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Produktdetails
  • Anzahl: 1 Audio CD
  • Erscheinungstermin: 28. Januar 2022
  • Hersteller: Accentus / Naxos,
  • EAN: 4260234832709
  • Artikelnr.: 63114177
Trackliste
CD
1Magnificat D-Dur BWV 243
2Arie: Et exsultavit spiritus meus00:02:10
3Arie: Quia respexit humilitatem00:02:37
4Chor: Omnes generationes00:01:14
5Arie: Quia fecit mihi magna00:01:47
6Duett: Et misericordia00:03:15
7Chor: Fecit potentiam00:01:50
8Arie: Deposuit potentes00:01:54
9Arie: Esurientes implevit bonis00:02:47
10Trio: Suscepit Israel00:01:45
11Chor: Sicut locutus00:01:38
12Chor: Gloria Patri00:02:06
13Magnificat D-Dur Wq 215
14Arie: Quia respexit humilitatem00:05:00
15Arie: Quia fecit mihi magna00:04:06
16Chor: Et misericordia00:03:05
17Arie: Fecit potentiam00:03:46
18Duett: Deposuit potentes00:05:37
19Arie: Suscepit Israel00:04:34
20Chor: Gloria Patri00:01:52
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.05.2022

Besser als der Alte?
Bach und Sohn: Zweimal Magnificat

Der größte Gewinn bei Hans-Christoph Rademanns Einspielung der "Magnificat"-Vertonungen von Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach mit der Gaechinger Cantorey liegt vielleicht nicht allein im Klanglichen, sondern auf einer Metaebene: in der erstaunten Kenntnisnahme, wie unterschiedlich Vater und Sohn den marianischen Dankgesang im Abstand von einem Vierteljahrhundert vertonten. Johann Sebastians Stück entstand 1723, das seines Zweitältesten "noch zu Lebzeiten des nunmehro seligen Herrn Vaters", wie sich ein Zeuge der Uraufführung erinnerte. Da diese im Frühjahr 1750 in der Leipziger Thomaskirche stattfand, darf man davon ausgehen, dass der Vater das Werk nicht nur gekannt, sondern kurz vor seinem Tod auch gehört und womöglich, mit Sicht auf seine Nachfolge im Thomaskantorat, sogar initiiert hat.

Es war also kein Generationenkonflikt, der mit der Vertonung des identischen Textes und seiner Premiere am gleichen Ort ausgetragen wurde. Im Gegenteil: Mit der Übernahme markanter Kopfmotive, vor allem aber mit der scharf geschnittenen, durch eine gleißend triumphierende "Amen"-Bekräftigung gekrönten Fugenvertonung am Ende des Werkes erweist der damals sechsunddreißigjährige Filius seinem Altvorderen die Reverenz. Dennoch wird bei ihm eine neue Klangwelt präsentiert: prächtiger, extrovertierter, in der Gesamthaltung weltlicher orientiert; der Tradition verehrungsvoll verbunden, aber selbstbewusst als Schöpfung eigenen Rechts agierend.

Selten lässt sich der musikalische Epochenbruch, der sich ab ungefähr 1730 vollzog, deutlicher nachvollziehen als in der quasi achsensymmetrischen Anordnung, die Rademann und seine Musiker den kontrastierenden "Magnificat"-Vertonungen angedeihen lassen. Wenn man sie in der chronologischen Ordnung - Johann Sebastian zuerst - hört, ist der Eröffnungschor beim Bach-Sohn mit seinem wirbelnden und vor Energie berstenden Präludium fast ein Schockerlebnis, obwohl ja auch schon der Alte dem Text ein feiertägliches Klanggewand mit Pauken und Trompeten anlegt. Umgekehrt aber werden, wenn man mit dem Jüngeren beginnt, die Qualitäten inniger Besinnlichkeit und gleichsam familiärer Intimität im väterlichen Werk deutlicher, die dennoch markante Steigerungen einschließen wie das mächtige Aufrecken am Schluss des "Fecit potentiam"-Teiles.

Einig wiederum sind sich die beiden Bach-Generationen darin, dass Maria hier keineswegs nur für sich allein spricht. Im längsten Eigentext, der ihr im Neuen Testament eingeräumt wird, gibt Jesu werdende Mutter eine gleichermaßen bündige wie poetisch leidenschaftliche Zusammenfassung der Heilsverheißung Gottes an sein auserwähltes Volk - die nun, musikalisch umgesetzt, gleichsam an dessen einzelne Repräsentanten weiterverteilt wird. Somit sind beide Kompositionen vielzählig gegliedert und beziehen chorisch wie solistisch auch Männerstimmen ein. Patrick Grahl und Markus Eiche treffen gerade beim Sohn gut den Ton einer stolzen, bisweilen eitlen und durchaus gewalttätigen Repräsentanz, während die Frauen, Miriam Feuersinger und Marie Henriette Reinhold, oft mit still-ergriffener Innigkeit, aber kaum durch besonderen Glanz punkten können.

Auch deshalb bleibt im Falle des jüngeren Stücks Rademanns ältere Einspielung von 2014 mit dem RIAS-Kammerchor und der Akademie für Alte Musik - aufnahmetechnisch fokussierter, durchsichtiger, geschliffener - weiter erste Wahl. Auch Johann Sebastians "Magnificat" hat er schon aufgenommen, aber das war, 1999 mit dem Dresdner Kammerchor, von der aktuellen Aufnahme fast so weit entfernt wie die beiden Kompositionen untereinander.

Die neue Edition bietet neben Material für den Stilvergleich zwischen den Werken auch solches für einen hinsichtlich der Entwicklung des Dirigenten: hin zu einer wachen Elastizität, die selbst im strahlenden D-Dur auch sprödere Töne untergründiger Entleerung und Verunsicherung zu integrieren weiß - inbrünstiger und gleichzeitig zerbrechlicher als die alten Aufnahmen, nah an den Umbrüchen der frühen Aufklärung und wohl auch an den geistigen Erosionen unserer Gegenwart. GERALD FELBER

J. S. / C. P. E. Bach: Magnificat.

Gaechinger Cantorey, Hans-Christoph Rademann. Accentus ACC30563

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