Produktdetails
- Anzahl: 1 Audio CD
- Erscheinungstermin: 21. März 2005
- Hersteller: Universal Vertrieb - A Divisio / Interscope,
- Gesamtlaufzeit: 62 Min.
- EAN: 0602498802960
- Artikelnr.: 20039970
CD | |||
1 | This Lullaby | 00:01:23 | |
2 | Medication | 00:01:54 | |
3 | Everybody Knows That You're Insane | 00:04:14 | |
4 | Tangled Up In Plaid | 00:04:13 | |
5 | Burn The Witch | 00:03:35 | |
6 | In My Head | 00:04:01 | |
7 | Little Sister | 00:02:54 | |
8 | I Never Came | 00:04:48 | |
9 | Someones In The Wolf | 00:07:16 | |
10 | The Blood Is Love | 00:06:38 | |
11 | Skin On Skin | 00:03:42 | |
12 | Broken Box | 00:03:02 | |
13 | You Got A Killer Scene There, Man... | 00:04:57 | |
14 | Long Slow Goodbye | 00:06:50 | |
15 | Like A Drug (Non LP Version) | 00:03:16 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.04.2005Wiegenlieder
Schlüssiger Abteilungsleiterrock: Die "Queens Of The Stone Age"
Das Berufsbild des Rockstars ist im Laufe der Äonen vielerlei Veränderungen unterworfen gewesen. Genügte in hüftsteiferen Zeiten ein geschmeidiger Beckenschwung, um das Vorwärtskommen entscheidend zu befördern, so wurden die Anforderungen über die Jahrzehnte immer härter: Übermäßiger und möglichst experimenteller Drogenkonsum wurde verlangt sowie selbstverständlich die Ruchbarmachung desselben; im Zusammenhang mit oft schlauchenden Konzerten wurden Verwüstungsaktionen an Hotelzimmern und eigenen oder fremden Körpern erwartet bis hin zum öffentlichen Todesbiß an strampelnden Hühnern, der, für sich genommen, wirkungslos geblieben wäre, hätte der Ausführende sich nicht zuvor intensiv in den geistesgeschichtlichen Hintergrund seines dämonischen Treibens vertieft.
Antireligion ging eine Zeitlang gut, dann wollten die Hühnerköpfebeißer sich vorübergehend zur Ruhe setzen und überließen den Jüngeren das Feld, Nachwuchsrockstars, die sich mit Anbruch der neunziger Jahre in eine neue Provokationsmode einarbeiteten: eine unbestimmte Verweigerungshaltung gegenüber der Gesellschaft und dem ganzen Rest, die ihren greifbarsten Ausdruck im Tragen scheußlicher Wollmützen und historisierender Kinnbärte fand und die auch auf der Ebene des Zurschaustellertums eine gewisse Ratlosigkeit propagierte: Rumhängen war gut; ab und zu ausflippen ebenso; sich den Kopf wegschießen leider auch.
Seit das Zugpferd von Grunge sich selbst den Gnadenplopp gab, warten die auszubildenden Sporthallenrocker auf das nächste ganz große Ding, mixen sich derweil eins aus dem vorhandenen Repertoire und halten im übrigen den Ball flach: Die "Queens of the Stone Age", derzeitige Hauptanwärter auf den Abteilungsleiterposten, haben jetzt eine neue Ansage in die Läden gestellt, die viel Bewährtes enthält. Ohne zuviel lügen zu müssen, möchte der Berichterstatter sich schon an alle wertvolleren Spielarten der Gitarrenpopmusik erinnert fühlen, möchte die "Eagles" flattern und einen Zeppelin vorüberdröhnen gehört haben; will die "Breeders" auf dem Trommelfell hupfen und "Radiohead" granweise mitleiden gespürt, will sich schmunzelnd an die Jodelhysterie von "System of A Down" erinnert, in wohlwolligen Momenten an die heiligen "Sugar" zurückgedacht haben; auch QOTSA klingen an, ach nein, das sind sie ja selbst.
Alles jedenfalls findet sich geschmackvoll verarbeitet, grundiert von einem krachigen Südstaatenboogie; punktuell akkompagniert von der Frau Shirley Manson von jener Band Garbage, die noch nie Interessanteres zu bieten gehabt hat als das Gesicht ebenjener Shirley Manson, welche in Texten häufig als Sängerin bezeichnet wird und deren Gesicht jetzt sooo spannend gar nicht ist; auch einer der "ZZ Top"-Bärte, hoho!, oho!, hat mitgemacht; perfekt produziert ist das Ganze natürlich, wie es bereits das nach oben durchgebrochene, trilliardenfach abverkaufte Vorgängeralbum "Songs For The Deaf" war; nur daß dieses hier runder und schlüssiger erscheint. Hier ist eine Band definiert, verschlankt und auf Leistung getrimmt worden, die sich bis zum letzten Album noch einen Bassisten Nick Oliveri leistete, welcher am liebsten unbekleidet spielte, mit viel Schädel und Gebrüll glänzte und der, wie wir heute wissen, dem Bandchef ein bißchen zu sehr Rock 'n' Roll war, zu anstrengend, vielleicht zu unberechenbar für den Weg nach ganz oben. Mittlerweile spricht man wieder miteinander.
Wer also sollte die "Queens" aufhalten auf ihrem Weg zum höchsten Zuschauerschnitt, wer sie stoppen, wenn Garnisonen adretter Damen sie in ihre Autoradios einlegen und ihren Falsettschlingen hinterhersummen wollen? Werden sie nicht als cleverste Erben des Grunge in den Reigen der hypertrophen Superbands eintreten, nach denen man Autos benennen und die man zum Papst oder zu Regenwaldhäuptlingen schicken kann? Daß dieser Schritt bevorstehen könnte, hören wir rascheln im Busche, und es wird kein Zufall sein, daß uns mit dem Rezensionsexemplar zu "Lullabies To Paralyze" eine dreiseitige Parabel nach dem Bremer Stadtmusikantenmotiv übersandt wurde.
Eine Gang wackerer Haustiere macht sich frei von allen Banden und muckt frei heraus, widersteht auf ihrem Wege durch den dunklen Wald allen möglichen Wiedergängern der bösen, planvollen Plattenindustrie, um nur dem eigenen Instinkt zu folgen, sich nicht verbiegen zu lassen, ehrlich zu bleiben: Das lieben die Leute! Nach wie vor gehört ja ein gelinder Duft von unbürgerlicher Eigenspenstigkeit zu dem Produkt, das die Rock-'n'-Roll-Käufer wollen: Bißchen wild soll das schon sein, bißchen authentisch; nur nehmen wir zur Zeit keine authentischen Fixer oder Schrammelstudenten oder Inbrunst-Iren; derzeit nehmen wir authentische, biertrinkende Rummelplatzbesucher-bis-in-die-Puppen, die in ihrer Freizeit Autos reparieren, wenn sie nicht gerade auf Arbeit sind, wo sie Autos reparieren.
Ihre Musik kracht, sie klingt vertraut und auch ein wenig frisch, sie ist gut und nicht besser. (Wei! Bald ist Sommer, dann kommen wieder alle Bekannten nach Hause, machen eine große Waschmaschine voll und telefonieren herum und erzählen von den tollen Festivals, auf denen sie waren, und sie sagen: "Die ,Queens', jaja, die sind toll." Und wir wußten noch nicht mal, daß die die kannten, die Bekannten. Der Mainstream ist ein Fluß ohne Ufer.)
KLAUS UNGERER
Queens Of The Stone Age, Lullabies To Paralyze. Interscope 98802960 (Universal)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schlüssiger Abteilungsleiterrock: Die "Queens Of The Stone Age"
Das Berufsbild des Rockstars ist im Laufe der Äonen vielerlei Veränderungen unterworfen gewesen. Genügte in hüftsteiferen Zeiten ein geschmeidiger Beckenschwung, um das Vorwärtskommen entscheidend zu befördern, so wurden die Anforderungen über die Jahrzehnte immer härter: Übermäßiger und möglichst experimenteller Drogenkonsum wurde verlangt sowie selbstverständlich die Ruchbarmachung desselben; im Zusammenhang mit oft schlauchenden Konzerten wurden Verwüstungsaktionen an Hotelzimmern und eigenen oder fremden Körpern erwartet bis hin zum öffentlichen Todesbiß an strampelnden Hühnern, der, für sich genommen, wirkungslos geblieben wäre, hätte der Ausführende sich nicht zuvor intensiv in den geistesgeschichtlichen Hintergrund seines dämonischen Treibens vertieft.
Antireligion ging eine Zeitlang gut, dann wollten die Hühnerköpfebeißer sich vorübergehend zur Ruhe setzen und überließen den Jüngeren das Feld, Nachwuchsrockstars, die sich mit Anbruch der neunziger Jahre in eine neue Provokationsmode einarbeiteten: eine unbestimmte Verweigerungshaltung gegenüber der Gesellschaft und dem ganzen Rest, die ihren greifbarsten Ausdruck im Tragen scheußlicher Wollmützen und historisierender Kinnbärte fand und die auch auf der Ebene des Zurschaustellertums eine gewisse Ratlosigkeit propagierte: Rumhängen war gut; ab und zu ausflippen ebenso; sich den Kopf wegschießen leider auch.
Seit das Zugpferd von Grunge sich selbst den Gnadenplopp gab, warten die auszubildenden Sporthallenrocker auf das nächste ganz große Ding, mixen sich derweil eins aus dem vorhandenen Repertoire und halten im übrigen den Ball flach: Die "Queens of the Stone Age", derzeitige Hauptanwärter auf den Abteilungsleiterposten, haben jetzt eine neue Ansage in die Läden gestellt, die viel Bewährtes enthält. Ohne zuviel lügen zu müssen, möchte der Berichterstatter sich schon an alle wertvolleren Spielarten der Gitarrenpopmusik erinnert fühlen, möchte die "Eagles" flattern und einen Zeppelin vorüberdröhnen gehört haben; will die "Breeders" auf dem Trommelfell hupfen und "Radiohead" granweise mitleiden gespürt, will sich schmunzelnd an die Jodelhysterie von "System of A Down" erinnert, in wohlwolligen Momenten an die heiligen "Sugar" zurückgedacht haben; auch QOTSA klingen an, ach nein, das sind sie ja selbst.
Alles jedenfalls findet sich geschmackvoll verarbeitet, grundiert von einem krachigen Südstaatenboogie; punktuell akkompagniert von der Frau Shirley Manson von jener Band Garbage, die noch nie Interessanteres zu bieten gehabt hat als das Gesicht ebenjener Shirley Manson, welche in Texten häufig als Sängerin bezeichnet wird und deren Gesicht jetzt sooo spannend gar nicht ist; auch einer der "ZZ Top"-Bärte, hoho!, oho!, hat mitgemacht; perfekt produziert ist das Ganze natürlich, wie es bereits das nach oben durchgebrochene, trilliardenfach abverkaufte Vorgängeralbum "Songs For The Deaf" war; nur daß dieses hier runder und schlüssiger erscheint. Hier ist eine Band definiert, verschlankt und auf Leistung getrimmt worden, die sich bis zum letzten Album noch einen Bassisten Nick Oliveri leistete, welcher am liebsten unbekleidet spielte, mit viel Schädel und Gebrüll glänzte und der, wie wir heute wissen, dem Bandchef ein bißchen zu sehr Rock 'n' Roll war, zu anstrengend, vielleicht zu unberechenbar für den Weg nach ganz oben. Mittlerweile spricht man wieder miteinander.
Wer also sollte die "Queens" aufhalten auf ihrem Weg zum höchsten Zuschauerschnitt, wer sie stoppen, wenn Garnisonen adretter Damen sie in ihre Autoradios einlegen und ihren Falsettschlingen hinterhersummen wollen? Werden sie nicht als cleverste Erben des Grunge in den Reigen der hypertrophen Superbands eintreten, nach denen man Autos benennen und die man zum Papst oder zu Regenwaldhäuptlingen schicken kann? Daß dieser Schritt bevorstehen könnte, hören wir rascheln im Busche, und es wird kein Zufall sein, daß uns mit dem Rezensionsexemplar zu "Lullabies To Paralyze" eine dreiseitige Parabel nach dem Bremer Stadtmusikantenmotiv übersandt wurde.
Eine Gang wackerer Haustiere macht sich frei von allen Banden und muckt frei heraus, widersteht auf ihrem Wege durch den dunklen Wald allen möglichen Wiedergängern der bösen, planvollen Plattenindustrie, um nur dem eigenen Instinkt zu folgen, sich nicht verbiegen zu lassen, ehrlich zu bleiben: Das lieben die Leute! Nach wie vor gehört ja ein gelinder Duft von unbürgerlicher Eigenspenstigkeit zu dem Produkt, das die Rock-'n'-Roll-Käufer wollen: Bißchen wild soll das schon sein, bißchen authentisch; nur nehmen wir zur Zeit keine authentischen Fixer oder Schrammelstudenten oder Inbrunst-Iren; derzeit nehmen wir authentische, biertrinkende Rummelplatzbesucher-bis-in-die-Puppen, die in ihrer Freizeit Autos reparieren, wenn sie nicht gerade auf Arbeit sind, wo sie Autos reparieren.
Ihre Musik kracht, sie klingt vertraut und auch ein wenig frisch, sie ist gut und nicht besser. (Wei! Bald ist Sommer, dann kommen wieder alle Bekannten nach Hause, machen eine große Waschmaschine voll und telefonieren herum und erzählen von den tollen Festivals, auf denen sie waren, und sie sagen: "Die ,Queens', jaja, die sind toll." Und wir wußten noch nicht mal, daß die die kannten, die Bekannten. Der Mainstream ist ein Fluß ohne Ufer.)
KLAUS UNGERER
Queens Of The Stone Age, Lullabies To Paralyze. Interscope 98802960 (Universal)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main