Produktdetails
Trackliste
LP 1
1Afraid00:03:37
2Maneater (Album Version)00:04:25
3Intro / Promiscuous00:04:08
4Glow00:04:02
5Showtime (Album Version)00:04:05
6Intro To No Hay Igual / No Hay Igual (Album Version)00:03:46
LP 2
1Te Busque00:03:40
2Say It Right (Main)00:04:04
3Do It00:03:44
4In God's hands (Album Version)00:04:13
5Intro For Wait For You / Wait For You00:05:52
6All good things (come to an end)00:05:13
7Te Busque (Full Spanish Version)00:03:39
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.06.2006

Polyglott pimpen
Einmal Imagewechsel bitte: Nelly Furtados neues Album überrascht

Die MTV-Sendung "Pimp My Ride" beruht auf der Idee, daß sich aus jedem schrottreifen Auto mit einer Handvoll kunstfertiger Automechaniker ein protziger Schlitten machen läßt. Seit einiger Zeit gibt es dazu ein musikalisches Pendant, den "Urban Makeover". Eine nicht mehr so gut zu verkaufende Popsängerin bekommt mit Hilfe eines heißen Produzenten aus dem R-'n'-B-Bereich die umsatzsteigernde Straßenglaubwürdigkeit auf den Leib geschneidert, um den drohenden kommerziellen Untergang abzuwenden. Die Reihe amerikanischer Stars, die sich dank dieser Auffrischungsmethode erneut auf den vorderen Hitparadenplätzen wiederfanden, ist lang: Britney Spears und Gwen Stefani arbeiteten mit den Superproduzenten Neptune, Mariah Carey holte sich Master P, und Whitney Houston kooperierte für ihren letzten Geniestreich "My Love Is Your Love" 1998 mit Produzenten wie Babyface oder Wyclef Jean, bevor sie in den Entzugskliniken verschwand.

Nun ist Nelly Furtado an der Reihe: Nach ihrem eklektischen Folk-Pop-Rap-World-Bluegrass-Album "Folklore", das weit hinter den Verkaufserwartungen zurückblieb, hat sich die Sängerin für die Mehrzahl der Stücke auf "Loose" mit dem Produzenten Tim "Timbaland" Mosley in Miami ins Studio eingeschlossen. Jenem Timbaland, der Missy Eliott mit indischen Banghra-Rhythmen zu "Get Your Freak On" bauchtanzen ließ und in den späten Neunzigern bei amerikanischen Hitparadenstürmern wie Destiny's Child oder Jay-Z hinter dem Mischpult saß. Seine synthetischen Minimal-Beats und schlichten Keyboard-Sounds trafen dabei genau den Ton, der zu Platinverkäufen führte.

Im Falle von Nelly Furtado dürfte Timbaland wieder ein Millionenseller gelungen sein. Und das, obwohl ihr neues Album mit ihren beiden Vorgängern kaum in Verbindung gebracht werden kann. Waren diese von melodischen Gesangslinien und Wohlfühlsongs ("I'm Like A Bird", "Turn Off The Lights") geprägt, mit denen sie sich als mädchenhafte Sängerin stilisierte, holt Timbaland aus ihr den peitschenknallenden Vamp heraus, der Männer reihenweise vernascht. Die Vorab-Single "Maneater" ist für den fundamentalen Imagewandel der Kanadierin die perfekte Einführung: Ein rockiger Hip-Hop-Beat, eine wurmförmige Synthesizer-Melodie, die an die frühen Eurythmics erinnert, im Stakkato-Sprech gereimte Sätze über eine Frau, die sich bevorzugt die Männer aussucht, die hart für sie arbeiten, viel für sie ausgeben und ihr dabei auch noch hoffnungslos verfallen, markieren für die bislang eher geständnishaft plaudernden Songtexte Furtados einen deutlichen Wendepunkt.

Ob die zwischenzeitliche Geburt ihrer Tochter oder die Trennung von ihrem Lebensgefährten den Wandel beflügelt hat, bleibt in den Texten offen. Wahrscheinlich ist es aber auch einfach nur der Timbaland-Faktor, der Nelly Furtado sich nun frank und frei auf dem zweiten Albumhöhepunkt als "promiscuous girl" inszenieren läßt. Auch wenn dabei einige Textzeilen hart am Klischee des R-'n'-B-Kätzchens vorbeischrammen, ist der Song ein wunderbarer Ohrwurm, der nach Janet Jackson zu ihrer besten Zeit klingt.

Zum Glück geht es aber nicht auf allen Songs von "Loose" nur um Sex. Geblieben ist die Liebe zum Folk in "Who I Am" und in "God's Hands", ebenso der Hang zum Polyglotten - mit dem zweisprachigen Song "Te Busque". Auf spanisch singt Furtado auch den dritten großen Hit von "Loose", das vom Reggaeton beeinflußte "No Hay Igual", das sie mit dem Überproduzenten Pharell Williams von den "Neptunes" aufnahm. Ihr Spanisch klingt dabei mindestens so authentisch wie das einer Jennifer López. Wo bei anderen Nordamerikanern ein spanischer Song inzwischen Teil des Marketingplans ist, wirkt die Zweisprachigkeit bei Nelly Furtado organisch, weil sie trotz aller Stilveränderungen das Image einer Weltbürgerin nicht nur als Feigenblatt vor sich herträgt, sondern auch lebt - sie ist ein Kind portugiesischer Einwanderer von den Azoren und spricht drei Sprachen. Dazu passen auch einige der musikalischen Fragmente, die "Loose" prägen: "Say It Right" klingt wie ein begradigtes Banghra-Stück, "Wait For You" wird von einer orientalischen Melodie getragen. Ihr Album ist ein schönes Beispiel, wie Pop im Technicolor-Format heute klingen kann.

DANIEL HAAKSMAN

Nelly Furtado, Loose. Geffen/Universal 602498539170

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