Gitarre spielen zu können", erwies sich jedenfalls als unbegründet: Während der acht Konzerte Anfang September spielte er trotz seines vollmundigen Versprechens, nicht vor einem durch Impfpflicht "diskriminierten Publikum" aufzutreten, in ausverkauften Häusern mit strikter 3-G-Regelung. Immerhin konfrontierte er das Publikum mit seiner jüngsten Querdenker-Hymne "This Has Gotta Stop": "Das muss aufhören, genug ist genug. Ich kann diesen Bullshit nicht länger ertragen." Dass die Lockdown-Phase in England für Clapton dennoch etwas Positives hatte, demonstriert jetzt sein neues Album "The Lady In The Balcony", mit dem er sich selbst bei seinen Kritikern als ernsthafter Künstler rehabilitieren könnte.
Nachdem im Februar 2021 alle Shows in der Londoner Royal Albert Hall wegen der Corona-Epidemie gestrichen worden waren, rief der Gitarrist seine Band im einsam gelegenen Cowdray House in West Sussex zusammen. Ohne Publikum unternahm er dort mit vornehmlich akustischen Instrumenten einen Streifzug durch seinen reichen Songkatalog. Schnell wird klar, dass hinter der warmen, intimen Wohnzimmeratmosphäre eine stille Wehmut lauert, die das ganze Album wie eine fahle Leuchtspur durchzieht. Es klingt, als wandere sein Urheber durch die eigene Geschichte, begutachte alte Schätze, poliere hier ein musikalisches Fundstück, setze da ein fast vergessenes Lied noch einmal neu zusammen. Dieser melancholischen Grundstimmung trägt auch Claptons Gesang Rechnung, der mit zunehmendem Alter immer bluesiger klingt. Was die Stimme heute an Volumen eingebüßt hat, macht sie durch eine beiläufige Rauheit wett. Fast scheint es, als sei er in die eigenen Texte versunken, lausche ihren biographisch oft schmerzlichen Echos nach.
Das nur sehr selten gespielte "Golden Ring" vom "Backless"-Album von 1978 ist so ein Beispiel: Damals handelte das Lied von der spannungsreichen Dreiecksbeziehung zwischen George Harrison, seiner Frau Pattie und Eric, der schon länger mit Pattie Boyd liiert, aber noch immer voller Selbstzweifel war: "If I gave to you a golden ring / Will I make ya happy, will I make you sing?" Auf einer zwölfsaitigen "Martin"-Dreadnought-Gitarre mit fast orchestralem Sound gespielt, verhalten von Nathan East am Kontrabass und Steve Gadd mit Jazzbesen grundiert, kommt das Lied wie ein Stück nachdenklicher Vergangenheitsbewältigung daher.
Mit der lässig lateinamerikanisch angehauchten Version von "Black Magic Woman" findet sich ein erster Tribute-Song für Peter Green, lebenslanger Freund und Seelenverwandter in Sachen Blues. Selbst an Greens vielleicht persönlichstes Statement "Man Of The World" wagt Clapton sich heute heran: Anstatt das kunstvolle Geflecht aus drei E-Gitarren im Original zu rekonstruieren, konzentriert er sich in seiner Lesart darauf, die souveräne, weil von Selbstbehauptungswillen durchdrungene Melancholie von Greens Stimme nachzuempfinden.
Big Bill Broonzys Blues-Klassiker "Key To The Highway" demonstriert dagegen, dass Clapton seinen "inner gipsy", der ihm seine lebenslange Unruhe einflüsterte, noch immer nicht besiegt zu haben scheint: "Ich fühlte eine Rastlosigkeit in mir, die ich noch immer spüre. Die Straße lockte mich immer." Heute dürfte der Topos der "open road" für Clapton weniger Metapher für den offenen Raum, die unerschlossene Weite neuer Erfahrungen sein als vielmehr für den Zugang zu den eigenen verschlungenen Lebenswegen. Die vielleicht eindringlichste Neuerfindung aber ist "River Of Tears" vom "Pilgrim"-Album. Wie Clapton hier allein durch sein sensibles Finger-Vibrato auf der "Martin"-Akustikgitarre die explosiven E-Gitarrenlinien des Originals vergessen macht, verrät, dass er ganz bei sich ist und in Beschwörungsritualen der eigenen Einsamkeit noch immer Trost zu suchen scheint. Sein vielleicht größter Song, das "Layla"-Melodram von 1970, erfährt jetzt das vierte Neuarrangement. Anders als die Reformulierungen während des "Unplugged"-Konzerts von 1992 und der Liveaufnahme mit Wynton Marsalis beginnt das Stück jetzt mit einer entschlossenen akustischen Meditation über die Seelenqualen von einst. Auch das spätere Solo, im Anschluss an die klagenden Bending-Notes von Chris Staintons Keyboard, klingt wie ein Bekenntnis zur hart erkämpften Autonomie.
Für die letzten drei der insgesamt siebzehn Stücke greift Clapton dann doch noch zur elektrifizierten "Gibson"-Gitarre: Der Muddy-Waters-Klassiker "Long Distance Call" belegt ebenso wie die beiden folgenden Blues-Nummern, wo Claptons Kompetenz noch immer liegt: In einem Leben, das oft durch zerbrochene oder nur schlecht funktionierende persönliche Beziehungen charakterisiert war, blieb diese afroamerikanische Spielart für Clapton die einzig verlässliche Basis, auf der er alles andere aufbaute. Nur so konnte aus ihm der weiße Blues-Gitarrist mit dem vielseitigsten Vokabular und der flüssigsten Spielweise werden. PETER KEMPER.
Eric Clapton: "The Lady In The Balcony".
Mercury Records 00602438711529 (Universal)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main